INTERNATIONALE VERTRÄGE
EG-Vertrag
Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 9. Juli 1997
(Rechtssache C-316/95, Generics BV ./. Smith Kline & French Laboratories Ltd)*
Stichwort: Generics BV/Smith Kline
Artikel 30, 36 EG-Vertrag
Artikel 25c GPÜ
Artikel 28 (1) b TRIPS-Abkommen
Schlagwort: "Schutz des unmittelbaren Verfahrensprodukts - Vorlage zur arzneimittelrechtlichen Zulassung als Patentverletzung" - "befristetes Vermarktungsverbot für Patentverletzer nach Ablauf des Patents"
Leitsätze
Freier Warenverkehr - Maßnahme gleicher Wirkung - Gewerbliches und kommerzielles Eigentum - Patentrecht - Registrierung von Arzneimitteln - Patentverletzung (EG-Vertrag Artikel 30 und 36)
Entscheidungsformel
1. Die Anwendung einer nationalen Rechtsvorschrift, nach der der Inhaber eines Patents für ein Verfahren zur Herstellung eines Arzneimittels einem Dritten untersagen lassen kann, der für die Erteilung von Genehmigungen für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln zuständigen Stelle Muster eines nach diesem Verfahren hergestellten Arzneimittels vorzulegen, ist eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung im Sinne von Artikel 30 EG-Vertrag.
2. Die Anwendung einer nationalen Rechtsvorschrift, nach der der Inhaber eines Patents für ein Verfahren zur Herstellung eines Arzneimittels einem Dritten untersagen lassen kann, der für die Erteilung von Genehmigungen für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln zuständigen Stelle Muster eines Arzneimittels vorzulegen, die von einer anderen Person als dem Patentinhaber nach dem patentierten Verfahren hergestellt worden sind, ist nach Artikel 36 EG-Vertrag gerechtfertigt.
3. Es stellt eine nach Artikel 36 EG-Vertrag zu rechtfertigende Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Artikel 30 dieses Vertrages dar, wenn ein nationales Gericht einem Dritten, der unter Verstoß gegen das Patentrecht eines Mitgliedstaats der für die Erteilung von Genehmigungen für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln zuständigen Stelle Muster eines nach einem patentierten Verfahren hergestellten Arzneimittels vorgelegt und auf diese Weise die beantragte Genehmigung erhalten hat, untersagt, dieses Arzneimittel während eines bestimmten Zeitraums nach dem Ablauf des Patents in den Verkehr zu bringen, damit verhindert wird, daß er aus diesem Verstoß einen ungerechtfertigten Vorteil zieht.
4. Bestand die Patentverletzung darin, daß der zuständigen Stelle im Hinblick auf die Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen Muster eines Arzneimittels vorgelegt wurden, so verbieten es das Gemeinschaftsrecht und insbesondere Artikel 36 des Vertrages nicht, daß das nationale Gericht dem Urheber der Patentverletzung untersagt, dieses Arzneimittel während eines Zeitraums von 14 Monaten nach dem Ablauf dieses Patents in den Verkehr zu bringen, der zwar die nach Artikel 7 der Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten in Verbindung mit Artikel 4 Buchstabe c der Richtlinie 75/319/EWG des Rates vom 20. Mai 1975 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten zulässige Höchstdauer des Genehmigungsverfahrens überschreitet, aber der tatsächlichen Durchschnittsdauer eines solchen Verfahrens im betreffenden Mitgliedstaat entspricht."
EU 4/97
* Amtliche Entscheidungsformel. Der vollständige Text der Entscheidung wird in der Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs veröffentlicht. Eine gekürzte Fassung ist veröffentlicht in Tätigkeiten des Gerichtshofes und des Gerichtes erster Instanz der EG Nr. 21/97, 8, in Mitt. 1997, 250.