INTERNATIONALE VERTRÄGE
EG-Vertrag
Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 5. Dezember 19961
(Verbundene Rechtssachen C-267/95 und C-268/95, Merck & Co. Inc. u. a. ./. Primecrown Ltd. u. a., Beecham Group plc ./. Europharm of Worthing Ltd. - Vorabentscheidungsersuchen des UK-High Court of Justice)
Stichwort: Merck II
Artikel 30, 36 EG-Vertrag; Artikel 47, 209 Akte über EG-Beitritt Spaniens und Portugals
Schlagwort: "Grundsatz der gemeinschaftsweiten Erschöpfung des Patentrechts (Bestätigung) - Paralleleinfuhr pharmazeutischer Erzeugnisse - Übergangsregelung Portugal/Spanien"
Leitsätze
1. Beitritt neuer Mitgliedstaaten zu den Gemeinschaften - Spanien - Portugal - Freier Warenverkehr - Gewerbliches und kommerzielles Eigentum - Patentrecht - Pharmazeutische Erzeugnisse - Recht des Inhabers eines Patents für ein pharmazeutisches Erzeugnis, während einer Übergangszeit die Einfuhr oder das Inverkehrbringen pharmazeutischer Erzeugnisse zu verhindern, die von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung von einem Dritten in Spanien oder in Portugal in den Verkehr gebracht worden sind - Ablauf der Übergangszeiten (Beitrittsakte von 1985, Art. 47 und 209)
2. Freier Warenverkehr - Gewerbliches und kommerzielles Eigentum - Patentrecht - Schutz - Grenzen - Grundsätze aus dem Urteil vom 14. Juli 1981 in der Rechtssache 187/802 - In einem Mitgliedstaat patentiertes pharmazeutisches Erzeugnis, das vom Patentinhaber in einem anderen Mitgliedstaat nach dessen Beitritt zu den Gemeinschaften, aber bevor die Möglichkeit eröffnet wird, es dort patentieren zu lassen, erstmals in den Verkehr gebracht wird - Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, der das Patent erteilt hat, wonach dessen Inhaber berechtigt ist, sich der Einfuhr dieses Erzeugnisses durch einen Dritten in diesen Staat zu widersetzen - Unzulässigkeit - Rechtfertigung mit der rechtlichen Verpflichtung des Patentinhabers, das Erzeugnis im Ausfuhrmitgliedstaat in den Verkehr zu bringen - Zulässigkeit - Rechtfertigung mit einer moralischen Verpflichtung, den Markt dieses Staates zu versorgen, oder mit der von diesem Staat angeordneten Preiskontrolle - Unzulässigkeit (EG-Vertrag, Art. 30 und 36)
Entscheidungsformel
1. Die in den Artikeln 47 und 209 der Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik und die Anpassung der Verträge vorgesehenen Übergangszeiten sind für das Königreich Spanien am 6. Oktober 1995 und für die Portugiesische Republik am 31. Dezember 1994 abgelaufen.
2. Die Artikel 30 und 36 EG-Vertrag stehen der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften entgegen, wonach der Inhaber eines Patents für ein pharmazeutisches Erzeugnis berechtigt ist, sich der Einfuhr dieses Erzeugnisses aus einem anderen Mitgliedstaat durch einen Dritten zu widersetzen, wenn er das Erzeugnis in diesem Staat nach dessen Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft, aber zu einem Zeitpunkt, zu dem das Erzeugnis in diesem Staat nicht durch ein Patent geschützt werden konnte, erstmals in den Verkehr gebracht hat, es sei denn, der Patentinhaber kann beweisen, daß für ihn eine tatsächliche und gegenwärtige rechtliche Verpflichtung besteht, das Erzeugnis in diesem Mitgliedstaat in den Verkehr zu bringen.
EU 2/97
1 Amtliche Leitsätze und Entscheidungsformel; der vollständige Text der Entscheidung ist veröffentlicht in der Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs 1996, I-6285 sowie, geringfügig gekürzt, in GRUR Int. 1997, 250 und EuZW 1997, 87.
2 Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs 1981, I-2063, GRUR Int. 1982, 47.