Patentorama
Der Tag der Schokolade am 7. Juli erinnert daran, dass die Leckerei im Jahr 1550 zum ersten Mal nach Europa gelangte. Ihre Hauptzutat Kakao kommt ursprünglich aus dem Amazonasgebiet und war den Spaniern bis zu ihrer Ankunft in Amerika unbekannt. Angeblich haben die Entdecker zum ersten Mal im Jahr 1519 Schokolade probiert: die Azteken boten sie ihnen als Getränk an. Die Spanier nahmen das Getränk mit zurück in ihre Heimat und verfeinerten es mit Zucker und Milch. So entstand das, was wir heute als Kakao oder heiße Schokolade trinken. Inzwischen, über 500 Jahre später, ist Schokolade eine der beliebtesten Süßigkeiten der Welt.
Seit jeher ist es wichtig, dass Wissen zwischen verschiedenen Kulturen ausgetauscht wird. Daraus folgt, dass man traditionelles Wissen wie dasjenige der Azteken über den erfolgreichen Anbau von Kakaobohnen respektieren muss - denn ohne solche Kenntnisse hätten wir möglicherweise nicht alle Schätze, über die wir heute verfügen. Traditionelles, von Generation zu Generation weitergegebenes Wissen ähnelt Open-Source-Innovationen: Es lässt sich nicht mithilfe konventioneller geistiger Eigentumsrechte schützen, sondern ist etwas, das uns allen gehört - gewissermaßen eine Art Stand der Technik. Allerdings können durchaus IP-Rechte wie Patente, Gebrauchsmuster oder geografische Angaben für Innovationen geltend gemacht werden, die auf traditionellem Wissen basieren.
Beispielsweise verfügt die Chuao-Plantage in Nordvenezuela über das perfekte Klima für den Anbau einer bestimmten Kakaosorte namens Criollo (siehe das Bild). Die Plantage ist ideal gelegen und wird von einer indigenen Gemeinschaft betrieben, die über jahrelange Erfahrung im Kakaoanbau verfügt und innovative Anbaumethoden entwickelt hat. Deshalb wurde im Jahr 2000 eine Ursprungsbezeichnung beantragt und erteilt. Sie schützt den Namen Chuao und schränkt die Verwendung für ähnliche Produkte, die woanders hergestellt wurden, ein. Dies hat sich als wirksames Marketinginstrument erwiesen: Die Verbraucher kennen jetzt die Marke und bringen sie mit qualitativ hochwertigem Kakao in Verbindung.
Ursprungsbezeichnungen sind eine Sonderform der geografischen Angabe (g. A.). Geografische Angaben bieten IP-Rechtsschutz für Produkte aus bestimmten Weltregionen und werden in den Ländern durchgesetzt, für die sie beantragt wurden. Sie unterscheiden sich insofern von Patenten, als sie den Namen eines Produkts (z. B. Käse oder Wein) und nicht eine neue oder neuartige Herstellungsmethode schützen. Außerdem gehören sie nicht einem individuellen Rechteinhaber. Die Chuao-Plantage könnte auch kein Patent für ihre Anbaumethode von Kakaobohnen erhalten, weil das von ihr genutzte traditionelle Wissen bereits seit Langem zum Stand der Technik gehört. Es ist seit jeher schwierig, traditionelles Wissen bei Patentanmeldungen als Stand der Technik zu definieren. Deshalb haben Länder wie Indien, China und Brasilien Datenbanken für traditionelles Wissen geschaffen, auf die Patentprüfer häufig zurückgreifen, um sicherzustellen, dass sie keine Patente für traditionelles Wissen und damit den Stand der Technik erteilen.
In der modernen Schokoladenindustrie spielen neben geografischen Angaben auch andere IP-Rechte eine Rolle. Viele Schokoladenmarken verfügen über eine Handelsmarke, und Schokoladenrezepte können als Geschäftsgeheimnisse geschützt werden. Daneben spielt auch der Patentschutz eine wichtige Rolle. Viele Erfindungen zum Thema Kakao gehören in die IPC- oder CPC-Hauptgruppe A23G1 (Espacenet) - „Kakao; Kakaoerzeugnisse, z. B. Schokolade; deren Ersatzstoffe". Eine rasche Espacenet-Suche zur CPC-Gruppe A23G1 wirft über 8 800 Treffer aus, und eine Suche nach Dokumenten, die zur IPC-Hauptgruppe A23G1 oder ihren Untergruppen gehören, ergibt über 15 000 Patentfamilien.
Jetzt wissen Sie mehr über die Entwicklung von traditionellen Methoden bis hin zur modernen Schokoladenindustrie. Zeit für ein gutes Stück Schokolade oder eine Praline - und dabei können Sie in Ruhe an all die verschiedenen IP-Rechte denken, die Sie gerade in der Hand halten ...
Durch seine Umweltstandards trägt das Amt zur Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (SDGs) bei. Der Respekt vor traditionellem Wissen und indigenen Gemeinschaften trägt entscheidend zum Abbau von Ungleichheiten und damit zur Umsetzung des UN SDG 10 bei.
Weiterführende Literatur
- The Patents Behind Your Box of Valentine's Day Chocolates(auf Englisch)
- Traditional knowledge and intellectual property - Background Brief(auf Englisch)
- Branding Matters: The Success of Chuao Cocoa Bean(auf Englisch)
- FAQ: Geographical indications(auf Englisch)