ERÖFFNUNG DES SYMPOSIUMS UND BEGRÜßUNGSANSPRACHEN
Susan DENHAM - Präsidentin des obersten Gerichtshofs Irlands
Herr Minister,
liebe Kollegen,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
es ist mir eine große Freude, mit Ihnen zusammen das 16. europäische Patentrichtersymposium eröffnen zu dürfen.
Dublin Castle, der Ort unserer Zusammenkunft, ist auch heute noch erfüllt vom Nachhall der irischen Geschichte und ein Spiegelbild des Lebens dieser Stadt.
Dublin ist schon seit langem ein attraktives Ziel für Besucher aus Europa, und Sie treten gewissermaßen in deren Fußstapfen.
Als unsere skandinavischen Nachbarn, die Wikinger, dieses Gebiet im 9. Jahrhundert erschlossen, war ihre Siedlung an den Ufern des Flusses Liffey unter dem Namen "Dyflin" bekannt, abgeleitet vom Altgälischen „Duiblinn" oder, in der anglisierten Version, "Black Pool". Der besagte schwarze Teich lag genau unterhalb des Schlosses im Fluss.
Im Jahr 1204 vor Christus befahl King John von England die Errichtung eines Schlosses, das der Verteidigung der Stadt, der Rechtspflege und der sicheren Schatzverwahrung dienen sollte.1 Das Schloss war von alters her Schauplatz bedeutender Ereignisse im Leben der Stadt Dublin und Irlands.
Seit der Verabschiedung der irischen Verfassung durch das Volk im Jahr 1937 sind alle Präsidenten in Saint Patrick's Hall in ihr Amt eingeführt worden. Letztes Jahr wurde das Staatsbankett zu Ehren von Queen Elizabeth II beim ersten Besuch einer britischen Königin in einem unabhängigen Irland in Saint Patrick's Hall ausgerichtet. Und die erste irische Ratspräsidentschaft der Europäischen Union (damals noch EWG) im Jahr 1975 wurde von hier geführt und wird es ab dem 1. Januar 2013 wieder werden.
Unser heutiges Treffen findet somit an einem wirklich geschichtsträchtigen Ort statt, der sowohl die Fundamente Dublins markiert als auch Irlands Verbundenheit mit dem Rest Europas symbolisiert.
Als Einwohnerin Dublins heiße ich Sie alle ganz herzlich in unserer altehrwürdigen Stadt willkommen!
Es ist für Irland eine Ehre, Gastgeber des 16. Europäischen Patentrichtersymposiums zu sein. Dieses Symposium, das erstmals in München abgehalten wurde, feiert dieses Jahr sein 30jähriges Jubiläum.
Das alle zwei Jahre stattfindende Patentrichtersymposium bietet Richtern, die auf Patentrecht und Patentstreitigkeiten spezialisiert sind, die Gelegenheit zu Begegnungen und zu einem Meinungsaustausch. Die dank derartiger Initiativen geknüpften Kontakte zwischen Richtern tragen zu einem besseren europaweiten Rechtsverständnis bei und helfen, die Auslegung des europäischen Patentrechts in den 38 Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens2 zu harmonisieren. Das ist umso wichtiger, als europäische Patente sowohl dem Europäischen Übereinkommen als auch dem nationalen Recht unterliegen, das insbesondere bei der Durchsetzung von Patenten zur Anwendung kommt.
Treffen wie das heutige tragen entscheidend dazu bei, den Austausch und die Zusammenarbeit von Richtern aus ganz Europa zu fördern, die sehr viel leichter fallen, wenn man den Namen eines Richterkollegen mit einem Gesicht verbinden kann. Wie Sir Robin Jacob kürzlich in seinem Vortrag auf der diesjährigen Fordham Intellectual Property Conference sagte, helfen Treffen und Gespräche unter Richtern, vergleichende Rechtsprechung zu verbreiten.3 Es ist mir eine große Freude, dass Sir Robin mit uns an diesem Symposium teilnimmt.
Patente in Irland
Vom Brehon Law zum Common Law
Der Schutz des geistigen Eigentums hat eine lange Geschichte, die sich bis in die Antike zurückverfolgen lässt.4 Die Grundlagen des modernen IP-Rechts gehen auf die vor vierhundert Jahren in England und Frankreich von der Krone verliehenen Monopole zurück. Das erste für den Schutz des geistigen Eigentums relevante internationale Abkommen war die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums aus dem Jahr 1883. Darauf baute unter anderem das Europäische Patentübereinkommen von 1973 auf, das zwischenzeitlich mehrfach geändert wurde; die Verbandsübereinkunft liefert nunmehr die Bausteine für die europäische Gesetzgebung auf dem Gebiet des geistigen Eigentums.5
Irland war das erste Abenteuer des Common law, sprich das erste Land, in das es 1171 wanderte.6 Danach gelangte der Common law natürlich mit dem British Empire nach Amerika, Australien usw.
1606 hob King James I die alten Richtergesetze, die Brehon laws, durch königliche Proklamation formell auf und widerrief alle bestehenden Monopole; er erklärte, dass Monopole nur für „neue Erfindungen betreffende Vorhaben" gelten sollten. Dies wurde im Monopolgesetz von 1623 festgeschrieben; darin beschränkte das Parlament die Befugnisse der Krone ausdrücklich in der Weise, dass der König Patente nur für eine bestimmte Anzahl Jahre an diejenigen verleihen konnte, die eine originäre Erfindung gemacht oder eingeführt hatten.
Die Praxis der Gewährung von Herstellungsmonopolen und der Ausstellung von "Patenturkunden", die zu den Prärogativen der Krone gehörten, galt auch in Irland. Unter der Herrschaft von Queen Anne (1702–1714) wurden die Vorschriften dahingehend geändert, dass der Gegenstand schriftlich beschrieben werden musste:
"Der Patentinhaber muss in einem schriftlichen Dokument beschreiben und genau darlegen, worin seine Erfindung besteht und wie sie ausgeführt werden soll."7
Vor der Einführung des Common law in Irland basierte das einheimische irische Rechtssystem, wie es sich vor zweitausend Jahren darstellte, auf den Brehon laws, den Richtergesetzen.8 Die Brehon laws stellten offenbar einige Rechte an geistigem Eigentum unter Schutz, insbesondere das Urheberrecht.
Angeblich soll ein Streit zwischen zwei irischen Heiligen im 6. Jahrhundert nach Christus zum ersten Urheberrechtsurteil geführt haben. Der Mönch Columba Ó Néill, auch bekannt unter dem Namen St. Columcille und einer der drei Schutzpatrone Irlands, pflegte sich Bücher und Manuskripte von anderen Klostern auszuleihen,9 die man sich wie das prächtige Book of Kells vorstellen kann, das im Trinity College ausgestellt ist, oder wie den kürzlich aufgefundenen Faddan More Psalter, der im irischen Nationalmuseum in der Kildare Street aufbewahrt wird – in beiden Fällen lohnt sich ein Besuch!10 Sie waren auf Kalbsleder (Velin) geschrieben, und ihre Niederschrift und Illustrierung hat Hunderte von Stunden in Anspruch genommen. Es handelt sich um Kunstwerke von unschätzbarem Wert.
Columba kopierte die ausgeliehenen Bücher, indem er sie von Hand abschrieb. Ein anderer Mönch, St. Finian, verwahrte sich gegen dieses Vorgehen und bezichtigte Columba des Plagiats an seinem Exemplar der Vier Evangelien. Der Fall wurde dem Hochkönig von Irland Diarmaid zur Entscheidung vorgelegt. In Übertragung eines aus der Landwirtschaft stammenden Grundsatzes des Brehon law auf den Streit urteilte dieser in einfachen Worten:
"Wie das Kalb zur Kuh, gehört die Abschrift zum Buch."11
Die frühen Gesetze Irlands erkannten ein Urheberrecht somit an, nicht aber das Prinzip eines Schutzrechts für Erfindungen.12 Historisch hat das Patentrecht vermutlich erst mit dem Aufkommen der modernen Industrie wirkliche Bedeutung erlangt und wesentlich zur Förderung von Innovationen beigetragen, indem es Rechte an geistigem Eigentum unter Schutz stellte.13
Ein Beispiel für die frühe Gewährung eines irischen Monopols ist das William Wood am 12. Juli 1722 verliehene Monopol für die Herstellung von Kupfermünzen. Dieses Patent wurde zwar später widerrufen, aber erst, nachdem Wood eine erkleckliche Entschädigung erhalten hatte.14
Unabhängiges Irland
Nach Erlangung der Unabhängigkeit wurde die Regierung des Irischen Freistaats im Bereich des Patentrechts gesetzgeberisch tätig und erließ 1927 das Gesetz über den gewerblichen Rechtsschutz, das auch die Einrichtung des irischen Patentamts vorsah.
Das erste in Anwendung des Gesetzes von 1927 angemeldete Patent in einem unabhängigen Irland trug die Bezeichnung: "Startboxen für Hunde und Ähnliches". Im ersten Jahresbericht des Patentamts ist zu lesen:
"Ein Gegenstand, dem irische Erfinder offenbar großes Interesse entgegenbringen, sind Hunderennen. Alle im Laufe des Jahres eingegangenen Anmeldungen zu diesem modernen Volkssport stammten von Einwohnern von Saorstát Éireann (des Irischen Freistaats)."
Die Begeisterung vieler Iren für Windhunderennen ist ungebrochen, doch ist das Spektrum der in Irland angemeldeten Patente zunehmend breiter gefächert und spiegelt den technologischen Fortschritt seit Eröffnung des Patentamts in den 1920er Jahren wider.15
Neue Gesetzgebung
1964 wurde ein neues Patentgesetz verabschiedet, das darauf abzielte, das irische Recht zu modernisieren und an das Recht der wichtigsten Industrienationen anzugleichen. Darin wurde das Konzept der "weltweiten Neuheit" eingeführt, das bekanntlich bedeutet, dass eine Erfindung nirgends auf der Welt bekannt sein darf statt wie bisher nur "im Inland" nicht.
An die Stelle dieses Gesetzes ist 1992 das neue irische Patentgesetz getreten, das die Ratifizierung des Europäischen Patentübereinkommens von 1973 und des Vertrags über die Internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (PCT) von 1970 erleichtern sollte. Es wurden neue, gestraffte Verfahren für die Prüfung von Patentanmeldungen eingeführt. Das Patentgesetz sieht außerdem die Erteilung von Patenten mit einer kurzen Laufzeit von zehn Jahren vor.
Damit für eine Erfindung in Irland ein gültiges Patent mit einer Laufzeit von zwanzig Jahren erteilt werden kann, muss die Erfindung
- gewerblich anwendbar und
- neu sein und
- auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.16
Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann auf dem betreffenden Gebiet nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.
Mit gewerblicher Anwendbarkeit ist gemeint, dass die Erfindung auf irgendeinem gewerblichen Gebiet einschließlich der Landwirtschaft hergestellt oder benutzt werden kann.
Das Gesetz von 1992 ist durch das Gesetz über geistiges Eigentum (verschiedene Bestimmungen) von 1998, das Patentänderungsgesetz von 2006 und das Patentänderungsgesetz von 2012 ergänzt worden, sowie durch verschiedene im Wege der Rechtsverordnung erlassene Ausführungsbestimmungen.
In Anwendung dieser Gesetze ist der High Court für Patentstreitigkeiten zuständig.17 Dieses Gericht fungiert sowohl als erste Instanz als auch als höheres ordentliches Gericht. Es ist im Four Courts-Gerichtsgebäude hier in Dublin angesiedelt. Richter am High Court, die sich gewöhnlich mit Wirtschafts- und Handelsstreitigkeiten befassen, entscheiden auch über Patentstreitigkeiten. Verletzungsverfahren, die Patente mit kurzer Laufzeit betreffen, werden vor einem der Circuit Courts verhandelt; hierbei handelt es sich um Gerichte mit örtlich und sachlich beschränkter Zuständigkeit, die auf regionaler Basis in größeren Städten eingerichtet sind.18
Das Bedürfnis nach Patenten
Wenn es jemals eine Zeit für weitere Innovation und Entwicklung gegeben hat, dann heute, in unserer Zeit. Damit die Weltwirtschaft wachsen und der Lebensstandard aller Menschen steigen kann, ist es unbedingt notwendig, dass die Voraussetzungen für Forschung und Entwicklung geschaffen werden. Wie es so schön heißt: "Notwendigkeit ist die Mutter der Erfindung". Der Präsident des Europäischen Patentamts Herr Battistelli hat immer wieder gesagt:
"Ein Patentsystem ist kein Zweck an sich, sondern ein Wirtschaftsinstrument zur Förderung von Innovationen." 19
Dieser Aussage schließe ich mich voll und ganz an. Patentrecht ist ein für Wirtschaftswachstum und Entwicklung unerlässliches Instrument. Die Herstellung von günstigen Rahmenbedingungen für Innovationen setzt eine Vereinfachung der Rechtsverfahren auf nationaler und regionaler Ebene voraus. Auf diese Frage wird im Rahmen dieses Symposiums zweifellos eingegangen werden.
Einige von Irlands berühmtesten Erfindern
Erfinder früherer Zeiten können für heutige und künftige Erfindergenerationen eine Quelle der Inspiration sein.
Irland hat viele Erfinder von Weltrang hervorgebracht:
Sir Francis Beaufort (1774-1857) aus der Grafschaft Meath hat die nach ihm benannte Skala zur Messung der Windstärke erfunden. Der Chemiker Robert Boyle (1627-1691) aus der Grafschaft Waterford hat das nach ihm benannte Boyle-Mariotte-Gesetz entdeckt. Kathleen Lonsdale (1903-1971) entwickelte die Röntgen-Kristallstrukturanalyse und wurde 1949 als erste weibliche Professorin an das University College London zur Chemieprofessorin berufen.20
Ein weiteres bekanntes Beispiel ist das des John Philip Holland (1841-1914) aus der Grafschaft Clare. Auf ihn geht die Entwicklung des weltweit ersten funktionsfähigen U-Boots im Jahr 1881 zurück. Später wurde er von der Marine der Vereinigten Staaten mit dem Bau ihrer ersten U-Boote beauftragt. Viele seiner Erfindungen wurden patentiert und beim US-Patentamt registriert.
Schließlich ist noch Dr. Robert (Bob) Collis (1900-1975) zu nennen. Dieser Dubliner Arzt war nicht nur einer der großen Humanisten, die Irland unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs hervorgebracht hat, er war auch ein Pionier der Technik der Ernährung Frühgeborener über eine Nasensonde statt wie bisher mit einem Löffel. Er hat außerdem einen einfachen, aber erschwinglichen Brutkasten entwickelt.21
Das Europäische Patentamt
Ich möchte an dieser Stelle die Arbeit des Europäischen Patentamts würdigen, das in Anwendung des Europäischen Patentübereinkommens bei der Überwindung der nationalen Fragmentierung des Patentwesens und damit bei der Förderung von Innovation, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in Europa eine maßgebliche Rolle gespielt hat.22 Von der Bereitstellung eines zentralisierten Verfahrens für die Entgegennahme und Prüfung von Patentanmeldungen bis hin zur Patenterteilung haben viele Patentinhaber profitiert. Meines Wissens sind beim EPA im Jahr 2011 über 250 000 Patentanmeldungen eingegangen.
Seinen ausgezeichneten Ruf verdankt das EPA auch seinen hochqualifizierten 7 000 Mitarbeitern, darunter 4 000 spezialisierten Ingenieuren und Wissenschaftlern, die in drei Sprachen arbeiten.
Das EPA setzt für seine Arbeit auf leistungsfähige IT-Tools und ein modernes Übersetzungssystem. Er stellt ein ausgewogenes und anspruchsvolles Prüfungssystem bereit. 40 % der Patentanmeldungen werden letztendlich vom EPA angenommen. Auf dem Gebiet der Biotechnologie liegt die Erteilungsrate niedriger, bei (aktuell) 28 %.
Dabei trägt das EPA im Erteilungsverfahren vielfältigen Interessen Rechnung, so unter anderem:
- den Interessen des Anmelders,
- den Interessen Dritter und
- den Interessen der Gesellschaft im Allgemeinen.23
Einheitliches (EU-) Patent und Einheitliches Patentgericht
In den nächsten Tagen wird über ein vielfältiges Spektrum an Themen diskutiert werden, und unter anderem auch über die vorgeschlagene Vereinbarung über ein einheitliches Patent und die Frage eines einheitlichen EU-Patentgerichts.
Das einheitliche Patentgericht wird eine bedeutende Rolle zu spielen haben, falls das einheitliche europaweite Patent Realität wird. Ein solches Patent würde zusätzlich zu den traditionellen nationalen und europäischen Patenten eine weitere Option für Patentschutz in 25 von 27 EU-Mitgliedstaaten darstellen.24
Bei dem einheitlichen Patent würde es sich um ein vom Europäischen Patentamt erteiltes EU-Patent handeln, dem nach der Erteilung auf Antrag des Patentinhabers einheitliche Wirkung verliehen würde. Es wäre vom Tag der Erteilung in 25 EU-Mitgliedstaaten wirksam und würde vom EPA verwaltet.
Wie Herr Präsident Battistelli auf dem diesjährigen Europatag angemerkt hat, würde ein derartiges System es einem Patentinhaber ermöglichen, gegen eine Verletzung seines Patents zentral vor einem einzigen Gericht vorzugehen, dessen Entscheidungen in allen relevanten EU-Mitgliedstaaten bindend wären, anstatt den Betreffenden in mehreren Staaten verklagen zu müssen.25
Von diesem System erwartet man sich folgende Vorteile:
- eine Kostenreduzierung durch einen automatischen einheitlichen Schutz in 25 EU-Mitgliedstaaten,
- weniger Übersetzungspflichten,
- einen geringeren Verwaltungsaufwand, weil das EPA alle Aspekte des Anmeldeprozesses wie die Entrichtung der Jahresgebühren und die Führung eines Registers der einheitlichen Patente abdecken würde.
Diese Vorteile würden sicherlich kleinen und mittleren Unternehmen zugute kommen und die Wettbewerbsfähigkeit der EU gegenüber Asien und den Vereinigten Staaten im globalen Handel stärken.
Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich darauf geeinigt, dass der Standort der Zentralkammer des Gerichts erster Instanz des einheitlichen Patentgerichts auf drei europäische Städte aufgeteilt werden soll, mit Paris als Sitz und zwei Fachabteilungen in München (Schwerpunkt Maschinenbau) und London (Schwerpunkt Chemie und Pharmazie).26 Es wird davon ausgegangen, dass sich mit Hilfe dieses Systems die Austragung von Patentstreitigkeiten vor den Gerichten mehrerer Staaten vermeiden, die Rechtssicherheit verbessern und die Kosten reduzieren ließen.
Das Europäische Parlament hat Bedenken bezüglich der Vereinbarung angemeldet, insbesondere wegen der fehlenden Rolle des Gerichtshofs der Europäischen Union in diesem neuen Justizsystem. Das Parlament und sein Rechtsausschuss wollen ihre Beratungen im Laufe dieses Monats wieder aufnehmen.
In Irland hat der Justiz- und Gleichstellungsminister unlängst angekündigt, dass für eine Teilnahme Irlands an einer Vereinbarung über die Einrichtung eines einheitlichen Patentgerichts eine Änderung von Artikel 34 der irischen Verfassung, der das irische Gerichtswesen regelt, geprüft werden müsse.27 In Irland müssen Verfassungsänderungen im Wege der Volksabstimmung beschlossen werden.28
Somit wird es auf einzelstaatlicher und auf europäischer Ebene noch viel zu erörtern, zu prüfen und zu tun geben, bevor ein derartiger Vorschlag in Kraft treten kann. Das vorliegende Symposium wird einen herausragenden Beitrag zu dieser Debatte leisten.
Schlusswort
Ich möchte dem Europäischen Patentamt und dem Irish Committee for Judicial Studies meine Anerkennung für die Ausrichtung dieses Symposiums aussprechen.
Ich danke all meinen Richterkollegen für ihr Engagement, und insbesondere Richter Roderick Murphy, der maßgeblichen Anteil an der Vorbereitung dieser Veranstaltung hatte.
Ich bedanke mich herzlich bei den Mitarbeitern des Irish Courts Service und des EPA für ihre wertvolle Hilfe, ohne die dieses Symposium nicht zustande gekommen wäre.
Ich weiß den Beitrag all derjenigen sehr zu schätzen, die in den kommenden Tagen bei den verschiedenen Sitzungen den Vorsitz führen und Referate halten werden.
Ich wünsche Ihnen allen viel Erfolg, oder wie wir Iren sagen: "beirigí bua agus beannacht", das heißt: "Holt Euch den Sieg und viel Glück!"
Ich bin mir sicher, dass Sie genau das machen werden und dass Sie nicht nur Gefallen an diesem Symposium, sondern auch an Irland und an dieser einzigartigen Stadt finden werden.
Willkommen auf dem Symposium!
1 Siehe www.dublincastle.ie/.
2 Siehe www.epo.org/law-practice/judiciary.html.
3 Zur Frage der gegenseitigen Achtung und Zusammenarbeit von Richtern siehe den Vortrag von Sir Robin Jacob zum EU-Patentrecht auf der Fordham Intellectual Property Conference 2012, abzurufen unter http://fordhamipconference.com/papers/.
4 Siehe Clark u. a., Intellectual Property Law in Ireland (Dublin, 3. Auflage, Bloomsbury Professional, 2010), 1.
5 Siehe Richter Michael Kirby "Ethics, Intellectual Property and Biotechnology: Work in Progress and UNESCO initiatives", UNESCO/NRCGEB International Congress of Bioethics 2005, Teheran, Iran, 26. – 28. März 2005.
6 "The First Adventure of the Common Law" von Richter W. J. Johnston, 36 Law Quarterly Review 9 (1920). Auf S. 30 merkt der Autor an, dass "King Henry II und seine Ritter, als sie im November 1171 mit klingenden Sporen und klirrender Rüstung zu ihrem Marsch von Waterford nach Dublin aufbrachen, in ihrem Tross als wichtiges Element [das Common law] mit sich führten." Die Brehon Laws wurden unter der Herrschaft von King James I (1566–1625) abgeschafft.
7 Siehe die Website des irischen Patentamts mit einer Zusammenfassung der irischen Patentgeschichte unter www.patentsoffice.ie.
8 Siehe allgemein Kelly, A Guide to Early Irish Law (Dublin Institute for Advanced Studies, 1988).
9 St. Columba oder St. Columcille war der Gründer der Mönchsniederlassung auf der Insel Iona vor der Westküste Schottlands.
10 Siehe www.museum.ie/en/list/projects.aspx?article=27229a4b-9f2f-42ba-8693-4b00bcf1cddd.
11 Altirisch: "le gach bó a buinín agus le gach leabhar a chóip" oder "le gach bain a bainín agus le gach leabhar a leabharín". Siehe 56 Seanad Debates Col 487 sowie einen Auszug aus einer alten Handschrift der Royal Irish Academy, Nr. 24, S. 25. Siehe Richter Charleton und Sinéad Kelly "Copyright as one of several competing rights in European law", Fordham Intellectual Property Conference, April 2012, abzurufen unter http://fordhamipconference.com/papers/. Einige bezweifeln, dass es dieses Urteil je gegeben hat; so beispielsweise Kelly, A Guide to Irish Law (Dublin Institute for Advanced Studies, 1988), 239 – 240. Siehe auch Clark u. a., Intellectual Property Law in Ireland (Dublin, 3. Ausgabe, Bloomsbury Professional, 2010), 213. Übrigens wurde 2003 im Belfaster Gerichtsviertel eine neue Gerichtsbibliothek, die "Bar Library" eröffnet. Bemerkenswert am neuen Gebäude sind insbesondere die von Carolyn Mulholland gestalteten Bronzeplatten im Eingangsbereich. Darauf sind einige bekannte Leitsätze aus Recht und Rechtsprechung wiedergegeben, für deren Auswahl die Künstlerin sich mit dem Nobelpreisträger Séamus Heaney beraten hat. Unter anderem wird das frühirische Urheberrecht mit den Worten zitiert: "Wie das Kalb zur Kuh, gehört die Abschrift zum Buch".
12 Clark u. a., Intellectual Property Law in Ireland (Dublin, 3. Auflage, Bloomsbury Professional, 2010), 1.
13 "Die Entwicklung eines Schutzrechte betreffenden rechtlichen Instrumentariums ging Hand in Hand mit der Entwicklung und Expansion der Industriegesellschaft". Siehe Vorwort von Amoore, Germain und Wilkinson zu Halbert, Resisting Intellectual Property (Routledge 2005).
14 Clark u. a., Intellectual Property Law in Ireland (Dublin, 3. Auflage, Bloomsbury Professional, 2010), 2.
15 Das irische Patentamt hat seinen Sitz in der Stadt Kilkenny im Südosten Irlands. Wie es der Zufall so will, wurde das EPA-Logo in den Kilkenny Design Workshops entworfen und 1977 im Rahmen eines europaweiten Wettbewerbs ausgewählt. Die Designer schrieben zu ihrem Entwurf: "Der Fingerabdruck gilt weltweit als Identifizierungszeichen und Symbol für Individualität. In stilisierter Form verkörpert es die vom EPA geforderten Eigenschaften: Es ist treffend, prägnant, ansprechend und funktional". Siehe die Rede von EPA-Präsident Battistelli auf der Patentinformationskonferenz des EPA vom 18. bis 20. Oktober 2011 in Kilkenny, Irland, www.epo.org/news-issues/press/speeches/20111019.html.
16 Section 9 (1) des Patents Act 1992. Damit ein Patent mit einer kurzen Laufzeit von zehn Jahren erteilt werden kann, muss die Erfindung neu und gewerblich anwendbar sein, und es darf ihr nicht offensichtlich an einer erfinderischen Tätigkeit mangeln (Section 63 (4) Patents Act 1992).
17 Section 2 Patents Act 1992.
18 Section 66 Patents Act 1992.
19 Vgl. Rede von EPA-Präsident Battistelli "The future of the European Patent System – current developments and trends" auf der ASEAN-EPA-Konferenz der Leiter der IP-Ämter in Hanoi, Vietnam am 13. Januar 2011, www.epo.org/news-issues/press/speeches/20110113.html.
20 Siehe Doyle "World Intellectual Property Day: celebrating Irish innovators", 26. April 2012, www.siliconrepublic.com/innovation/item/26922-world-intellectual-propert.
21 Siehe www.patentsoffice.ie/en/student_inventors.aspx.
22 "Das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) sieht ein zentralisiertes System für die Erteilung von europäischen Patenten vor.
Nach Einreichung einer europäischen Patentanmeldung beim Europäischen Patentamt muss der Anmelder die Vertragsstaaten des Übereinkommens benennen, in denen er Schutz begehrt. Das erteilte europäische Patent hat die Wirkung eines Bündels nationaler Patente für die jeweils benannten Vertragsstaaten. Nach der Erteilung ist das Europäische Patentamt – vom zentralisierten Einspruchsverfahren abgesehen, das innerhalb von neun Monaten seit der Erteilung eingeleitet werden kann – für europäische Patente nicht mehr zuständig; die das Bündel bildenden nationalen Patente können nur jeweils vor den Gerichten des betreffenden Benennungsstaates einzeln angefochten und durchgesetzt werden". Siehe Paterson, The European Patent System: The Law and Practice of the European Patent Convention (London, Sweet & Maxwell, 2001), ix. Das EPÜ ist 2000 revidiert worden, und das Europäische Patentübereinkommen (2000) ist am 13. Dezember 2007 in Kraft getreten.
23 Eröffnungsrede von EPA-Präsident Benoît Battistelli auf dem Empfang zum Europatag am 12. Mai 2012 in München, www.epo.org/news-issues/press/speeches/20120512.html.
24 Italien und Spanien sind der Vereinbarung nicht beigetreten.
25 Eröffnungsrede von EPA-Präsident Benoît Battistelli auf dem Empfang zum Europatag am 12. Mai 2012 in München, www.epo.org/news-issues/press/speeches/20120512.html.
26 Siehe Schlussfolgerungen des Europäischen Rates, 28. – 29. Juni 2012, www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/en/ec/131388.pdf.
27 Pressemitteilung des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung vom 17. Juli 2012. Siehe www.justice.ie/en/JELR/Pages/PR12000214.
28 So hat das irische Volk am 18. Juni 1992 in einer Volksabstimmung einer Änderung von Artikel 29 der Verfassung zugestimmt, um die Ratifizierung der am 15. Dezember 1989 in Luxemburg geschlossenen Vereinbarung der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften über das Gemeinschaftspatent ("Gemeinschaftspatentübereinkommen") durch Irland zu ermöglichen. Dieses Übereinkommen ist niemals in Kraft getreten und wäre durch die neuen Vorschläge zu einem einheitlichen Patent und Patentgericht in Europa wohl überholt.