MITTEILUNGEN DES EPA
Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 1. Juli 2005 über die neue Regel 44a EPÜ (Einführung des erweiterten europäischen Recherchenberichts), die Änderung der Artikel 2 und 10 Gebührenordnung sowie die Herabsetzung der Recherchengebühr für ergänzende europäische Recherchenberichte nach Artikel 157 (3) b) EPÜ
Mit Beschluss vom 9. Dezember 20041 hat der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation die Ausführungsordnung zum EPÜ sowie die Gebührenordnung geändert. Einen Beschluss nach Artikel 157 (3) b) EPÜ über die Herabsetzung der Recherchengebühr für den ergänzenden europäischen Recherchenbericht hat der Verwaltungsrat am 10. Juni 2005 gefasst.2
Diese Mitteilung enthält nähere Angaben zu den Änderungen und den anzuwendenden Übergangsbestimmungen.
I. Der erweiterte europäische Recherchenbericht (EESR)
1. Die neue Regel 44a (1) EPÜ sieht vor, dass zusammen mit dem europäischen Recherchenbericht eine Stellungnahme dazu ergeht, ob die Anmeldung und die Erfindung, die sie zum Gegenstand hat, die Erfordernisse des Europäischen Patentübereinkommens zu erfüllen scheinen.
Der erweiterte europäische Recherchenbericht (Extended European Search Report, EESR) besteht aus dem Recherchenbericht bzw. dem ergänzenden europäischen Recherchenbericht und der Stellungnahme gemäß Regel 44a (1) EPÜ (im Folgenden kurz "Stellungnahme").
Die neue Regel 44a EPÜ gilt für europäische Patentanmeldungen, die ab dem 1. Juli 2005 eingereicht werden sowie für internationale Anmeldungen mit einem Anmeldedatum ab dem 1. Juli 2005, die in die europäische Phase eintreten.
Im Gegensatz zum Pilotprojekt3 ist der EESR nun obligatorisch, d.h. ein Verzicht durch den Anmelder ist nicht mehr vorgesehen. Darüber hinaus gilt das neue Verfahren auch für den ergänzenden europäischen Recherchenbericht gemäß Artikel 157 (2) a) EPÜ.
2. Erfüllen die Anmeldung und die Erfindung, die sie zum Gegenstand hat, nicht alle Erfordernisse des EPÜ, so werden die Einwände gegen die Erteilung eines Patents in der Stellungnahme dargelegt.
Eine positive Stellungnahme, die später als Grundlage für die Patenterteilung dienen kann, ergeht, wenn die Anmeldung und die Erfindung, die sie zum Gegenstand hat, die Erfordernisse des EPÜ zu erfüllen scheinen.
Dem Anmelder wird weder eine Frist zur Erwiderung der Stellungnahme gesetzt, noch ist die Frist zur Stellung des Prüfungsantrags davon berührt. Das Prüfungsverfahren beginnt daher mit der wirksamen Stellung des Prüfungsantrags, d. h. mit der Entrichtung der Prüfungsgebühr gemäß Artikel 94 (2) EPÜ, oder mit der Beantwortung der Mitteilung nach Artikel 96 (1) EPÜ.
Der EESR kann dem Anmelder daher als Grundlage für eine fundierte Entscheidung darüber dienen, ob er die Anmeldung weiterverfolgen will oder nicht.
Im Falle einer positiven Stellungnahme erhält der Anmelder im Prüfungsverfahren die Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ, sofern im Rahmen einer abschließenden Recherche kein neuer Stand der Technik nach Artikel 54 (3) EPÜ ermittelt wird und die Prüfungsabteilung der Stellungnahme zustimmt.
Enthält die Stellungnahme Einwände gegen die Erteilung eines Patents, so erlässt die Prüfungsabteilung eine Mitteilung gemäß Artikel 96 (2) und Regel 51 (2) EPÜ, in der eine Frist gesetzt und auf den Inhalt der Stellungnahme verwiesen wird. Damit beginnt das normale Prüfungsverfahren.
Der Anmelder kann das Verfahren beschleunigen, indem er den in der Stellungnahme erhobenen Einwänden durch Einreichung von Änderungen nach Regel 86 (2) EPÜ oder Argumenten begegnet. In diesem Fall kann die Mitteilung nach Artikel 96 (2) und Regel 51 (2) EPÜ nicht ohne weiteres auf den Inhalt der Stellungnahme verweisen. Die Änderungen und Argumente des Anmelders werden bei der Erstellung des Prüfungsbescheids berücksichtigt.
3. Da die Stellungnahme nicht Bestandteil des europäischen Recherchenberichts ist, wird sie nicht zusammen mit dem Recherchenbericht gemäß Artikel 93 (2) EPÜ veröffentlicht. Mit der Übermittlung an den Anmelder wird der EESR jedoch Bestandteil der Akte und ist nach der Veröffentlichung der Anmeldung über die Akteneinsicht zugänglich (Artikel 128 (4) EPÜ).
II. Verfahren ohne EESR
1. Hat der Anmelder die Prüfungsgebühr entrichtet, bevor ihm der Recherchenbericht zugegangen ist, und auf die Mitteilung nach Artikel 96 (1) EPÜ verzichtet, so liegt bereits ein wirksamer Prüfungsantrag vor. In diesen Fällen kann daher nach Übermittlung des Recherchenberichts sofort das Prüfungsverfahren beginnen. Das Amt erlässt in diesen Fällen einen Prüfungsbescheid gemäß Artikel 96 (2) und Regel 51 (2) EPÜ oder eine Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ. In diesen Sonderfällen ergeht daher keine Stellungnahme nach Regel 44a EPÜ, sondern eine Mitteilung nach Regel 51 Absatz 2 oder 4 EPÜ.
Bestehen Einwände gegen die Erteilung eines Patents, wird der Prüfungsbescheid gemäß Artikel 96 (2) und Regel 51 (2) EPÜ so bald wie möglich nach Übermittlung des Recherchenberichts erlassen. Aufgrund der durch das BEST-Verfahren (Bringing Examination and Search Together - Zusammenführung von Recherche und Sachprüfung) bedingten Beschleunigung bei der Erstellung des Prüfungsbescheids gemäß Artikel 96 (2) und Regel 51 (2) EPÜ reduziert sich die Zeitspanne zwischen dem Erhalt des Recherchenberichts und dem Erhalt des ersten Prüfungsbescheids deutlich. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich damit auch der Zeitraum zur Einreichung von Änderungen nach Regel 86 (2) EPÜ verringert. Änderungen nach Regel 86 (3) EPÜ bleiben dadurch jedoch unberührt.
Ist die Prüfungsabteilung der Auffassung, dass die Anmeldung und die Erfindung, die sie zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Europäischen Patentübereinkommens genügen, ergeht die Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ, sofern bei einer abschließenden Recherche nicht neuer Stand der Technik nach Artikel 54 (3) EPÜ ermittelt wird.
2. Falls das EPA als internationale Recherchenbehörde tätig war, wird bei Eintritt der Anmeldung in die europäische Phase kein ergänzender europäischer Recherchenbericht erstellt.
III. Änderungen der Gebührenordnung und der Gebühren für die Erstellung ergänzender europäischer Recherchenberichte
1. Recherchengebühr
Für europäische und internationale Anmeldungen mit einem Anmeldetag ab dem 1. Juli 2005 beträgt die Gebühr für die europäische oder die ergänzende europäische Recherche 960 EUR.
Gemäß dem Beschluss des Verwaltungsrats vom 10. Juni 20054 erstellt das EPA bei Eintritt in die europäische Phase einen ergänzenden europäischen Recherchenbericht
zu internationalen Anmeldungen, die ab dem 1. April 2005 eingereicht wurden, und für die der internationale Recherchenbericht vom Finnischen Patent- und Registrieramt erstellt worden ist,
sowie
zu internationalen Anmeldungen, die ab dem 1. Juli 2005 eingereicht werden, und für die der internationale Recherchenbericht vom Österreichischen Patentamt, vom Schwedischen Patent- und Registrieramt oder vom Spanischen Patent- und Markenamt erstellt worden ist.
In diesen Fällen wird die Gebühr für die ergänzende europäische Recherche um 810 EUR herabgesetzt.
2. Prüfungsgebühr
Für europäische Anmeldungen und für internationale Anmeldungen, zu denen ein ergänzender europäischer Recherchenbericht erstellt wird, mit einem Anmeldetag ab dem 1. Juli 2005 wird die Prüfungsgebühr auf 1280 EUR abgesenkt. Im Fall einer internationalen Anmeldung, für die kein ergänzender europäischer Recherchenbericht erstellt wird, beträgt die Prüfungsgebühr wie bisher 1430 EUR.
3. Neues Rückerstattungssystem
Das System für die Rückerstattung der Recherchengebühr gemäß Artikel 10 GebO wird für europäische oder internationale Anmeldungen mit einem Anmeldetag ab dem 1. Juli 2005 an das System für die Rückerstattung internationaler Recherchengebühren gemäß der geänderten Vereinbarung zwischen der Europäischen Patentorganisation und der WIPO nach dem PCT (siehe ABl. EPA 2003, 631) angepasst. Danach bildet die frühere Recherche die Grundlage für die Rückerstattung. Die Höhe der Rückerstattung wird nicht mehr prozentual, sondern in festen Beträgen angegeben, die sich danach richten, inwieweit das EPA bei der Recherche für eine europäische Patentanmeldung eine frühere Recherche verwerten kann, die es bereits durchgeführt hat.
Artikel 10 GebO wurde durch Beschluss des Verwaltungsrats vom 9. Dezember 2004 (ABl. EPA 2005, 5) entsprechend geändert. Der neue Artikel 10 (1) GebO entspricht abgesehen von einer redaktionellen Klarstellung dem derzeitigen Artikel 10 (3) GebO. Der neue Artikel 10 (2) GebO legt fest, dass der Betrag der Erstattung von der Art der früheren Recherche und dem Umfang abhängt, in dem das Amt bei der Durchführung der späteren Recherche die frühere Recherche verwerten kann. Der zu Artikel 10 (2) GebO ergangene Beschluss des Präsidenten des EPA ist in diesem Heft veröffentlicht.5 Er unterscheidet zwischen verschiedenen Arten früherer Recherchen, die vom EPA durchgeführt wurden, und legt für jede Art getrennt den Betrag für die vollständige Rückerstattung fest. Dieser Betrag entspricht grundsätzlich der für die frühere Recherche entrichteten Gebühr, sofern dies angemessen erscheint; der Betrag für die teilweise Rückerstattung entspricht 25 % der vollständigen Rückerstattung. In den Fällen, in denen eine Rückerstattung der für die frühere Recherche entrichteten Gebühr nicht angemessen ist, wird ein Betrag erstattet, der der bisherigen Gebühr für eine nicht erweiterte Recherche entspricht.