EUROPÄISCHES PATENTAMT
Mitteilungen des EPA
Mitteilung des EPA vom 10. Januar 2014 über die Änderung von Regel 6 EPÜ und Artikel 14 (1) GebO
1. Mit Beschluss vom 13. Dezember 2013 (CA/D 19/13) hat der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation Regel 6 EPÜ und Artikel 14 (1) der Gebührenordnung (GebO) geändert, um durch ein neues System von Sprachenermäßigungen Kleinanmelder zu unterstützen, die ihren Wohnsitz oder Sitz in einem EPÜ-Vertragsstaat haben und europäische Patentanmeldungen oder Prüfungsanträge in einer Amtssprache dieses Staats einreichen, die nicht Deutsch, Englisch oder Französisch ist.
2. Ferner wird mit der Änderung der Anwendungsbereich von Regel 6 (3) EPÜ in Verbindung mit Artikel 14 (1) GebO auf die Anmelde- und die Prüfungsgebühr beschränkt.
Anspruch auf die Gebührenermäßigung haben folgende Kategorien von Anmeldern:
- kleine und mittlere Unternehmen (KMU),
- natürliche Personen sowie
- Organisationen ohne Gewinnerzielungsabsicht, Hochschulen und öffentliche Forschungseinrichtungen
mit Wohnsitz oder Sitz in einem Vertragsstaat des EPÜ, in dem eine andere Sprache als Deutsch, Englisch oder Französisch Amtssprache ist, sowie die Angehörigen dieses Staats mit Wohnsitz im Ausland.
Die Ermäßigung wird von derzeit 20 % auf 30 % der betreffenden Gebühren erhöht.
3. Diese Änderung tritt am 1. April 2014 in Kraft. Sie gilt für europäische Patentanmeldungen, die ab diesem Tag eingereicht werden, sowie für internationale Anmeldungen, die ab diesem Tag in die europäische Phase eintreten. Die geänderten Fassungen von Regel 6 EPÜ und Artikel 14 (1) GebO sind anwendbar auf Einsprüche und Beschwerden, die ab dem 1. April 2014 eingelegt werden, sowie für Überprüfungsanträge und Anträge auf Beschränkung oder Widerruf, die ab diesem Zeitpunkt gestellt werden. Diese Mitteilung gibt Aufschluss über die Anspruchskriterien für die Gebührenermäßigung und über das neue Verfahren.
Anspruchserklärung
4. Ein Anmelder, der die Ermäßigung der Anmelde- oder Prüfungsgebühr nach Artikel 14 (1) GebO in Anspruch nehmen möchte, muss erklären, dass er eine natürliche oder juristische Person im Sinne von Regel 6 (4) EPÜ ist.
5. Diese Erklärung kann erfolgen, indem das entsprechende Kästchen im Formblatt für den Antrag auf Erteilung eines europäischen Patents (Formblatt 1001) bzw. im Formblatt für den Eintritt in die europäische Phase (Formblatt 1200) angekreuzt wird. Anmelder, die ihre Erklärung separat einreichen möchten, können den vom EPA für diesen Zweck bereitgestellten Vordruck (Formblatt 1011) verwenden. Die Verwendung von Formblatt 1011 ist jedoch nicht obligatorisch. In jedem Fall muss die Erklärung spätestens zum Zeitpunkt der Zahlung der (ermäßigten) Anmelde- oder Prüfungsgebühr eingereicht werden.
6. Falls es mehrere Anmelder gibt, wird die Ermäßigung nur gewährt, wenn jeder Anmelder eine natürliche oder juristische Person im Sinne von Regel 6 (4) EPÜ ist.
Definitionen
7. Für die Zwecke von Regel 6 (4) EPÜ richtet sich die Definition von KMU nach der Empfehlung der Europäischen Kommission 2003/361/EG vom 6. Mai 2003 in der Fassung, in der sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde (L 124 vom 20. Mai 2003, S. 36; s. Anlage). Als Unternehmen gilt nach dieser Empfehlung jede Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Die Größenklasse der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) setzt sich aus Unternehmen zusammen, die weniger als 250 Personen beschäftigen, die entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. EUR erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Mio. EUR beläuft, und deren Kapital zu maximal 25 % direkt oder indirekt von einem anderen Unternehmen gehalten wird, das selbst kein KMU ist.
8. In Bezug auf die Anspruchsberechtigung der anderen in Regel 6 (4) EPÜ genannten Einheiten gelten folgende Definitionen:
i) "Organisationen ohne Gewinnerzielungsabsicht" sind Organisationen, denen es aufgrund ihrer Rechtsform oder ihrer Satzung nach den einschlägigen Rechtsvorschriften untersagt ist, Einnahmen, Gewinne oder andere finanzielle Vorteile für ihre Eigentümer zu erwirtschaften, oder die, falls eine Gewinnerzielung zulässig ist, einer statutären/gesetzlichen Verpflichtung unterliegen, diese Gewinne im Interesse der Organisation zu reinvestieren.
ii) Unter "Hochschulen" sind "klassische" Hochschulen zu verstehen, d. h. akademische Bildungs- und Forschungseinrichtungen nach den einschlägigen Rechtsvorschriften. Dabei gelten vergleichbare Einheiten wie etwa Sekundar- und Hochschuleinrichtungen als Hochschulen.
iii) "Öffentliche Forschungseinrichtungen" sind öffentlich-rechtliche Einrichtungen wie Hochschulen oder Forschungsinstitute unabhängig von ihrer Finanzierungsweise, deren Hauptaufgabe in Grundlagenforschung, industrieller Forschung oder experimenteller Entwicklung besteht und die deren Ergebnisse durch Lehre, Veröffentlichung und Technologietransfer verbreiten. Sämtliche Einnahmen werden in die Forschung, die Verbreitung von Forschungsergebnissen oder die Lehre reinvestiert.
9. Mit der Erklärung, dass er eine natürliche oder juristische Person nach Regel 6 (4) EPÜ ist, bestätigt der Anmelder offiziell, entweder ein KMU nach Regel 6 (5) EPÜ zu sein oder eines der anderen in dieser Mitteilung definierten Anspruchskriterien zu erfüllen. Dann hat er Anspruch auf eine Ermäßigung der betreffenden Gebühr.
10. Ändert sich der Status einer Einheit nach Regel 6 (4) EPÜ, nachdem die Erklärung eingereicht wurde, so hat dies keine Rückwirkung auf bereits gewährte Gebührenermäßigungen, die zum Zeitpunkt ihrer Gewährung berechtigt waren. Im Falle einer Übertragung der Patentanmeldung findet die Gebührenermäßigung nur dann weiterhin Anwendung, wenn auch der neue Anmelder nach Regel 6 (4) EPÜ und dieser Mitteilung anspruchsberechtigt ist.
11. Ergeben sich aufgrund von Stichprobenkontrollen im Erteilungsverfahren berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Erklärung des Anmelders, kann das EPA entsprechende Nachweise verlangen.
Falsche oder fehlende Erklärung und anwendbare Rechtsmittel
12. Sollte sich herausstellen, dass die Erklärung falsch ist, d. h. dass die Erklärung des Anmelders nicht zutrifft, ein KMU, eine natürliche Person, eine Organisation ohne Gewinnerzielungsabsicht, eine Hochschule oder eine öffentliche Forschungseinrichtung gemäß Regel 6 (5) EPÜ oder den anderen in dieser Mitteilung festgelegten Definitionen zu sein, so gilt die zu Unrecht ermäßigte Gebühr als nicht entrichtet, und die Anmeldung gilt gemäß Artikel 78 (2) und Artikel 94 (2) EPÜ als zurückgenommen. Dasselbe gilt, wenn keine Erklärung eingereicht wird.
13. Der aus einer falschen Erklärung erwachsende Rechtsverlust kann durch einen Antrag auf Weiterbehandlung nach Artikel 121 und Regel 135 EPÜ – sofern der Fehlbetrag und die Gebühr für die Weiterbehandlung entrichtet werden – oder durch einen Antrag auf eine Entscheidung nach Regel 112 (2) EPÜ überwunden werden.
Anlage: Empfehlung der Europäischen Kommission 2003/361/EG vom 6. Mai 2003,
abrufbar unter:
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:124:0036:0041:DE:PDF