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Warum "B" nicht immer auf "A" folgt

Patentinformation aus Korea

Warum "B" nicht immer auf "A" folgt - und was das konkret bedeutet

Um laufend von neuen technischen Entwicklungen zu erfahren und die Aktivitäten von Wettbewerbern und Geschäftspartnern verfolgen zu können, muss man neue Patentveröffentlichungen stets im Blick behalten. Sofern es dabei um den Stand der Technik in Asien geht, müssen einige Hürden genommen werden. Diese sind nicht nur sprachlicher Natur, sondern es geht auch um einige spezifische Aspekte des jeweiligen nationalen Patentrechts. Da unsere Nutzer beträchtliches Interesse an diesem Thema haben, befassen wir uns in diesem Artikel mit einer Eigenheit des koreanischen Patentsystems, die bei der regelmäßigen Überwachung zu beachten ist: Erteilte Patente ("B1"-Schriften) können auch ohne vorherige Veröffentlichung der Anmeldung (der "A"-Schrift) veröffentlicht werden.

Erst kommt "A", dann kommt "B". Das ist einer dieser unwiderleglichen, offensichtlichen, "ewigen" Grundsätze, die wir von klein auf lernen und auf alle möglichen Situationen anwenden. Auf den ersten Blick gilt das auch für die Veröffentlichung von Patentdokumenten. Erst wird die Anmeldung veröffentlicht (in der Regel mit dem Code "A") und dann das erteilte Patent (die "B"- oder "B1"-Schrift).

Beispiele aus Korea zeigen jedoch, dass  diese Reihenfolge nicht in Stein gemeißelt ist. Wie ein Bericht des koreanischen Patentamts (KIPO) über eine Änderung des Patentrechts im Jahr 2016 zeigt, wird bei einem beträchtlichen Anteil der beim KIPO eingereichten Anmeldungen über die Erteilung entschieden, bevor die Anmeldung 18 Monate nach der Einreichung/der Priorität offengelegt wird. Laut der Umfrage war dies bei knapp 40 Prozent der Anmeldungen in Korea der Fall, bei denen im Jahr 2014 eine Erteilungsentscheidung erfolgte. In den meisten dieser Fälle wurde das erteilte Patent (B1) noch vor der regulären Veröffentlichung der Anmeldung ("A") veröffentlicht. Oder anders ausgedrückt: Erst kam B, dann kam A.

Dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens ist das Erteilungsverfahren in Korea relativ kurz. Dem jüngsten Jahresbericht des KIPO zufolge dauert es im Durchschnitt etwa elf Monate vom Prüfungsantrag bis zum ersten amtlichen Bescheid, also der vorläufigen Ablehnung oder der Erteilung. Zweitens sieht das koreanische Patentrecht mehrere Möglichkeiten zur Beschleunigung des Prüfungsverfahrens vor, die allesamt zu einer raschen Erteilung führen können.

Warum ist dies für Patentrechercheure wichtig?

Wenn man neue koreanische Publikationen überwacht, darf man sich keinesfalls auf Veröffentlichungen von Anmeldungen (also "A"-Schriften) beschränken. Denn dann übersieht man rasche Erteilungen, bei denen nur die "B1"-Schrift verfügbar ist.

Wenn nämlich die "B1"-Schrift zuerst veröffentlicht wird, veröffentlicht das KIPO die "A"-Schrift überhaupt nicht mehr. In einem solchen Fall ist die "B1"-Schrift die einzige Veröffentlichung, die für das entsprechende Patent erfolgt. Die Lage ist also anders als in Japan, denn das japanische Patentamt veröffentlicht die Anmeldung mit dem Code "A2" auch dann, wenn das erteilte Patent vorher veröffentlicht wird.

   

Links: Beispiel für ein koreanisches Dokument, bei dem nur eine B1-Schrift vorhanden ist (unter "Published as" wird keine "A"-Schrift erwähnt) Rechts: Koreanisches Dokument mit beiden Veröffentlichungen (A und B1) (klicken zum Vergrößern)

Weitere Informationen

Bericht des KIPO über die Patentrechtsänderung im Jahr 2016  (vgl. Seite 3 mit Zahlen zu den Patenten, die vor der Veröffentlichung der Anmeldung erteilt werden) (auf Koreanisch).

Jahresbericht 2020 des KIPO (auf Englisch)