BESCHWERDEKAMMERN
Entscheidungen der Technische Beschwerdekammern
Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer 3.2.3 vom 15. Juni 1992 - T 553/90 - 3.2.3*
(Amtlicher Text)
Zusammensetzung der Kammer:
Vorsitzender: | C. T. Wilson |
Mitglieder: | F. Brösamle |
| H. Andrä |
| W. Moser |
| L. Mancini |
Patentinhaber/Beschwerdegegner: MARLBORO MARKETING, INC.
Einsprechender/Beschwerdeführer:
I. Werner Schenk GmbH + Co.
II. Plastoprint Gmbh + Co. KG
Stichwort: Umschreibung/MARLBORO
Artikel: 20, 60 (3) EPÜ
Schlagwort: "Legitimation der Patentinhaberin" - "Umschreibung - bindende Wirkung"
Leitsatz
Wird das europäische Patent während des Einspruchsverfahrens umgeschrieben, so tritt der neu im Patentregister eingetragene Patentinhaber sowohl im Einspruchs- als auch im Beschwerdeverfahren an die Stelle des bisherigen Patentinhabers. Seine Legitimation kann in diesen Verfahren nicht in Frage gestellt werden.
Sachverhalt und Anträge
I. Auf die am 22. März 1983 angemeldete und am 3. Oktober 1984 veröffentlichte europäische Patentanmeldung 83 102 840.2 ist am 2. Juli 1986 das europäische Patent Nr. 0 120 099 mit neunzehn Ansprüchen erteilt worden.
II. Auf dieser Patentschrift ist als Patentinhaberin die Firma
"The Howard Marlboro Group
500 Tenth Avenue
New York, New York 100 18 (US)"
angegeben.
Nach der Patenterteilung hat die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) mit Schreiben vom 1. September 1987 den Antrag gestellt, das Patent Nr. 0 120 099 umzuschreiben auf die Firma
"MARLBORO MARKETING, INC.
475 Tenth Avenue
New York, New York 10018 (US)"
und eine Übertragungserklärung und eine neue Vollmacht vorgelegt.
Mit Schreiben vom 30. September 1987 hat das Europäische Patentamt mitgeteilt, daß das Streitpatent antragsgemäß umgeschrieben worden ist und daß der Rechtsübergang in das europäische Patentregister eingetragen und im Europäischen Patentblatt veröffentlicht wird.
III. Gegen das erteilte Patent haben die Beschwerdeführerinnen
I. Werner Schenk GmbH + Co. und
II. Plastoprint Gmbh + Co. KG
jeweils Einspruch eingelegt und sich dabei u. a. auf folgende Druckschriften gestützt ...
IV. ...
Weiterhin wurde [von den Beschwerdeführerinnen I und II] die Aktivlegitimation der Patentinhaberin und jetzigen Beschwerdegegnerin in Frage gestellt.
V. Das Verfahren vor der ersten Instanz wurde mit der Zwischenentscheidung im Sinne von Artikel 106 (3) EPÜ vom 23. April 1990 zum Abschluß gebracht, wobei die Einspruchsabteilung zu der Schlußfolgerung gelangt ist, daß das Patent unter Berücksichtigung der im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen. ...
VI. Gegen die vorgenannte Zwischenentscheidung haben die Beschwerdeführerinnen I und II unter gleichzeitiger Bezahlung der Gebühr am 19. bzw. 20. Juni 1990 Beschwerde eingelegt ...
VII. In der Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (2) VOBK vom 7. Februar 1992 hat die Kammer ihre vorläufige Beurteilung der Sachlage dahingehend zum Ausdruck gebracht, daß ihrer Meinung nach Zweifel an der ausreichenden Legitimation der Beschwerdegegnerin nicht gerechtfertigt sind, ...
IX. Die wesentlichen Diskussionspunkte in der mündlichen Verhandlung vom 15. Juni 1992 bewegten sich im Rahmen der bisher im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Argumente, nämlich Frage der Legitimation der Beschwerdegegnerin, ...
Die Beschwerdeführerinnen I und II beantragen weiterhin den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin verteidigt dagegen das Patent gemäß vorstehend genanntem Haupt- bzw. Hilfsantrag, vgl. Pkt. VIII., d. h. sie beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis des Haupt- oder Hilfsantrages.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerden entsprechen den Artikeln 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ; sie sind zulässig.
2. Legitimation der Beschwerdegegnerin
2.1 Diese Rechtsfrage ist bereits im Einspruchsverfahren diskutiert worden, mit dem Ergebnis, daß die Erstinstanz zu dem Ergebnis kam, daß die im Patentregister eingetragene Partei als Patentinhaberin zu gelten habe und daß das EPÜ hierfür keine andere Regelung kenne, so daß ggf. eine Klärung vor den nationalen Gerichten erfolgen müsse.
2.2 Das europäische Patentregister (Artikel 127 EPÜ) enthält u. a. Angaben über die Person des Anmelders oder Patentinhabers (Regel 92 (1) f) EPÜ) sowie über Rechte an der europäischen Patentanmeldung oder am europäischen Patent (Regel 92 (1) w) EPÜ). Gemäß Artikel 20 EPÜ ist die Rechtsabteilung des EPA zuständig für Entscheidungen über Eintragungen und Löschungen von Angaben im europäischen Patentregister. Diese Entscheidungen sind nach Artikel 106 (1) EPÜ mit der Beschwerde anfechtbar. Diese Beschwerden fallen aufgrund von Artikel 21 (2) EPÜ in den Kompetenzbereich der Juristischen Beschwerdekammer, und nicht in denjenigen der Technischen Beschwerdekammern (Artikel 21 (3) a), b) und (4) EPÜ).
2.3 Das Verfahren vor der Rechtsabteilung stellt gegenüber dem Erteilungsverfahren ein Nebenverfahren dar, in dem die Legitimation der im Patentregister als Inhaber des Rechts auf das Patent eingetragenen Person angefochten werden kann. Im Erteilungs- und im Einspruchsverfahren gilt jedoch die Fiktion gemäß Artikel 60 (3) EPÜ.
2.4 Die Einspruchsabteilung war somit nicht befugt, über die Legitimation der Beschwerdegegnerin zu entscheiden. Aufgrund von Artikel 111 (1) EPÜ ist die Kammer auch nicht berechtigt, darüber eine Entscheidung zu treffen.
...
* Die Entscheidung ist hier nur auszugsweise abgedruckt. Eine Kopie der ungekürzten Entscheidung in der Verfahrenssprache ist bei der Informationsstelle des EPA München gegen Zahlung einer Fotokopiergebühr von 1,30 DEM pro Seite erhältlich.