T 0448/23 (Staubsaugerfilterbeutel/EUROFILTERS) 10-03-2025
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STAUBSAUGERFILTERBEUTEL MIT STAUB- UND/ODER FASERFÖRMIGEM RECYCLIERTEN MATERIAL UND/ODER SAMENFASERN
Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hilfsanträge 2 und 3 (nein)
Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hilfsantrag 5 (ja)
Änderung veranlasst durch Einspruchsgrund - (ja)
Änderungen - Hilfsantrag 5
Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (nein)
Änderungen - Hilfsantrag 5
Änderungen - Erweiterung des Patentanspruchs (nein)
Beschwerdeerwiderung - vollständiges Beschwerdevorbringen eines Beteiligten
Ermessen Vorbringen nicht zuzulassen - Voraussetzungen des Art. 12 (3) VOBK 2020 erfüllt (nein)
Ermessen Vorbringen nicht zuzulassen - Vorbringen zugelassen (nein)
Neuheit - Hilfsantrag 5 (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 5 (ja)
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) betrifft die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent EP 3 429 720 B1 zu widerrufen.
II. Unter anderem waren die folgenden Dokumente Gegenstand im Einspruchsverfahren:
D3 |EP 2 004 303 B1 |
D4 |DE 102 21 694 A1 |
D5 |US 2009/0223190 A1|
D11|EP 0 960 645 A2 |
D13|EP 1 917 895 B1 |
III. Im Beschwerdeverfahren beantragte die Beschwerdeführerin zunächst die Aufrechterhaltung des Streitpatents auf der Grundlage der erstinstanzlich eingereichten Anträge. Während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nahm die Beschwerdeführerin den Hauptantrag, sowie ihre mit Schriftsatz vom 8. September 2022 eingereichten Hilfsanträge 1, 4a und 4b zurück.
IV. Der unabhängige Produktanspruch 1 von Hilfsantrag 2 lautet:
"1. Staubsaugerfilterbeutel, umfassend eine einen Innenraum umschließende Wandung aus einem luftdurchlässigen Material sowie eine in die Wandung eingebrachte Einlassöffnung,
wobei das luftdurchlässige Material mindestens eine Lage eines Vliesstoffes umfasst, der staub- und/oder faserförmiges recycliertes Material aus der Herstellung von Textilien, insbesondere Baumwolltextilien, und/oder aus der Wollschur und/oder Samenfasern umfasst,
wobei das staub- und/oder faserförmige recyclierte Material bei dem Recycling von Textilmaterialien entstanden ist, und
wobei die mindestens eine staub- und/oder faserförmiges recycliertes Material und/oder Samenfasern umfassende Lage des Vliesstoffes bis zu 95 Gew.-% des staub- und/oder faserförmigen recyclierten Materials und/oder Samenfasern und mindestens 5 Gew.-% an Bindefasern umfasst oder hieraus besteht."
V. In Anspruch 1 von Hilfsantrag 3 wurde im Vergleich zu Anspruch 1 von Hilfsantrag 2 der vorletzte Absatz wie folgt geändert:
"wobei das staub- und/oder faserförmige recyclierte Material bei dem Zerkleinern von gebrauchten
Textilmaterialien oder Textilien entstanden ist, und"
VI. Der unabhängige Produktanspruch 1 von Hilfsantrag 5 lautet:
"1. Staubsaugerfilterbeutel, umfassend eine einen Innenraum umschließende Wandung aus einem luftdurchlässigen Material sowie eine in die Wandung eingebrachte Einlassöffnung,
wobei das luftdurchlässige Material mindestens eine Lage eines Vliesstoffes umfasst, der staub- und/oder faserförmiges recycliertes Material aus der Herstellung von Textilien, insbesondere Baumwolltextilien, und/oder aus der Wollschur und/oder Samenfasern umfasst, und
wobei die mindestens eine staub- und/oder faserförmiges recycliertes Material und/oder Samenfasern umfassende Lage des Vliesstoffes bis zu 95 Gew.-% des staub- und/oder faserförmigen recyclierten Materials und/oder Samenfasern und mindestens 5 Gew.-% an Bindefasern umfasst oder hieraus besteht,
wobei die Bindefasern thermisch aktivierte Schmelzfasern sind und das staub- und/oder faserförmige recyclierte Material bzw. die Samenfasern binden,
wobei das luftdurchlässige Material eine Feinfilterlage und eine Kapazitätslage umfasst, wobei die Kapazitätslage den Vliesstoff, der staub- und/oder faserförmiges recycliertes Material und/oder Samenfasern umfasst, umfasst oder hieraus gebildet ist, wobei der Vliesstoff ein mit einem aerodynamischen Verfahren erhaltener Vliesstoff ist,
wobei die Feinfilterlage ein Meltblown-Vliesstoff aus virgin PP ist oder ein Meltblown-Vliesstoff aus Bikomponentenfasern mit einem rPET- oder einem rPP-Kern und einer Hülle aus virgin PP oder virgin PMP ist oder eine Trägerschicht aus recyclierten Kunststofffasern mit einer darauf aufgebrachten Schicht aus Nanofasern ist,
wobei die Kapazitätslage aus einerseits dem staub- und/oder faserförmigen recyclierten Material und/oder den Samenfasern und andererseits den thermisch aktivierten Bindefasern besteht."
Der unabhängige Verwendungsanspruch 17 von Hilfsantrag 5 lautet:
"17. Verwendung eines Vliesstoffs, der staub- und/oder faserförmiges recycliertes Material aus der Herstellung von Textilien, insbesondere Baumwolltextilien, und/oder aus der Wollschur und/oder Samenfasern umfasst, für Staubsaugerfilterbeutel mit einer einen Innenraum umschließende Wandung aus einem luftdurchlässigen Material,
wobei der mindestens eine staub- und/oder faserförmiges recycliertes Material und/oder Samenfasern umfassende Vliesstoff bis zu 95 Gew.-% des staub- und/oder faserförmigen recyclierten Materials und/oder Samenfasern und mindestens 5 Gew.-% an Bindefasern umfasst oder hieraus besteht,
wobei die Bindefasern thermisch aktivierte Schmelzfasern sind und das staub- und/oder faserförmige recyclierte Material bzw. die Samenfasern binden,
wobei das luftdurchlässige Material eine Feinfilterlage und eine Kapazitätslage umfasst, wobei die Kapazitätslage den Vliesstoff, der staub- und/oder faserförmiges recycliertes Material und/oder Samenfasern umfasst, umfasst oder hieraus gebildet ist, wobei der Vliesstoff ein mit einem aerodynamischen Verfahren erhaltener Vliesstoff ist,
wobei die Feinfilterlage ein Meltblown-Vliesstoff aus virgin PP ist oder ein Meltblown-Vliesstoff aus Bikomponentenfasern mit einem rPET- oder einem rPP-Kern und einer Hülle aus virgin PP oder virgin PMP ist oder eine Trägerschicht aus recyclierten Kunststofffasern mit einer darauf aufgebrachten Schicht aus Nanofasern ist,
wobei die Kapazitätslage aus einerseits dem staub- und/oder faserförmigen recyclierten Material und/oder den Samenfasern und andererseits den thermisch aktivierten Bindefasern besteht."
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 16 betreffen bevorzugte Ausführungsformen.
VII. Die Einspruchsabteilung war unter anderem zum Schluss gekommen, dass
- die Hilfsanträge 2 und 3 nicht die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ erfüllen;
- Hilfsantrag 5 nicht die Erfordernisse von Regel 80 EPÜ erfüllt.
VIII. Die entscheidungswesentlichen Argumente der Beschwerdeführerin werden wie folgt zusammengefasst:
Die Hilfsanträge 2 und 3 würden die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ erfüllen.
Hilfantrag 5 würde die Erfordernisse des EPÜ erfüllen. Die Einwände unter Artikel 54 und 56 EPÜ gegen Hilfsantrag 5 seien nicht substantiiert und daher nicht zu berücksichtigen.
IX. Die entscheidungswesentlichen Argumente der Einsprechenden (Beschwerdegegnerin) werden wie folgt zusammengefasst:
Die Hilfsanträge 2 und 3 würden nicht die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ erfüllen.
Hilfsantrag 5 würde nicht die Erfordernisse von Regel 80, Artikel 123(2) und (3), Artikel 84, Artikel 83, Artikel 54 und Artikel 56 erfüllen.
X. Die Beschwerdeführerin beantragt, unter Aufhebung und Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form auf der Basis
- eines der Hilfsanträge 2, 3 und 5-5B (erstinstanzlich eingereicht mit Schriftsatz vom 8. September 2022);
- von Hilfsantrag 5C (eingereicht während der mündlichen Verhandlung im Einspruchsverfahren);
- eines der Hilfsanträge 6-6B (erstinstanzlich eingereicht mit Schriftsatz vom 8. September 2022);
- eines der Hilfsanträge 6C-6D (eingereicht während der mündlichen Verhandlung im Einspruchsverfahren); oder
- eines der Hilfsanträge 7-7B, 8-8B und 9-9B (erstinstanzlich eingereicht mit Schriftsatz vom 8. September 2022).
Die Einsprechende (Beschwerdegegnerin) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Hilfsantrag 2
1. Klarheit
Wie auch schon die Einspruchsabteilung insoweit zutreffend erkannt hat (Punkt II.27 der angefochtenen Entscheidung), erfüllt Anspruch 1 nicht die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ, da die Beziehung unklar ist zwischen
- dem Merkmal "staub- und/oder faserförmiges recycliertes Material aus der Herstellung von Textilien" einerseits; und
- dem im Erteilungsverfahren neu eingefügten, aus der Beschreibung stammenden Merkmal "staub- und/oder faserförmig[es] recycliert[es] Material", welches "bei dem Recycling von Textilmaterial entstanden ist" (Hervorhebungen hinzugefügt durch die Kammer), andererseits.
In der Tat ist unklar, wie das recyclierte Material gleichzeitig aus der Herstellung von Textilien stammen und beim Recycling von Textilmaterialien entstehen kann.
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin gäbe es dagegen keinen Widerspruch zwischen diesen beiden Merkmalen, da auch das Recycling vom Begriff Herstellung umfasst sei. Das eingefügte Merkmal solle lediglich ein Aufschmelzen mit anschließender Herstellung von neuem staub- und/oder faserförmigegem Material ausschließen.
Dieses Argument überzeugt jedoch nicht, da die Fachperson im Kontext des vorliegenden Falls Recycling nicht als eine besondere Art der Herstellung versteht.
Die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass, selbst wenn eine Unklarheit bestehen würde, diese durch die Beschreibung ausgeräumt wird, ist ebenfalls nicht überzeugend. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern müssen die Ansprüche für eine Fachperson schon in sich deutlich sein, so dass nicht erst der Inhalt der Beschreibung herangezogen werden muss (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage, 2022, II.A.3.1).
Aus diesen Gründen ist der Wortlaut des Anspruchs 1 von Hilfsantrag 2 unklar (Artikel 84 EPÜ).
Hilfsantrag 3
2. Klarheit
Entsprechendes gilt auch für:
- das Merkmal "staub- und/oder faserförmiges recycliertes Material aus der Herstellung von Textilien" einerseits und
- das neu eingefügte, aus der Beschreibung stammende Merkmal "staub- und/oder faserförmig[es] recycliert[es] Material", welches "bei dem Zerkleinern von gebrauchten Textilmaterialien oder Textilien entstanden ist" (Hervorhebungen hinzugefügt durch die Kammer), in Anspruch 1 andererseits.
Auch hier ist unklar, wie das recyclierte Material gleichzeitig aus der Herstellung von Textilien und aus dem Zerkleinern von gebrauchten Textilmaterialien oder Textilien stammen kann (Artikel 84 EPÜ).
Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin fällt im vorliegenden Fall das Zerkleinern von gebrauchten Textilmaterialien nicht unter das Herstellen von Textilien.
Aus diesen Gründen ist auch der Wortlaut des Anspruchs 1 von Hilfsantrag 3 unklar (Artikel 84 EPÜ).
Hilfsantrag 5
3. Regel 80 EPÜ
Die Beschwerdegegnerin argumentiert, dass das Streichen von Alternativen im abhängigen Anspruch 7 nicht durch einen Einspruchsgrund nach Artikel 100 EPÜ veranlasst sein könne.
Dies trifft jedoch nicht zu. Nach T 69/14 (Gründe 3) und T 1147/16 (Gründe 8) sind Fälle, in denen das Streichen von abhängigen Ansprüchen nicht durch einen Einspruchsgrund, insbesondere Artikel 100 b) und/oder c) EPÜ, veranlasst sein könnte, nur schwerlich vorstellbar. In der Tat ist es sehr gut möglich, dass abhängige Ansprüche beispielsweise gegen Artikel 123(2) EPÜ oder gegen Artikel 83 EPÜ verstoßen könnten. Ein solcher Einwand muss auch nicht geltend gemacht worden sein (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflagen, Juli 2022, IV.C.5.1.2.a)).
Analog gilt dies auch für das Streichen von Alternativen innerhalb eines abhängigen Anspruchs.
4. Artikel 100 c) EPÜ in Verbindung mit Artikel 123(2) EPÜ
Die Beschwerdeführerin nennt als Basis für die im Vergleich zur erteilten Fassung in Anspruch 1 vorgenommenen Änderungen unter anderem die folgenden Passagen der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht:
- Seite 4, erster vollständiger und vorletzter vollständiger Absatz, was die thermisch aktivierten Schmelzfasern betrifft
- Seite 7, dritter bis sechster vollständiger Absatz, was die Lagenkonfiguration und die Eigenschaften der Kapazitäts- und Feinfilterlagen betrifft
Zusätzlich zu den die Zusammensetzung des Vliesstoffes betreffenden Merkmalen aus Anspruch 3 der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht (welche bereits in der erteilten Fassung aufgenommen worden waren), sind die Änderungen in Anspruch 1 tatsächlich durch die obengenannten Passagen auf den Seiten 4 und 7 der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht gestützt.
Der Interpretation der Beschwerdegegnerin, wonach die Begriffe "einerseits" und "andererseits" im letzten vollständigen Absatz auf Seite 7 der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht bedeuten würden, dass die Kapazitätslage entweder aus recycliertem Material oder aus Bindefasern besteht, ist nicht zu folgen. Die ersten Zeilen des letzten vollständigen Absatzes auf Seite 7 erklären, dass die Bindefasern den Vliesstoff mit dem recyclierten Material verfestigen. Dies macht deutlich, dass die Kapazitätslage sowohl aus recycliertem Material als auch aus Bindefasern besteht.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin wird die Tatsache, dass die Kapazitätslage keine weiteren Komponenten enthält, in Anspruch 1 durch den Begriff "besteht" im letzten Merkmal reflektiert.
Die elektrostatische Aufladung der Feinfilterlage auf Seite 7 der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht (fünfter vollständiger Absatz) ist lediglich optionaler Natur.
Daher erfüllt Hilfsantrag 5 die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPC.
5. Artikel 100 c) EPÜ in Verbindung mit Artikel 123(3) EPÜ
Wie dargelegt, ist der "Entweder - Oder"-Interpretation der Beschwerdegegnerin bzgl. der Komponenten der Kapazitätslage in Anspruch 1 nicht zu folgen.
Des weiteren führt auch die Streichung von Alternativen im abhängigen Anspruch 7 nicht zu einer Erweiterung des Schutzumfangs.
Daher erfüllt Hilfsantrag 5 auch die Erfordernisse von Artikel 123(3) EPC.
6. Artikel 84 EPÜ
Wie ausgeführt, kann die "Entweder - Oder"-Interpretation der Beschwerdegegnerin bzgl. der Komponenten der Kapazitätslage nicht gefolgt werden (siehe Punkt 4.).
Es kann auch nicht nachvollzogen werden, warum das Merkmal einer Feinfilterlage in Form einer Trägerschicht mit einer darauf aufgebrachten Schicht aus Nanofasern unklar sein soll.
Die Beschwerdegegnerin erachtet, dass der Begriff "Nanofasern" weder die Abmessungen noch die Geometrie spezifiziert und dass auch unklar ist, wie die Nanofasern auf der Trägerschicht aufgebracht sind.
Es wird jedoch erachtet, dass der Begriff Nanofasern im Bereich Vliesstoffe und die Art der Aufbringung zwar breit auszulegen sind, aber zu keiner Unklarheit führen. Unter den Umständen des vorliegenden Falls ist die Aufnahme eines Verweises auf die Norm aus Absatz [0043] des Streitpatents nicht zwingend notwendig.
Daher verursachen die vorgenommenen Änderungen auch keine Probleme unter Artikel 84 EPÜ.
7. Artikel 100 b) EPÜ in Verbindung mit Artikel 83 EPÜ
Die Beschwerdegegnerin kritisiert, dass das Streitpatent kaum Informationen zum Recyclingverfahren liefert.
Recycling-Verfahren sind der Fachperson jedoch bekannt. Dieser Punkt betrifft daher höchstens die Frage, inwiefern das entsprechende Merkmal in Anspruch 1 durch die Beschreibung gestützt ist. Diese Frage steht hier jedoch nicht zur Diskussion, da es bereits in der erteilten Fassung vorhanden war.
8. Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ
Die Beschwerdegegnerin bringt dazu vor, Hilfsantrag 5 erfülle nicht die Erfordernisse
- von Artikel 54 EPÜ gegenüber D3, D4 und D11, und
- von Artikel 56 EPÜ gegenüber D5 und D13.
Die diesbezüglichen Einwände der Beschwerdegegnerin (Seite 14 der Beschwerdeerwiderung) sind jedoch nicht ausreichend substantiiert. Insbesondere zeigt die Beschwerdegegnerin nicht auf, in welchen Passagen der Dokumente die im Vergleich zum (inzwischen zurückgenommenen) Hilfsantrag 1 in Hilfsantrag 5 zusätzlich hinzugefügten Merkmale zu finden sind.
Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach die genannten Dokumente jeweils bestimmte Anspruchsmerkmale nicht offenbaren (s. die letzten beiden Absätze auf Seite 26 der Beschwerdebegründung, sowie die ersten drei Absätze auf Seite 27), können dadurch jedenfalls nicht entkräftet werden. Gleiches gilt für das nicht widerlegte Argument der Beschwerdeführerin, wonach das in Anspruch 1 von Hilfsantrag 5 beanspruchte aerodynamische Verfahren zu einer Vermeidung von Verfahrensschritten führt (s. den letzten Absatz auf Seite 26 der Beschwerdebegründung).
In diesem Zusammenhang hat die Beschwerdegegnerin ihre Behauptung nicht belegt, dass die in Hilfsantrag 5 im Vergleich zum Hilfsantrag 1 zusätzlich hinzugefügten Merkmale lediglich trivialer Natur sind.
Dies widerspricht jedoch dem Erfordernis von Artikel 12(3) VOBK nach einem vollständigen Beschwerdevorbringen. Die Einwände unter Artikel 54 und 56 EPÜ gegen Hilfsantrag 5 können daher nicht zugelassen (Artikel 12(5) VOBK) werden.
Auch im Übrigen besteht kein Grund zur Annahme, dass Hilfsantrag 5 die Erfordernisse der Artikel 54 und 56 EPÜ nicht erfüllt.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent auf der Grundlage des Hilfsantrages 5, eingereicht mit Schriftsatz vom 8. September 2022, und einer gegebenenfalls anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.