Anweisungen an die Bewerber für die Anfertigung ihrer Arbeiten
Gestützt auf die Artikel 13 und 15 (1) und (2) der Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung für zugelassene Vertreter (VEP) in der Fassung vom 9. Dezember 1993 (ABl. EPA 1994, 7), hat die Prüfungskommission mit Wirkung vom 19. Januar 2000 ihre Anweisungen (ABl. EPA 1995, 145) wie folgt geändert:
I. Allgemeine Vorschriften
1. Es wird davon ausgegangen, daß die Bewerber hinreichend vertraut sind mit
- den Richtlinien für die Prüfung im EPA und
- dem Inhalt der Amtsblätter des EPA,
die bis zum Ende des ihrer Prüfung vorangehenden Jahres veröffentlicht worden sind.
2. Ferner wird davon ausgegangen, daß die Bewerber die Prüfungsaufgabe in ein und derselben Sprache lesen und beantworten. Trifft dies nicht zu, so ist auf der ersten Seite der Antworten anzugeben, in welcher Sprache die Prüfungsaufgabe gelesen wurde. Dies gilt auch für Bewerber, die in einer anderen Sprache als Deutsch, Englisch oder Französisch antworten und bei der Anmeldung zur Prüfung einen entsprechenden Antrag gestellt haben.
3. Die Bewerber haben die in den Prüfungsaufgaben genannten Tatsachen als gegeben vorauszusetzen und sich auf diese zu beschränken. Ob und inwieweit ein Bewerber die Angaben verwendet, bleibt ihm selbst überlassen. Etwaige besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Erfindung sollten von den Bewerbern außer acht gelassen werden.
II. Prüfungsaufgabe A
Zeit: 3 1/2 Stunden, zweiter Prüfungstag vormittags
4. Ausgangspunkt für die Bewerber ist der Brief eines Mandanten; der Brief enthält die Beschreibung einer Erfindung, für die der Mandant ein europäisches Patent begehrt, sowie Hinweise auf den ihm bekannten nächstliegenden Stand der Technik.
5. Die Bewerber sollen einen unabhängigen Anspruch/unabhängige Ansprüche abfassen, der/die dem Anmelder den größtmöglichen Schutzumfang bietet/ bieten und dabei gute Aussichten hat/ haben, vor dem EPA zu bestehen. Bei der Abfassung des Anspruchs bzw. der Ansprüche sind die Erfordernisse des Übereinkommens – u. a. Neuheit und erfinderische Tätigkeit – sowie die Empfehlungen in den Richtlinien für die Prüfung im EPA zu berücksichtigen. Darüber hinaus sollten abhängige Ansprüche formuliert werden, auf die zurückgegriffen werden könnte, falls die unabhängigen Ansprüche nicht gewährbar sind; ihre Zahl sollte sich in vertretbaren Grenzen halten.
6. Ferner sollen die Bewerber eine Einleitung ausarbeiten, d. h. den Teil der Beschreibung, der vor den Beispielen oder vor der Erläuterung der Zeichnungen steht. Durch die Einleitung sollten die unabhängigen Ansprüche ausreichend gestützt werden. Dabei sollten die Bewerber insbesondere erwägen, ob es ratsam ist, vorteilhafte Wirkungen der Erfindung aufzunehmen.
7. Es wird erwartet, daß die Bewerber Ansprüche und Einleitung für eine einzige europäische Anmeldung abfassen. Diese Anmeldung muß den Erfordernissen des Übereinkommens im Hinblick auf die Einheitlichkeit entsprechen. Wenn ein Bewerber in der Praxis versuchen würde, weitere Erfindungen durch Einreichung einer oder mehrerer gesonderter Anmeldungen zu schützen, so sollte er in einer Anmerkung die Merkmale des unabhängigen Anspruchs der gesonderten Anmeldung(en) eindeutig identifizieren, etwa durch Bezugnahme auf bestimmte Teile der Ansprüche oder durch Abfassung des Anspruchs selbst.
8. Es steht den Bewerbern frei, ihre Antworten auf einem gesonderten Blatt zu begründen, also etwa darzulegen, warum sie eine bestimmte Anspruchsform, ein bestimmtes Merkmal für einen unabhängigen Anspruch, eine bestimmte Entgegenhaltung als Ausgangspunkt gewählt haben oder warum sie eine bestimmte Entgegenhaltung verworfen bzw. bevorzugt haben.
Ergänzende Notizen der Bewerber an die Prüfer können nicht wesentliche Teile der Antworten ersetzen.
9. Die Blätter der Prüfungsaufgabe, die die Bewerber möglicherweise zerschneiden und in ihre Arbeiten übernehmen möchten, werden nur einseitig bedruckt sein. Verwendet werden dürfen Schere, Klebstoff und Klebefilm, aber keine Hefter. Blätter mit Zeichnungen sind ebenfalls nur einseitig bedruckt.
III. Prüfungsaufgabe B
Zeit: 4 Stunden, zweiter Prüfungstag nachmittags
10. Bei dieser Aufgabe haben die Bewerber davon auszugehen, daß eine europäische Patentanmeldung eingereicht wurde, in der alle Vertragsstaaten benannt sind, und das Europäische Patentamt einen amtlichen Bescheid erlassen hat. Bestandteil der Aufgabe kann ein Schreiben des Mandanten sein, in dem er angibt, wie mit der europäischen Patentanmeldung weiter verfahren werden soll.
11.1 Von den Bewerbern wird erwartet, daß sie auf alle im amtlichen Bescheid angesprochenen Punkte eingehen. Die Erwiderung soll als Schreiben an das EPA abgefaßt sein, dem gegebenenfalls ein geänderter Anspruchssatz beizufügen ist. An der Beschreibung sollten aber keine Anderungen vorgenommen werden.
Die Ansprüche sollen einen möglichst großen Schutzumfang gewähren, wobei sie allen Erfordernissen des Übereinkommens Rechnung tragen müssen. Die Bewerber sollten in ihrer Erwiderung sämtliche Anderungen in den Ansprüchen und ihre Basis in der eingereichten Anmeldung eindeutig angeben und, falls erforderlich, zusätzlich erklären. Darüber hinaus sollten sie darlegen, welche Argumente für die Patentierbarkeit des unabhängigen Anspruchs bzw. der unabhängigen Ansprüche sprechen.
12. Ist ein Bewerber der Auffassung, daß ein Teil der Anmeldung zum Gegenstand einer oder mehrerer Teilanmeldungen gemacht werden sollte, so hat er in einer Anmerkung die Merkmale des unabhängigen Anspruchs der gesonderten Anmeldung(en) eindeutig zu identifizieren, etwa durch Bezugnahme auf bestimmte Teile der Ansprüche oder durch Abfassung des Anspruchs selbst.
IV. Prüfungsaufgabe C
Zeit: 6 Stunden, dritter Prüfungstag vormittags
13. Die vom Bewerber auszuarbeitende Einspruchsschrift muß den Vorschriften von Artikel 100 und Regel 55 des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) genügen, wobei die einschlägigen Empfehlungen in den Richtlinien für die Prüfung im EPA, Teil D, zu berücksichtigen sind. Um jedoch die Anonymität zu wahren, hat der Bewerber in der Prüfungsaufgabe nicht seinen eigenen Namen anzugeben, sondern den Namen des Vertreters, an den das Schreiben des Mandanten gerichtet ist.
14. Die Einspruchsschrift soll ausschließlich und vollzählig diejenigen Gründe – möglichst gegen alle Ansprüche – enthalten, die nach Ansicht des Bewerbers im vorliegenden Fall der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehen. Das Weglassen eines triftigen Einspruchsgrunds hat einen Punkteabzug zur Folge, der um so höher ausfällt, je wichtiger der Grund für den betreffenden Fall ist. Von den Gründen nach Artikel 100 Buchstabe b EPÜ wird kein Gebrauch gemacht.
Der Bewerber muß auch auf einem gesonderten Blatt kurz begründen, warum er den Empfehlungen des Mandanten gefolgt oder nicht gefolgt ist. Außerdem müssen alle Fragen, die der Mandant möglicherweise gestellt hat, beantwortet werden.
15. Die Prüfungsaufgabe wird als Schreiben eines Mandanten an einen zugelassenen Vertreter samt dem europäischen Patent, gegen das Einspruch eingelegt werden soll und den Entgegenhaltungen vorgelegt. Die Entgegenhaltungen umfassen mindestens drei Druckschriften, von denen eine nur in Englisch und Deutsch, eine nur in Englisch und Französisch und eine nur in Deutsch und Französisch vorliegt.
16. Die Prüfungsaufgabe enthält eine Liste mit speziellen Fachwörtern, die in den Entgegenhaltungen vorkommen. Diese Wörter werden in den drei Amtssprachen des EPA sowie in den für die betreffende Prüfung nach Artikel 15 (3) Satz 2 VEP beantragten anderen Amtssprachen eines Vertragsstaats angegeben.
17. Von den Bewerbern wird erwartet, daß sie sich in die Lage des Vertreters versetzen und allein anhand der Angaben des Mandanten eine Einspruchsschrift verfassen, die – in maschinenschriftlicher Form – so eingereicht werden könnte. Die Verwendung des bereitgestellten Vordrucks ist zulässig, aber nicht zwingend vorgeschrieben; ein Verzicht auf den Vordruck wirkt sich nicht negativ auf die Bewertung aus.
18. Die Ansprüche sind getrennt voneinander zu behandeln, wobei den jeweiligen Abhängigkeiten gebührend Rechnung zu tragen ist.
19. Bei der Bezugnahme auf Entgegenhaltungen ist jeweils nur die Nummer der Anlage zu nennen und die herangezogene Sprache anzugeben.
20. So ist davon auszugehen, daß der Offenbarungsgehalt sämtlicher Anlagen, die eine Priorität in Anspruch nehmen, mit dem Offenbarungsgehalt der entsprechenden Prioritätsunterlagen identisch ist, sofern es nicht Anhaltspunkte gibt, die dagegensprechen.
Bei Sachverhalten, die der Bestätigung bedürfen – etwa einer angeblichen früheren Offenbarung – wird von den Bewerbern der Hinweis erwartet, daß eine entsprechende Bestätigung nachgereicht wird.
Unabhängig davon, welches Datum das Schreiben des Mandanten aufweist, haben die Bewerber davon auszugehen, daß eine Rücksprache nicht möglich ist.
21. Die Bewerber sollten sich darüber im klaren sein, daß die Anlage 1 fiktiv ist und nicht unbedingt in einer Form vorliegt, die zur Erteilung eines Patents durch das Europäische Patentamt geführt hätte.
V. Prüfungsaufgabe D
Zeit: Teil I – 3 Stunden, erster Prüfungstag vormittags,
Teil II – 4 Stunden, erster Prüfungstag nachmittags2
22. Prüfungsaufgabe D Teil I umfaßt Fragen, die sich auf die verschiedenen Rechtskenntnisse der Bewerber beziehen. Es sind alle Fragen zu beantworten, wobei die Antworten kurz und präzise sein sollten. Die Bewerber haben jeweils alle Artikel, Regeln oder sonstigen Rechtsgrundlagen anzugeben, die für ihre Antworten relevant sind.
23. Prüfungsaufgabe D Teil II umfaßt eine Anfrage eines Mandanten, die eine Antwort in Form einer Rechtsauskunft erfordert.
In der Rechtsauskunft hat der Bewerber die rechtlichen Folgen des vorgegebenen Sachverhalts darzulegen.
Die Bewerber sollen zeigen, daß sie fähig sind, einen schwierigen Sachverhalt aus dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes zu klären, bei dem es um grundlegende Fragen der Patentierbarkeit, die Rechte von Erfindern, Erfindungen als Gegenstand des Vermögens und die Rechte Dritter geht, wie sie insbesondere – aber nicht nur – in den Artikeln 52 bis 89 EPÜ, den entsprechenden Artikeln des PCT, der Vereinbarung über Gemeinschaftspatente und der Pariser Verbandsübereinkunft sowie den einschlägigen Gesetzen der Vertragsstaaten behandelt werden. Vorzugsweise sollten die Bewerber alle Artikel, Regeln oder sonstigen Rechtsgrundlagen nennen, die für ihre Antwort relevant sind.
24. Die Note für die Prüfungsaufgabe D richtet sich nach den in Teil I und Teil II erzielten Punkten.