T 2053/20 31-07-2024
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MITTEL ZUM FÄRBEN VON KERATINISCHEN FASERN ENTHALTEND KATIONISCHE ANTHRACHINONFARBSTOFFE UND FETTSÄURETRIGLYCERIDE
Zulässigkeit der Beschwerde - Beschwerdegebühr rechtzeitig entrichtet (ja)
Zulässigkeit der Beschwerde - Beschwerde gilt als eingelegt
Neuheit - (nein)
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, festzustellen, dass das Patent EP 2 794 017 unter Artikel 101(3)(a) EPÜ in geänderter Form aufrechterhalten werden kann, und zwar auf Basis des dritten Hilfsantrags der Patentinhaberin.
II. Das Streitpatent beschäftigt sich mit Haarfärbemitteln, die direktziehende Anthrachinonfarbstoffe enthalten. Anspruch 1 des aufrechterhaltenen dritten Hilfsantrags hat folgenden Wortlaut:
"Mittel zum Färben und gegebenenfalls gleichzeitigen Aufhellen von keratinischen Fasern, insbesondere menschlichen Haaren, dadurch gekennzeichnet, dass es in einem kosmetischen Träger
(a) mindestens eine Verbindung der Formel (I)
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
worin
R1, R2, R3 |jeweils unabhängig voneinander für Wasserstoff, Halogen, eine Nitrogruppe, eine Cyanogruppe, eine Carboxylgruppe, eine Sulfonsäuregruppe, eine Hydroxygruppe, eine C1-C6-Acylaminogruppe, eine Carboxamidgruppe, eine Sulfonamidgruppe, eine C1-C6-Alkylgruppe, C1-C6-Alkoxygruppe, eine C2-C6-Alkenylgruppe, eine C2-C6-Hydroxyalkylgruppe oder eine C1-C6-Alkoxy-C2-C6-alkylgruppe stehen;|
R4, R5, R6 |jeweils unabhängig voneinander für eine C1-C6-Alkylgruppe, eine C2-C6-Alkenylgruppe, für eine C2-C6-Hydroxyalkylgruppe oder eine C1-C6-Alkoxy-C2-C6-alkylgruppe stehen; oder R4 und R5 bilden zusammen mit dem quartären Stickstoffatom, an das sie gebunden sind, einen 5-, 6- oder 7-gliedrigen Ring, der gegebenenfalls weitere Heteroatome enthalten kann und/oder weitere Substituenten tragen kann|
X, Y, Z |jeweils unabhängig voneinander für Wasserstoff, eine Hydroxygruppe oder eine Gruppe N(R7)(R8) stehen,worinR7 und R8 jeweils unabhängig voneinander für Wasserstoff, eine C1-C6-Alkylgruppe, eine C2-C6-Alkenylgruppe, für eine C2-C6-Hydroxyalkylgruppe oder eine C1-C6-Alkoxy-C2-C6-alkylgruppe stehen,unter der Maßgabe, dass mindestens einer der Reste X, Y, Z für eine Gruppe N(R7)(R8) steht,|
n |für eine Zahl von 2 bis 6 steht, |
A**(-)**( )|für ein physiologisch verträgliches Anion steht |
und
(b) mindestens ein Fettsäuretriglycerid enthält,
wobei das Mittel
- die Verbindung(en) gemäß Formel (I) in einem Anteil von 0,01 bis 1,0 Gew.-%, jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht des Mittels, enthält, und
- das oder die Fettsäuretriglyceride (b) in einem Anteil von 0,5 bis 5,0 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des Mittels, enthält."
III. Die Einspruchsabteilung stellte dabei insbesondere fest, dass die in diesem Anspruch definierten Haarfärbemittel neu seien gegenüber denen, die in
D2: WO 2012/089663
beschrieben sind.
IV. Die Beschwerdeschrift der Beschwerdeführerin datiert vom 18. Dezember 2020. Gleichzeitig wurde das EPA ermächtigt, die Beschwerdegebühr von ihrem laufenden Konto abzubuchen. In dem ebenfalls am 18. Dezember 2020 eingegangenen elektronischen Begleitschreiben wird hierzu ein automatischer Abbuchungsauftrag erteilt und auf die Regeln über das automatische Abbuchungsverfahren verwiesen.
V. Die Beschwerdegebühr wurde nicht abgebucht, da das automatische Abbuchungsverfahren (VAA) für die Zahlung der Beschwerdegebühr nicht zur Verfügung steht und eine Abbuchung vom laufenden Konto nach den geltenden Bestimmungen (VLK) ein elektronisches Format erforderte, das vorliegend nicht eingehalten wurde.
VI. In der fristgerecht eingegangenen Beschwerdebegründung brachte die Beschwerdeführerin insbesondere vor, die in D2 als Zusammensetzungen (A) bezeichneten Haarfärbemittel nähmen die aufrechterhaltenen Ansprüche neuheitsschädlich vorweg. Von der Beschwerdegegnerin wurde dies in ihrer Antwort bestritten.
VII. In einem Bescheid gemäß Regel 100(2) EPÜ machte die Kammer die Parteien darauf aufmerksam, dass die Beschwerdegebühr nicht bezahlt wurde. Sie stellte aber in Aussicht, dass auf der Grundlage des Vertrauensschutzes eine verspätete Zahlung akzeptiert werden könnte. Die Parteien wurden zur Stellungnahme aufgefordert.
VIII. Die Beschwerdegegnerin äußerte sich hierzu nicht. Die Beschwerdeführerin brachte vor, sie sei davon ausgegangen, dass der erteilte Abbuchungsauftrag ausgeführt worden sei, zumal entsprechende Aufträge in früheren Fällen keine Probleme bereitet hatten. Sie sei auch vom EPA nicht über die Nichtausführung informiert worden.
IX. Die Kammer lud die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung. In dem verfahrensleitenden Bescheid unter Artikel 15(1) VOBK wurden die in der Verhandlung zu besprechenden Themen, insbesondere auch die Neuheit gegenüber D2, analysiert.
X. Die mündliche Verhandlung fand am 31. Juli 2024 statt.
XI. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
XII. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
XIII. Die Entscheidung wurde am Ende der mündlichen Verhandlung verkündet.
1. Einreichung der Beschwerde (Artikel 108 EPÜ)
1.1 Gemäß Artikel 108 EPÜ ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung einzureichen. Dabei gilt die Beschwerde erst als eingereicht, wenn die Beschwerdegebühr entrichtet worden ist. Eine nicht fristgerechte Bezahlung der Beschwerdegebühr führt dazu, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gilt, G1 /18.
1.2 Die Einsprechende hat am 18. Dezember 2020 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig das EPA ermächtigt, die Beschwerdegebühr von ihrem laufenden Konto abzubuchen. In dem ebenfalls am 18. Dezember 2020 eingegangenen elektronischen Begleitschreiben wurde hierzu ein automatischer Abbuchungsauftrag erteilt und auf die Regeln über das automatische Abbuchungsverfahren verwiesen.
1.3 Die Regeln über das automatische Abbuchungsverfahren (VAA) sind in einem Anhang zu den Vorschriften über das laufende Konto (VLK) geregelt. Die zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung gültige Fassungen dieser Vorschriften findet sich in der Sonderausgabe 4/2019 des Amtsblatts, und zwar auf Seite 10ff. für die VLK, und auf Seite 22ff. für die VAA. Das automatische Abbuchungsverfahren steht nicht für alle Gebührenzahlungen zur Verfügung. Insbesondere ist das automatische Abbuchungsverfahren nur für Zahlungen des Anmelders oder Patentinhabers verfügbar (Ziffer 1.3 VAA 2019). In der Liste der nicht zugelassenen Gebührenarten finden sich "alle nicht vom Anmelder oder Patentinhaber zu entrichtenden Gebühren, insbesondere die Einspruchsgebühr" (Ziffer 3.2b).
1.4 Die Zahlung der Beschwerdegebühr über das automatische Abbuchungsverfahren vom laufenden Konto war daher für die Einsprechende nicht zulässig; die Gebühr wurde dem laufenden Konto der Einsprechenden nicht belastet.
1.5 In der Beschwerdeschrift selbst ermächtigte die Einsprechende das EPA, die Beschwerdegebühr von ihrem laufenden Konto abzubuchen, um den Erfordernissen des Artikels 108 EPÜ, zweiter Satz, zu genügen. In der Beschwerdeschrift selbst wurde nicht auf die Vorschriften über das automatische Abbuchungsverfahren (VAA), sondern nur auf eine Abbuchung vom laufenden Konto verwiesen.
1.6 Die oben angesprochenen Vorschriften über das laufende Konto (VLK) in der zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung geltenden Fassung bestimmen, dass Abbuchungsaufträge vom laufenden Konto mittels eines vorgeschriebenen elektronisch verarbeitbaren Formats zu tätigen sind (Ziffer 5.1.2), was vorliegend nicht gemacht wurde. Auf anderem Wege eingereichte Abbuchungsaufträge sind ungültig und werden nicht bearbeitet. Das EPA teilt dies dem Verfahrensbeteiligten als Serviceleistung mit (Ziffer 5.1.3). Für aus diesem Grund entstehende Fristversäumnisse wird lediglich auf die allgemein unter dem EPÜ verfügbaren Rechtsmittel verwiesen, Ziffer 5.4.2.
1.7 Da die Ermächtigung zur Abbuchung der Beschwerdegebühr in der Beschwerdeschrift nicht in der in den VLK vorgeschriebenen elektronischen Format erfolgte, wurde die Beschwerdegebühr auch nicht über diesen Weg abgebucht.
1.8 Im Ergebnis erfolgte keine Abbuchung der Beschwerdegebühr in der in Artikel 108 EPÜ vorgeschriebenen Frist von zwei Monaten. Eine eigentlich in den VLK als Serviceleistung vorgesehene diesbezügliche Mitteilung des EPA an die Beschwerdeführerin, wie oben angesprochen, erfolgte nicht.
1.9 Dieser Sachverhalt wurde den Parteien, insbesondere der Beschwerdeführerin, in einem von der Kammer am 21. September 2023 erlassenen Bescheid unter Regel 100(2) EPÜ mitgeteilt. In diesem Bescheid wurde eine viermonatige Frist zur Stellungnahme gesetzt.
1.10 Am 18. Januar 2024, d. h. innerhalb der im Bescheid gesetzten Frist, bezahlte die Beschwerdeführerin die Beschwerdegebühr formgerecht mit einem entsprechenden elektronischen Auftrag zur Abbuchung vom laufenden Konto. Die Beschwerdeführerin führte aus, die Fehlerhaftigkeit des ursprünglichen Verweises auf das automatische Abbuchungsverfahren bzw. des erteilten Abbuchungsauftrags vom laufenden Konto sei ihr erst mit dem Bescheid der Kammer bewusst geworden, da eine entsprechende Mitteilung des EPA unterblieben war. Aus diesem Grund sei ihr auch die Tatsache entgangen, dass die Beschwerdegebühr nicht vom laufenden Konto abgebucht und somit nicht bezahlt wurde. Dies sei nun aber in der von der Kammer gesetzten Frist nachgeholt worden, so dass die Beschwerdegebühr als zum 18. Dezember 2020 bezahlt angesehen werden müsse.
1.11 Die Beschwerdegegnerin hat zu diesem Thema weder Argumente vorgebracht noch Anträge gestellt.
1.12 Die Kammer kommt zu dem Schluss, dass die am 18. Januar 2024 vorgenommene Zahlung der Beschwerdegebühr mit Wirkung vom 18. Dezember 2020 erfolgt ist. Daher wurde die Beschwerdegebühr in der von Artikel 108 EPÜ vorgesehenen Zweimonatsfrist nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung bezahlt.
1.12.1 Es ist unstreitig, dass die Beschwerdeführerin in der Beschwerdeschrift vom 18. Dezember 2020 und dem entsprechenden Begleitschreiben ihre Absicht zum Ausdruck brachte, die Beschwerdegebühr zu bezahlen. Die dafür eingeschlagenen Wege, nämlich der automatische Abbuchungsauftrag einerseits und die nicht im korrekten elektronischen Format erteilte Einzugsermächtigung vom laufenden Konto andererseits waren unter den Bestimmungen der VLK und deren Anhängen zur Zahlung der Beschwerdegebühr nicht zulässig. Dies hätte der Beschwerdeführerin bei aufmerksamem Studium der VLK sicherlich auffallen können. Allerdings unterblieb die entsprechende, oben angesprochene, in den VLK eigentlich vorgesehene Mitteilung des EPA über die Nichtausführung der Zahlungsaufforderung. Eine solche Mitteilung hätte möglicherweise zur rechtzeitigen Zahlung der Beschwerdegebühr geführt, da die entsprechende Zweimonatsfrist erst am 7. Januar 2021, 19 Tage nach dem Eingang der Beschwerdeschrift, ablief.
1.12.2 Überdies hat das EPA in früheren Fällen der Beschwerdeführerin eine Zahlung von Gebühren unter Berufung auf das automatische Abbuchungsverfahren auch in Situationen kommentarlos akzeptiert und die Beschwerdegebühr vom laufendem Konto der Beschwerdeführerin abgebucht, in denen diese als Einsprechende auftrat, obwohl dies nicht den geltenden Regularien entsprach. Eine entsprechende Änderung der Praxis des EPA wurde der Beschwerdeführerin ebenso wenig zur Kenntnis gebracht.
1.12.3 Die Kammer gewährt daher der Einsprechenden Vertrauensschutz (Rechtsprechung EPA, 10. Auflage 2022, III.A). In Abwesenheit einer gegenteiligen Mitteilung des EPA konnte die Beschwerdeführerin unter den gegebenen Umständen davon ausgehen, dass ihre am 18. Dezember 2020 gemachten Zahlungsanweisungen zur Abbuchung der Beschwerdegebühr akzeptiert und ausgeführt worden waren. Dass dem nicht so war, gelangte ihr erst mit dem Bescheid der Kammer vom 21. September 2023 zur Kenntnis. Die Zahlung der Beschwerdegebühr erfolgte daraufhin innerhalb der von der Kammer gesetzten Frist.
1.13 Die Beschwerde wurde daher unter Artikel 108 EPÜ form-und fristgerecht eingelegt.
2. Die Beschwerde ist auch insgesamt zulässig. Weitere Hindernisse, die neben der nicht rechtzeitigen Zahlung der Beschwerdegebühr unter Regel 101 EPÜ zur Nichtzulassung der Beschwerde führen könnten, wurden weder von Seiten der Beschwerdegegnerin noch von Seiten der Kammer angeführt.
3. Neuheit (Artikel 54(3) EPÜ)
3.1 D2 ist eine internationale Patentanmeldung unter dem PCT, die gemäß Artikel 54(3) EPÜ in Verbindung mit Artikel 153(3) und Regel 165 EPÜ Stand der Technik darstellt, der bei der Prüfung der Neuheit zu berücksichtigen ist. Dies war unstrittig.
3.2 D2 offenbart Haarfärbemittel, die aus zwei Teilen A und B gemischt werden. Dabei enthält Teil A einen direktziehenden Anthrachinonfarbstoff und Teil B ein Oxidationsmittel, siehe Anspruch 1. Außerdem können noch natürliche Öle enthalten sein, siehe Seite 22 der Beschreibung.
3.3 Die Einspruchsabteilung hat dem vorliegenden Anspruch 1 Neuheit im wesentlichen mit der Begründung zuerkannt, dass nach dem Vermischen der Teile A und B in Bezug auf die Konzentrationsbereiche der Anthrachinonfarbstoffe eine D2 nicht zu entnehmende Auswahl zu treffen wäre, siehe Punkt 16.3 der Entscheidung.
3.4 Die Beschwerdeführerin brachte hingegen vor, die Zusammensetzungen A alleine seien bereits neuheitsschädlich. Insbesondere liege in den Zusammensetzungen A die Konzentration der Anthrachinonfarbstoffe im beanspruchten Bereich von 0,01 bis 1,0 Gew.-%. Der auf Seite 6 angegebene bevorzugte Konzentrationsbereich von 0,01 bis 3 Gew.-% überlappe mit diesem und alle Beispielzusammensetzungen zeigten mit 0,5 Gew.-% eine anspruchsgemäße Konzentration. Des weiteren enthielte die Zusammensetzung A natürliche Öle in beanspruchter Konzentration, wie im vorletzten Absatz auf Seite 22 angegeben. Alle Anspruchsmerkmale seien daher in D2 in Kombination offenbart. Die von der Einspruchsabteilung erkannte Unsicherheit in Bezug auf Konzentrationsangaben von Anthrachinonen nach dem Mischen der Zusammensetzungen A und B sei daher unerheblich.
3.5 Die Beschwerdegegnerin machte hingegen geltend, selbst ausgehend von den Zusammensetzungen A alleine könnten anspruchsgemäße Zusammensetzungen nur durch mehrere Auswahlschritte erreicht werden, die in D2 so nicht vorbeschrieben seien. Insbesondere sei bereits eine Auswahl der im Anspruch definierten Farbstoffe (I) nötig, da verschiedene der in D2 beschriebenen Anthrachinone nicht unter die im Anspruch definierte Formel fielen. Des weiteren sei auch nicht klar, ob die beschriebenen Öle, falls überhaupt vorhanden, in der Zusammensetzung A oder B vorlägen. Überdies bestünden die beschriebenen natürlichen Öle nicht zu 100% aus Triglyceriden, so dass die Konzentrationsangaben auf Seite 22 der D2, insbesondere der bevorzugte Bereich von maximal 0,5 Gew.-%, nicht mehr in den beanspruchten Bereich fielen. Insgesamt enthielte D2 keine Offenbarung von Zusammensetzungen, die die beanspruchten Anthrachinone (I) und Triglyceride in den beanspruchten Konzentrationen enthielten.
3.6 Die Kammer hält das Vorbringen der Beschwerdeführerin für überzeugend.
3.6.1 Die Zusammensetzungen A der D2 sind auch ohne der oxidativen Komponente B Haarfärbemittel gemäß des vorliegenden Anspruchs, da dort das Aufhellen (entsprechend Komponente B der D2) nur als optionales Merkmal definiert ist. Dies wurde von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten. Es wurde allerdings bestritten, dass die Zusammensetzungen A die übrigen Anspruchsmerkmale erfüllen.
3.6.2 Die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten Auswahlschritte bezüglich Art und Konzentration der Anthrachinonfarbstoffe (I) sind in D2 bereits beschrieben.
Zwar ist es richtig, dass einige der in Anspruch 1 der D2 definierten Verbindungen (Ia) bis (Iz) nicht unter Formel (I) des vorliegenden Anspruchs fallen. Unabhängig von der Frage, ob die Definition einer generischen Formel (I), die eine Auswahl von in D2 offenbarten Einzelverbindungen umfasst, in Kombination mit anderen Merkmalen neuheitsbegründend sein kann, ist jedenfalls die in Anspruch 2 bevorzugt definierte Verbindung (Ia) anspruchsgemäß.
Der in Anspruch 1 für die Anthrachinone definierte Konzentrationsbereich überlappt mit dem auf Seite 6 der D2 angegebenen und ist zudem in allen Ausführungsbeispielen der D2 verwirklicht. Ein Merkmal, das innerhalb der generischen Offenbarung der D2 liegt und in allen Ausführungsbeispielen verwirklicht ist, ist aus D2 nicht erst nach Durchführung eines Auswahlschritts zugänglich.
Art und Konzentration der Anthrachinone wie im Anspruch definiert sind daher in D2 bereits als bevorzugte Merkmale beschrieben.
3.6.3 Natürliche Öle sind in D2 ein optionaler Zusatzstoff. Falls diese vorhanden sind, befinden sie sich in der Komponente A. Dies ergibt sich aus dem vorletzten Absatz auf Seite 22, wo Konzentrationsangaben der Öle gemacht werden, und zwar "prior to mixing with oxidizing composition". Die Angaben beziehen sich demnach auf Komponente A, bevor sie mit Komponente B gemischt wird, auch wenn die vorhergehende Angabe "calculated to total each composition" etwas verwirrend sein mag.
Die im Anspruch definierten Angaben für die Konzentration der Triglyceride (0,5 bis 5,0 Gew.-%) werden von den in diesem Absatz beschriebenen Bereichen ("0,01 to 2.5%, preferably 0.01 to 1%, more preferably 0,05 to 0,5% by weight") vorweggenommen. Auch wenn natürliche Öle, wie von der Beschwerdegegnerin eingewandt,nicht immer zu 100% aus Triglyceriden bestehen sollten, so sind doch die in D2 genannten (Olivenöl, Mandelöl, Avocadoöl, Weizenkeimöl und Rizinusöl) Triglyceride.
3.6.4 Der einzige Auswahlschritt, um von der Offenbarung der Zusammensetzungen A der D2 zu den beanspruchten Zusammensetzungen zu kommen, besteht in der Anwesenheit der dort als optional genannten natürlichen Öle. Die Auswahl eines im Stand der Technik als möglich genannten Merkmals kann den beanspruchten Zusammensetzungen keine Neuheit verleihen.
4. Anspruch 1 des einzigen Antrags der Beschwerdegegnerin ist nicht gewährbar, da die dort beanspruchten Zusammensetzungen bereits in D2 beschrieben sind.
Daher ist das Patent unter Artikel 101(3)(b) EPÜ zu widerrufen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Das Patent wird widerrufen.