T 0834/23 (Constantia/Verpackungslaminat) 18-02-2025
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RECYCELFREUNDLICHES VERPACKUNGSLAMINAT MIT VERBESSERTER WÄRMEBESTÄNDIGKEIT BEIM SIEGELN
Hilfsantrag 1a: Änderung des Vorbringens - Antrag zugelassen (ja)
Hilfsantrag 1a, 2a, 20a: Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Hilfsantrag 20b: Änderungen - zulässig (nein)
Hilfsantrag 20c: Erfinderische Tätigkeit - (ja)
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtete sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent in geänderter Form auf Basis des ersten Hilfsantrags aufrecht zu erhalten.
II. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent vollumfänglich zu widerrufen. Sie brachte unter anderem vor, der Gegenstand von Anspruch 11 des erstinstanzlich für gewährbar gehaltenen Antrags sei ausgehend von D2 (US 2014/0199505 Al) nicht erfinderisch (Artikel 56 EPÜ).
III. Mit der Beschwerdeerwiderung reichte die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin die Hilfsanträge 1a, 2, 2a, 20 und 20a ein.
IV. In einem weiteren Schriftsatz erhob die Beschwerdeführerin unter anderem einen von D2 ausgehenden Einwand unter Artikel 56 EPÜ gegen die Hilfsanträge.
V. Nach dem Erhalt der vorläufigen Meinung der Kammer reichte die Beschwerdegegnerin die neuen Hilfsanträge 1aa, 2aa und 20aa ein.
VI. Am 18. Februar 2025 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Im Verlauf der Verhandlung reichte die Beschwerdegegnerin neue Hilfsanträge 20b und 20c ein und zog den Hauptantrag, d.h. den erstinstanzlich für gewährbar erachteten Antrag, sowie die Hilfsanträge 1aa, 2, 2aa, 20 und 20aa zurück.
Die abschließenden Anträge waren wie folgt:
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den vollständigen Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang eines der Hilfsanträge 1a, 2a, 20a, 20b oder 20c.
VII. Die unabhängigen Ansprüche des nach der Rücknahme des Hauptantrags höchstrangigen Hilfsantrags 1a haben den folgenden Wortlaut:
"1. Verfahren zum Herstellen eines Verpackungslaminats (1) bei dem eine außen liegende Siegelschicht (2) mit einem Polyethylen-Anteil von zumindest 80 Vol% mit einer Substratschicht (4) mit einem Anteil von Polyethylen hoher Dichte (HDPE) von zumindest 60 Vol%, vorzugsweise zumindest 70 Vol% und ganz besonders vorzugsweise zumindest 80 Vol%, und mit einer Wärmestabilitätsschicht (6) verbunden wird, wobei die Wärmestabilitätsschicht (3) außen liegend, gegenüber der Siegelschicht (2) angeordnet wird und die Substratschicht (4) zwischen der Siegelschicht (2) und der Wärmestabilitätsschicht (3) angeordnet wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Wärmestabilitätsschicht (3) aus Ethylen-Vinylalkohol- Copolymer hergestellt wird und die Dicke der Wärmestabilitätsschicht (3) bis zu 10%, vorzugsweise bis zu 5%, der Gesamtdicke des Verpackungslaminats (1), aber maximal 10 mym, ausmacht."
"11. Verpackungslaminat mit einer außen liegenden Siegelschicht (2) mit einem Polyethylen-Anteil von zumindest 80 Vol%, die mit einer Substratschicht (4) mit einem Anteil von Polyethylen hoher Dichte (HDPE) von zumindest 60 Vol%, vorzugsweise zumindest 70 Vol% und ganz besonders vorzugsweise zumindest 80 Vol%, und mit einer Wärmestabilitätsschicht (3) verbunden ist, wobei die Wärmestabilitätsschicht (3) außen liegend, gegenüber der Siegelschicht (2) angeordnet ist und die Substratschicht (4) zwischen der Siegelschicht (2) und der Wärmestabilitätsschicht (3) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Wärmestabilitätsschicht (3) aus Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer hergestellt ist und die Dicke der Wärmestabilitätsschicht (3) bis zu 10%, vorzugsweise bis zu 5%, der Gesamtdicke des Verpackungslaminats (1), aber maximal 10mym, ausmacht."
1. Hilfsantrag 1a - Zulassung
1.1 Bis auf die Streichung des im Einspruchsverfahren in Anspruch 11 eingefügten Rückbezugs auf ein Verfahren der Ansprüche 1-10 entspricht Hilfsantrag 1a dem erstinstanzlich für gewährbar erachteten Hilfsantrag 1, der im Beschwerdeverfahren zurückgezogen wurde.
Die Streichung adressiert einen Einwand unter Regel 80 EPÜ, den die Einsprechende erstmalig mit Schreiben vom 28. November 2022 und damit zwei Tage vor Ende der Schriftsatzfrist unter Regel 116 EPÜ vorgebracht hatte, der aber nach Meinung der Einspruchsabteilung nicht durchgriff.
1.2 Der Antrag wurde erstmalig mit der Beschwerdeerwiderung eingereicht, so dass seine Zulassung gemäß Artikel 12(4) und (6) VOBK im Ermessen der Kammer liegt. Strittig zwischen den Parteien war, ob der Antrag im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen gewesen wäre, was zur Folge hätte, dass die strengen Zulassungskriterien nach Artikel 12(6) VOBK anzuwenden wären.
1.3 Die Kammer ist zu dem Schluss gelangt, dass der Antrag zweifelsohne schon im erstinstanzlichen Verfahren hätte vorgelegt werden können, aber nicht, dass der vorzubringen gewesen wäre.
Die Beschwerdeführerin hat selbst vorgebracht, dass unter den gegebenen Umständen der Antrag realistischerweise nicht vor Ablauf der Schriftsatzfrist hätte eingereicht werden können, aber dass er auch bei einem Einreichen nach deren Ablauf möglicherweise zugelassen geworden wäre, weil er eine Reaktion auf einen erst kurz vor Ablauf der Schriftsatzfrist vorgebrachten Einwand darstellt.
Die Kammer erkennt an, dass eine Konstellation wie die vorliegende einen Patentinhaber vor gewisse Schwierigkeiten stellt: Das späte Einreichen von Anspruchssätzen im Einspruchsverfahren - obgleich durch spät vorgebrachte Einwände bedingt - mag dazu führen, dass solche Anspruchssätze nicht (mehr) zugelassen werden, was zur Folge hätte, dass sie im Beschwerdeverfahren, wenn dort nochmals eingereicht, vermutlich erst recht nicht zugelassen werden. Denn hier wird oft nur noch geprüft, ob die Einspruchsabteilung ihr Ermessen bei der Nichtzulassung in vertretbarer Art und Weise ausgeübt hat. Legt der Patentinhaber hingegen aus diesen Erwägungen neue Anträge erst im Beschwerdeverfahren vor, so muss er mit dem Einwand rechnen, sie hätten bereits erstinstanzlich vorgelegt werden können und sollen. Es erscheint der Kammer jedenfalls im vorliegenden Falle für richtig, einem Patentinhaber das erstmalige Vorlegen von Anträgen im Beschwerdeverfahren dann nicht anzulasten, wenn sie einem im Einspruchsverfahren spät vorgebrachten Einwand Rechnung tragen und erstinstanzlich nicht mehr innerhalb der Frist von Regel 116 EPÜ hätten vorgelegt werden können und eine Einreichung in der mündlichen Verhandlung nicht geboten war.
1.4 Die Kammer stellt ferner fest, dass das Nichteinreichen von Hilfsantrag 1a den Ablauf des erstinstanzlichen Verfahrens nicht beeinflusst hat, denn das Verfahren wäre nicht anders abgelaufen, wenn der Antrag vorgelegen hätte. In einem solchen Fall kann nach dem Dafürhalten der Kammer nicht davon ausgegangen werden, dass er einzureichen gewesen wäre.
1.5 Die Beschwerdeführerin hat darauf hingewiesen, dass die Patentinhaberin nach Ablauf der Schriftsatzfrist, aber vor der mündlichen Verhandlung neue bzw. überarbeitete Hilfsanträge vorgelegt hat, so dass sie in gleicher Weise auch Hilfsantrag 1a hätte vorlegen können bzw. müssen. Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass aus dem Einreichen von Anträgen, die bestimmte Einwände adressieren, keine Verpflichtung erwächst, alle Einwände zu adressieren.
1.6 Es folgt, dass nicht Artikel 12(6) sondern Artikel 12(4) VOBK anzuwenden ist. Die Kammer ist zu dem Schluss gelangt, ihr Ermessen dahingehend auszuüben, den Antrag zuzulassen, denn er räumt nicht nur den Einwand unter Regel 80 EPÜ, sondern auch die damit zusammenhängenden Einwände unter Artikel 84 und 123(2) EPÜ aus, ohne neue Einwände aufzuwerfen.
1.7 Verschlechterungsverbot
Der Einwand der Beschwerdeführerin, der Antrag sei aufgrund des Verschlechterungsverbots (reformatio in peius) nicht zulässig, ist nicht überzeugend. Wie oben erwähnt, enthielt der für gewährbar erachtete Produktanspruch 11 einen Rückbezug auf ein Verfahren gemäß der Verfahrensansprüche 1-10, der im Hilfsantrag 1a nicht mehr enthalten ist. Dieser Rückbezug war jedoch aufgrund des vollkommen generischen Charakters der Verfahrensmerkmale in Anspruch 1 lediglich formal, nicht aber tatsächlich einschränkend, so dass die Einsprechende durch seine Streichung in der Sache nicht schlechter gestellt ist.
2. Hilfsantrag 1a - Erfinderische Tätigkeit
Die Erfindung betrifft ein Verpackungslaminat und ein Verfahren zu dessen Herstellung.
2.1 Die Kammer ist zu dem Schluss gekommen, dass D2 als Ausgangspunkt zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit in Frage kommt, denn das Dokument offenbart strukturell sehr ähnliche Filmlaminate, die darüber hinaus für eine Anwendung im Verpackungsbereich vorgesehen sind.
2.2 Die Beschwerdegegnerin hat vorgebracht, D2 offenbare kein "Verpackungslaminat" im Sinne von Anspruch 1 und sei somit ungeeignet als nächstliegender Stand der Technik. Der Begriff "Verpackungslaminat" sei so zu verstehen, dass das Laminat geeignet sein müsse für die Herstellung einer Verpackung. Dies sei bei den mehrschichtigen Barrierefilmen nach D2 nicht der Fall, denn diese würden nicht eigenständig zur Herstellung von Verpackungen verwendet, sondern auf Karton oder andere Substrate laminiert, wodurch erst die Verpackungslaminate gebildet würden, aus denen in einem nachgeordneten Schritt Verpackungen hergestellt würden. Die mehrschichtigen Filme der D2, wie zum Beispiel der in Absatz 0155 offenbarte, stellten somit keine Verpackungslaminate dar und würden in der D2 auch nicht als solche bezeichnet. Unabhängig davon, dass D2 nicht offenbare, dass die dort offenbarten mehrschichtigen Filme zur Herstellung von Verpackungen verwendet werden, seien diese für eine solche Verwendung aufgrund ihrer geringen Dicke und der im Falle einer eigenständigen Verwendung außenliegenden EVOH-Schicht auch nicht geeignet.
2.3 Dieses Vorbringen überzeugt jedoch nicht. Die Kammer stimmt der Beschwerdegegnerin zu, dass der Begriff "Verpackungslaminat" eine Zweckangabe enthält und dass nach der ständigen Rechtssprechung ein Produktanspruch mit einer Zweckangabe so auszulegen ist, dass er alle Produkte umfasst, die sich für den genannten Zweck eignen.
Es entspricht jedoch ebenfalls der gefestigten Rechtsprechung, dass ein Patentanspruch im Rahmen des technisch Sinnvollen breit auszulegen ist, so dass aus der o.g. Zweckangabe eben nur folgt, dass sich die Laminate für eine Anwendung im Verpackungsbereich eignen müssen. Weitergehende Einschränkungen, wie eine "eigenständige" Verwendung als Verpackung, werden durch die Zweckangabe jedoch nicht bewirkt. Auf dieser Basis ist die Kammer zu dem Schluss gelangt, dass die in D2 offenbarten Filme "Verpackungslaminate" im Sinne des Anspruchs darstellen. Die Verwendung der Laminate für die Herstellung einer Verpackung ist in dem Dokument explizit offenbart, wenn auch nur mittelbar nach der Laminierung auf eine Kartonschicht, aber der Anspruch schließt eine solche indirekte Verwendung nicht aus.
2.4 Was die geringe Dicke der Filme und die Position der EVOH-Schicht angeht, so stehen diese Merkmale der Filmlaminate der D2 der dort beschriebenen Verwendung offensichtlich nicht entgegen. Selbst was eine eigenständige Verwendung der Laminate zur Herstellung einer Verpackung (d.h. der Filme als solche, ohne Kartonschicht) angeht, ist eine mangelnde Eignung zur Herstellung einer Verpackung nicht gezeigt worden. Um sich als Verpackungslaminat zu eignen, muss ein Laminat nämlich nicht gleich gute Eigenschaften bezüglich der mechanischen Eigenschaften oder der Siegelbarkeit aufweisen wie herkömmliche, kommerziell erhältliche Laminate - es genügt, wenn es sich prinzipiell für diesen Zweck eignet, was bei den Filmen der D2 der Fall ist. Zumindest wurde das Gegenteil nicht bewiesen.
2.5 In diesem Zusammenhang ist es auch nicht relevant, dass D2 die mehrschichtigen Filme nicht als Laminate oder als Verpackungslaminate, sondern als Barrierefilme bezeichnet, denn technisch handelt es sich dennoch um mehrschichtige Filme und damit um Laminate für den Verpackungsbereich. Ein Anspruch ist nicht dadurch vom Stand der Technik abgegrenzt, dass er eine andere Nomenklatur verwendet, als der entgegengehaltene Stand der Technik. D2 ist somit ein geeigneter Ausgangspunkt zur Ermittlung der erfinderischen Tätigkeit.
2.6 Konkret offenbart D2, Absatz 0155 i.V. mit Figur 1a, ein Laminat mit der Schichtenfolge: PE-enthaltende Siegelschicht (lamination layer 15), PP-Substratschicht (core layer 11), Klebeschicht (tie layer 12) und EVOH-Schicht (barrier layer 13). Die Dicke der EVOH-Schicht liegt bei 0,6 mym und damit deutlich unter der beanspruchten Obergrenze von 10 mym. Ferner geht aus den Dicken der anderen Schichten hervor, dass die EVOH-Schicht deutlich weniger als 10% der Gesamtdicke des Laminats ausmacht. Dieses Laminat wird als Barriereschicht unter anderem in Kartonverpackungen, d.h. sogenannten Tetra Paks, als Ersatz für die Aluminiumfolie eingesetzt. Bis auf die Zusammensetzung von Siegel- und Substratschicht sind somit alle Merkmale des Anspruchs 11 offenbart.
2.7 Laut Absatz 0012 des Streitpatents löst die Erfindung die Aufgabe, ein recyclefreundliches Verpackungslaminat anzugeben, das eine verbesserte Wärmestabilität zum Siegeln aufweist. Diese Verbesserung kann jedoch nicht berücksichtigt werden, denn sie ist eine Folge der EVOH-Schicht, die das aus D2 bekannte Laminat ebenfalls aufweist.
2.8 Erstmals in der Eingabe vom 12. November 2024 sowie in der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdegegnerin auf die höhere Wärmeleitfähigkeit von HDPE gegenüber PP hingewiesen. Erfindungsgemäße Laminate mit einer HDPE-Substratschicht wiesen somit gegenüber den aus D2 bekannten Laminaten mit einer Substratschicht aus PP ein verbessertes Siegelverhalten auf, so dass die Aufgabe formuliert werden könne als die Bereitstellung eines alternativen Verpackungslaminates mit verbessertem Siegelverhalten, insbesondere verkürzten Siegelzeiten, ohne die Recyclierbarkeit zu verschlechtern.
2.9 Die Kammer geht zugunsten der Beschwerdegegnerin davon aus, dass der Effekt der verkürzten Siegelzeiten, der so im Streitpatent nicht offenbart wird, dennoch im Sinne des zweiten Leitsatzes der Entscheidung G 2/21 bei der Formulierung der Aufgabe verwendet werden kann. Jedoch kann aufgrund der offenen Anspruchsformulierung keine Aussage darüber getroffen werden, ob der Austausch von PP durch HDPE zu einer verbesserten Recyclierbarkeit führt, oder nicht. Die Aufgabe besteht somit darin, die Siegelzeiten zu verkürzen.
2.10 Als Lösung schlägt das Streitpatent ein Verpackungslaminat vor, dessen Substratschicht einen HDPE-Anteil von mindestens 60 Vol% und dessen Siegelschicht eine PE-Anteil von mindestens 80 Vol% aufweist.
Diese Lösung wird jedoch durch die Lehre der D2 nahegelegt. Laut Absatz 0030 in Verbindung mit Absatz 0064 kann die "core layer", d.h. die Substratschicht, zu 70-100 % aus PE bestehen, wobei HDPE explizit genannt wird. Da die Beschwerdegegnerin selbst vorgetragen und mit einem Lehrbuchauszug untermauert hat, dass es zum Fachwissen gehört, dass HDPE die Wärme besser leitet als PP, ist es naheliegend für die Fachperson, die Siegelzeiten durch den Austausch von PP durch HDPE zu verkürzen. Ferner ist es auch naheliegend, die Siegelschicht zu 100% aus PE auszubilden, denn ein solcher Gehalt wird in Absatz 0066 gelehrt. Diesen Absatz würde die Fachperson heranziehen, denn Absatz 0155 offenbart lediglich, dass die "lamination layer" PE enthält, ohne jedoch den Anteil anzugeben, so dass in dieser Hinsicht eine Informationslücke zu füllen ist, die Absatz 0066 schließt.
Somit beruht Anspruch 11 von Hilfsantrag 1a nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
3. Hilfsantrag 2a
3.1 Anspruch 7 dieses Antrags, mit Hervorhebungen im Vergleich zu Anspruch 11 von Hilfsantrag 1a, hat den folgenden Wortlaut:
"7. Verpackungslaminat mit einer außen liegenden Siegelschicht (2) mit einem Polyethylen-Anteil von zumindest 80 Vol%, die mit einer Substratschicht (4) mit einem Anteil van Polyethylen hoher Dichte (HDPE) von zumindest 60 Vol%, vorzugsweise zumindest 70 Vol% und ganz besonders vorzugsweise zumindest 80 Vol%, und mit einer Wärmestabilitätsschicht(3) verbunden ist, wobei die Wärmestabilitätsschicht (3) außen liegend, gegenüber der Siegelschicht (2) angeordnet ist und die Substratschicht (4) zwischen der Siegelschicht (2) und der Wärmestabilitätsschicht (3) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Wärmestabilitätsschicht (3) aus Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer hergestellt ist und die Dicke der Wärmestabilitätsschicht (3) bis zu 10%, vorzugsweise bis zu 5%, der Gesamtdicke des Verpackungslaminats (1), aber maximal 10 mym, ausmacht und dass die Substratschicht (4) und die Wärmestabilitätsschicht (3) coextrudiert sind und im Anschluss an das Coextrudieren mit der Siegelschicht (4) verbunden sind und dass die coextrudierte Substratschicht (4) und Wärmestabilitätsschicht (3) vor dem Verbinden mit der Siegelschicht (2) in Maschinenrichtung und/oder in Querrichtung gereckt sind."
3.2 Auch dieser Anspruch beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Eine Coextrusion, gefolgt von einem biaxialem Recken von Substratschicht (core layer) und Wärmestabilitätschicht (EVOH-Schicht) ist bereits in Absatz 0060 der D2 offenbart. Auch der in Absatz 0155 offenbarte Film wird als biaxial orientiert und damit als gereckt beschrieben. D2 offenbart nicht, dass der gereckte Film mit der Siegelschicht verbunden wird, denn das Dokument lässt offen, ob diese Schicht (lamination layer) ebenfalls coextrudiert und gereckt oder erst nachträglich aufgebracht wird.
3.3 Ein technischer Effekt, der durch diesen Unterschied bewirkt wird, wurde nicht vorgetragen, geschweige denn nachgewiesen. Die Ausführungen in Absatz 0038 des Streitpatents sowie auf Seite 27 der Eingabe vom 12. November 2024 beziehen sich auf das Recken der Substratschicht und EVOH-Schicht, und somit nicht auf unterscheidende Merkmale bzw. auf ein Recken der Barriereschicht und damit auf ein Merkmal, das der Anspruch gar nicht enthält.
3.4 Ohne einen durch das unterscheidende Merkmal bewirkten Effekt ist dieses Merkmal jedoch naheliegend, denn es ist aus dem Stand der Technik bekannt. So offenbart D7 das Auflaminieren einer ungereckten PE-Siegelschicht auf ein coextrudiertes Laminat (Absatz 0010, 0042, 0045, 0046). In Anbetracht der Tatsache, dass D2 es offen lässt, wie die Siegelschicht aufgebracht wird, siehe oben, würde die Fachperson eine aus dem Stand der Technik bekannte Möglichkeit wählen und so zum beanspruchten Gegenstand gelangen, ohne erfinderisch tätig werden zu müssen.
4. Hilfsantrag 20a
4.1 Die Ansprüche 7 und 11 dieses Antrags, mit Hervorhebungen im Vergleich zu den Ansprüchen 7 und 11 von Hilfsantrag 2a, haben den folgenden Wortlaut:
"7. Verpackungslaminat bestehend aus einer Siegelschicht (2), einer Substratschicht (4)
und einer Warmestabilitätsschicht (6), wobei [deleted: mit einer ]die außen liegende[deleted: n] Siegelschicht (2) mit einem Polyethylen-Anteil von zumindest 80 Vol%, die mit [deleted: einer] der Substratschicht (4) mit einem Anteil van Polyethylen hoher Dichte (HDPE) von zumindest 60 Vol%, vorzugsweise zumindest 70 Vol% und ganz besonders vorzugsweise zumindest 80 Vol%, und mit einer Wärmestabilitätsschicht(3) verbunden ist, wobei die Wärmestabilitätsschicht (3) außen liegend, gegenüber der Siegelschicht (2) angeordnet ist und die Substratschicht (4) zwischen der Siegelschicht (2) und der Wärmestabilitätsschicht (3) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Wärmestabilitätsschicht (3) aus Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer hergestellt ist und die Dicke der Wärmestabilitätsschicht (3) bis zu 10%, vorzugsweise bis zu 5%, der Gesamtdicke des Verpackungslaminats (1), aber maximal 10 mym, ausmacht und dass die Substratschicht (4) und die Wärmestabilitätsschicht (3) coextrudiert sind und im Anschluss an das Coextrudieren mit der Siegelschicht (4) verbunden sind und dass die coextrudierte Substratschicht (4) und Wärmestabilitätsschicht (3) vor dem Verbinden mit der Siegelschicht (2) in Maschinenrichtung und/oder in Querrichtung gereckt sind."
"11. Verpackungslaminat nach einem der Ansprüche 7-10, dadurch gekennzeichnet, dass zwischen der Substratschicht (4) und der Wärmestabilitätsschicht (3) eine Verbindungsschicht (5) angeordnet ist."
4.2 Anspruch 7 wurde somit auf ein Laminat eingeschränkt, das aus drei Schichten besteht, wobei das Laminat nach Anspruch 11 eine zusätzliche Verbindungsschicht zwischen der Substratschicht und der Wärmestabilitätsschicht aufweist.
4.3 Der Anspruchssatz ist aufgrund des Widerspruchs zwischen der abschließenden Formulierung "bestehend aus drei Schichten" in Anspruch 7 und dem Vorsehen einer weiteren Schicht in Anspruch 11 offensichtlich unklar. Legt man Anspruch 11 jedoch so aus, dass er auf ein vierschichtiges Laminat mit der Schichtenfolge EVOH-Schicht, Verbindungsschicht, Substratschicht und Siegelschicht gerichtet ist, ist der Antrag aus den gleichen Gründen nicht erfinderisch wie Hilfsantrag 2a, denn das in Absatz 0155 offenbarte Laminat weist ebenfalls eine solche Verbindungsschicht auf.
5. Hilfsantrag 20b
5.1 Anspruch 4 dieses Antrags entspricht bis auf einige Korrekturen bei den Bezugszeichen Anspruch 7 von Hilfsantrag 20a. Der Antrag enthält ferner einen zweiten unabhängigen Produktanspruch 5 mit dem folgenden Wortlaut:
"5. Verpackungslaminat bestehend aus einer Siegelschicht (2), einer Substratschicht (4), einer Barriereschicht (6) und einer Wärmestabilitätsschicht (6), wobei die außen liegende Siegelschicht (2) mit einem Polyethylen-Anteil von zumindest 80 Vol%, die mit der Substratschicht (4) mit einem Anteil von Polyethylen hoher Dichte (HDPE) von zumindest 60 Vol%, vorzugsweise zumindest 70 Vol% und ganz besonders vorzugsweise zumindest 80 Vol%, und mit der Wärmestabilitätsschicht (3) verbunden ist, wobei die Wärmestabilitätsschicht (3) außen liegend, gegenüber der Siegelschicht (2) angeordnet ist und die Substratschicht (4) zwischen der Siegelschicht (2) und der Wärmestabilitätsschicht (3) angeordnet ist und die Barriereschicht (6) aus Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer oder Polyamid zwischen der Siegelschicht (2) und der Substratschicht (4) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Wärmestabilitätsschicht (3) aus Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer hergestellt ist und die Dicke der Wärmestabilitätsschicht (3) und die Dicke der Barriereschicht (6) zusammen bis zu 10%, vorzugsweise bis zu 5%, der Gesamtdicke des Verpackungslaminats (1), aber maximal 10 mym ausmachen und dass die Barriereschicht (6), die Substratschicht (4) und die Wärmestabilitätsschicht (3) coextrudiert sind und im Anschluss an das Coextrudieren mit der Siegel-Schicht (4) verbunden sind und dass die coextrudierte Barriereschicht (6), Substratschicht (4) und Wärmestabilitätsschicht (3) vor dem Verbinden mit der Siegelschicht (2) in Maschinenrichtung und/oder in Querrichtung gereckt sind."
5.2 Artikel 123(2) EPÜ
Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Gegenstand von Anspruch 5 über die ursprüngliche Offenbarung hinausgeht. Die Beschwerdegegnerin hat auf Figur 3 in Verbindung mit Seite 7, Zeilen 18-20, verwiesen, aber die Figur zeigt ein fünflagiges Laminat, das nicht nur eine Barriereschicht, sondern auch eine zusätzliche Verbindungsschicht zwischen der Wärmestabilitätsschicht und der Substratschicht aufweist. Auch die Textpassage bezieht sich ausdrücklich auf das in dieser Figur dargestellte fünfschichtige Laminat. Die Angabe, dass "unabhängig von der Verbindungsschicht 5" eine Barriereschicht 6 vorhanden sein kann, stellt nach dem Dafürhalten der Kammer keine unmittelbare und eindeutige Offenbarung des Gegenstandes von Anspruch 5 dar.
6. Hilfsantrag 20c
Dieser Antrag entspricht Hilfsantrag 20b, wobei die Ansprüche 2 und 5 gestrichen sind. Die Ansprüche 1 und 3 entsprechen bis auf einige Korrekturen der Bezugszeichen den Ansprüchen 1 und 7 von Hilfsantrag 20a.
6.1 Artikel 123(2) EPÜ
Die Kammer ist zu dem Schluss gelangt, dass der Antrag das Erfordernis von Artikel 123(2) EPÜ erfüllt.
6.1.1 Anspruch 1 wird gestützt durch die ursprünglich eingereichten Ansprüche 1, 6 und 7, und Figur 1 mit Seite 4, Zeilen 13-15 und 18-19. Die Beschwerdeführerin hat darauf hingewiesen, dass die ursprüngliche Anmeldung auch offenbart, dass zumindest einige der gezeigten Schichten selbst mehrschichtig ausgebildet werden können, aber dies ändert nichts an der Tatsache, dass Figur 1 in Verbindung mit Seite 4, Zeilen 13-15 ein dreischichtiges Laminat offenbart.
6.1.2 Anspruch 3 wird durch die gleichen Passagen gestützt wie Anspruch 1. Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, die ursprünglich eingereichten abhängigen Ansprüche 6-7 seien lediglich auf Verfahrensanspruch 1, nicht aber auf Produktanspruch 11 rückbezogen, und somit in Zusammenhang mit diesem nicht offenbart. Dieser Einwand greift aufgrund des generischen Charakters von Anspruch 1 jedoch nicht durch, denn die oben genannten Passagen würden Anspruch 3 stützen, auch wenn ursprünglich kein Produktanspruch eingereicht worden wäre.
6.2 Artikel 84 EPÜ
Das Argument der Beschwerdeführerin, Anspruch 3 sei aufgrund der Verfahrensmerkmale unklar, ist nicht überzeugend, denn es ist absolut üblich in dem Gebiet, coextrudierte Filme als solche zu bezeichnen. Was das Recken der Schichten angeht, so verändert dieses die Polymerorientierung und ist somit im Produkt erkennbar. Anspruch 3 ist somit nicht unklar.
6.3 Erfinderische Tätigkeit
6.3.1 Das Vorhandensein von genau drei Schichten ist ein weiteres Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem aus Absatz 0155 der D2 bekannten Laminats, denn dieses weist zwischen der Substratschicht (core layer) und der EVOH-Schicht noch eine Verbindungsschicht auf.
6.3.2 Als Aufgabe kann angenommen werden, die Siegelzeiten zu verkürzen, wie zu Hilfsantrag 1a ausgeführt. Ferner wird bei diesem Antrag aufgrund der geschlossenen Anspruchsformulierung auch die Aufgabe gelöst, ein gut recyclebares Laminats zur Verfügung zu stellen.
6.3.3 Als Lösung dieser Aufgaben schlägt der Antrag ein Verpackungslaminat vor, das genau drei Schichten aufweist, dessen Substratschicht zu mindestens 60 Vol% aus HDPE besteht und dessen Siegelschicht mindestens 80 Vol% PE aufweist.
6.3.4 Die Kammer ist zu dem Schluss gekommen, dass nicht überzeugend gezeigt wurde, dass die Fachperson vor dem Hintergrund der zu lösenden Aufgaben in naheliegender Weise zum Gegenstand von Anspruch 1 gelangt.
Was die Teilaufgabe der Verkürzung der Siegelzeiten angeht, so gelten die zu Hilfsantrag 1a gemachten Ausführungen, so dass der Austausch der PP-Schicht durch eine HDPE-Schicht naheliegend ist. Das Weglassen der in Absatz 0155 beschriebene Verbindungsschicht ist jedoch nicht naheliegend, denn diese Schicht stellt die Bindung zwischen EVOH und Substratschicht sicher (Absatz 0035).
Auch vor dem Hintergrund der zweiten Teilaufgabe scheint das Weglassen dieser Schicht nicht naheliegend. Vielmehr hätte die Fachperson im Zusammenhang mit dem Einsatz von HDPE in der Substratschicht möglicherweise eine PE-basierte Verbindungsschicht eingesetzt, wie es in Absatz 0035 beschrieben ist, aber sie hätte diese Schicht nicht weggelassen. Was die Recyclierbarkeit angeht ist ferner festzustellen, dass die D2 nicht lehrt, dass EVOH in gewissen Anteilen die Recyclierbarkeit von PE nicht negativ beeinträchtigt, denn dies ist die Lehre des Streitpatents (Absatz 0013) und es wurde nicht nachgewiesen, dass dieses Wissen der Fachperson zum Prioritätszeitpunkt zur Verfügung stand.
6.3.5 Aus diesen Gründen ist die Kammer zu dem Schluss gelangt, dass nicht gezeigt wurde, dass die Fachperson ausgehend von D2 in naheliegender Weise zum Gegenstand von Hilfsantrag 20c gelangt. Somit erfüllt der beanspruchte Gegenstand die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Vorinstanz mit der Maßgabe
zurückverwiesen, das Patent in folgender Fassung
aufrechtzuerhalten: Ansprüche 1-4 von Hilfsantrag 20c,
eingereicht in der mündlichen Verhandlung, nebst einer
noch anzupassenden Beschreibung.