Nationale Maßnahmen zum Einheitspatent, A. Einleitung
Seit 1977 stellt das Europäische Patentamt (EPA) ein zentrales Patenterteilungsverfahren in Europa bereit. Für in englischer, französischer oder deutscher Sprache eingereichte Patentanmeldungen wird eine umfassende Recherche und Prüfung durchgeführt, um die bestmögliche Qualität sicherzustellen. Nach Abschluss dieses zentralen Erteilungsverfahrens kann der Patentinhaber in bis zu 44 Ländern Patentschutz erlangen. Allerdings bildet das erteilte europäische Patent keinen einheitlichen Schutztitel, sondern besteht vielmehr aus einem Bündel von Patenten mit der Rechtswirkung eines nationalen Patents, sofern das EPÜ nichts anderes festlegt. Daher muss das Patent in jedem Land, in dem es Wirkung entfalten soll, einzeln validiert und aufrechterhalten werden – ein Prozess, der einen hohen administrativen Aufwand und hohe Kosten mit sich bringt.
Das Einheitspatentsystem beseitigt diese Nachteile für die teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten: Das neue europäische Patent mit einheitlicher Wirkung (Einheitspatent) bietet einen vereinfachten Zugang zu einem einheitlichen und breiten territorialen Patentschutz, senkt den Verwaltungsaufwand deutlich und führt zu Kostensenkungen. Das zentrale Verfahren vor der Erteilung des europäischen Patents wird durch ein zentrales Verfahren danach ergänzt: Statt einer getrennten Validierung ihres europäischen Patents in mehreren Staaten können sich Patentinhaber für ein Einheitspatent entscheiden, indem sie einen einzigen Antrag beim EPA einreichen, das als zentrale Anlaufstelle fungiert und für die Verwaltung des Einheitspatents und der Jahresgebührenzahlungen verantwortlich ist.
Im Dezember 2012 erließen der EU-Rat und das Europäische Parlament zwei Verordnungen, die den Grundstein für den einheitlichen Patentschutz in der EU legten:
- Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2012 über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes (ABl. EPA 2013, 111 und Amtsblatt der Europäischen Union, ABl. L 361 vom 31.12.2012, S. 1–8), und
- Verordnung (EU) Nr. 1260/2012 des Rates über die Umsetzung der verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes im Hinblick auf die anzuwendenden Übersetzungsregelungen (ABl. EPA 2013, 132 und Amtsblatt der Europäischen Union, ABl. L 361 vom 31.12.2012, S. 89–92).
Der Engere Ausschuss genehmigte das erforderliche sekundäre Recht, insbesondere die Durchführungsordnung zum einheitlichen Patentschutz (ABl. EPA 2022, A41) und die Gebührenordnung zum einheitlichen Patentschutz (ABl. EPA 2022, A42).
Die vorliegende Broschüre fasst die wichtigsten nationalen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Einführung des Einheitspatents in den teilnehmenden Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht ratifiziert haben, zusammen.
Die Übersichten in den nachstehenden Tabellen wurden auf der Grundlage der von den teilnehmenden Mitgliedstaaten bereitgestellten Informationen erstellt (siehe Dokument SC/3/22 Korr. 1). Auch wenn wir die Tabellen mit größter Sorgfalt zusammengestellt haben, können wir uns nicht für die absolute Vollständigkeit und Richtigkeit der bereitgestellten Informationen verbürgen. Schon allein ihrer Kürze und der Tatsache wegen, dass sie sich auf das unbedingt Notwendige beschränken, können die Tabellen die Konsultation der einschlägigen nationalen Rechtsquellen und gegebenenfalls eine fachkundige Beratung durch hierzu befugte Personen nicht ersetzen. Darüber hinaus kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass sich die in den Tabellen zusammengefassten Rechtsvorschriften bis zur Veröffentlichung dieser Broschüre nicht geändert haben werden. Daher ist es ratsam, stets die amtlichen Publikationen der teilnehmenden Mitgliedstaaten einzusehen, um in Bezug auf die Entwicklung des nationalen Rechts und der behördlichen Praxis auf dem aktuellen Stand zu bleiben.