MITTEILUNGEN DES EPA
Mitteilungen des Präsidenten
Mitteilung des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 8. Mai 2003 über ein Pilotprojekt für einen erweiterten europäischen Recherchenbericht
Einführung
1. In dem als BEST (Bringing Examination and Search Together - Zusammenführung von Recherche und Sachprüfung) bezeichneten Verfahren des EPA ist der Recherchenprüfer auch der beauftragte Prüfer in der Prüfungsabteilung. Im Interesse einer Rationalisierung des gesamten Erteilungsverfahrens verfaßt ein BEST-Prüfer bereits in der Recherchenphase eine Stellungnahme zur Patentierbarkeit der beanspruchten Erfindung.
Sind nicht alle Erfordernisse des EPÜ erfüllt, so wird der Text des ersten Sachprüfungsbescheids abgefaßt, in dem die Einwände gegen die Patentierbarkeit dargelegt werden. An den Anmelder ergeht dieser Bescheid erst, nachdem ein wirksamer Prüfungsantrag gestellt, d. h. die Prüfungsgebühr entrichtet worden ist.
Erfüllt die Anmeldung alle Erfordernisse des EPÜ, so wird eine positive Stellungnahme abgefaßt, die später als Grundlage für die Patenterteilung dienen kann.
Der erweiterte europäische Recherchenbericht
2. Am 1. Juli 2003 startet das Amt ein Pilotprojekt für europäische Erstanmeldungen (d. h. Anmeldungen, die keine Priorität beanspruchen), wobei der Anmelder zusammen mit dem Recherchenbericht eine Stellungnahme dazu erhält, ob die Anmeldung und die Erfindung, die sie zum Gegenstand hat, die Erfordernisse des EPÜ erfüllen (erweiterter europäischer Recherchenbericht, EERB).
Diese Stellungnahme besteht entweder aus dem Text des ersten Prüfungsbescheids, in dem alle Einwände gegen die Patentierbarkeit dargelegt werden, oder aus einer positiven Erklärung, die es erlauben würde, auf die Anmeldung ein Patent zu erteilen.
Diese unverbindliche Stellungnahme zur Patentierbarkeit stellt eine kostenlose Service-Leistung dar. Weder wird dem Anmelder eine Frist zur Erwiderung gesetzt, noch ist die Frist zur Stellung des Prüfungsantrags, d. h. zur Entrichtung der Prüfungsgebühr nach Artikel 94 (2) EPÜ davon berührt. Die zusammen mit dem Recherchenbericht versandte Stellungnahme kann dem Anmelder jedoch als Grundlage für eine fundierte Entscheidung darüber dienen, ob er die Anmeldung weiterverfolgen will oder nicht.
Das Verfahren
3. Bei Erhalt einer positiven Stellungnahme kann der Anmelder die Prüfungsgebühr entrichten. Er erhält dann die Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ, sofern bei einer abschließenden ergänzenden Recherche nach Ablauf des Prioritätsjahrs nicht neuer Stand der Technik nach Artikel 54 (3) EPÜ ermittelt wird und die beauftragte Prüfungsabteilung der Stellungnahme zustimmt.
Enthält die Stellungnahme Einwände gegen die Patentierbarkeit, so kann der Anmelder diesen durch die Einreichung von Änderungen begegnen und dadurch das Verfahren erheblich verkürzen. Werden keine Änderungen eingereicht, so ergeht die Stellungnahme erneut als erster Prüfungsbescheid nach Artikel 96 (2) und Regel 51 (2) EPÜ. Erst damit beginnt das normale Prüfungsverfahren.
Hat der Anmelder jedoch die Prüfungsgebühr entrichtet, bevor ihm der Recherchenbericht zugegangen ist, und auf die Mitteilung nach Artikel 96 (1) EPÜ verzichtet, so liegt bereits ein wirksamer Prüfungsantrag vor. Der Prüfer wird dann den ersten Prüfungsbescheid nach Artikel 96 (2) und Regel 51 (2) EPÜ so bald wie möglich nach Erstellung des Recherchenberichts erlassen. Bei einer positiven Stellungnahme ergeht die Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ, sofern bei der abschließenden ergänzenden Recherche nicht neuer Stand der Technik nach Artikel 54 (3) EPÜ ermittelt wird und die beauftragte Prüfungsabteilung der Stellungnahme zustimmt.
Akteneinsicht
4. Mit der Übermittlung an den Anmelder wird der erweiterte europäische Recherchenbericht Bestandteil der Akte und ist nach der Veröffentlichung der Anmeldung für die Akteneinsicht zugänglich (Artikel 128 (4) EPÜ).
Verzicht auf den erweiterten europäischen Recherchenbericht
5. Es kann sein, daß ein Anmelder keinen erweiterten europäischen Recherchenbericht erhalten möchte. Dies sollte er dem Amt vorzugsweise schon bei Einreichung der Anmeldung mitteilen. Liegt bei der Einreichung kein entsprechender Antrag vor, so ergeht eine Mitteilung an den Anmelder, mit der ihm Gelegenheit gegeben wird zu erklären, daß er keinen EERB wünscht.
Dieselbe Mitteilung ergeht auch in bezug auf die zwischen 1. Februar und 30. Juni 2003 eingereichten Anmeldungen, für die der Recherchenbericht normalerweise erst ab 1. Juli 2003 erstellt wird. Möglicherweise werden jedoch nicht alle diese Anmeldungen vom Pilotprojekt erfaßt.
Abschließende Bemerkungen
6. Das EPA hält den erweiterten europäischen Recherchenbericht für ein wirkungsvolles Instrument und für eine Dienstleistung, die den Anmeldern eine frühzeitige fundierte Entscheidung erleichtert und dem Amt eine Straffung des Erteilungsverfahren ermöglicht.
Gleichzeitig ist dies ein erster Schritt, um das europäische und das PCT-Verfahren in Einklang zu bringen, nachdem die Internationalen Recherchenbehörden für ab 1. Januar 2004 eingereichte internationale Anmeldungen einen erweiterten internationalen Recherchenbericht erstellen werden.
Das EPA verspricht sich von diesem Pilotprojekt konkreten Aufschluß über die Auswirkungen eines EERB auf wesentliche Parameter wie Bearbeitungsdauer, Direkterteilung und Zurücknahmequote. Dadurch kann besser beurteilt werden, ob das Angebot eines EERB auf alle europäischen Patentanmeldungen ausgeweitet werden soll.