VERWALTUNGSRAT
Berichte über Tagungen des Verwaltungsrats
Bericht über die 69. Tagung des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation in Den Haag (2. bis 5. Dezember 1997)
Der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation hielt seine 69. Tagung vom 2. bis 5. Dezember 1997 unter dem Vorsitz von Herrn Sean FITZPATRICK (IE) in Den Haag ab.
Der Präsident des Amts, Herr Ingo KOBER, erstattete Bericht über die Tätigkeit des Amts im Jahr 1997.
Bezüglich der Anmeldetätigkeit stellte der Präsident des Amts fest, daß die Zahl der 1997 eingereichten Anmeldungen rund 96 000 betragen wird. Davon entfallen 43 700 auf europäische Direktanmeldungen und 52 300 auf Euro-PCT-Anmeldungen. Der Anteil der Euro-PCT-Anmeldungen nähert sich einem Wert von 55 % und liegt damit leicht über den prognostizierten 53 %. Rund 27 500 Euro-PCT-Anmeldungen werden in die regionale Phase eingetreten sein, etwa 5 % mehr als veranschlagt.
Die Zahl der Recherchenanträge dürfte Ende 1997 bei 106 500 liegen. Die Zahl der Prüfungsanträge ist um 4 % auf rund 80 000 gestiegen, während die Anträge auf internationale vorläufige Prüfung nach Kapitel II PCT die Prognosen sogar um 14 % übertreffen. Dagegen ist die Zahl der Einsprüche weiter gesunken; sie bleibt um etwa 10 % hinter den Annahmen zurück. Bei den technischen Beschwerden, die sich auf etwa 1 250 belaufen dürften, ist ein Plus von 1,5 % gegenüber den Voranschlägen zu verzeichnen.
Hinsichtlich der Leistungsergebnisse berichtete der Präsident des Amts, daß im Bereich der Recherche 1997 eine Nettokapazität von 730 Prüfern zur Verfügung stand und daß das Leistungsziel der GD 1, das unter Zugrundelegung der genannten Kapazität auf 86 300 revidiert worden war, bis zum Jahresende erreicht werden dürfte. Darüber hinaus wurden für das EPA 1 500 Recherchen von nationalen Ämtern durchgeführt, weitere 4 900 gingen im Rahmen des BEST-Projekts auf das Konto der GD 2.
In der Sachprüfung belief sich die Nettokapazität 1997 auf 713 Prüfer. In diesem Bereich wird das revidierte Leistungsziel von 60 850 äquivalenten Prüfungen in der GD 2 leicht übertroffen. Weitere 8 000 äquivalente Prüfungen werden im Zuge des BEST-Projekts in der GD 1 durchgeführt.
Die Zahl der erledigten Beschwerden ist trotz eines geringfügigen Rückgangs der verfügbaren Personalkapazität (knapp unter 46 Mannjahre) um 9 % angestiegen. Die Zahl der erledigten Fälle bleibt aber mit rund 950 hinter derjenigen der eingelegten Beschwerden zurück.
Trotz dieser erfreulichen Produktionszahlen sind die Rückstände auch 1997 weiter gewachsen. In der Recherche wird sich der Rückstand - bedingt durch das höhere nmeldeaufkommen - zum Jahresende auf 25 000 belaufen. Der zunehmende Anteil an PCT-Arbeiten, die wegen der strikten Fristen vorrangig zu erledigen sind, hat sich besonders nachteilig auf die Lage bei den EP-Recherchen ausgewirkt. Hier wird der Rückstand Ende des Jahres auf 21 000 Akten beziffert. Zum Vergleich: Ende 1996 waren es 11 500. Die Folge ist, daß bei rund 35 % der europäischen Anmeldungen die Recherche nicht innerhalb von 6 Monaten nach der Veröffentlichung durchgeführt werden kann; dies bedeutet einen Anstieg um 25 % gegenüber dem Vorjahr. Im Bereich der Sachprüfung wird am Jahresende mit einem Rückstand von 37 500 Erstbescheiden eine leichte Zunahme gegenüber dem Vorjahresstand von 35 400 zu verzeichnen sein. Der Rückstand bei den Beschwerden hat sich ebenfalls leicht erhöht und zwar auf etwa 1 500 gegenüber 1 330 Ende letzten Jahres.
Aufgrund ihrer zunehmenden Arbeitsbelastung ist die GD 1 genötigt, nach alternativen Methoden zur Ergänzung der bestehenden Verfahren zur Prognostizierung des Gesamtarbeitsanfalls Ausschau zu halten. Die Direktion "Qualität und Planung" hat ein neues Konzept erarbeitet, das auf der Entwicklung der Zahl der Recherchenanträge in den einzelnen IPK-Unterklassen in den letzten beiden Jahren basiert. Damit läßt sich die künftige Zunahme des Arbeitsaufkommens schätzen, indem die zu den einzelnen IPK-Unterklassen verfügbaren Daten für alle Kombinationsmöglichkeiten von Direktionen, Clustern, gewerblichen Gebieten oder Gebieten der Technik hochgerechnet werden.
Die Untersuchung darüber, wie die Zusammensetzung von Recherchenclustern schrittweise angepaßt werden kann, um in den Direktionen, die auf verwandten oder denselben technischen oder gewerblichen Gebieten arbeiten, mehr Einheitlichkeit und sachliche Kohärenz zu gewährleisten, ist mittlerweile abgeschlossen. Die strukturellen Änderungen sollen ab dem nächsten Jahr nach und nach eingeführt werden.
Vor kurzem wurde die Nutzung der elektronischen Hilfsmittel in ihren Auswirkungen untersucht; dazu wurden 6 000 Recherchen analysiert und die Ergebnisse mit den einschlägigen Untersuchungen aus den Vorjahren verglichen. Die Statistiken waren sehr aufschlußreich. So wurden vor zwei Jahren 32 % der in den Recherchenberichten als nächstliegendes Dokument angeführten Fundstellen online ermittelt. Dieser Anteil ist mittlerweile auf 45 % angestiegen, so daß damit zu rechnen ist, daß 1998 die 50%-Marke überschritten wird: Dann hätten die elektronischen Rechercheninstrumente das Papier als wichtigstes Recherchenhilfsmittel überholt.
Auf den verschiedenen Gebieten der Technik sind die Ergebnisse nach wie vor unterschiedlich. Bei der Chemie und der Physik/Elektrotechnik liegt der Anteil bei 57 % bzw. 55 % (gegenüber 47 % bzw. 40 % vor zwei Jahren). Auf dem Gebiet der Mechanik, das traditionell als schwieriges Gebiet für die Online-Recherche gilt, war allerdings die stärkste Zunahme zu verzeichnen. Während 1995 nur 19 % der nächstliegenden Dokumente online gefunden wurden, ist ihr Anteil in diesem Jahr auf 31 % hochgeschnellt.
Für diese Entwicklung sind drei Gründe maßgebend. Zum einen haben die Prüfer im Rahmen des Lernprozesses Erfahrungen gewonnen und ausgetauscht. Zum anderen können Zeichnungen mit dem EPOQUE-Viewer gesichtet werden, was in Verbindung mit
der laufenden Erweiterung um ältere Dokumente dazu geführt hat, daß die elektronische Dokumentation umfangreicher geworden ist und die elektronischen Recherchen gründlicher durchgeführt werden können. Drittens können die Prüfer dank DOCTOOL Klassifikationen, Indexsymbole und Schlagwörter hinzufügen bzw. aktualisieren, so daß EPODOC dynamisch an ihre neuesten Recherchenstrategien angepaßt wird. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß neu eingestellte Prüfer in der GD 1 und Prüfer, die im Rahmen von BEST in der GD 2 Recherchentätigkeiten aufnehmen, ausschließlich in die elektronischen Arbeitsverfahren eingewiesen werden.
Die Hauptdirektion Dokumentation hat sich an die veränderten Arbeitsverfahren der Prüfer angepaßt, indem sie den Schwerpunkt auf die Beschaffung von Dokumentation in elektronischer Form legte, wodurch oftmals die entsprechende Papierdokumentation ganz überflüssig wurde. Dadurch war es möglich, seltener benutzte Teile der Papierdokumentation in weniger zentral gelegene Räume zu verlegen.
Die in den Recherchenberichten angeführten Dokumente werden mittlerweile zentral ausgedruckt, und in den nächsten Monaten wird auch das System für den zentralen Druck von Recherchenberichten (CPS) betriebsbereit sein. Wenn die im Recherchenbericht angeführten Dokumente und die übrigen Unterlagen, die den Anmeldern zugehen, zentral in einem Gang gedruckt werden, kann die gesamte Recherchenakte direkt von der Druckerei an die Poststelle übermittelt werden, was zu einem rascheren Service bei geringeren Kosten führt.
In der GD 2 waren deutliche Zuwächse bei den Anträgen auf Übertragung von Rechten und den Namensänderungen zu verzeichnen. Diese Entwicklung ist vermutlich auf die zunehmende Globalisierung der Industrie und die daraus resultierende Umstrukturierung von Unternehmen zurückzuführen.
Im letzten Quartal dieses Jahres wurde das EDV-System aufgerüstet, das vom Unterstützungspersonal bei der Bearbeitung von Anträgen auf internationale vorläufige Prüfung nach Kapitel II PCT verwendet wird. Dieses unter der Bezeichnung PIPS bekannte System dürfte einen weiteren Produktivitätszuwachs sowie größere Flexibilität und Effizienz der in diesem Bereich tätigen Bediensteten ermöglichen.
Außerdem wurde für die Prüfer mit CASEX 2 ein neues System für das Ausfüllen von Formblättern und zur Textverarbeitung entwickelt. Bis zum Jahresende wird es weitgehend eingeführt sein.
Im Laufe des Jahres 1997 wurden der Großen Beschwerdekammer vier Rechtsfragen vorgelegt. Der erste Fall betraf die Frage, welche verwaltungsmäßige oder gerichtliche Behandlung Anträge erfahren sollen, die auf die Überprüfung einer Entscheidung einer Beschwerdekammer abzielen. Die zweite Sache bezog sich auf die Auslegung des Grundsatzes von Treu und Glauben, und zwei weitere betrafen die Zulässigkeit des Einspruchs eines sogenannten "Strohmanns". In einer weiteren Vorlage einer Beschwerdekammer an die Große Beschwerdekammer ging es um die Auslegung des Artikels 53 b) EPÜ in bezug auf Pflanzensorten.
Die Veröffentlichung mit dem Titel "Durchführungsvorschriften zum Europäischen Patentübereinkommen" wurde überarbeitet, aktualisiert und im Juli 1997 neu aufgelegt. Sie umfaßt die wichtigsten Beschlüsse des Verwaltungsrats, die Beschlüsse und Mitteilungen des Präsidenten des Amts, die Vereinbarungen zwischen dem EPA und nationalen Ämtern sowie der WIPO seit 1977 sowie Hinweise auf wichtige Vordrucke des EPA in den drei Amtssprachen. Erstmals enthält der letzte Teil dieser Veröffentlichung auch die Rechtsauskünfte des EPA. Die CD-ROM ESPACE-LEGAL wurde in diesem Jahr zweimal aktualisiert. Nächstes Jahr wird die CD-ROM die entsprechende Mikrofiche-Reihe ablösen, deren Produktion eingestellt wird.
Eine Reihe niederländischer und belgischer Richter haben den Beschwerdekammern im Herbst 1997 einen zweitägigen Besuch abgestattet. Dieser Besuch bot eine ausgezeichnete Gelegenheit zum Meinungs- und Erfahrungsaustausch im Hinblick auf eine Harmonisierung der Rechtsprechung.
Im November fand zum sechsten Mal ein Treffen zwischen Mitgliedern der Beschwerdekammern und Mitgliedern von epi und UNICE statt. Dabei wurden unter anderem die Auslegung von Patentansprüchen gemäß Artikel 69 EPÜ, die Behandlung der Wiedereinsetzung und die Abfassung von Patentansprüchen auf dem Gebiet der Biotechnologie behandelt.
Der Präsident des Amts wandte sich dann den Rechtsfragen zu und erklärte, daß die Umsetzung der im Dezember 1996 verabschiedeten Gebührenreform mittlerweile abgeschlossen ist. Die Senkung der Verfahrensgebühren und die Verschiebung des Zahlungszeitpunkts für die Benennungsgebühren wurden in Benutzerkreisen übereinstimmend begrüßt.
Im Zuge der Reform mußten einige amtliche Veröffentlichungen des EPA geringfügig geändert werden. So werden nunmehr bei der Veröffentlichung einer Patentanmeldung im Europäischen Patentblatt und in der veröffentlichten Anmeldung selbst (der A-Schrift) alle Vertragsstaaten als benannt angegeben. Nach Ablauf der entsprechenden Fristen, d. h. etwa 7 Monate nach Veröffentlichung des Recherchenberichts, wird dann im europäischen Patentregister bekanntgegeben, für welche Staaten die Benennungsgebühr tatsächlich fristgerecht entrichtet wurde. Diese werden auch in Abschnitt I.5 des Patentblatts in Form einer "Positivliste" angegeben. Diese Änderungen sollen gewährleisten, daß die Öffentlichkeit auch künftig zuverlässig über den Stand der Benennungen in europäischen Patentanmeldungen unterrichtet ist. Einzelheiten zu den genannten Änderungen wurden im Amtsblatt und in einer Beilage zum Patentblatt bekanntgegeben.
Immer vehementer wird in Industrie- und Erfinderkreisen eine Senkung der Übersetzungs- und Validierungskosten im europäischen Patentwesen gefordert. Namhafte Vertreter der europäischen Industrie und die zugehörigen Verbände verlangen den Wegfall sämtlicher Übersetzungserfordernisse, eine überwältigende Mehrheit der Anmelder dringt darauf, daß bei den Übersetzungen Abstriche gemacht werden. Diesem Anliegen haben sich auch Vertreter des Mittelstands und Gruppierungen von Einzelerfindern angeschlossen.
Den vorläufigen Ergebnissen einer Befragung von 3 500 europäischen Anmeldern durch Dr. Suchy zufolge sind rund 85 % der Befragten dafür, die Übersetzung europäischer Patente gänzlich abzuschaffen und durch eine verbesserte Zusammenfassung der Anmeldung in englischer Sprache zu ersetzen. Auch wenn die Benutzer den Vorschlag des Amts, die sog. Paketlösung, massiv unterstützen, zeigt dieses Ergebnis doch, warum sie vielen noch nicht weit genug geht.
Auf Initiative der Anmelderschaft bietet das Amt nunmehr Anmeldern und Vertretern die Möglichkeit, Anhörungen und mündliche Verhandlungen im Rahmen des europäischen Erteilungsverfahrens in Form von Videokonferenzen durchzuführen. Die Anwender können sich somit kostspielige und zeitaufwendige Reisen nach Den Haag oder München sparen; dies werden insbesondere diejenigen zu schätzen wissen, die aus den entlegeneren Teilen des Kontinents anreisen müßten. Bedingung ist lediglich, daß der Anmelder die Kosten der Videoverbindung trägt und auf das Recht auf weitere mündliche Verhandlungen verzichtet. Für die Benutzung der Videoanlage wird keine gesonderte Gebühr in Rechnung gestellt. Sollte das neue System auf breites Interesse der Benutzer stoßen, so wird das EPA in Erwägung ziehen, es auch auf andere Teile des EP- oder sogar des PCT-Verfahrens auszudehnen.
Die Zahl der zur europäischen Eignungsprüfung angemeldeten Bewerber hat auch 1997 wieder zugenommen; erstmals wurde die Schwelle von 1 000 Anmeldungen überschritten. 950 Bewerber haben die Prüfung abgelegt, fast 10 % mehr als 1996.
Der Prozentsatz der Bewerber, die die Prüfung im ersten Anlauf bestanden haben, war relativ gering. Im Vorjahr war es hier zu einer leichten Besserung gekommen, 1997 sank der Anteil jedoch auf 34 %. Eindeutige Schlußfolgerungen sind auch diesmal schwierig, weil es für diesen Abwärtstrend die unterschiedlichsten Gründe geben kann. Erfreulich ist dagegen die Beobachtung, daß unter den besonders aktiven europäischen Patentvertretern (die mehr als 10 Anmeldungen pro Jahr bearbeiten) der Anteil derjenigen, die die europäische Eignungsprüfung bestanden haben, kontinuierlich zunimmt. Dies zeigt, daß neue Patentvertreter nach bestandener Prüfung absolut in der Lage sind, sich im Wettbewerb zu behaupten.
Die Eintragungen in der Liste der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter dürften sich Ende 1997 auf 5 800 belaufen.
Zum Thema Beziehungen zur Europäischen Kommission berichtete der Präsident vor allem, daß er der Einladung zu einem Gespräch mit der Kommissarin Edith Cresson Mitte Oktober gefolgt sei. Frau Cresson versicherte erneut, daß die Kommission dem Lösungsvorschlag des Amts zur Sprachenfrage großes Interesse entgegenbringe. Die Europäische Kommission ist der festen Überzeugung, daß zur allgemeinen Förderung der Innovation in Europa rasch alles dafür getan werden muß, damit der einmalige Bestand an technischem Wissen, der im EPA zusammenkommt, über das Internet zugänglich gemacht wird. (Siehe dazu auch weiter unten.)
Die Kommission hat bestätigt, daß sie sich in Form eines Zuschusses an den Kosten für die Abordnung des EPA-Verbindungsbeamten zur GD XIII beteiligt, der Anfang 1998 seine Arbeit in Luxemburg aufnehmen wird. Diese gemeinsame Aktion ist ein anschaulicher Beweis für die ausgezeichneten Beziehungen zwischen EPO und EU.
Das von der Europäischen Kommission herausgegebene Grünbuch über das Gemeinschaftspatent und das Patentschutzsystem in Europa ist auf beträchtliches Interesse gestoßen. Der Konsultationsprozeß wurde mit einem öffentlichen Hearing in Luxemburg abgeschlossen.
Vertreter des Amts waren im zweiten Halbjahr intensiv an den Diskussionen über den Entwurf einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rats zum Rechtsschutz biotechnologischer Erfindungen beteiligt, die in der Expertengruppe des EU-Rats geführt wurden. Die Amtsvertreter fungierten dabei als Berater der Europäischen Kommission. Kernstück der Beratungen war der Entwurf, den die Kommission auf verschiedene Anträge des Europaparlaments hin geändert hatte. Wichtigstes Anliegen war die Verbesserung der Rechtssicherheit biotechnologischer Erfindungen in Europa, das erklärte Ziel der Richtlinie.
Dann wandte sich der Präsident des Amts den Internationalen Angelegenheiten zu und berichtete über die Treffen mit den Leitern des Patent- und Markenamts der Vereinigten Staaten und des japanischen Patentamts anläßlich der Dreierkonferenz, die auf Einladung des japanischen Patentamts in Kyoto stattfand. Vor der Konferenz waren Sachverständige der drei Ämter zusammengekommen, um die verschiedenen Projekte der dreiseitigen Zusammenarbeit zu erörtern; zu den Diskussionen über die Projekte, an denen die WIPO auf fachlicher Ebene beteiligt ist, wurden auch Experten der WIPO hinzugezogen. Die Konferenz endete mit der Unterzeichnung eines Memorandum of Understanding.
Im Rahmen des Projekts Common Software wird derzeit ein Aktionsplan durchgeführt, mit dem erreicht werden soll, daß die Software bei den Benutzern ab Mitte 1998 autonom betrieben werden kann. Dazu bedarf es noch einiger Weiterentwicklungsarbeiten, mit denen lokale Subunternehmer betraut werden. Die Firma Jouve wird für die notwendige Unterstützung und Schulung sorgen. Die Common Software ist bereits an 11 Standorten in verschiedenen Teilen der Welt im Einsatz. Das irische und das hellenische Patentamt haben bereits eine etwaige Installation der Common Software geprüft, und das belgische Patentamt zieht dies ebenfalls in Betracht.
In Lateinamerika sind bei den gemeinsam mit der WIPO durchgeführten Maßnahmen Fortschritte zu verzeichnen. Die Arbeiten bestanden im wesentlichen aus Sachverständigeneinsätzen und Schulungsmaßnahmen. In Mexiko konnte der für die heimische Produktion der CD-ROM-Reihe ESPACE-MX erforderliche Technologietransfer abgeschlossen werden. Die Europäische Kommission bestätigte ihre Pläne, mit Argentinien und Chile gemeinsame Projekte zu starten, und nahm Kontakt auf mit dem HABM und dem EPA (wie auch mit der WIPO für das Projekt mit Chile), die sich daran beteiligen sollen. Das ECAP-Programm (Patent- und Markenprogramm der EG und der ASEAN-Staaten) ist Ende Juni 1997 ausgelaufen. Die Kommission hat bereits 5 Millionen ECU für ein Anschlußprojekt, ECAP 2, bereitgestellt und verhandelt derzeit mit den ASEAN-Staaten über ein Memorandum of Understanding.
Die Arbeiten im Rahmen des EG-Vietnam-Projekts, das das EPA gemeinsam mit dem HABM realisiert, haben sich auf das Gebiet Gesetzgebung und Rechtsbestimmungen konzentriert, wobei Berater des EPA (für die Prüfungsrichtlinien) und des Max-Planck-Instituts (für das neue Recht zum geistigen Eigentum) entsandt wurden.
Die 8. Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses CPA/EPA fand auf Einladung des Patentamts der Volksrepublik China am 11. November in Beijing statt. Es wurde ein Protokoll genehmigt, das die technische Zusammenarbeit zwischen dem EPA und dem CPA im Jahr 1998 abdecken soll. Die Unterzeichnung der Vereinbarung über die Nutzung von EPOQUE durch das chinesische Patentamt im Februar bedeutet für das EPA, daß sich seine Unterstützung auf die Vorbereitungen zur Nutzung des Systems in China konzentrieren wird. Das CPA erklärte sich bereit, mit der ersten Phase eines Dateneingabeprojekts zu beginnen, bei dem 1,8 Millionen Dokumente für die Aufnahme in die EPOQUE-Datenbanken eingegeben werden sollen. Die Europäische Kommission teilte mit, daß sie nunmehr beabsichtigt, ihr Programm zur Zusammenarbeit zwischen der EU und China auf dem Gebiet des geistigen Eigentums im Wege einer direkten Vereinbarung mit dem EPA fortzusetzen. Der Beitrag der Kommission zu diesem Programm beläuft sich auf 3,8 Millionen ECU. Wenn die laufenden Gespräche abgeschlossen sind, wird das EPA beauftragt, die sogenannten "horizontalen Maßnahmen" und die patentbezogenen Teile des Programms umzusetzen. Die Kommission hat den Wunsch geäußert, daß der Vertrag so schnell wie möglich geschlossen wird.
Im Rahmen des neuen TACIS-Regionalprojekts mit den GUS-Staaten wurden Schulungsmaßnahmen und Seminare für Bedienstete von Patentämtern, Patentvertreter und Richter durchgeführt. Dazu gehörten Seminare in Moskau über allgemeine Themen betreffend die Eintragung von Marken und gewerblichen Mustern in Zusammenarbeit mit dem Benelux-Markenamt, in London über die Thematik der Durchsetzung von Schutzrechten und in München über Patentprüfung. Außerdem fand in Almaty ein Symposium über die Durchsetzung von Rechtstiteln betreffend das geistige Eigentum statt.
Des weiteren wurden die für die Installation der Common Software im Eurasischen Patentamt erforderlichen Beschaffungs- und Entwicklungsverfahren eingeleitet und Vorbereitungen getroffen für die Herstellung einer regionalen CD-ROM mit der Patentdokumentation der meisten GUS-Staaten, die die MIMOSA-Software benutzen.
Mit dem vom EPA finanzierten ICON-Projekt werden weiterhin Schulungsmaßnahmen, Abonnements für europäische Patentinformationsprodukte und technische Literatur sowie die Teilnahme von Bediensteten an Englischkursen finanziert. Vor kurzem wurde vereinbart, dem Prüfungsinstitut des ukrainischen Patentamts Mittel zum Kauf von 4 CD-ROM-Jukeboxes zur Verfügung zu stellen, die unter derselben Software laufen wie die Jukeboxes des EPA in Wien.
Bezüglich der Patentinformation hob der Präsident hervor, daß die Senkung der Preise für die EPA-Daten von den kommerziellen Vermittlern an die Endbenutzer weitergegeben wird. Die meisten Vermittler, mit denen das EPA in Verbindung steht, haben die Preise für den Zugriff auf EPA-Daten um 30 bis 50 % gesenkt.
Die diesjährige EPIDOS-Jahreskonferenz, die im Oktober in Lille stattfand, wurde von annähernd 400 Teilnehmern besucht. Ausgerichtet wurde sie in Zusammenarbeit mit dem französischen Patentamt (INPI). Die Konferenz hat sich mittlerweile zu einem äußerst beliebten Jahrestreffen der Patentinformations-Benutzer entwickelt, bei dem sich die Besucher über die Entwicklungen im Patentsystem in ganz Europa informieren können. Sowohl die Ausstellung, auf der rund 40 Aussteller ihre Produkte und Dienstleistungen im Bereich der Patentinformation präsentierten, wie auch die Schulungskurse und die öffentlichen Seminare, die parallel zur Konferenz stattfanden, waren ein voller Erfolg.
Die CD-ROM ESPACE-FIRST wird als erste CD-ROM-Reihe des Amts mit der MIMOSA-Software hergestellt. Um die Vorteile der MIMOSA-Software zu nutzen, mit deren Hilfe Daten im Mixed-Mode-Format gespeichert werden können, enthalten diese Platten jetzt auch Mixed-Mode-Daten der WIPO.
Für die ESPACE-ACCESS-Platten, die Einzelheiten aller EP- und PCT-Anmeldungen enthalten, werden jetzt DVD-Platten benutzt. Eine DVD ("Digital Versatile Disk") wird genauso benutzt wie eine CD-ROM, verfügt aber über eine wesentlich größere Datenkapazität. Für die ESPACE-ACCESS-Reihe bedeutet dies, daß nunmehr auf einer einzigen DVD alle Daten enthalten sind, die bisher auf den drei Platten des CD-ROM-Sets gespeichert waren. Dies ist von erheblichem Vorteil für die Benutzer, da sie während ihrer Arbeit nicht mehr die CD-ROMs wechseln müssen, um den vollständigen Datensatz zu sichten.
ESPACE-ACCESS wird ab jetzt durch eine neue Reihe ESPACE-ACCESS-EUROPE ergänzt. Diese Platten, die Daten des Vereinigten Königreichs, der Schweiz, Belgiens, der Niederlande und Luxemburgs enthalten, stehen bereits zur Verfügung. Andere Länder haben ebenfalls ein Interesse daran angemeldet, daß ihre Daten auf künftigen Ausgaben der Platte gespeichert werden.
Die weiter sinkenden Herstellkosten für die CD-ROM-Veröffentlichungen und die wachsende Nachfrage bei den Nutzern dürften es erlauben, die Preise für diese Produkte noch stärker zu senken, wenn sie 1998 unter dem Aspekt der Grenzkosten angepaßt werden.
Der Rat genehmigte auf dieser Tagung den Bericht über die 15. Dreierkonferenz, die am 14. November 1997 in Kyoto stattgefunden hat, sowie das dort unterzeichnete 15. Memorandum of Understanding.
Er beauftragte den Ausschuß "Patentrecht", einen Vorschlag des Präsidenten des Amts betreffend die zentralisierte Einreichung der Übersetzungen europäischer Patentschriften beim EPA zu prüfen.
Der Rat genehmigte ein europäisches Konzept zur Verbreitung von "Patentinformationen" über das Internet. (Informationen über dieses Thema werden in einer der nächsten Ausgaben des Amtsblatts veröffentlicht.)
Der Rat genehmigte die Jahresrechnung für das Haushaltsjahr 1996 und erteilte dem Präsidenten des Amts nach Erörterung des Berichts des Kollegiums der Rechnungsprüfer und nach Anhörung des Haushalts- und Finanzausschusses Entlastung für das Haushaltsjahr 1996. Anschließend genehmigte er den Haushalt für 1998, der in Einnahmen und Ausgaben auf 1 283 Millionen DEM festgestellt wurde.
Des weiteren genehmigte er den Erwerb der Räumlichkeiten in Rijswijk für die Zweigstelle Den Haag sowie den Kauf des PORR-HAUSES, Rennweg 12 in Wien für die Dienststelle Wien des EPA.
Der Rat räumte der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien den Beobachterstatus auf den Tagungen des Verwaltungsrats und in den Sitzungen des Ausschusses "Patentrecht" ein.
Ferner ernannte er auf Vorschlag des Präsidenten des Amts einen Vorsitzenden einer Beschwerdekammer sowie einige Mitglieder von Beschwerdekammern und beschloß, mehrere Mitglieder von Beschwerdekammern wiederzuernennen.
Schließlich verlängerte der Rat das Mandat der Mitglieder des Forschungsbeirats und ernannte zudem drei neue Mitglieder.