T 0196/89 26-06-1990
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Transversal angeregter Gaslaser
inventive step - delimitation
erfinderische Tätigkeit (ja), nach Beschränkung
I. Die Beschwerdeführerin ist Anmelderin der europäischen Patentanmeldung 84 104 085.0 mit der Veröffentlichungsnummer 0 122 597.
II. Die Anmeldung wurde durch eine Entscheidung der Prüfungsabteilung 047 des Europäischen Patentamts zurückgewiesen. Der Entscheidung lag der ursprüngliche Anspruch 1 mit den am 8. August 1988 beantragten Änderungen zugrunde.
III. Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß dem Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf die Dokumente:
D1: EP-A-0 048 407; und D2: Journal of Applied Physics, Bd. 44, Nr. 9, Sept. 1973, Seiten 4125-4136 die aufgrund von Artikel 52 (1) und 56 EPÜ erforderliche erfinderische Tätigkeit fehle.
IV. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin Beschwerde eingelegt.
V. Es wurde mündlich verhandelt.
VI. Am Ende der mündlichen Verhandlung beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Ansprüche: 1 bis 9, überreicht in der mündlichen Verhandlung; Beschreibung: ursprüngliche Beschreibung, Seiten 1, 2 und 4 bis 7, sowie Seiten 3 und 3a, eingegangen am 8. August 1988 Zeichnung: ursprüngliche Zeichnung, Blatt 1/1.
VII. Der geltende unabhängige Patentanspruch lautet:
"1. Transversal angeregter Gaslaser, insbesondere TEA- Laser, enthaltend
1) eine langgestreckte, gasgefüllte Entladungskammer (1) mit a) zwei optischen Abschlußelementen, die sich an den beiden Kammerstirnseiten befinden und auf einer gemeinsamen Achse, der optischen Achse (2), liegen, b) zwei im Kammerinneren plazierte Elektroden, nämlich eine Hauptkathode (3) und eine Hauptanode (4), die sich längs der optischen Achse erstrecken, und zwar derart, daß diese Achse in dem Hauptentladungsraum zwischen der Hauptkathode und Hauptanode verläuft, c) mindestens zwei im Kammerinneren angeordneten Hilfselektroden (7 bis 10) die sich im Bereich mindestens einer der beiden offenen Seiten des Hauptentladungsraumes parallel zur optischen Achse erstrecken und jeweils aus einem von einem dielektrischen Mantel (11) umgebenen Leiter (12) bestehen;
2) eine Ansteuereinheit, mit der im Betrieb des Gaslasers a) die Hauptkathode und die Hauptanode auf derart unterschiedliche Potentiale gelegt werden, daß zwischen ihnen eine elektrische Entladung, die Hauptentladung, erfolgt, b) die Hilfselektroden auf derartige Potentiale gelegt werden, daß von ihnen eine das Gas des Hauptentladungsraumes vorionisierende Entladung ausgeht:
dadurch gekennzeichnet, daß
3) a) die Hilfselektroden, nämlich mindestens eine Hilfskathode (7, 8) und mindestens eine Hilfsanode (9 bzw. 10) einander derart angenähert sind und im Betrieb des Gaslasers auf voneinander derart verschiedene Potentiale gelegt werden, daß eine Koronaentladung zwischen diesen beiden Hilfselektroden stattfindet, b) die jeweils auf einer der beiden offenen Seiten des Hauptentladungsraumes befindlichen Hilfselektroden (7, 9, und 8, 10) einen gemeinsamen dielektrischen Mantel (16, 17) haben."
Anspruch 2 bis 9 sind von Anspruch 1 abhängig.
VIII. Zur Stützung ihres Antrages trug die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgende Argumente vor:
a) Der aus Dokument D2 bekannte Gaslaser weise beidseitig der Hauptentladungsstrecke in Richtung der optischen Achse eine Reihe voneinander beabstandeter quasi-punktförmiger Koronaentladungen (zwischen Rutilzylindern) auf und führe somit nur zu einer inhomogenen Vorionisierung der Hauptentladungs strecke. Hingegen erstrecke sich die gemäß Anspruch 1 erzielte Koronaentladung beidseitig der Hauptentladungsstrecke parallel und kontinuierlich zur optischen Achse, wodurch eine homogene Vorionisierung der Hauptentladungsstrecke erzielt werde, die die Einkopplung höherer Pumpenergie für eine hoch-energetische Laserstrahlung ermögliche.
b) Die Einhüllung der Hilfselektroden in einen gemeinsamen dielektrischen Mantel erlaube in Richtung der optischen Achse eine räumlich konstante Beabstandung der Hilfselektroden voneinander, wodurch längs der Hauptentladungsstrecke die Intensität der Koronaentladung vergleichmäßigt und auf diese Weise die Homogenität der Vorionisierung erhöht werde.
c) Der gemeinsame dielektrische Mantel vermeide ferner eine Koronaentladung in dem mit Dielektrikum ausgefüllten Raum direkt zwischen den Hilfselektroden, der für die Vorionisierung wenig effektiv ist. Die Beschränkung auf eine die Hauptentladungsstrecke gut ausleuchtende Form der Koronaentladung führe zu einer Herabsetzung der bei einem Sealed-off-Laser störenden Gaszersetzung.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Der Gegenstand der Patentansprüche geht nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Der geltende Anspruch 1 entspricht dem Inhalt der ursprünglichen Ansprüche 1 und 7, und die Ansprüche 2-9 den ursprünglichen Ansprüchen 2, 5 und 8-13. Die Änderungen der Beschreibung betreffen Anpassungen im Rahmen der Regel 27 (1c) EPÜ.
3. Neuheit
3.1. Aus dem durch den Recherchenbericht nachgewiesenen Stand der Technik ist kein Gaslaser bekannt, bei dem die die Vorionisierung der Hauptentladungsstrecke bewirkende Hilfskathode und die zugehörige Hilfsanode in einem gemeinsamen dielektrischen Mantel angeordnet sind.
3.2. Bei dem aus Dokument D1 bekannten Gaslaser, der die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 aufweist, sind die Hilfselektroden jeweils für sich einzeln von einem dielektrischen Mantel umgeben. Die Vorionisierung wird durch Funkenüberschläge zwischen Hilfsanode und Hauptkathode sowie zwischen Hilfskathode und Hauptanode erzielt; vgl. D1, Fig. 1 und 4.
3.3. Die im Gaslaser gemäß Dokument D2 eingesetzten Hilfskathoden und Hilfsanoden erstrecken sich nicht parallel zur optischen Achse sondern haben jeweils die Form sich koaxial und beabstandet gegenüberstehender, konisch zugespitzter Zylinder aus Rutil (Ti 02) deren Achsen senkrecht zur optischen Achse angeordnet sind. Jeweils 15 dieser Zylinderpaare, die je eine scheibenförmige Koronaentladung erzeugen, sind voneinander beabstandet beidseitig längs der Hauptentladungsstrecke angeordnet.
3.4. In dem aus dem Dokument "Optics Communications" Bd. 44, No. 2, 1982, Seiten 125-129, (D3) bekannten Gaslaser haben die vorionisierenden Hilfselektroden die Form zweier Glasplatten, die sich jeweils an zwei gegenüberliegende Seitenkanten der Hauptelektroden anschmiegen. Auf jede Glasplatte ist mit Perspex eine Kupferplatte geklebt. Zwischen einer der Hauptelektroden und den Kupferplatten wird eine hohe Feldstärke erzeugt, so daß entlang der Glasplatten eine Koronaentladung entsteht.
3.5. Die weiteren im Recherchenbericht oder in der Beschreibungseinleitung der Anmeldung genannten Dokumente kommen dem Gegenstand des Anspruchs 1 nicht näher.
3.6. Aus diesen Gründen ist der Gegenstand des Anspruchs 1 im Sinne von Artikel 54 EPÜ neu.
4. Erfinderische Tätigkeit.
4.1. Ausgehend von einem Stand der Technik gemäß Dokument D1 ergibt sich für den Anmeldungsgegenstand als objektive Aufgabe, einen Gaslaser mit einer den Hauptentladungsraum homogen vorionisierenden Hilfselektrodenanordnung auszustatten, die sich auch für einen Laser mit einer abgeschlossenen Entladungskammer (Sealed-off-Laser) eignet; vgl. die ursprüngliche Beschreibung Seite 2, Zeile 32, bis Seite 3, Zeile 16.
4.2. Diese Aufgabe wird durch die in kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 genannten Merkmale a) und b) gelöst. Die zwischen den Hilfselektroden brennende Koronaentladung gemäß Merkmal a) erhöht im wesentlichen die Eignung des Gaslasers für Sealed-off-Betrieb, da während der Vor- ionisierung im Gegensatz zu der im Laser gemäß Dokument D1 eingesetzten Funkenentladung zwischen jeweils einer Haupt- und Hilfselektrode das Hauptelektrodenmaterial nicht abgesputtert wird und die geringere Intensität einer Koronaentladung eine geringere Zersetzungsrate des eingeschlossenen Pumpgases nach sich zieht. Der gemeinsame dielektrische Mantel der Hilfselektroden gemäß Merkmal b) des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 trägt einmal zur Eignung für Sealed-off-Betrieb bei, da er die intensitätsproportionale Gaszersetzung derjenigen Volumenanteile der Koronaentladung ausschaltet, die einen schlechten Wirkungsgrad für die Vorionisierung haben. Zum anderen erhöht er die Homogenität der Vorionisierung, indem er durch die genaue Fixierung des Abstandes der Hilfselektroden voneinander die Intensität der Koronaentladung längs der optischen Achse vergleichmäßigt.
4.3. Nach Auffassung der Kammer wird die Lösung der objektiven Aufgabe durch Merkmal b) des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 aus den nachstehend genannten Gründen dem Fachmann durch den nachgewiesenen Stand der Technik nicht nahegelegt:
4.3.1. Gemäß Dokument D2 wird zur Vorionisierung der Hauptentladungsstrecke eines Gaslasers eine Koronaentladung jeweils im Zwischenraum zwischen zwei koaxial angeordneten Zylindern aus Rutil (Ti02) gezündet, was zu einer inhomogenen Vorionisierung führt.
4.3.2. Bei den Lasern gemäß Dokument D1 liegen sich eine gesondert dielektrisch ummantelte Hilfselektrode und eine metallene Hauptelektrode als Gegenpole gegenüber, zwischen denen eine vorionisierende Entladung gezündet wird, was zu einer, insbesondere bei sealed-off-Lasern störenden, Gaszersetzung führen kann.
4.3.3. Bei den aus den Dokumenten D3 bekannten Gaslasern weisen die Hilfselektroden zwar zur Hauptentladungsstrecke hin ein flächiges Dielektrikum auf. Dieses Dielektrikum ist aber von einer einzigen - d. h. auf ein und demselben Potential liegenden - Metallelektrode hinterlegt. Der Gegenpol der vorionisierenden Entladung wird vom freiliegenden Metall einer der Hauptelektroden gebildet, so daß die gleiche Zersetzungsgefahr wie beim Gegenstand des Dokuments D1 besteht.
4.3.4. Somit gibt der Stand der Technik dem Fachmann keinerlei Anregung, zwei auf unterschiedlichem Potential liegende Hilfselektroden im Inneren eines gemeinsamen dielektrischen Mantel anzuordnen. Vor allem aber legt der Stand der Technik dem Fachmann nach Auffassung der Kammer nicht nahe, mit Hilfe dieser gemeinsamen dielektrischen Ummantelung Volumenanteile einer Koronaentladung zu unterdrücken, deren UV-Emission den Raumbereich der Hauptentladungsstrecke weniger intensiv oder nur unvollständig ausleuchtet und die somit im geringeren Maße zur Vorionisation beitragen, um auf diese Weise unter Beibehaltung der für die Einkopplung hoher Pumpenergien notwendigen Vorionisierung die Pumpgaserzetzung weiter herabzusetzen.
4.4. Da auch den übrigen im Verfahren befindlichen Dokumenten kein Hinweis auf Gaszersetzung reduzierende Maßnahmen zu entnehmen ist, beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
5. Aus den vorstehend in Punkt 3.1 bis 4.4 angegebenen Gründen ist Patentanspruch 1 gemäß Artikel 52 (1) EPÜ gewährbar.
Die Patentansprüche 2 bis 9 sind auf besondere Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 1 gerichtet und deshalb ebenfalls gewährbar.
6. Da der einzige Zurückweisungsgrund, mangelnde erfinderische Tätigkeit, im Hinblick auf die nunmehr gültige Fassung der Ansprüche nicht gegeben ist, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückverwiesen mit der Auflage ein Patent wie beantragt zu erteilen.