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Kombinatorische Erfindungen

"Neue Technologien entstehen nicht aus dem Nichts. Sie werden aus bereits vorhandenen Komponenten zusammengefügt", so Arthur und Polak im Jahr 2006. Dieser Artikel behandelt die Frage, wie man kombinatorische Erfindungen erkennt, die aus einer neuartigen Kombination von zwei Technologien hervorgehen. Die Bedeutung von kombinatorischen Erfindungen wird durch Berichte von Prüfern bekräftigt, wonach bahnbrechende Entdeckungen von unbekannten Technologien eher selten sind. In ihrem 2015 erschienenen Artikel "Invention as a combinatorial process: evidence from US patents" beschreiben Hyejin Youn et al., wie die Analyse von gemeinsam zugewiesenen Klassifikationssymbolen dazu genutzt werden kann, die Bedeutung von technologischen Kombinationen für die Innovation zu zeigen. Sie analysieren die Distanz der Klassifikationscodes zueinander, um die Neuheit solcher Kombinationen zu ermitteln und festzustellen, wie die Erzeugung neuer technologischer Kombinationen einen praktisch unendlichen Raum technologischer Konfigurationen erschafft.

Im Einklang mit diesem Konzept können die EPA-Tools Global Patent Index (GPI) und PATSTAT dazu genutzt werden, die gemeinsam zugewiesenen CPC-Symbole von Patentveröffentlichungen in der Ergebnisliste einer Recherche zu analysieren und damit neue technologische Trends zu identifizieren, die noch nicht zu neuen Klassifikationssymbolen geführt haben. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass Änderungen von Kombinationsmustern über die Zeit hinweg genutzt werden, um neue Kombinationen aus dem Hintergrund typischer Kombinationen in einem bestimmten Bereich zu extrahieren. Diese neuen Kombinationen haben das Potenzial, zu weiteren Erfindungen anzuregen und Trendsetter für neue Technologien zu werden.

Abb. 1 zeigt die Kombinationen von CPC-Zuweisungen in Bezug auf Erfindungen im Bereich Verkehrssteuerung von Straßenfahrzeugen (G08G1/00). In dieser Übersicht sind klassische Kombinationen mit Datenverarbeitung (klassifiziert unter G06Q) so dominant, dass neue Trends mit niedrigen Anmeldezahlen schwer zu erkennen sind.

 

(Zum Vergrößern Bild anklicken) – Abb. 1 Gemeinsam zugewiesene CPC-Symbole im Bereich Verkehrssteuerung (G08G1/00)

Abb. 2 dagegen zeigt die Veränderungen der für Verkehrssteuerungssysteme (G08G1/00) und andere Bereiche gemeinsam zugewiesenen CPC-Symbole und hebt Kombinationen hervor, deren Bedeutung zunimmt (blaue Kreise) oder abnimmt (rote Kreise). Diese Übersicht zeigt deutlich, dass in jüngster Zeit Daten aus der Transportinfrastruktur häufiger gemeinsam klassifiziert werden mit Informationen aus Fahrzeugen in Bewegung, z. B. Navigationssysteme in G05D1/00 und sogar aus dem Bereich der autonomen Fahrzeuge B60W60/00. Solche Analysen können helfen, technologische Trends zu identifizieren, die sich noch nicht in hohen Anmeldezahlen niederschlagen, und ermöglichen daher einen frühzeitigen Einblick in künftige Trends.

 

(Zum Vergrößern Bild anklicken) – Abb. 2 Veränderung der gemeinsam zugewiesenen CPC-Symbole im Bereich Verkehrssteuerung (G08G1/00)

Die öffentlichen Patentinformationstools des EPA weisen derzeit CPC-Codes auf Ebene der Patentfamilien zu und klassifizieren dabei das gesamte Dokument. Neuere Ansätze zielen darauf ab, Klassifikationszuweisungen detaillierter zu analysieren, indem die Klassifikationscodes nicht nur auf Dokumenten-, sondern auch auf Absatzebene mit Anmerkungen versehen werden, um den Prüfer zum richtigen Absatz zu leiten. Dies verbessert auch Kombinationsrecherchen, weil damit untersucht werden kann, ob die gemeinsamen Zuweisungen eng beieinander liegen (z. B. im selben Absatz und sich somit auf dasselbe Konzept beziehen) oder weit auseinander und damit potenziell nicht miteinander verbunden sind.

Als Beispiel zeigt Abb. 3 die Anmerkungen zu Klassifikationsodes für jeden Abschnitt des Dokuments. Ein Vergleich ähnlicher Kombinationen von Codes zeigt eine potenzielle Verbindung zwischen den technischen Konzepten in den verschiedenen Dokumenten.

 

(Zum Vergrößern Bild anklicken) – Abb. 3 Verwendung von KI zur Zuweisung von CPC-Codes auf Absatzebene, um ähnliche enge Kombinationen zu identifizieren

Kombinatorische Erfindungen wie in diesem Artikel beschrieben können bereits mit EPA-Tools untersucht werden, um neue Kombinationen zu ermitteln und Trends abzulesen. Künftig wird es eventuell möglich sein, den Text mithilfe von KI zu analysieren und sogar neue Klassifikationscodes für Konzepte vorzuschlagen, die von den bestehenden Codes noch nicht abgedeckt sind.