BESCHWERDEKAMMERN
Entscheidungen der Technische Beschwerdekammern
Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer 3.2.1 vom 10. Oktober 1985 - T 195/841
Zusammensetzung der Kammer:
Vorsitzender: | M. Huttner |
Mitglieder: | C. Wilson |
Anmelderin: The Boeing Company
Stichwort: "Technisches Allgemeinwissen/BOEING"
"Erfinderische Tätigkeit"
Leitsatz
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist der Stand der Technik nicht nur auf dem eigentlichen Gebiet der Anmeldung, sondern auch auf den benachbarten Gebieten und auch der Stand der Technik heranzuziehen, der sich auf nichtspezifischen (allgemeinen) Gebieten mit der Lösung allgemeiner technischer Aufgaben befaßt, die die Anmeldung auf ihrem speziellen Gebiet lösen will. Die Lösungen dieser allgemeinen technischen Aufgaben auf nichtspezifischen (allgemeinen) Gebieten sind als Teil des technischen Allgemeinwissens anzusehen, das bei Spezialisten vorauszusetzen ist.
Sachverhalt und Anträge
I. Die am 7. Juli 1981 eingereichte und am 17. Februar 1982 unter der Nummer 0 045 987 veröffentlichte europäische Patentanmeldung Nr. 81 200 789.6 wurde mit Entscheidung der Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts vom 29. März 1984 zurückgewiesen. Der Entscheidung lagen die am 17. August 1982 eingegangenen Ansprüche 1 bis 3 zugrunde.
Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf folgende Druckschriften keine erfinderische Tätigkeit aufweise:
"Aircraft Engineering", Nov. 1973, Seiten 24 und 25 (1)
DE-B-1 233 216 (2)
II. Die Beschwerdeführerin legte am 29. Mai 1984 gegen diese Entscheidung Beschwerde ein. Die entsprechende Gebühr wurde ordnungsgemäß entrichtet; die Beschwerdebegründung ging am 30. Juli 1984 ein.
Die Beschwerdeführerin machte geltend, daß ein Fachmann, der sich vor die Aufgabe gestellt sehe, die Nachteile der in der Entgegenhaltung 1 offenbarten Vorrichtung zu beseitigen, nicht auf die Entgegenhaltung 2 gestoßen wäre. Selbst wenn er die Entgegenhaltung 2 studiert hätte, wäre er nicht auf die Erfindung gekommen, weil die Lehren der Entgegenhaltungen 1 und 2 an sich unvereinbar seien.
Die Beschwerdeführerin beantragte ferner die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wegen eines Verfahrensmangels (Art. 113 (1) EPÜ), denn ihr sei keine Gelegenheit gegeben worden, eine mündliche Verhandlung zu beantragen.
III. Auf die von der Kammer im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwände hin legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 1. April 1985 einen neuen Anspruch 1 sowie Vorschläge für eine entsprechende Änderung der Beschreibung vor. Sie beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines europäischen Patents auf der Grundlage der gegenwärtig gültigen Unterlagen. Der gültige Anspruch 1 lautet wie folgt:
"Mechanismus zum Ausfahren einer Hochauftriebsvorrichtung, z. B. einer Hilfsflügelklappe, gegenüber einem Hauptflügel, der eine mit der Hochauftriebsvorrichtung verbundene und sich in Sehnenrichtung des Hauptflügels hinziehende Führungsschiene, am Hauptflügel befestigte Führungsmittel, die zur Führung im Kontakt mit der Führungsschiene stehen und diese tragen, und einen Seilantrieb zum Aus- und Einfahren der Hochauftriebsvorrichtung aufweist, der aus einem an beiden Enden der Führungsschiene befestigten Seil und mindestens einer Seiltrommel besteht, die so angepaßt ist, daß sie das Einziehen des Seiles ermöglicht, aber nicht in Berührung mit der Führungsschiene steht, dadurch gekennzeichnet, daß die Führungsschiene einen umgekehrt U- förmigen Querschnitt aufweist, der sich als Kanal über die Länge der Schiene hinzieht, daß die Seiltrommel mit ihrer Achse quer zur Führungsschiene und im wesentlichen in der Symmetrieebene des Kanals angeordnet und daß das Seil zwischen den inneren Wänden des Führungskanals befestigt ist."
IV. Die Beschwerdeführerin hielt während der von ihr beantragten mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 1985 an ihrem Standpunkt fest.
Sie führte außerdem ein drittes Dokument, nämlich die Druckschrift US-A-2 901 764, in das Verfahren ein mit der Erklärung, daß es sich hier um den Stand der Technik handle, auf den in der Entgegenhaltung 2 verwiesen werde.
V. Hinsichtlich der ursprünglichen Ansprüche und der Beschreibung wird auf die Veröffentlichung Nr. 0 045 987 verwiesen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist somit zulässig.
2. Die Frage, ob gegen die derzeitige Fassung der Ansprüche und der Beschreibung formale Einwände bestehen, ob z. B. der Anspruch 1 durch den Zusatz "mindestens eine" gegenüber der Anmeldung in der eingereichten Fassung inhaltlich erweitert worden ist, braucht nicht beantwortet zu werden, da der Anspruch ohnehin nicht gewährbar ist.
3. Nach Prüfung der im Recherchenbericht aufgeführten Druckschriften und der von der Anmelderin während des Verfahrens eingeführten Druckschrift ist die Kammer davon überzeugt, daß keine von ihnen eine Vorrichtung zum Ausfahren einer Hochauftriebsvorrichtung offenbart, die alle in Anspruch 1 genannten Merkmale aufweist Da dies auch nie an- gezweifelt worden ist, besteht keine Veranlassung, auf diese Frage näher einzugehen. Der Gegenstand nach Anspruch 1 ist somit neu (Art. 54 EPÜ).
4. Der Oberbegriff des geänderten unabhängigen Anspruches 1 enthält nur Merkmale, die in Verbindung miteinander auch in dem nächstliegenden Stand der Technik offenbart sind, wie er aus der Zeitschrift "Aircraft Engineering", Nov. 1973, Seiten 24 und 25 (1) hervorgeht.
5. Bei dem aus der Entgegenhaltung 1 bekannten Mechanismus werden die Führungsschienen alle mittels eines zentralen hydraulischen Motors über einzelne in Spannweitenrichtung des Hauptflügels verlaufende Seilzüge hin- und herbewegt. Daher benötigt jede einzelne Führungsschiene eine Reihe von Führungsrollen, die neben der Schiene angebracht sind und die beiden an den gegenüberliegenden Enden der Führungsschiene angebrachten Seilenden parallel zur Führungsschiene halten, so daß eine reibungslose Hin- und Herbewegung gewährleistet ist. Dazu sind erhebliche Seillängen erforderlich.
Der Beschwerdeführerin zufolge hat diese Vorrichtung ferner den Nachteil, daß der Seilzug im Flügel sehr viel Platz beansprucht und daß sich außerdem an dem Seil Schmutz ansammeln kann.
6. Die vorliegende Anmeldung hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, einen Mechanismus zum Ausfahren einer Hochauftriebsvorrichtung bereitzustellen, bei dem keine langen Seile verwendet werden.
7. Die Lösung der anmeldungsgemäßen Aufgabe beruht auf der Idee, eine einzige Trommel und ein kurzes Seil zu verwenden, das an den beiden Enden der Führungsschiene und in derselben Ebene wie diese angebracht ist und die Schiene hin- und herbewegt.
8. Nun gilt es zu prüfen, ob der Gegenstand nach Anspruch 1 unter diesen Umständen noch erfinderisch ist. Bei der Beurteilung dieses Sachverhalts kristallisieren sich folgende Punkte heraus.
8.1 Da es zu den üblichen Aufgaben des Fachmanns gehört, bekannte Nachteile zu überwinden und damit Verbesserungen zu erzielen, ist nicht recht ersichtlich, inwiefern die Aufgabenstellung nach Nummer 6 zum erfinderischen Charakter der Lösung beiträgt.
8.2 Nun stellt sich die Frage, ob der Stand der Technik oder auch der allgemeine Wissensstand des Fachmannes einen Hinweis dafür liefert, wie die Vorrichtung nach Entgegenhaltung 1 von großen Seillängen unabhängig gemacht werden kann.
Der Fachmann hätte gewiß erkannt, daß er einen möglichst kurzen Seilzug, d. h. mit jeder Führungsschiene verbundene Einzelseilzüge, verwenden muß, wenn er aus Gründen der Platzersparnis lange Seile zwischen den Führungsschienen vermeiden will. Als nächstes hätte er sich fragen müssen, ob es bereits einen geeigneten kurzen Seilzug gibt. Dies ist zweifellos eine Aufgabe für einen Maschinenbauingenieur, der aufgrund seiner allgemeinen Fachkenntnisse über vorhandene Maschinenbauteile gewiß in der Lage wäre, hier eine Lösung zu finden; es ist daher zu erwarten, daß er alle einschlägigen Quellen heranziehen würde, um Bauteile zu finden, die die gewünschte Funktion erfüllen und den Erfordernissen entsprechen.
8.3 Eine solche Quelle ist die Darstellung des Stands der Technik in der Druckschrift DE-B-1 233 216 (2) (Spalte 1, Zeilen 4—12), die in der ersten Instanz eingeführt wurde und eine allgemeine technische Lehre darüber enthält, wie ein hin- und herbewegliches Getriebeteil mittels einer Trommel und eines Seiles, die in derselben Ebene wie dieses Teil liegen, mit einer drehbaren Welle verbunden werden kann. Diese Feststellung wird durch die Tatsache untermauert, daß keinerlei Hinweis auf eine bestimmte Anwendung des Seilzuges gegeben wird. Obwohl in der Darstellung des Stands der Technik nicht besonders erwähnt wird, daß sich Trommel und Getriebeteil nicht berühren, geht aus der Erfindung nach der Entgegenhaltung 2, wo von einer Berührung die Rede ist, hervor, daß zunächst eine berührungsfreie Anordnung vorgesehen war. Abgesehen davon, daß keine besondere Anwendung dieses Antriebsübertragungssystems offenbart wird, wird die Tatsache, daß hier ein bekanntes allgemeines Prinzip vorliegt, auch durch die Druckschrift US-A-2 901 764 erhärtet, die vom Vertreter der Beschwerdeführerin im mündlichen Verfahren eingeführt worden ist. In dieser Druckschrift wird nämlich nur ein einziges Beispiel für eine bestimmte Anwendung dieses berührungsfreien Antriebs, und zwar bei einem Scheibenwischer, angegeben.
8.4 Da für die Anwendung dieser allgemeinen Offenbarung kein besonderes Gebiet, also auch nicht das der vorliegenden Anmeldung, angegeben ist und die Offenbarung außerdem für die Zwecke der Patentrecherche in eine andere Klasse eingeordnet ist, könnte es auf den ersten Blick richtig erscheinen, sie unter den entfernteren Stand der Technik einzuordnen (siehe die noch nicht veröffentlichte Entscheidung T 176/84); es wäre dann auch nicht naheliegend, sie mit dem nächstliegenden Stand der Technik (d. h. "Aircraft Engineering") zu kombinieren. Da sich die Offenbarung jedoch mit der Lösung eines allgemeinen technischen Problems befaßt, das nicht auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt ist, ist sie als Teil des allgemeinen Fachwissens zu betrachten, das bei einem auf ein bestimmtes Gebiet spezialisierten Maschinenbauingenieur (also auch bei einem Flugzeugbauingenieur) vorausgesetzt werden muß. Es ist daher zu erwarten, daß er diese Lehren entweder kennt oder sich bei der Suche nach der Lösung seines allgemeinen technischen Problems diesem allgemeinen Gebiet zuwendet.
Dieser Stand der Technik ist also bei ihm als technisches Fachwissen vorauszusetzen.
8.5 Der Fachmann erkennt deshalb sofort, daß sich diese allgemeine Idee auch zur Lösung seines besonderen Problems, also zum Antrieb einer Führungsschiene, eignet. Es ist daher für ihn naheliegend, den langen Seilantrieb nach Entgegenhaltung 1 durch mehrere Einzelseilzüge zu ersetzen, bei denen jeweils eine Trommel und ein Seil in derselben Ebene wie die Führungsschiene verwendet werden und zwischen Seiltrommel und Schiene kein Kontakt besteht. Solche Vorrichtungen sind aus der Mechanik allgemein bekannt und in den obengenannten Druckschriften mit Beispielen belegt. Dem Fachmann ist es somit ein leichtes, sich die bekannte Funktion und die vorteilhaften Wirkungen dieser Vorrichtung zunutze zu machen.
Ob die Welle von dem hin- und herbeweglichen Getriebeteil angetrieben wird oder umgekehrt und ob die Seiltrommel unter oder über dem hin- und herbeweglichen Teil angeordnet wird, ist für die erfinderische Tätigkeit ohne Bedeutung. Ebensowenig spielt es eine Rolle, ob die Schiene als umgekehrtes U ausgebildet ist, zumal ein U-förmiges hin- und herbewegliches Teil bereits aus der Entgegenhaltung 2 bekannt ist und aus Anspruch 1 nicht hervorgeht, daß sich die Seiltrommel aus Gründen der Platzersparnis in die Führungsschiene hinein erstreckt.
9. Auch die anderen von der Beschwerdeführerin als Beweis für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit angeführten Argumente reichen nicht aus, um die Kammer von ihrer Schlußfolgerung abzubringen, daß keine erfinderische Tätigkeit vorliegt.
a) Die Beschwerdeführerin behauptet, der Fachmann hätte weder die Entgegenhaltung 2 noch deren amerikanische Entsprechung finden können, da beide unter einer allgemeinen Klasse eingeordnet sind. Damit verkennt sie jedoch ein Grundprinzip des Übereinkommens: Gemäß Artikel 54 (2) EPÜ gehört die Offenbarung aller Schriften, die vor dem Prioritätstag einer europäischen Patentanmeldung veröffentlicht worden sind, zum Stand der Technik und muß daher bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 56 EPÜ zumindest berücksichtigt werden. Demnach muß die Entgegenhaltung 2 bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt werden, da sie sich auf ein allgemeines Antriebsübertragungssystem bezieht, mit dem die anmeldungsgemäße Aufgabe gelöst wird.
b) Die Beschwerdeführerin behauptet ferner, daß der Fachmann die Entgegenhaltung 2 auch dann nicht berücksichtigt hätte, wenn er sie gefunden hätte, und zwar aus folgenden Gründen:
i) Da die Schiene in der Entgegenhaltung 1 gebogen, die in der Entgegenhaltung 2 jedoch gerade ist, wäre es - so die Beschwerdeführerin - nicht naheliegend gewesen, beide zu kombinieren. Wie jedoch bereits in der mündlichen Verhandlung festgestellt wurde, ist Anspruch 1 weder auf eine gebogene noch auf eine gerade Schiene beschränkt, da die Form der Schiene in diesem Zusammenhang unerheblich ist und den Fachmann nicht daran hindert, die Lehren der beiden Entgegenhaltungen miteinander zu kombinieren. Die Beschwerdeführerin kann sich deshalb nicht auf dieses Argument stützen, um das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit beim Anspruch 1 glaubhaft zu machen.
ii) Die Beschwerdeführerin behauptet weiter, daß der Antrieb nach Entgegenhaltung 2 bei einer gebogenen Schiene nicht funktionieren könne, wenn die Trommel, wie in Entgegenhaltung 2 offenbart, auf der konkaven Seite angeordnet sei. Da Anspruch 1 aber nicht auf diese Vorrichtung beschränkt ist, ist auch dieses Argument nicht stichhaltig. Da Anspruch 1 ferner nicht auf einen Antrieb beschränkt ist, der Mittel zum Ausgleich der veränderten Seillänge aufweist, sind auch alle diesbezüglichen Argumente ohne Bedeutung.
iii) Der Umstand, daß die Entgegenhaltung 2 20 Jahre alt ist, ist unerheblich, da die darin dargestellte typische Vorrichtung zur Bewegungsübertragung zum allgemeinen Fachwissen auf diesem Gebiet gehört und damit nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt oder Zeitraum beschränkt ist.
iv) Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, daß eine Reihe von Schritten nötig gewesen sei, um von der Vorrichtung nach Entgegenhaltung 1 zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 zu gelangen. Die Kammer bleibt jedoch bei ihrer Auffassung, die sie wie folgt begründet: Wenn der Fachmann erst einmal erkannt hat, daß das Problem in den großen Seillängen liegt, kann er diese durch die aus der Entgegenhaltung 2 bekannten Zugvorrichtungen ersetzen und damit unmittelbar zu der Vorrichtung nach Anspruch 1 gelangen, ohne daß dadurch irgendeine unerwartete Wirkung erzielt wird.
10. Aus diesen Gründen ist dem Gegenstandes Anspruchs die in Artikel 56 EPÜ geforderte erfinderische Tätigkeit abzusprechen. Er ist deshalb im Hinblick auf Artikel 52 (1) EPÜ nicht gewährbar.
11. Der Vertreter wandte in der mündlichen Verhandlung ein, daß neue Gründe zur Widerlegung der erfinderischen Tätigkeit vorgelegt worden seien, zu denen er sich vorher nicht habe äußern können (Art. 113 EPÜ). Die Kammer konnte sich dem nicht anschließen. Während die Prüfungsabteilung in ihrer Entscheidung über die Zurückweisung der Anmeldung die Entgegenhaltung 1 mit dem besonderen Ausführungsbeispiel der Entgegenhaltung 2 kombiniert hatte, hat sich die Kammer in der mündlichen Verhandlung auf die Offenbarung der Entgegenhaltung 1 und die Darstellung des Stands der Technik in der Entgegenhaltung 2 gestützt. Sie stellt dabei darauf ab, daß die Erfindung nach Entgegenhaltung 2 darauf gerichtet ist, den Antrieb zwischen dem hin- und herbeweglichen Getriebeteil einerseits und der Seiltrommel und dem Seil andererseits dadurch zu verbessern, daß zwischen der Trommel und dem Getriebeteil eine direkte Reibung erzeugt wird. Der Fachmann würde daher bei der Durchsicht dieser Entgegenhaltung sofort erkennen, daß in dem Stand der Technik, von dem die Entgegenhaltung 2 ausgeht, kein direkter Kontakt zwischen Trommel und Getriebeteil besteht. Dies ist auch bei der vorliegenden Anmeldung der Fall. Daß der Vertreter von der Existenz dieses Stands der Technik gewußt hat, zeigte sich, als er die Druckschrift US-A-2 901 764 in die mündliche Verhandlung mit der Bemerkung einführte, daß es sich hierbei um eine Anwendung des Antriebs handle, der Bestandteil des in der Entgegenhaltung 2 genannten Stands der Technik sei. Der Vertreter hatte also nach Ansicht der Kammer genügend Zeit gehabt, um diesen Stand der Technik voll zu würdigen. Außerdem hat er keine Verlängerung beantragt, um den Stand der Technik genauer prüfen zu können, und auch keine Vertagung.
12. Die beantragte Rückzahlung der Beschwerdegebühr kann nur angeordnet werden, wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Außerdem ist darauf hinzuweisen, daß die Beschwerdeführerin das Vorliegen eines Verfahrensmangels nicht hinreichend glaubhaft machen konnte. Sie hat Gelegenheit gehabt, weitere Argumente vorzubringen und eine mündliche Verhandlung zu beantragen, um die von der Prüfungsabteilung erhobenen Einwände zu entkräften; dabei spielt es keine Rolle, welches Formblatt das EPA für den ersten Bescheid verwendet hat, Die Prüfungsabteilung hat die Erwiderung geprüft und für unzulänglich befunden und die Anmeldung daraufhin in ihrem zweiten Bescheid zurückgewiesen. Nach Artikel 113 (1) EPÜ ist es nicht erforderlich, dem Anmelder wiederholt Gelegenheit zu geben, zum Vorbringen der Prüfungsabteilung Stellung zu nehmen (s. T 84/82, ABl. EPA 1983, 451, Leitsätze I und II und T 161/82, ABl. EPA 1984, 551, Leitsatz I).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen
wird wie folgt entschieden:
Die Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 29. März 1984 wird zurückgewiesen.
1 Übersetzung.