T 0157/91 (Futtererntemaschine/DEERE) 02-06-1993
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Futtererntemaschine
CLAAS OHG
CLAAS SAULGAU GmbH
Ford New Holland N.V
Karl Mengele & Söhne Maschinenfabrik u. Eisengießerei GmbH & Co.
Neuheit - ja
Zurückverweisung - ja
Novelty (yes)
Decision re appeals - remittal (yes)
I. Auf den Gegenstand der am 16. Februar 1982 angemeldeten europäischen Patentanmeldung Nr. 82 101 139.2 ist am 11. Mai 1988 das zwei unabhängige Patentansprüche und zehn abhängige Patentansprüche umfassende europäische Patent Nr. 58 431 erteilt worden.
Die erteilten unabhängigen Patentansprüche 1 und 2 lauten wie folgt:
"1. Futtererntemaschine mit einer um eine Achse rotierend antreibbaren Zerkleinerungseinrichtung (32, 34) und mit zwei der Zerkleinerungseinrichtung nachgeordneten, zusammenwirkenden Druckrollen (42), die um zueinander und zu der Drehachse der Zerkleinerungseinrichtung parallele Drehachsen rotierend antreibbar sind und zwischen sich einen Einlaufspalt bilden, wobei das von der Zerkleinerungseinrichtung zerkleinerte Erntegut durch den Einlaufspalt der Druckrollen hindurch und einer Abgabeeinrichtung zugefördert wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Druckrollen (42) derart in Durchflußrichtung des Erntegutes hinter der Zerkleinerungseinrichtung (32, 34) angeordnet sind, daß sich der Einlaufspalt in der Flugbahn des tangential von der Zerkleinerungseinrichtung weggeschleuderten zerkleinerten Gutes befindet."
"2. Teilbaueinheit für eine Futtererntemaschine mit einer um eine Achse rotierend antreibbaren Zerkleinerungseinrichtung (32, 34) und mit zwei der Zerkleinerungseinrichtung nachgeordneten, zusammenwirkenden Druckrollen (42), die um zueinander und der Drehachse der Zerkleinerungseinrichtung parallele Drehachsen rotierend antreibbar sind und zwischen sich einen Einlaufspalt bilden, wobei das von der Zerkleinerungseinrichtung zerkleinerte Erntegut durch den Einlaufspalt der Druckrollen hindurch und einer Abgabeeinrichtung zugefördert wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Druckrollen (42) mit einer dieser nachgeschalteten Fördereinrichtung (44) für das zerkleinerte Erntegut in der leicht lösbar in die Futtermaschine einbaubaren Teilbaueinheit zusammengefaßt sind, die so ausgebildet und einbaubar ist, daß die Druckrollen (42) in Durchflußrichtung des Erntegutes hinter der Zerkleinerungseinrichtung (32, 34) mit ihrem Einlaufspalt in der Flugbahn des tangential von der Zerkleinerungseinrichtung weggeschleuderten zerkleinerten Gutes liegen."
II. Gegen die Erteilung des Patents haben die vier Beschwerdegegnerinnen Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent zu widerrufen, da dessen Gegenstand nicht neu sei bzw. nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Zur Begründung haben die Einsprechenden auf die folgenden Dokumente verwiesen:
D1: DE-B-1 117 345
D2: FR-A-2 455 852
D3: DE-A-3 000 946
D4: US-A-3 349 823
D5: DE-A-2 621 292
D6: HU-B-182 033
D7: "Handbuch der Landtechnik", von Prof. Dr. Dencker, 1961, Verlag Paul Parey, Hamburg, Seiten 949 - 955 und
D8: Standardwerk "Schneid- und Wurfvorgänge in Trommel-Feldhäckslern", Institut für Landtechnik in Weihenstephan, 1964, Seiten 38 - 43.
III. Das Patent wurde durch Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 18. September 1990, zur Post gegeben am 12. Dezember 1990, in seiner Gesamtheit widerrufen.
Der Widerruf war mit mangelnder Neuheit des Gegenstandes des Patentanspruches 1 im Vergleich zu der Offenbarung des Dokumentes D1 begründet.
Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 13. Februar 1991 unter gleichzeitiger Entrichtung der Gebühr Beschwerde eingelegt.
Die schriftliche Begründung ist am 11. April 1991 eingegangen.
Während des Beschwerdeverfahrens wurden noch die zusätzlichen Druckschriften eingereicht:
D9: DE-C-1 116 464
D10: Prospekt "Mählader E 062/1", VEB Fortschritt Erntebergungsmaschinen Neustadt/Sachsen.
IV. In der mündlichen Verhandlung vom 2. Juni 1993 hat die Beschwerdeführerin hilfsweise zwei neue Anspruchssätze (Hilfsanträge 1 und 2) überreicht und im wesentlichen die Auffassung vertreten, daß die funktionelle Beschreibung des kennzeichnenden Teils des erteilten Anspruchs 1 implizit eine an der Schnittstelle beginnende, sich in Drehrichtung erstreckende Ummantelung umfaßt, welche im Zusammenhang mit der Zerkleinerungseinrichtung das zerkleinerte Gut kraftvoll auf eine bestimmte, in der Richtung des Einlaufspaltes der Druckrollen gerichtete, freie Flugbahn wegschleudert.
Nach ihrer Ansicht sei eine solche erfindungsgemäße Anordnung, welche aus einem Wurf-Zerkleinerungsgerät mit teilweiser Ummantelung und einem in der freien Flugbahn des geschleuderten Gutes angeordneten Rolleneinlaufspalt besteht, durch keines der genannten vorveröffentlichen Dokumente bekanntgeworden.
Die Beschwerdegegnerinnen sind dem Vorbringen der Beschwerdeführerin entgegengetreten und haben im wesentlichen folgendes vertreten:
- die Flugbahn eines weggeschleuderten Gutes sollte keine linienförmige Bahn, sondern einen konischen Bereich darstellen;
- der Begriff "Futtererntemaschine" sollte allgemein sein und die Erntebergungsmaschine bzw. die Aufsammellader gemäß D1 einschließen (vgl. D10);
- D1 betrifft auch die Feldhäcksler (vgl. Spalte 1) deren "Schneidvorrichtung" üblicherweise eine gemäß D9 ausgebildete Wurftrommel sein sollte;
- im Ausführungsbeispiel von D1 müsse das zerkleinerte Gut in Richtung und auf die sternförmigen Walzen geworfen werden, sonst würde es zwischen dem Förderband und der ersten Walze nach unten fallen;
- die einzige Figur von D1 zeige, daß die Flugbahn des Gutes zwischen der Schnittstelle und den Walzen frei sei;
- die Messertrommel der Futtererntemaschine gemäß D2 werfe das zerkleinerte Gut direkt in den Einlaufspalt zwischen eine Druckrolle und ein festliegendes Reibblech, das als eine äquivalente Ausführungsform eines Paares Druckrollen zu betrachten sei;
- nach dem in Figur 7 von D5 gezeigten Ausführungsbeispiel sollte der Einlaufspalt der Walzen (3, 3') sich in der Flugbahn des tangential von der in Art eines Wurfförderers ausgestalteten Häckseltrommels (11) weggeschleuderten zerkleinerten Gutes befinden;
- da die in Figur 7 von D5 gezeigten Schneidwalzen (3, 3') einen Druck auf das zwischenlaufende Gut ausüben, um es zu zerschneiden, sollten diese Schneidwalzen als Druckrollen im Sinne der Erfindung betrachtet werden;
- der in D5 benützte Begriff "unmittelbar" (vgl. Seite 8, Zeile 3) bedeute, daß das zerkleinerte Gut direkt ohne Hilfe eines führenden Mittels von der Häckseltrommel (11) zwischen die Schneidwalzen (3, 3') geworfen werde, d. h. daß die Flugbahn des zerkleinerten Gutes frei sei zwischen der Trommel und den Walzen.
Ferner wurde zum ersten Mal im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens der Einwand vorgebracht, daß die erteilte Fassung des angefochtenen Patents über die ursprünglich eingereichte Fassung hinausgeht (Artikel 100 c) EPÜ).
V. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurden die folgende Anträge gestellt:
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents, entweder
- wie erteilt (Hauptantrag), oder
- gemäß einer der in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsanträge 1 und 2.
Die Beschwerdegegnerinnen haben die Zurückweisung der Beschwerde und, im Falle der Bejahung der Neuheit, die Zurückweisung der Sache an die erste Instanz beantragt.
VI. Am Schluß der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an die erste Instanz zurückzuverweisen.
1. Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie Regel 64 EPÜ; sie ist zulässig.
2. Hauptantrag
2.1. Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 100 (c) EPÜ)
Während des Beschwerdeverfahrens wurde die erteilte Fassung des angefochtenen Patents nicht geändert.
Der Einwand, gestützt auf die in Artikel 100 (c) EPÜ angegebenen Gründe, wurde von der erste Instanz nicht entschieden und im Beschwerdeverfahren erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgebracht.
Da die Sache aus den nachfolgenden Gründen an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen wurde, sollte auch dieser noch nicht entschiedene Einspruchgrund bei dieser Gelegenheit in Betracht gezogen werden.
2.2. Auslegung des Inhalts des Anspruchs 1
Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens wurden mehrere Begriffe des Anspruchs 1 unterschiedlich ausgelegt. Demzufolge muß, um die Neuheit des Gegenstands dieses Anspruchs beurteilen zu können, näher auf dessen Inhalt eingegangen und die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung herangezogen werden (vgl. Art. 69 (1) EPÜ).
2.2.1. "Futtererntemaschine": Nach Meinung der Kammer ist ein Aufsammellader (gemäß D1) als eine Futtererntemaschine im Sinne der Erfindung zu berücksichtigen.
Diese Meinung wird bestätigt nicht nur durch die Druckschrift D10, welche einen Mählader als Erntegerät bezeichnet, sondern auch durch das angefochtene europäische Patent selbst, welches als Beispiele für Futtererntemaschinen die Aufsammellader nach der US-A-3 916 605 und der US-A-3 701 239 zitiert (vgl. Spalte 1, Zeilen 35 bis 51) oder als zur Erläuterung der Erfindung verwendete Ausführungsform einer Futtererntemaschine den in der US-A-3 701 239 gezeigten Aufsammellader erwähnt (vgl. Spalte 4, Zeilen 1 bis 4).
2.2.2. "Zerkleinerungseinrichtung": Im allgemeinen könnte dieser Fachausdruck sowohl eine Häckselvorrichtung als auch eine Schneidvorrichtung beinhalten. Dieser Fachausdruck darf natürlich nicht nur an sich betrachtet werden, sondern muß im Rahmen des restlichen Inhalts des Anspruchs 1 und im Rahmen der vorliegenden Beschreibung, d. h. im Sinne der Erfindung interpretiert werden. Durch die in Anspruch 1 erwähnte Forderung, daß das zerkleinerte Erntegut in einer Flugbahn weggeschleudert werden soll, zusammen mit der in der Beschreibung angegebenen Gestaltung, nämlich einer Häckseltrommel oder Messertrommel, die mit einem festem Messer zusammenarbeitet (vgl. Spalte 4, Zeilen 38 bis 48), wird die Zerkleinerungseinrichtung genügend definiert. Und zwar in dem Sinne, daß nur eine Häcksel- oder Messertrommel mit festem Messer gemeint sein kann. Nur eine solche Trommel kann erstens eine genügende Wurf- oder Förderenergie leisten, um das zerkleinerte Erntegut, das in der Transportrichtung völlig frei abgetrennt ist, kraftvoll wegzuschleudern. Und zweitens wird das zerkleinerte Erntegut nur so zur weiteren Verarbeitung bereitgestellt, d. h. quer zur Transportrichtung abgeschnitten (abgetrennt), um es auch wegschleudern zu können.
Die allgemein definierte Zerkleinerungseinrichtung wird also durch die in Patentanspruch 1 klar definierte zu erreichende Wirkung, nämlich das Wegschleudern des zerkleinerten Erntegutes in einer Flugbahn, weiter präzisiert.
2.2.3. "Druckrollen": Unter diesem Ausdruck soll der Fachmann im Sinne der Erfindung Rollen wie Quetschwalzen (vgl. Spalte 2, Zeile 26 des Patents) oder wie Walzen einer Walzenmühle (vgl. Spalte 3, Zeile 60 und Spalte 5, Zeile 26 bis 28) verstehen. Diese Druckrollen sollen das Erntegut zerquetschen oder anbrechen und weniger Abtrieb erzeugen (vgl. Spalte 3, Zeilen 25 bis 30 und Spalte 7, Zeilen 14 bis 29).
2.2.4. "Flugbahn": Laut "Das grosse Wörterbuch der deutschen Sprache - Dudenverlag 1977", bedeutet dieses Wort die "Kurve, die ein freier beweglicher Körper im Raum beschreibt".
Um eine bestimmte Flugbahn zu beschreiben, muß ein Körper, bevor er frei fliegt, in eine entsprechende Richtung geleitet werden.
Im vorliegenden Fall bedeutet das implizit, daß, um eine gezielte Wurfrichtung zu erreichen und damit eine unbestimmte Richtung zu vermeiden, das geworfene Gut durch einen Kanal, d. h. eine mit der Wurftrommel zusammenwirkende teilweise Ummantelung, gesteuert werden muß und beim Verlassen der Mündung des Kanals die Möglichkeit haben soll, frei zu fliegen.
Für jeden Fachmann wird es deutlich sein, daß von einer einzigen Linie nicht die Rede sein kann.
2.2.5. "tangential von der Zerkleinerungseinrichtung weggeschleuderten zerkleinerten Gutes": Da die Häckseltrommel nicht allein sondern mit einem festen Messer zusammenarbeitet, würden die Teile des Gutes, wenn keine Ummantelung vorläge, normalerweise in unterschiedliche Richtungen weggeworfen werden. Dieser obengennante Wortlaut impliziert also die Anwesenheit einer Ummantelung, die, um das Gut tangential wegzuschleudern, an der Schnittstelle der Zerkleinerungsvorrichtung beginnt, sich in Drehrichtung erstreckt und die Wurftrommel teilweise umfaßt.
2.3. Neuheit (Art. 54 EPÜ)
2.3.1. Bei der Neuheitsprüfung sind strenge Maßstäbe anzulegen. In der Praxis ist vom Europäischen Patentamt stets der Grundsatz befolgt worden, die allgemein bekannte Äquivalente, die in einem Dokument nicht offenbart sind, nicht in die Lehre des Dokuments einszuschließen; dies gehört in die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit (vgl. T 167/84, ABl. EPA 1987, 369; Abschnitt 6).
2.3.2. Druckschrift D1 beschreibt einen Aufsammellader d. h. eine Futtererntemaschine im Sinne der Erfindung (vgl. die in Abschnitt 2.2.1 dargelegte Auslegung) mit einer Schneidvorrichtung (7, 8) und zwei zusammenwirkenden Walzen (9, 10) d. h. Druckrollen, die so angeordnet sind, daß das von der Schneidvorrichtung zerkleinerte Gut durch den Einlaufspalt dieser Druckrollen hindurch gefördert wird.
Der einzigen Abbildung (Spalte 2, Zeilen 42 bis 44: schematisch) dieser Druckschrift ist nicht eindeutig und klar zu entnehmen, ob das zerkleinerte Gut einer freien Flugbahn im Sinne der Erfindung folgt oder nicht. In der Tat sind die verschiedenen Vorrichtungen und ihre gegenseitige Anordnung nur skizziert angegeben. Darüber hinaus gibt die Beschreibung an, daß das Gut zwischen der Schneidvorrichtung und den Walzen (9, 10) geleitet wird (vgl. Spalte 3, Zeilen 5 bis 7), so daß es fraglich bleibt, ob der Fachmann dieser Druckschrift die Anregung einer freien Flugbahn entnehmen oder ob er zu diesem Gedanken nur anhand einer rückschauenden unzulässigen Betrachtungsweise gelangen kann.
Auch von einer Offenbarung einer gezielten Flugbahn des weggeschleuderten zerkleinerten Gutes in Richtung des Einlaufspaltes kann nicht die Rede sein.
Da wo das angefochtene Patent von einer von der Wirkung der Schwerkraft unabhängigen Arbeitsweise spricht, (Spalte 2, Zeilen 59 bis 61), weil das zerkleinerte Gut in einer gezielten Flugbahn weggeschleudert wird, vermittelt das Ausführungsbeispiel der Druckschrift D1 eher den Eindruck, daß die Schwerkraft nicht unbedeutend ist. In der Tat besteht wegen des schwachen Reibungskontakts der Schneidscheiben (7) auf das zerkleinerte Gut und wegen der auch nur einzelnen, in Förderrichtung längsgerichteten Kontaktbereichen zwischen Gut und Schneidscheiben ein begründeter Zweifel über die Fähigkeit der Schneideinrichtung, eine zwingende und kraftvolle Förderung des Erntegutes im Sinne der Erfindung zu erreichen.
Auch das Argument der Beschwerdegegnerin, daß die Druckschrift D1 nicht nur Schneidscheiben (Ausführungsbeispiel) sondern auch allgemein eine "Schneidvorrichtung" (Patentanspruch 1), womit dann auch Häcksler offenbart seien, angibt, hilft hier nicht weiter. Eine solche allgemeine Angabe der Schneidvorrichtung ohne konkrete Arbeitsweise, ohne konkrete Gestaltung oder Zusammenarbeit mit anderen Vorrichtungen, kann einen Fachmann natürlich nicht ohne rückschauende Betrachtungsweise in die Lage versetzen, von einer Verarbeitung des Erntegutes im Sinne der Erfindung auszugehen.
Bei der Ermittlung der Neuheit hinsichtlich D1 stößt der Fachmann auf mehrere Fragen und Zweifel, so daß aus diesem Dokument die beanspruchte Erntemaschine nicht unmittelbar und eindeutig hervorgeht.
Aus den genannten Gründen kann in diesem Falle die Offenbarung der Druckschrift D1 nicht als neuheitsschädlich betrachtet werden.
2.3.3. Die Erntemaschine des Anspruchs 1 unterscheidet sich von der aus D2 bekannten Maschine insbesondere dadurch, daß hinter ihrer Messertrommel eine Walzenmühle statt einer Rolle und einer damit zusammenwirkenden Reibplatte angeordnet ist. Ob äquivalente Vorrichtungen vorliegen oder nicht, spielt bei der Bestimmung der Neuheit keine Rolle (vgl. Abschnitt 2.3.1). Demzufolge ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 auch gegenüber dem Inhalt der D2 als neu zu betrachten.
2.3.4. Bezüglich dem aus den relevanten Figuren 7 und 8 bekannten Ausführungsbeispiel der Druckschrift D5 sind die mit Zahnscheiben besetzten Schneidwalzen (3, 3') keine Druckrollen im Sinne der Erfindung gemäß der unter Abschnitt 2.2.3 dargelegten Auslegung.
Darüber hinaus wird in dieser bekannten Erntemaschine das zerkleinerte Gut von einer Messertrommel bis zur Schneidwalze über Leitbleche gefördert, also nicht in einer Flugbahn, ohne irgendwelche Hilfsmittel.
Infolgedessen beschreibt das zerkleinerte Gut keine "freie" Flugbahn im Sinne der Erfindung (vgl. die oben unter Abschnitt 2.2.4 dargelegte Auslegung) sondern muß einer "geleiteten" Bahn folgen.
Diesen Unterschieden zufolge ist auch die Druckschrift D5 nicht als neuheitschädlich zu betrachten.
2.3.5. Da der Inhalt der übrigen Druckschriften der Erntemaschine nach Anspruch 1 des angefochtenen Patents nicht näher kommt als das, was der Fachmann den in den vorausgehenden Abschnitten erörterten Entgegenhaltungen entnehmen kann, ist die erfindungsgemäße Maschine auch gegenüber dem Inhalt dieser Dokumente neu.
2.3.6. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, daß der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gegenüber dem vorgelegten Stand der Technik im Sinne des Artikel 54 EPÜ neu ist.
2.3.7. Die Teilbaueinheit nach Anspruch 2 des angefochtenen Patents ist, wie die Prüfung der vorliegenden, zum Stand der Technik genannten Druckschriften durch die Kammer ergeben hat, neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ. Im einzelnen braucht die Neuheit nicht begründet zu werden, da diese von den Beschwerdegegnerinnen nicht bestritten worden ist.
2.4. Zurückweisung an die ersten Instanz, Art. 111 (1) EPÜ
Es bleibt daher zu untersuchen, ob der Gegenstand des gemäß Hauptantrag geltenden, erteilten Anspruchs 1 auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Diese Frage hat die erste Instanz bisher noch nicht geprüft und kann nicht ohne weitere Prüfung positiv beantwortet werden.
Da die Beschwerdegegnerinnen im Falle der Bejahung der Neuheit die Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz beantragt haben und auch um der Beschwerdeführerin nicht die Möglichkeit der Überprüfung dieser wesentlichen Frage gegebenenfalls durch zwei Instanzen zu nehmen, hält es die Kammer für verfrüht, jetzt schon selber hierzu sachlich Stellung zu nehmen.
Sie macht daher von der ihr in Artikel 111 (1) EPÜ eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen.
3. Hilfsanträge 1 und 2
Die Ausführungen in den Abschnitten 2.2 und 2.3, die im Zusammenhang mit Patentanspruch 1 des Hauptantrags vorgebracht worden sind, gelten auch für die unabhängigen Ansprüche gemäß beider Hilfsanträge.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.