AUS DEN VERTRAGS- / ERSTRECKUNGSSTAATEN
DE Deutschland
Urteil des Bundesgerichtshofs, X. Zivilsenat, vom 17. April 1997
(X ZR 68/94)*
Stichwort: Klinische Versuche II
§§ 9 und 11 Nr. 2 PatG
Artikel 27 (b) GPÜ
Schlagwort: "Versuchsprivileg - gewerbliche Zielsetzung von auf die Fortentwicklung der Technik gerichteten Versuchen begründet keine Patentverletzung - Grenzen des Versuchsprivilegs"
Leitsätze
1. Eine auf den Gegenstand der Erfindung bezogene und deshalb rechtmäßige Handlung zu Versuchszwecken liegt vor, wenn durch planmäßiges Vorgehen Erkenntnisse gewonnen werden sollen, um eine bestehende Unsicherheit über die Wirkungen und die Verträglichkeit eines Arzneimittel-Wirkstoffes zu beseitigen.
2. Klinische Versuche, bei denen die Wirksamkeit und die Verträglichkeit eines den geschützten Wirkstoff enthaltenden Arzneimittels an Menschen geprüft wird, sind auch dann zulässig, wenn die Erprobungen mit dem Ziel vorgenommen werden, Daten für die arzneimittelrechtliche Zulassung einer pharmazeutischen Zusammensetzung zu gewinnen. Die gewerbliche Ausrichtung von Versuchen und die Intention, die gewonnen Ergebnisse zu gewerblichen Zwecken zu verwerten, machen die Versuchshandlungen selbst nicht zu unzulässigen Patentverletzungen.
3. Hat der Versuch selbst allerdings keinen Bezug zur technischen Lehre oder werden Erprobungen in einem vom Versuchszweck nicht mehr gerechtfertigten großen Umfang vorgenommen oder werden die Versuche in der Absicht durchgeführt, den Absatz des Erfinders mit seinem Produkt zu stören oder zu hindern, so liegen keine zulässigen Versuchshandlungen im Sinne des § 11 Nr. 2 PatG vor.
DE 2/97
* Amtliche Leitsätze. Eine geringfügig gekürzte Fassung der Entscheidung ist veröffentlicht in Mitt. 1997, 254