MITTEILUNGEN DES EPA
RECHTSAUSKUNFT DES EUROPÄISCHEN PATENTAMTS Nr. 4/80
Zeitpunkt der Vorlage eines getrennten Satzes von Patentansprüchen für Österreich
Vorbemerkung: Seit dem 8. Oktober 1992 ist die Einreichung gesonderter Patentansprüche mit der Anmeldung aufgrund des Vorbehalts nach Art. 167 (2) a) EPÜ nur noch möglich bei Teilanmeldungen mit einem Anmeldetag, der im Falle Österreich vor dem 8. Oktober 1987 und im Falle Spanien und Griechenland vor dem 8. Oktober 1992 liegt (s. Merkblatt zu EPA Form 1001, Feld 38, ABl. EPA 1992, 757 ff.). Die Grundsätze der Rechtsauskunft gelten für diese Teilanmeldungen weiterhin.
Wenn unterschiedliche Patentansprüche für Österreich nicht bereits in der europäischen Patentanmeldung selbst aufgestellt worden sind, so können sie nach Erhalt des europäischen Recherchenberichtes bis zur Erwiderung auf den ersten Bescheid der Prüfungsabteilung ohne Zustimmung der Prüfungsabteilung, nachher jedoch nur mit deren Zustimmung, aufgestellt werden.
1. Österreich hat gemäß Artikel 167 Absatz 2 Buchstabe a EPÜ den Vorbehalt erklärt, europäische Patente mit Wirkung für diesen Staat für nichtig zu erklären, soweit sie Schutz für chemische Erzeugnisse als solche oder für Nahrungs- oder Arzneimittel als solche gewähren". In Anbetracht dieses Vorbehaltes können europäische Patentanmeldungen und europäische Patente, in denen neben anderen Vertragsstaaten Österreich benannt ist und in denen Schutz für chemische Erzeugnisse oder Nahrungs- und Arzneimittel begehrt wird, für Österreich einerseits und die anderen benannten Vertragsstaaten andererseits unterschiedliche Patentansprüche enthalten. (Siehe Mitt. ABl. 6-7/79, S. 289).
2. Europäische Patentanmelder, die von der Möglichkeit Gebrauch machen wollen, unterschiedliche Patentansprüche für Österreich einzureichen, haben nunmehr an das Europäische Patentamt die Frage gerichtet, ob auch nach Einreichung der Anmeldung ein Satz unterschiedlicher Patentansprüche für Österreich eingereicht werden kann.
3. Diese Frage ist aus folgenden Gründen zu bejahen:
Ein für Österreich aufgestellter, gesonderter Satz von Patentansprüchen ist Teil der Gesamtheit der in einer europäischen Patentanmeldung enthaltenen Patentansprüche und unterliegt daher den für Patentansprüche allgemein geltenden Vorschriften* (insbesondere Regel 86 EPÜ).
Bis zum Erhalt des Europäischen Recherchenberichtes darf der Anmelder die Patentansprüche nicht ändern (Regel 86 Absatz 1 EPÜ). Nach Erhalt des europäischen Recherchenberichtes kann der Anmelder von sich aus unterschiedliche Patentansprüche für Österreich einreichen (Regel 86 Absatz 2 EPÜ). Dieses Recht hat der Anmelder noch bis zur Erwiderung auf den ersten Bescheid der Prüfungsabteilung, wenn er die unterschiedlichen Ansprüche für Österreich gleichzeitig mit dieser Erwiderung einreicht. Nach diesem Zeitpunkt können unterschiedliche Patentansprüche für Österreich nur mit Zustimmung der Prüfungsabteilung aufgestellt oder abgeändert werden (Regel 86 Absatz 3 EPÜ).
* Vgl. auch die Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt, insbesondere Teil C, Kapitel VI, 3.1 und 3.2.