W 0051/90 (Baustoff-Teleskopstempel) 25-03-1991
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Nachgiebiger Baustoff-Teleskopstempel
I. Am 10. Mai 1990 hat der Anmelder die internationale Anmeldung PCT/DE.... beim Deutschen Patentamt eingereicht.
Patentanspruch 1 lautet:
"Aufbauelement für den Einsatz im untertägigen Berg- und Tunnelbau, insbesondere zur Sicherung der bergmännisch hergestellten Hohlräume in Streb und Strecke, mit ineinanderschiebbar ausgebildetem Außen- und Innenrohr und einer beide Rohre im Abstand zueinander haltenden Füllung, dadurch gekennzeichnet, daß der Stempel (1) aus zwei oder mehreren ein innen durchgehend und endseitig verschlossen ausgebildetes Teleskoprohr bildenden Außen- und Innenrohren (4, 5) zusammengesetzt ist, die gegeneinander in unterschiedlichen Ausziehlängen verspannbar ausgebildet sind, über die Länge verteilt Entwässerungsbohrungen (49, 50) aufweisen und daß die Füllung (6) von einem aushärtbaren Baustoffkern gebildet ist."
II. Mit Mitteilung vom 2. August 1990 hat das als internationale Recherchenbehörde (IRB) zuständige Europäische Patentamt den Anmelder nach Artikel 17 (3) und Regel 40.1 PCT zur Zahlung einer zusätzlichen Recherchengebühr von DEM 8 380,00 aufgefordert.
III. Darin wird festgestellt, daß die internationale Anmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung im Hinblick auf die folgenden einzelnen Erfindungen nicht entspreche:
1. Patentansprüche 1 - 5, 7, 8
2. Patentanspruch 6
3. Patentansprüche 9, 10
4. Patentanspruch 11
5. Patentanspruch 12.
Zur Begründung wird ausgeführt: "In Anspruch 1 wird die Füllung eines teleskopischen Stempels mit aushärtendem Baustoff beansprucht. Diese Technik ist aus den im Recherchenbericht genannten Dokumenten bekannt. Die weitere Anmeldung fällt damit in mehrere technische Gegenstände auseinander, die zwar zur Weiterentwicklung des Grundgegenstandes aus Anspruch 1 beitragen, jedoch nicht von einem gemeinsamen erfinderischen Gesamtkozept umfasst werden ..."
IV. Am 24. August 1990 hat der Anmelder unter Widerspruch eine zusätzliche Recherchengebühr im Betrag von DEM 4 190,00 entrichtet und deren Rückerstattung beantragt. Der Widerspruch wird dadurch begründet, daß angegeben wird, die internationale Anmeldung erfülle das Erfordernis der Einheitlichkeit. Insbesondere führt der Anmelder aus, daß mit erhärtbaren Medien nach dem Stand der Technik keine Vorspannkräfte erzielt werden konnten. Aufgabe sei deshalb, ein frühtragendes, hohe Drücke aufnehmendes, leicht zu handhabendes, als Einwegausbau dienendes Ausbauelement zu schaffen. Dadurch solle das Setzen des Stempels unter Vorspannung und unabhängig von Drittgeräten ermöglicht werden. Das im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 enthaltene wesentliche Merkmal "daß Außen- und Innenrohre in unterschiedlichen Ausziehlängen gegeneinander verspannbar ausgebildet sind und daß sie über die Länge verteilt Entwässerungsbohrungen aufweisen" sei in allen abhängigen Ansprüchen, insbesondere auch in den Ansprüchen 11 und 12 enthalten. Daher sei die Einheitlichkeit des Anmeldungsgegenstandes gegeben.
1. Nach Artikel 154 (3) EPÜ sind die Beschwerdekammern des EPA für Entscheidungen über den Widerspruch eines Anmelders gegen die Festsetzung einer nach Artikel 17 (3) a) PCT festgesetzten zusätzlichen Recherchengebühr zuständig.
2. Der Anmelder hat mit der Zahlung der zusätzlichen Gebühr eine Begründung des Inhalts vorgelegt, daß die internationale Anmeldung das Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung erfülle. Die Anforderungen der Regel 40.2 c) PCT sind erfüllt; der Widerspruch ist somit zulässig.
3. In der oben unter III wiedergegebenen Begründung der IRB wird ausgeführt, daß nach Anspruch 1 die Füllung eines teleskopischen Stempels mit aushärtendem Baustoff beansprucht werde, und daß diese Technik aus den im Recherchenbericht genannten Dokumenten bekannt sei. Dabei wird aber das im Anspruch 1 enthaltene technisch wesentliche Merkmal, daß die Teleskopteile gegeneinander verspannbar ausgebildet sind, weder erwähnt noch im Stand der Technik nachgewiesen. Diese Begründung bezieht sich somit nicht auf den vollständigen Anspruchsgegenstand und ist schon deshalb unzulänglich.
Die Aufforderung zur Zahlung einer zusätzlichen Recherchengebühr ist daher unzureichend begründet.
4. Die weitere Prüfung hinsichtlich der beanspruchten technischen Merkmale ergibt:
4.1 Der Ausdruck "verspannbar" im Anspruch 1 ist an sich sehr allgemein, umfaßt mehrere Deutungsmöglichkeiten, und ist insofern unklar. Es könnte sich dabei um die bloße gegenseitige Fixierung der Teleskopteile, etwa mittels Keilen, handeln. Es ist aber auch möglich, daß "verspannen" im Sinne von "mechanisch vorspannen" zu verstehen ist, und zwar im Zusammenhang mit "gegeneinander in unterschiedlichen Ausziehlängen ... ausgebildet". Da es sich somit um technisch sehr verschiedenartige Mittel handeln kann, ist eine entsprechende Interpretation erforderlich.
4.2 Nach Artikel 15 (3) PCT ist die internationale Recherche auf der Grundlage der Ansprüche unter angemessener Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen durchzuführen. Ein angemessene Berücksichtung der Beschreibung wird folgende Aussagen zur Kenntnis nehmen müssen:
- "Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein frühtragendes, hohe Drücke aufnehmendes, leicht zu handhabendes, als Einwegausbau dienendes Ausbauelement zu schaffen" (Seite 2, Abschnitt 2);
- "das Teleskoprohr zwischen Firste und Sohle zu verspannen" (Seite 2, Absatz 4);
- "die Vorspannung erbringende Mechanik" (Seite 3, Zeile 5);
- "um die einmal hergestellte Vorspannung zu wahren" (Seite 4, Zeile 4);
- "nachdem die Rohre über die Spanneinrichtung auseinandergezogen bzw. auseinandergedrückt sind" (Seite 7, Zeilen 10-12);
- "um den Einwegausbau (2) zwischen Firste und Sohle verspannen zu können, das heißt, mit einer entsprechenden Vorspannung einbringen zu können" (Seite 9, 7-9, Hervorhebungen hinzugefügt).
4.3 Die nach 4.1 erforderliche Interpretation des Ausdrucks "vespannbar" im Merkmal "gegeneinander in unterschiedlichen Ausziehlängen verspannbar ausgebildet" im Anspruch 1 führt daher nach Kenntnisnahme der Beschreibung zum Resultat, daß zu diesem Merkmal die technisch notwendige Implikation "zur mechanischen Vorspannung des Stempels" gehört. "Verspannbar ausgebildet" definiert somit die konstruktiven Merkmale "den Stempel mechanisch vorspannbar ausgebildet".
4.4 Im internationalen Recherchenbericht werden die beiden Dokumente
A: DE-A-2 847 906 und
B: GB-A-2 100 318
als "X-Dokumente" genannt. Sie sollten die unter III oben wiedergegebenen Feststellungen näher begründen. An den angegebenen maßgeblichen Stellen sind jedoch keine Hinweise dafür zu finden, daß eine Vorspannung der Teleskopteile im Sinne der obenerwähnten Interpretation vorliegen würde.
In Dokument A wird darauf hingewiesen, daß ein Keil 4 zum Verriegeln diene, und daß keine große Kraft erforderlich sei, da die Teile 3 und 3a ein geringes Gewicht hätten (Seite 19, Zeilen 12 bis 15). In Dokument B findet sich an der angegebenen Stelle folgende Aussage: "... to effect a desired displacement of the two members to accomodate the headroom of the roof or the height wo which a member is supported" (Titelblatt).
Beide Dokumente enthalten auch sonst keinerlei Hinweise, daß eine Vorspannung des Stempels im Sinne der obenerwähnten Interpretation vorgesehen sei.
4.5 Daraus folgt, daß das Vorhandensein des genannten kritischen Merkmals (siehe 4.3 oben) des Anspruchs 1 im Stand der Technik nicht nachgewiesen ist.
5. Die Kammer ist bei dieser Sachlage der Ansicht, daß man im Hinblick auf diesen im Recherchenbericht als einschlägig genannten Stand der Technik nicht ohne weiteres sagen kann, es sei für den Fachmann naheliegend, die Teleskopteile nach Anspruch 1 gegeneinander verspannbar auszubilden. Die endgültige Prüfung dieser Frage bleibt allerdings einer eventuellen späteren Sachprüfung vorbehalten.
6. Die Kammer vertritt daher den Standpunkt, daß von einem Wegfall der im Anspruch 1 zum Ausdruck gebrachten erfinderischen Idee derzeit nicht gesprochen werden kann, so daß die Einheitlichkeit der Erfindung über diese durch die Rückbeziehung sämtlichen Ansprüchen gemeinsame Idee gewährleistet ist. Bei dieser Sachlage braucht nicht untersucht zu werden, ob die Anmeldung bei Wegfall der erfinderischen Idee gemäß Anspruch 1 in die von der IRB festgestellten Gegenstände auseinanderfallen würde.
Die Voraussetzung für den von der IRB erhobenen Einwand der Uneinheitlichkeit "a posteriori" ist daher nicht gegeben.
7. Die weiteren im Recherchenbericht lediglich zu den Unteransprüchen genannten Dokumente sind von der Kammer im Rahmen ihrer Prüfung des Widerspruchs nach Regel 40.2 (c) PCT nicht zu berücksichtigen. Eine Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 gegenüber dem gesamten im Recherchenbericht genannten Stand der Technik ist, wie oben erwähnt, vielmehr der Prüfungsbehörde vorbehalten.
8. Aus den obenstehenden Ausführungen geht hervor, daß die Aufforderung zur Zahlung von zusätzlichen Recherchengebühren nicht gerechtfertigt war.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Rückzahlung der vom Anmelder entrichteten zusätzlichen Gebühren wird angeordnet.