MITTEILUNGEN DES EPA
Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 18. Juni 2007 im Anschluss an die Mitteilung vom 8. März 20071 über die unmittelbare Anwendbarkeit des Artikels 70 (7) des TRIPS-Übereinkommens in Spanien auf europäische Patentanmeldungen, die vor Erlöschen des von Spanien nach Artikel 167 (2) a) EPÜ gemachten Vorbehalts eingereicht wurden
1. Vorbehalt Spaniens
Beim Beitritt zur Europäischen Patentorganisation machte das Königreich Spanien einen Vorbehalt nach Artikel 167 (2) a) EPÜ, dem zufolge europäische Patente in Spanien unwirksam waren, soweit sie Schutz für chemische Erzeugnisse oder Arzneimittel als solche gewährten. Dem Europäischen Patentamt wurde zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt, dass der Vorbehalt Spaniens zurückgenommen worden sei.
2. Verwaltung des europäischen Patenterteilungsverfahrens
Das Europäische Patentamt ist ausschließlich für die Durchführung des europäischen Patenterteilungsverfahrens zuständig, und handelt dabei unparteilich und unter Abwägung der Interessen von Anmeldern und Dritten, ohne das allgemeine öffentliche Interesse außer Acht zu lassen, in dessen Dienst es steht.
Die Frage, ob die Übergangsregelungen des TRIPS-Übereinkommens in Spanien unmittelbar anwendbar sind, ist eine nationale Angelegenheit, die von den zuständigen Instanzen der spanischen Gerichtsbarkeit zu klären ist. Es war nie die Absicht des Europäischen Patentamts, sich in diese Angelegenheit einzumischen. Weder die vorliegende Mitteilung noch die Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 8. März 2007 ist als Stellungnahme oder Meinungsäußerung zur unmittelbaren Anwendbarkeit des TRIPS-Übereinkommens in Spanien zu deuten.
3. Aufhebung der Empfehlung aus der Mitteilung des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 13. Mai 1992 in Bezug auf Spanien
Das Europäische Patentamt wurde darauf aufmerksam gemacht, dass es die Übergangsregelungen in Artikel 70 des TRIPS-Übereinkommens von sich aus strikt daraufhin zu prüfen hat, ob es seine Erteilungspraxis für europäische Patente anpassen muss, denn es besteht die Möglichkeit, dass das TRIPS-Übereinkommen in Spanien letztlich für unmittelbar anwendbar befunden wird.
Vor diesem Hintergrund hat das Europäische Patentamt beschlossen, die für noch anhängige europäische Patentanmeldungen geltende, an die Anmelder gerichtete Empfehlung aus der Mitteilung des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 13. Mai 1992, mit der die Anmelder aufgefordert worden waren, aufgrund des von Spanien gemachten Vorbehalts einen gesonderten Anspruchssatz einzureichen, zurückzunehmen.
4. Wirkung der Aufhebung der Empfehlung aus der Mitteilung von 1992
Im Folgenden legt das Europäische Patentamt dar, wie sich aus seiner Sicht die Aufhebung der Spanien betreffenden Empfehlung aus der Mitteilung des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 13. Mai 1992 in Bezug auf das europäische Patenterteilungsverfahren auswirkt.
Die einzige Wirkung der Aufhebung besteht darin, dass das Europäische Patentamt nicht mehr empfehlen kann, einen gesonderten Anspruchssatz zu noch anhängigen europäischen Patentanmeldungen aufrechtzuerhalten, die vor dem 8. Oktober 1992 eingereicht wurden und in denen Spanien benannt ist, wenn die Anmeldungen Ansprüche enthalten, die unter den von Spanien gemachten Vorbehalt fallen.
Nimmt der Anmelder aus welchen Gründen auch immer diesen gesonderten Anspruchssatz nicht zurück, so gelangt die europäische Patentanmeldung mit einem gesonderten Anspruchssatz für Spanien zur Erteilung, und der Schutz in Spanien erstreckt sich nicht auf chemische Erzeugnisse oder Arzneimittel als solche, ohne Rücksicht darauf ob die Übergangsregelungen des TRIPS-Übereinkommens in Spanien letztlich für unmittelbar anwendbar befunden werden oder nicht.
Die Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 8. März 2007 gilt nur für europäische Patentanmeldungen, die vor dem 8. Oktober 1992, dem Tag des Erlöschens des von Spanien gemachten Vorbehalts, eingereicht wurden und noch beim Amt anhängig sind.
Falls das TRIPS-Übereinkommen in Bezug auf Patente, die das EPA bereits erteilt hat, für unmittelbar anwendbar befunden werden sollte, ist es nach dem Dafürhalten des Amts nicht erforderlich, die bestehende Praxis im Hinblick auf das Einspruchsverfahren zu ändern. Artikel 70 (7) des TRIPS-Übereinkommens bezieht sich per definitionem nur auf anhängige Anmeldungen, und aus Artikel 70 (1) und (3) des TRIPS-Übereinkommens geht deutlich hervor, dass das Übereinkommen keine rückwirkende Geltung haben soll. Jeder Versuch, nach der Erteilung im Einspruchsverfahren den im TRIPS-Übereinkommen vorgesehenen erweiterten Schutz zu beanspruchen, würde ohnehin an Artikel 123 (3) EPÜ scheitern.