T 0361/23 18-12-2024
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Mehrschichtkörper und Verfahren zu dessen Herstellung
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Hauptantrag und Hilfsantrag 1: Ausführbarkeit (nein)
Hauptantrag: Neuheit gegenüber der Druckschrift D10 (nein)
Zulassung der Hilfsanträge 1a und 1b (nein)
Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung (ja)
Rückerstattung der Beschwerdegebühr (nein)
I. Die Beschwerden der beiden Einsprechenden richten sich gegen die Zurückweisung der Einsprüche gegen das europäische Patent Nr. 3 140 127 (nachfolgend einfach als "das Patent" bezeichnet).
II. Von den von der Einspruchsabteilung berücksichtigten Dokumenten war nur die Druckschrift DE 10 2008 036 480 A1 (nachfolgend als Druckschrift D10 bezeichnet) für die Beschwerde relevant.
III. Eine Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK erging am 15. Oktober 2024. Die Patentinhaberin reagierte darauf mit der Einreichung neuer Hilfsanträge (Schreiben vom 3. Dezember 2024).
IV. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 18. Dezember 2024 als Videokonferenz statt.
V. Die Beschwerdeführerinnen I und II ((Einsprechende 1
und 2) beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdeführerin II beantragte zudem die Nichtzulassung der Hilfsanträge 1a und 2b bis 10b sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers.
VI. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerden, hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage des Anspruchssatzes eines der folgenden Hilfsanträge, in folgender Reihenfolge:
- Hilfsanträge 1a und 1b, eingereicht mit Schreiben vom 3. Dezember 2024,
- Hilfsanträge 1 bis 10, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung,
- Hilfsanträge 2b bis 10b, eingereicht mit Schreiben vom 3. Dezember 2024,
- Hilfsanträge 1A bis 10A, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung.
VII. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 9 des Patents (Hauptantrag) lauten wie folgt (die von der Kammer verwendete Merkmalsgliederung ist in eckigen Klammern eingefügt):
"1. [V1] Verfahren zum Herstellen eines Mehrschichtkörpers (1) in Form eines Sicherheitselements, umfassend die Schritte:
a) [V2] Erzeugen einer Metallschicht (13) auf einem Substrat;
b) [V3] partielles Demetallisieren der Metallschicht (13) zur Ausbildung einer ersten optischen Information (131) in einem ersten Bereich (2) des Mehrschichtkörpers (1);
c) [V4] Aufbringen einer partiellen Lackschicht (15) in einem zweiten Bereich (3) des Mehrschichtkörpers (1) zur Ausbildung einer zweiten optischen Information (151), wobei [V5] sich die partielle Lackschicht (15) zumindest teilweise über die Metallschicht (13) hinaus erstreckt;
d) [V6] Strukturieren der partiellen Metallschicht (13) im zweiten Bereich (3) unter Verwendung der partiellen Lackschicht (15) als Maske, wobei [V7] die partielle Metallschicht (13) in den Bereichen, die von der partiellen Lackschicht (15) bedeckt sind, entweder selektiv erhalten bleibt oder selektiv entfernt wird."
"9. [K1] Mehrschichtkörper (1) in Form eines Sicherheitselements, wobei [K2] der Mehrschichtkörper (1) ein Substrat, eine partielle Metallschicht und eine partielle Lackschicht (15) umfasst, und wobei [K3] die partielle Metallschicht in einem ersten Bereich (2) eine erste optische Information (131) ausbildet und [K4] die partielle Lackschicht (15) in einem zweiten Bereich (3) eine zweite optische Information (151) ausbildet und [K5] die partielle Lackschicht (15) im zweiten Bereich (3) im Register zur partiellen Metallschicht angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass [K6] sich die partielle Lackschicht (15) sowohl in Bereiche erstreckt, die von der Metallschicht (13) bedeckt sind als auch in nicht von der Metallschicht (13) bedeckte Bereiche."
Der Anspruchssatz von Hilfsantrag 1a unterscheidet sich vom Hauptantrag dadurch, dass die zweite Alternative im Merkmal V7 von Anspruch 1 gestrichen wurde.
Der Anspruchssatz von Hilfsantrag 1b unterscheidet sich vom Hilfsantrag 1a dadurch, dass alle Produktansprüche gestrichen wurden.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch die Einfügung der Merkmale "wobei [V3.1] das partielle Demetallisieren in Schritt b) durch Ätzen erfolgt" (nach Merkmal V3) sowie "und wobei [RES1] die partielle Lackschicht (15) ein Ätzresist ist, bzw. zumindest einen Ätzresist umfasst, wobei [RES2] der Ätzresist ein Lack ist, der Pigmente, insbesondere bunte oder unbunte Pigmente und/oder Effektpigmente, Dünnschichtfilmsysteme, cholesterische Flüssigkristalle, Farbstoffe und/oder metallische oder nichtmetallische Nanopartikel umfasst" (nach Merkmal V5). Darüber hinaus wurde die zweite Alternative in Merkmal V7 gestrichen (Merkmal V7').
Der Anspruchssatz von Hilfsantrag 1 weist einen zweiten unabhängigen Verfahrensanspruch 2 auf, der sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch unterscheidet, dass die erste Alternative von Merkmal V7 gestrichen wurde (Merkmal V7"). Keiner der nachfolgenden Hilfsanträge (mit Ausnahme von Hilfsantrag 1A) weist diese Verdopplung der unabhängigen Verfahrensansprüche auf.
Anspruch 9 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 9 des Hauptantrags durch die Einfügung der Merkmale RES1 und RES2 nach Merkmal K6.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 durch die Einfügung der Merkmale, denen zufolge "[V3.2] die erste optische Information (131) in Form zumindest eines Motivs, Musters, insbesondere eines Guillochenmusters, Symbols, Bilds, Logos oder alphanumerischer Charaktere, insbesondere Zahlen und/oder Buchstaben, ausgebildet ist" und "[V4.1] die zweite optische Information (151) in Form zumindest eines Motivs, Musters, insbesondere eines Guillochenmusters, Symbols, Bilds, Logos oder alphanumerischer Charaktere, insbesondere Zahlen und/oder Buchstaben, ausgebildet ist".
Anspruch 8 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von Anspruch 9 des Hilfsantrags 1 durch die Einfügung des Merkmals "[KV] hergestellt mittels eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 7" nach Merkmal K1.
VIII. Der Vortrag der Parteien zu den entscheidungsrelevanten Punkten lässt sich wie folgt zusammenfassen:
a) Auslegungsfragen
i) Beschwerdeführerin I (Einsprechende 1)
Der Begriff "Bereich" werde in den Ansprüchen nicht definiert. Auch die Lage der Bereiche zueinander sei unbestimmt, sodass auch ein vollständiges Überdecken nicht ausgeschlossen werden könne. Wo und wie ein Bereich ende, bleibe in Ermangelung konkreter Merkmale offen. Die Merkmale V3 und V4 bzw. K3 und K4 würden nur fordern, dass eine erste und eine zweite optische Information vorhanden sei. Dem lasse sich keine Beschränkung hinsichtlich der Anordnung der Informationen zueinander entnehmen. Insbesondere gehe daraus nicht hervor, dass die beiden Informationen nicht übereinander angeordnet sein dürften.
Der Begriff "Information" sei im Patent nicht näher definiert, sodass darunter jegliches optische Merkmal verstanden werden könne. Die einzige Einschränkung des Begriffs bestehe darin, dass die erste Information durch eine partielle Metallschicht und die zweite Information durch eine partielle Lackschicht gebildet werde. Zudem ergebe sich aus den Merkmalen V6 und K6 unmittelbar, dass die beiden Schichten, die die unterschiedlichen Informationen ausbilden, übereinander angeordnet sein können. Ohne Überdeckung ließen sich die Merkmale V6 und K6 nicht realisieren. Die Ansprüche seien daher so zu verstehen, dass sowohl der erste Bereich als auch der zweite Bereich einander vollständig überlappen können und die erste Information und die zweite Information ebenfalls einander überdecken können. Erforderlich sei nur, dass die erste Information zumindest in einem ersten (Teil)bereich und die zweite Information zumindest in einem zweiten (Teil)bereich des Sicherheitselements vorhanden sei.
ii) Beschwerdeführerin II (Einsprechende 2)
Das korrekte Verständnis des ersten und zweiten
"Bereichs" sei entscheidend. Das Patent schließe eine Überlappung der beiden Bereiche nicht aus. Die Lage der
Bereiche zueinander sei nicht vorgegeben. Folglich sei auch eine vollständige Überlappung der Bereiche nicht ausgeschlossen. Die Ausführungsbeispiele könnten die Ansprüche nicht auf eine "nur teilweise" Überlappung bzw. Anordnung übereinander beschränken (vgl. die Absätze [0054] und [0112] des Patents). Aus den Ausführungen der Absätze [0116] und [0123] des Patents gehe hervor, dass die Bedingung, dass die erste Information nicht durch die zweite verdeckt werden dürfe, konstruktionsbedingt auch bei vollständiger Überlappung des ersten und zweiten Bereichs erfüllt sei.
Gemäß Merkmal K5 sei die partielle Lackschicht im zweiten Bereich "im Register" zur partiellen Metallschicht angeordnet. Dieser Begriff werde in Absatz [0010] definiert. Es sei davon auszugehen, dass zwei Schichten dann zueinander im Register angeordnet seien, wenn sie eine definierte Lagebeziehung zueinander besitzen (siehe auch Absatz [0021] des Patents).
Gestützt auf die Merkmale V4 und K4 beziehe sich das Verfahrensmerkmal V4 auf den Bereich der Ausbildung des optischen Effekts und nicht auf den Bereich des Auftragens der Lackschicht.
iii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)
Das Sicherheitselement im Sinne des Patents werde in
zwei unterschiedliche "Bereiche" 2,3 aufgeteilt, die
durch die Merkmale V3, V4 und V6 bzw. die Merkmale K3, K4 und K5 definiert seien. Die Bereiche 2,3 seien voneinander getrennt und würden sich nicht überlappen. Im ersten Bereich werde die erste optische Information 131 durch die Metallschicht 13 ausgebildet, im zweiten Bereich 3 die zweite optische Information 151 durch die partielle Lackschicht 15. Eine nicht überlappende Anordnung eines ersten und zweiten Bereichs entspreche der üblichen Auslegung des Begriffs auf dem Gebiet der Sicherheitselemente. Eine Überlappung ergebe technisch keinen Sinn. Alle Figuren des Patents würden eine nicht überlappende, getrennte Ausbildung der Bereiche 2,3 zeigen. Eine Überlappung lasse sich weder aus dem Anspruchswortlaut noch aus der Beschreibung ableiten. Eine vollständige Überlappung der Bereiche würde dem Wortlaut der Ansprüche widersprechen. Absatz [0054] des Patents sei zusammen mit Absatz [0053] zu lesen, der den ersten und zweiten Bereich als separate Bereiche beschreibe. Die Auslegung der Einspruchsabteilung sei dahingehend zutreffend, dass die erste optische Information nicht durch die zweite verdeckt werden dürfe.
Aus den Absätzen [0010] und [0021] gehe hervor, dass eine Anordnung "im Register" eine definierte Lagebeziehung unter Einhaltung einer Lagetoleranz beschreibe.
Mit Bezug auf die Merkmale V4 und K4 sei die Metallschicht im rechten Bereich der Fig. 1 des Patents in der Fig. 2 mit einer Lackschicht in Form eines Guillochenmusters überdeckt und werde anschließend strukturiert. Wie aus Fig. 3 erkenntlich sei, werde die Kontur komplett durch die Lackschicht vorgegeben. Die Auftragung der Lackschicht und die Ausbildung der optischen Information würden hier zusammenfallen. Der zweite Bereich sei also dort, wo die partielle Lackschicht aufgebracht werde.
b) Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ
i) Beschwerdeführerin I (Einsprechende 1)
Anspruch 1
Gemäß Merkmal V6 diene die auf die Metallschicht aufgebrachte partielle Lackschicht als Maske für die darunter liegende Metallschicht. Nach Merkmal V7 würden die von der Lackschicht bedeckten Bereiche selektiv entfernt. Aus dem Patent gehe jedoch nicht hervor, wie sich die von der Lackschicht bedeckten Bereiche der Metallschicht abtragen lassen. Vielmehr komme es bei Einsatz eines materialabtragenden Verfahrens und der Verwendung einer Lackschicht als Maske zum Erhalt der von der Lackschicht abgedeckten Bereiche der Metallschicht und zu einem Materialabtrag in jenen Bereichen, wo die Metallschicht nicht von der Lackschicht bedeckt sei. Die von der Einspruchsabteilung zitierten Passagen bezögen sich darauf, dass Ätzmittel und Ätzverfahren grundsätzlich bekannt seien, ließen jedoch unberücksichtigt, dass die Merkmale V6 und V7 fordern, dass die Lackschicht als Maske bzw. Ätzmaske dient, beim Ätzen jedoch nur jene Bereiche der Metallschicht, die nicht von der Lackschicht bedeckt seien, abgetragen werden. Jene Bereiche der Metallschicht hingegen, die durch die Lackschicht bedeckt seien, blieben erhalten. Es sei nicht offenbart, wie jene Bereiche der Metallschicht, die von der Lackschicht bedeckt bzw. geschützt seien, beim Ätzen selektiv abgetragen werden sollen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei somit nicht so deutlich offenbart, dass ein Fachmann ihn nacharbeiten könne.
Anspruch 5
Anspruch 5 lehre die Ausbildung der Lackschicht als
Ätzresist. Es gehe jedoch aus der Offenbarung des Patents nicht hervor, wie bei einem Ätzverfahren die unter der Lackschicht vorhandene Metallschicht entfernt werde, wenn die Lackschicht als Ätzresist wirkt und somit die Bereiche der Metallschicht dort erhalten bleiben, wo sie unter der Lackschicht liegen. Die Einspruchsabteilung habe die Ausführbarkeit damit begründet, dass der Fachmann die funktionsfähigen Ansprüche
identifizieren könne, und unter Verweis auf die Ent-scheidung G 1/03 ausgeführt, dass das Vorliegen nicht
funktionsfähiger Ausführungsformen im Anspruch unschädlich sei, sofern das Patent ausreichende Angaben zu den relevanten Kriterien enthalte, anhand derer die funktionsfähigen Ausführungsformen unter den beanspruchten Alternativen identifiziert werden könnten. Es sei nicht richtig, dass der Fachmann durch die Offenbarung der Absätze [0021] bis [0025] und [0111] bis [0115] des Patents befähigt werde, die ausführbaren von den nicht ausführbaren Alternativen zu unterscheiden. In den zitierten Absätzen gehe es darum, dass die Lackschicht als Ätzresist verwendet und auf die Metallschicht aufgebracht werde. Es sei nicht offenbart, wie sich von der Lackschicht bedeckte Bereiche der Metallschicht abtragen ließen. Eine Unterscheidung von ausführbaren und nicht ausführbaren Alternativen sei nicht möglich.
Auf die Bemerkung der Kammer hin, dass der Anspruch 5, der vom Anspruch 4 abhängt, sich nicht auf Schritt d) von Anspruch 1 beziehe, sondern auf Schritt b), erklärte die Beschwerdeführerin I, dass es hier tatsächlich um etwas anderes gehe, dass der Einwand aber der gleiche sei wie beim Schritt d). Es bestehe ein Zusammenhang mit Schritt d), denn man könne an mit Lack geschützten Stellen kein Material durch Ätzen abtragen. Die partielle Demetallisierung gemäß Anspruch 4 entspreche der Strukturierung im zweiten Bereich.
ii) Beschwerdeführerin II (Einsprechende 2)
Anspruch 1 umfasse zwei Alternativen, von denen eine nicht ausreichend offenbart sei. Es handle sich nicht um eine Vielzahl denkbarer Alternativen, von den einige nicht funktionsfähigen Ausführungsformen entsprächen, noch enthalte das Patent ausreichende Angaben zu den relevanten Kriterien, anhand derer mit vertretbarem Aufwand geeignete Alternativen aus dem beanspruchten Bereich ausgewählt werden könnten. Ein "besonderer Fall" im Sinne der Entscheidung G 1/03 liege nicht vor. Insgesamt gebe das Patent dem Fachmann keine Anleitung, wie vorzugehen sei, damit zwar die partielle Metallschicht in den Bereichen, die von der partiellen Lackschicht bedeckt sind, selektiv entfernt werde, die partielle Lackschicht zur Ausbildung einer zweiten optischen Information aber erhalten bleibe und sich nach der Strukturierung eine registergenaue Lagebeziehung zwischen der Metallschicht und der Lackschicht ergebe. Auch die Lehre der Absätze [0032] bis [0041] sei nicht hilfreich. Absatz [0031] stelle bereits klar, dass die folgenden Absätze nicht generell das partielle Demetallisieren der Metallschicht im zweiten Bereich beträfen, sondern dass nur das partielle Demetallisieren in den vorangehenden Verfahrensschritten beschrieben werde (vgl. die abhängigen Ansprüche 4 und 5). Da kein Verfahren unter Verwendung einer partiellen Lackschicht gemäß Anspruch 1 beschrieben sei, würden auch die Absätze [0021] bis [0041] dem Fachmann keine ausreichende Lehre zur Verfügung stellen. Selbst wenn man annähme, dass die Absätze [0032] bis [0041] auch den
Verfahrensschritt d) beträfen, stelle die Belichtungsmaske keine partielle Lackschicht gemäß Anspruch 1 dar.
Das Patent unterscheide klar zwischen einer Maske und einer Belichtungsmaske (siehe Absatz [0039]). Durch letztere würden nur die Eigenschaften der belichteten Schicht (dem Photoresist) lokal verändert (vgl. Absatz [0041], der sich nur auf die weitere partielle Lackschicht beziehe). Die eigentliche Strukturierung bzw. Entfernung der Metallschicht erfolge dort, wo der als Maske dienende Photoresist entfernt worden sei. Da dem
Fachmann kein eindeutiger Weg zu Ausführung der Erfindung aufgezeigt werde, sei er auf bloße Vermutungen angewiesen. Daher offenbare das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen konnte. Die weitere partielle Lackschicht bilde im Übrigen keine zweite optische Information im Sinne der Merkmale V4 und V5 aus. Mit dem in den Absätzen [0034] bis [0041] beschriebenen Ätzverfahren lasse sich keine Strukturierung im Sinne der Merkmale V5 bis V7 durchführen. Die als Maske wirkende partielle Lackschicht müsse sich bei der Strukturierung über die Metallschicht hinaus erstrecken (Absatz [0019]).
iii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)
Die Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung sei auch für die Variante 2 des Merkmals V7 erfüllt. Der Einwand, dass dem Fachmann nicht erklärt werde, wie er die partielle Lackschicht als einen Ätzresist ausgestalten und die unter der Lackschicht liegende Metallschicht entfernen könne, sei ein Einwand nach Artikel 84 EPÜ. Die Einspruchsabteilung habe nicht erklärt, dass nur die Variante 1 des Merkmals V7 ausreichend offenbart sei. Sie habe nur als nicht ausführbar befunden, wie bei einem Ätzverfahren die Metallschicht unter der Lackschicht entfernt werden könne, wenn die Lackschicht als positiver Ätzresist wirke. Sie habe jedoch darauf verwiesen, dass der Fachmann die funktionsfähigen Alternativen unter den beanspruchten Alternativen identifizieren könne. Der Fachmann lese Ansprüche grundsätzlich mit dem Willen, sie zu verstehen. Die Absätze [0034] bis [0041] des Patents würden z.B. das Aufbringen eines Photoresists auf den zweiten Bereich und dessen Belichtung unter Verwendung einer Belichtungsmaske und einen anschließenden Ätzvorgang offenbaren. Die Lehre der Absätze [0035] und [0041] sei besonders relevant. Wie auch in Absatz [0039] ausgeführt sei, könnten Belichtungsmasken zur Belichtung des Photoresists verwendet werden und aus einer partiellen Lackschicht bestehen. Es werde dort explizit auf eine Maskierungsfunktion bzw. einen Kontrastunterschied bei der Belichtung hingewiesen. Man könne nicht davon ausgehen, dass der positive bzw. negative Photoresist die partielle Lackschicht als Maske im Sinne des Patents ausbilde. Mit den genannten Informationen sei es dem Fachmann ohne unzumutbaren Aufwand möglich, die partielle Lackschicht als Belichtungsmaske für die Strukturierung der Metallschicht zu verwenden, wobei die Aufbringung des Photoresists nur ein Zwischenschritt sei. Je nachdem, ob ein positiver oder negativer Photoresist durch die partielle Lackschicht hindurch belichtet werde, könnten Bereiche der Metallschicht erhalten bleiben oder entfernt werden. Der Fachmann erhalte ausreichend Information, um die partielle Lackschicht als Maske zu verwenden, wobei die Metallschicht in von der Lackschicht bedeckten Bereichen entfernt werde und die partielle Lackschicht dennoch erhalten bleibe bzw. eine zweite optische Information ausbilde. Somit sei ein Beispiel zur Ausführung der Erfindung angegeben. Der Fachmann könne die Erfindung mithilfe seines allgemeinen Fachwissens ohne unzumutbaren Aufwand im gesamten beanspruchten Bereich ausführen. Es sei auch unzutreffend, dass aus dem Patent nicht hervorgehe, wie sich die von der Lackschicht bedeckten Bereiche der Metallschicht abtragen ließen. Es handle sich wiederum um einen Einwand nach Artikel 84 EPÜ. Der Fachmann erhalte genügend Information, um (z.B. unter Verwendung der partiellen Lackschicht als Belichtungsmaske beim Belichten eines negativen Photoresists) Bereiche der Metallschicht abzutragen, die von der partiellen Lackschicht bedeckt sind.
Der Einwand gegen Anspruch 5 - und die Gegenargumente - sei analog zu jenen gegen Anspruch 1, unabhängig davon, ob sich Anspruch 5 auf Schritt b) oder d) bezieht.
c) Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 54 EPÜ: Neuheit gegenüber der Druckschrift D10
i) Beschwerdeführerin II (Einsprechende 2)
Die Druckschrift D10 offenbare den Gegenstand der Ansprüche 1 und 9. Die Figur 6d zeige ein Sicherheitselement, bei dem gemäß Absatz [0084] in Auflicht-Ansicht (durch die Folie 11 hindurch) das Hologramm-Motiv und zusätzlich farbige Bereiche zu erkennen seien. Die zusätzliche Farbschicht 22 ändere daran nichts. Weitere Schichten seien nicht ausgeschlossen (Anspruch 12 des Patents). Es sei nicht zutreffend, dass die farbigen Bereiche immer vollständig über dem Hologramm liegen, sodass nicht festgestellt werden könne, wie ein erster Bereich zu definieren wäre, in dem die zweite Information nicht vollständig über der ersten Information (Hologramm) liege. Das Vorhandensein des farbigen Resistlacks 30 im ersten Bereich sei für die Erkennbarkeit der dadurch gebildeten Information ohne Bedeutung, vgl. Absatz [0084]. Die durch das Hologramm gebildete Information werde in Aufsicht nicht durch den farbigen Resist 33 verdeckt. Darüber hinaus schließe Anspruch 9 nicht aus, dass sich der erste und der zweite Bereich vollständig überlappen. Somit sei das Merkmal K3 verwirklicht. In Bezug auf das Verfahren werde darauf hingewiesen, dass die in den Figuren 6c und 6d dargestellten weiteren Schritte nichts an der grundsätzlichen Wirkung des beschriebenen Verfahrens ändern. Anspruch 1 schließe das Vorhandensein anderer Verfahrensschritte nicht aus und verlange nicht, dass das partielle Demetallisieren mit Schritt b) abgeschlossen sein müsse oder dass das erste partielle Demetallisieren mit einer Schutzlackschicht fixiert werde. Absatz [0020] des Patents offenbare die Möglichkeit einer weiteren Strukturierung. Bei dem Verfahren gemäß Fig. 6 der Druckschrift D10 werde auf die in Teilbereichen vorhandene Metallisierung 12 ein Resistlack 30 aufgetragen. Durch die Demetallisierung sei der erste Bereich 13 bereits grob definiert. Die Aufbringung der Funktionsschichten erfolge nach bekannten Verfahren. Die Resistlackbereiche 33 würden die metallisierten Bereiche 12 teilweise überlappen. Dann werde die nicht durch Lack geschützte Metallisierung 12 entfernt. Somit werde die Metallisierung zur Ausbildung einer optischen Information im zweiten Bereich feinstrukturiert. Gleichzeitig werde die Metallisierung zur Ausbildung einer ersten optischen Information feinstrukturiert (Absatz [0054] des Patents). Dabei bleibe die Metallisierung in den von Resistlack bedeckten Teilbereichen selektiv erhalten (Absätze [0027], [0029] der Druckschrift D10). Die Merkmale V1 und V3 des Anspruchs 1 seien somit offenbart. Die erste optische Information müsse nicht bereits vor dem Aufbringen der partiellen Lackschicht in Schritt c) ausgebildet sein. Das Merkmal V3 lasse offen, in welchen Herstellungsschritten das partielle Metallisieren der Metallschicht zur Ausbildung einer ersten optischen Information erfolge. Die Metallschicht könne z.B. nach einer Grobstrukturierung noch unter Zuhilfenahme einer partiellen Lackschicht feinstrukturiert werden (Absatz [0053] des Patents). Das Aufbringen einer Schutzlackschicht sei optional (Absatz [0084] des Patents). Die Schutzschicht müsse auch nicht transparent ausgebildet sein (Absatz [0083] des Patents). Die Ausführungsform gemäß Fig. 6 der Druckschrift D10 weise zwei optische Informationen auf, nämlich ein Hologramm und zusätzlich farbige Resistlack-Bereiche (siehe Absatz [0084] der Druckschrift D10). Das Argument, die Fig. 6 zeige nur Schnittbilder und offenbare nichts zu den Bereichen, sei unzutreffend. Die Formulierung der Merkmale V3, V4, V5 bzw. K3, K4, K6 setze eine Betrachtung von der Sichtseite des Mehrschichtkörpers voraus (siehe die Absätze [0086] bzw. [0116] des Patents). Bei rückseitiger Betrachtung würden auch einige der im Patent beschriebenen Ausgestaltungen nicht unter den Wortlaut der Ansprüche fallen. Das Vorhandensein des farbigen Resistlacks 30 im ersten Bereich des in Fig. 6b, 6d gezeigten Sicherheitselements sei für die Erkennbarkeit der dadurch gebildeten ersten Information bedeutungslos (D10, Absatz [0084]). Gemäß dem Patent könne auch die partielle Lackschicht zur Ausbildung der ersten optischen Information eingesetzt werden (Absatz [0020]).
Die Antwort auf die Frage, wo in der Fig.6 der erste und der zweite Bereich zu finden seien, hänge von der Auslegung der Ansprüche ab. Wenn man den Anspruch derart eng auslege, dass die erste Information nur von der Metallschicht gebildet werde, könne man den mittleren Bereich ohne eine ihn umgebende Lackschicht als ersten Bereich ansehen und die restliche Kombination von Metall- und Lackschicht als zweite Information. Alternativ könne man die durch die Metallschicht gebildete Information (das Hologramm) als erste Information ansehen, und überlappend damit die zweite optische Information, die durch die Lackschicht erzeugt werde.
ii) Beschwerdeführerin I (Einsprechende 1)
Die Beschwerdeführerin I schloss sich der Auffassung
der Beschwerdeführerin II an. Die beiden Bereiche ließen sich durch ihre Funktionsweise unterscheiden. Der erste Bereich sei jener, wo das Hologramm sichtbar sei, und der zweite Bereich sei der Bereich, wo die farbige Information ein mehrfarbiges Motiv bilde.
iii) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)
Die Druckschrift D10 offenbare keine Einteilung in zwei Bereiche mit einer ersten und einer zweiten optischen Information. Somit seien zumindest die Merkmale V3, V4 und V6 bzw. die Merkmale K3, K4 und K5 nicht aus der Druckschrift D10 bekannt. Gemäß dem Ausführungsbeispiel der Fig. 6a und 6b finde eine Strukturierung der Metallisierung 12 nicht in einem weiteren Bereich mit einer weiteren optischen Information statt, sondern im selben Bereich. Es seien keine Bereiche der Metallisierung 12 zu finden, die bereits in dem in der Fig. 6a gezeigten Schritt eine optische Information ausbilden bzw. in Fig. 6b nicht im Resistbereich 33 liegen. Diese erste optische Information werde dann durch Ätzen wieder zerstört bzw. zu einer Teilinformation der zweiten optischen Information gemacht. Im Gegensatz dazu bleibe sie im patentgemäßen Verfahren erhalten, denn Schritt d) beziehe sich auf die in Schritt b) erzeugte partielle Metallschicht, was bedeute, dass die erste optische Information zu diesem Zeitpunkt bereits vorliege. Die erste und zweite optische Information müssten jeweils eigenständig als solche erkennbar sein, was ausschließe, dass die erste optische Information eine Teilinformation der zweiten sei. Im Ausführungsbeispiel der Abbildungen 6b und 6d bei Betrachtung im Auflicht durch das Substrat 11 hindurch könne man nicht den mittleren Funktionsbereich 13 mit Metallisierung 12 als den ersten Bereich sowie die linken und rechten Bereiche als den zweiten Bereich werten. Im linken und rechten Bereich sei die Metallisierung 12 nämlich demselben Hologramm zuzuordnen wie im mittleren Bereich. Die Resistbereiche 33 lägen somit nur so vor, dass sie eine einzige optische Information, die durch die Metallisierung 12 gebildet werde, vollständig bedecken. Wenn also die Metallisierung 12 eine erste optische Information in einem ersten Bereich ausbilde, so fehle es an einem getrennten zweiten Bereich, in welchem ein Resistbereich 33 die Metallisierung 1 und Bereiche ohne Metallisierung 12 bedecke. Werde die Metallisierung 12 als im zweiten Bereich vorliegend verstanden und der zweiten optischen Information zugeordnet, so fehle es an einem ersten Bereich mit einer ersten optischen Information gemäß dem Merkmal K3. Bei Betrachtung von der anderen Seite werde die Metallisierung 12 im Übrigen aufgrund der Ausbildung des Resistlacks 30 auch vollflächig verdeckt, so dass von dieser Seite eine Information der Metallisierung 12 nicht sichtbar sei (vgl. Absatz [0084]). Eine erste Information, die nicht durch eine zweite Information verdeckt sei, sei somit nicht offenbart. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Fig. 6 eine reine Schnittdarstellung sei. Die Draufsicht des Sicherheitsmerkmals sei nicht offenbart. Somit ließen sich die Bereichsgrenzen nicht eindeutig festlegen. Es sei nicht klar, ob der mittlere Bereich der Fig. 6d von den rechts und links angeordneten Bereichen umschlossen sei oder außerhalb liege. Die gezackte Darstellung der Schichten 15 und 11 deute darauf hin, dass hier nur Teilelemente gezeigt seien.
Zur Frage, wie die Bereiche in der Fig. 6 definiert seien, erklärte die Beschwerdegegnerin noch, dass der Resistbereich eine spezielle Form habe. Wenn er z.B. ein "P" bilde, könne das Hologramm auch nur als Teil dieses "P" vorliegen. Insgesamt würde aber nur diese eine optische Information vorliegen.
d) Zulassung der Hilfsanträge 1a und 1b
i) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)
Angesichts der Gründe für die Zurückweisung des Hauptantrags durch die Kammer sei der Kammer zuzustimmen, dass die Hilfsanträge 1a und 1b nicht prima facie relevant seien.
ii) Beschwerdeführerinnen (Einsprechende 1, 2)
Die Beschwerdeführerinnen schlossen sich diesbezüglich der Meinung der Beschwerdegegnerin an.
e) Hilfsantrag 1
i) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)
Angesichts der Gründe für die Zurückweisung des Hauptantrags durch die Kammer verzichte die Beschwerdegegnerin auf einen weiteren Sachvortrag.
ii) Beschwerdeführerinnen (Einsprechende 1, 2)
Auch die Beschwerdeführerinnen verzichteten in dieser Frage auf einen weiteren Sachvortrag.
f) Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung
i) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin)
Es sei angemessen, die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen, da der Gegenstand des Antrags noch nie behandelt wurde und die Kammer die Ansprüche anders auslege.
ii) Beschwerdeführerinnen (Einsprechende 1, 2)
Im Hinblick auf die andere Auslegung durch die Kammer bestünden keine Einwände gegen die Zurückverweisung.
g) Rückerstattung der Beschwerdegebühr
i) Beschwerdeführerin II (Einsprechende 2)
Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Artikel 113 (1)
EPÜ betreffe nicht nur das Recht, sich zu äußern, sondern auch das Recht auf gebührende Berücksichtigung der
Äußerungen. Das Vorbringen eines Beteiligten müsse in der anschließenden Entscheidung berücksichtigt werden. In den Punkten 9 bis 12 der angefochtenen Entscheidung werde nur auf die Eingaben der Einsprechenden 2 vom 22. September 2022 und vom 2. November 2022 verwiesen. Ihre Stellungnahme vom 27. Juli 2021 sei offensichtlich nicht berücksichtigt worden. In den weiteren Abschnitten werde nur auf die erstgenannten Eingaben verwiesen. Dort seien keine Hinweise darauf zu finden, dass sich
die Einspruchsabteilung mit der Stellungnahme auseinandergesetzt habe. Die mit dieser Eingabe vorgebrachten Argumente zu den als neuheitsschädlich erachteten Dokumenten D12 und D16 seien nicht berücksichtigt worden. In Punkt 3.2.4 des Bescheids vom 14. Oktober 2021 habe die Einspruchsabteilung feststellt, dass die Einsprechenden noch keine Argumente zu den neu eingereichten Hilfsanträgen vorgebracht hätten. Sie habe somit die Ausführungen in der Eingabe vom 27. Juli 2021 bereits im Ladungsbescheid unberücksichtigt gelassen, obwohl sie für die Einspruchsgründe der mangelnden Neuheit von zentraler Bedeutung gewesen seien. Daher liege ein Verstoß gegen Artikel 113 (1) EPÜ und damit ein wesentlicher Verfahrensmangel vor, der die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertige.
1. Auslegungsfragen
1.1 Zusammenschau der Merkmale
Erteilten Ansprüchen ist die breitestmögliche, für den Fachmann technisch sinnvolle Auslegung beizumessen. Insbesondere dürfen Merkmale der Ausführungsbeispiele nicht einschränkend in die Ansprüche hineingelesen werden.
Die Ansprüche 1 und 9 verlangen, dass eine Metallschicht auf einem Substrat des Mehrschichtkörpers ausgeformt wird. Diese Schicht wird dann teilweise demetallisiert, wodurch eine erste optische Information "in einem ersten Bereich" des Mehrschichtkörpers ausgebildet wird. Die Information kann im Prinzip positiv oder negativ sein: So kann z.B. die übrig bleibende Metallschicht eine bestimmte Form aufweisen, oder eine durch die Demetallisierung erzeugte Aussparung der Metallschicht kann die Form eines Zeichens haben.
Der Begriff "Bereich" bezeichnet in der Regel einen abgegrenzten Raum bzw. ein Gebiet von bestimmter Ausdehnung (siehe den entsprechenden Eintrag im Online-Duden, www.duden.de/rechtschreibung/Bereich). Der erste Bereich ist notwendigerweise ein Gebiet des Mehrschichtkörpers, in dem die erste optische Information ausgebildet wird und sichtbar ist. Der erste Bereich kann nicht wesentlich über die Elemente, die die erste optische Information tragen, hinausgehen, da das Merkmal sonst bedeutungslos wird. Der erste Bereich wird somit verstanden als der Bereich, in dem der erste optische Effekt entsteht.
Die Ansprüche verlangen ebenso, dass eine partielle Lackschicht in einem zweiten Bereich auf den Mehrschichtkörper aufgebracht wird. Aus den Merkmalen V6 und V7 bzw. K6 geht hervor, dass die Lackschicht eine Überlappung mit der Metallschicht haben muss. Sie kann aber nicht auf letztere beschränkt sein, sondern muss sich "zumindest teilweise über die Metallschicht ... hinaus erstrecken". Der Ausdruck "zumindest teilweise" impliziert, dass sich die Lackschicht auch vollständig über die Metallschicht hinaus erstrecken kann, was so zu verstehen ist, dass sie allenthalben über die Metallschicht hinausgeht.
Es besteht ein Unterschied in der Formulierung der Merkmale V4 und K4. Das Merkmal V4 verlangt, dass die partielle Lackschicht in einem zweiten Bereich des Mehrschichtkörpers aufgebracht wird, und zwar zur Ausbildung einer zweiten optischen Information. Das Merkmal K4 hingegen verlangt, dass die Lackschicht die optische Information im zweiten Bereich ausbildet. Die Parteien waren sich einig, dass daraus kein grundsätzlicher Unterschied in der Deutung der Bereiche ableitbar ist. Die Kammer legt die Merkmale V4 und K4 ebenfalls so aus, dass die Ausbildung der optischen Information den ersten bzw. den zweiten Bereich bestimmt.
Zur Frage, wie sich der erste und zweite Bereich zueinander verhalten, hat die Einspruchsabteilung in Punkt 1.3.1 der Gründe für die angefochtene Entscheidung Folgendes ausgeführt:
"Das Streitpatent legt nicht fest, dass die beiden Bereiche unbedingt getrennt sein müssen. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass der erste Bereich und der zweite Bereich teilweise übereinander bzw. überlappend angeordnet seien. Es besteht jedoch kein Zweifel daran, dass die erste Information in dem ersten Bereich und die zweite Information in dem zweiten Bereich erkennbar sein muss, d.h. daher, dass die erste Information konkret nicht durch die zweite Information verdeckt werden darf, selbst wenn sich der zweite Bereich teilweise in den ersten Bereich erstreckt." (Hervorhebung durch die Einspruchsabteilung)
Die Kammer teilt die Auffassung der Einspruchsabteilung, dass eine Überlappung der ersten und zweiten Bereiche nicht ausgeschlossen werden kann. Der Anspruchswortlaut schließt eine teilweise Überlappung der Bereiche nicht aus. Die Kammer ist sich bezüglich der Überlappung von Bereichen auch keiner "üblichen Auslegung" auf dem Gebiet der Sicherheitselemente bewusst. Zudem ist die Möglichkeit einer teilweisen Überlappung nicht technisch unsinnig. Die Tatsache, dass das Patent keine Ausführungsbeispiele zeigt, bei denen die Bereiche sich teilweise überlappen, ist nicht entscheidend, da nicht beanspruchte Merkmale von Ausführungsbeispielen nicht auf dem Weg über die Auslegung in den Anspruch hineingelesen werden dürfen (siehe auch T 1646/12, Punkt 2.1 der Entscheidungsgründe).
Ein komplettes Zusammenfallen der beiden Bereiche hätte der Fachmann hingegen nicht als von den Ansprüchen umfasst angesehen, da der Anspruchswortlaut die Unterscheidbarkeit der Bereiche voraussetzt.
Die Frage, ob ein teilweises Verdecken der ersten Information durch die zweite (oder umgekehrt) ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht in aller Allgemeinheit beantworten. Der Anspruchswortlaut stellt hier keine Anforderungen. Dessen ungeachtet müssen die optischen Informationen jeweils als solche erkennbar sein, wenn der erhaltene Mehrschichtkörper den Erfordernissen der Ansprüche genügen soll.
Der zweite Bereich kann nur in Spezialfällen ein Teilbereich des ersten sein, da sich die partielle Lackschicht (und somit der zweite Bereich, zu dessen Ausbildung die Lackschicht gemäß Merkmal V4 dient) über die Metallschicht (und damit über den ersten Bereich) hinaus erstrecken muss. Eine Ausformung des ersten Bereichs als Teilbereich des zweiten Bereichs ist hingegen nicht ausgeschlossen.
Die Auffassung, dass ein komplettes Zusammenfallen der Bereiche ebenso vom Anspruch umfasst wird, wurde unter anderem auf den Absatz [0054] des Patents gestützt. Letzterer ist Teil der Beschreibung einer ab Absatz [0053] beschriebenen Variante des Verfahrens, bei der die partielle Demetallisierung im ersten und zweiten Bereich in einem gemeinsamen Arbeitsgang durchgeführt wird. Dabei werden zuerst separierte metallisierte Bereiche geschaffen. Anschließend werden beide Bereiche unter Zuhilfenahme einer partiellen Lackschicht feinstrukturiert. In diesem Zusammenhang ist ausgeführt, dass die Lackschicht "die Metallschicht des ersten und/oder zweiten Bereichs vollständig oder nur teilweise" überlappt. Davon, dass sich die beiden Bereiche vollständig überlappen, ist auch hier nicht die Rede.
1.2 "... im Register ..." (Merkmal K5)
Der Begriff "Register" wird im Absatz [0010] des Patents wie folgt definiert:
"Unter Register oder Registergenauigkeit ist die lagegenaue Anordnung von übereinander oder nebeneinander liegenden Schichten relativ zueinander unter Einhaltung einer gewünschten Lagetoleranz zu verstehen."
2. Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ
Die Beschwerdeführerinnen machten geltend, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 5 nicht ausführbar sei.
2.1 Anspruch 1
Der Einwand gegen den Gegenstand von Anspruch 1 besteht im Wesentlichen darin, dass nicht offenbart sei, wie die partielle Metallschicht in den von der partiellen Lackschicht bedeckten Bereichen selektiv entfernt werden kann (Variante 2 von Merkmal V7).
Die Einspruchsabteilung hat diesen Einwand in Punkt 1.2 der Gründe für die angefochtene Entscheidung zurückgewiesen. Sie hat festgestellt, dass die für das Demetallisieren im ersten Bereich beschriebenen Ätzmittel und Verfahrensparameter ähnlich für das Demetallisieren im zweiten Bereich verwendet werden können bzw. dass negative Ätzresist-Lackschichten zum einschlägigen Fachwissen gehören. Sie hat eingeräumt, dass nicht offenbart sei, wie bei einem Ätzverfahren die unter der als positiver Ätzresist wirkenden Lackschicht befindliche Metallschicht entfernt werden kann, hat darin aber nur eine "nichtfunktionsfähige Ausführungsform" im Sinne von Punkt 2.5.1 der Gründe für die Entscheidung G 1/03 gesehen, deren Einschluss unschädlich ist, sofern es eine Vielzahl denkbarer Alternativen gibt und das Patent ausreichende Angaben zu den relevanten Kriterien enthält, anhand deren mit vertretbarem Aufwand geeignete Alternativen aus dem beanspruchten Bereich ausgewählt werden können. Der Fachmann werde dazu z.B. durch die Lehre der Absätze [0021] bis [0025] und [0111] bis [0115] befähigt.
Die Kammer kann dieser Auffassung nicht folgen. Ihr erschließt sich nicht, wie der Fachmann die Variante 2 des Merkmals V7 in die Tat umsetzen und erreichen konnte, dass die partielle Metallschicht in den Bereichen, die von der Lackschicht bedeckt sind, selektiv entfernt wird. Das Patent liefert hierzu keine Anleitung.
Es handelt sich dabei auch nicht um eine "nicht funktionsfähige Ausführungsform" im Sinne der Entscheidung G 1/03 (siehe Punkt 2.5.1 der Gründe für die Entscheidung), da die nicht ausführbare Variante explizit beansprucht wird.
Die gegenteiligen Argumente der Beschwerdegegnerin haben die Kammer nicht überzeugt.
Die Kammer kann sich der Auffassung, es handle sich in Wirklichkeit um einen Klarheitseinwand, nicht anschließen. Die Schwierigkeit besteht im vorliegenden Fall nicht darin, den beanspruchten Bereich klar abzugrenzen. Vielmehr wird der Fachmann nicht in die Lage versetzt, das beanspruchte Verfahren gemäß der zweiten Alternative von Merkmal V7 in die Tat umzusetzen. Auch die Absätze [0034] bis [0041] des Patents sind nicht dazu angetan, diese Lücke in der Offenbarung zu füllen.
2.2 Anspruch 5
Anspruch 5 betrifft ein "Verfahren nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet, dass das partielle Demetallisieren der Metallschicht (13) im zweiten Bereich (3) durch Ätzen erfolgt, wobei bevorzugt im zweiten Bereich (3) ein Ätzmittel, insbesondere eine Lauge, auf die Metallschicht (13) gedruckt wird, insbesondere durch Flexodruck, oder wobei bevorzugt vor dem Ätzen ein Photoresist auf den zweiten Bereich (3) aufgebracht und unter Verwendung einer Belichtungsmaske belichtet wird und bevorzugt die Belichtungsmaske durch eine vor dem Aufbringen der Metallschicht (13) auf das Substrat aufgebrachte partielle Lackschicht (15) gebildet wird, oder wobei bevorzugt vor dem Ätzen ein Ätzresist partiell auf den zweiten Bereich (3) aufgebracht wird und nach dem Ätzen wieder entfernt wird".
Anspruch 4, auf den sich Anspruch 5 bezieht, betrifft ein "Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass vor dem Aufbringen der partiellen Lackschicht (15) in Schritt c) die Metallschicht (13) im zweiten Bereich (3) partiell demetallisiert wird."
Es ist somit klar, dass sich Anspruch 5 nicht auf den Schritt d) gemäß Anspruch 1 bezieht, sondern auf einen Schritt, der dem Schritt c) vorangeht. Die Kammer kann in Anspruch 5 als solchem keine Lehre erkennen, deren Ausführung den Fachmann vor unlösbare Probleme gestellt hätte. Der auf Anspruch 5 gestützte Einwand ist daher nach Auffassung der Kammer unbegründet.
2.3 Ergebnis
Der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ steht
der Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt entgegen.
3. Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 54 EPÜ
3.1 Neuheit des Gegenstands der Ansprüche 1 und 9 gegenüber der Druckschrift D10
Die Druckschrift D10 beschäftigt sich mit Verfahren zur
Herstellung von Sicherheitselementen.
Im Verfahren gemäß der Fig. 6 wird von einem Teilelement 10 ausgegangen, das ein Trägersubstrat 11, eine Prägelackschicht 15 mit Beugungsstruktur 15'und einer Metallisierung 12, die Bereiche der Prägelackschicht bedeckt, umfasst. Auf der Metallisierung 12 ist ein farbiger Resistlack 33 aufgetragen, der die Bereiche 12 teilweise überlappt. Dann werden die nicht durch Resistlack geschützten Bereiche der Metallisierung entfernt|FORMEL/TABELLE/GRAPHIK|
(Fig. 6b). In Aufsicht (durch das Trägersubstrat 11 hindurch) erkennt der Betrachter ein Hologramm (Bereiche 13 mit Beugungsstruktur) sowie farbige Bereiche. Dann wird das Teilelement 10 mit einem zweiten Teilelement 20 bestehend aus einer Folie 21 und einer Farbschicht 22 verklebt (Fig. 6c). Nach dem Abziehen der Folie 21 erhält man das Sicherheitselement mit dem in Fig. 6d gezeigten Aufbau. In Durchsicht sind konturenscharfe Linien getrennt durch Aussparungen zu erkennen. In Aufsicht durch die Folie 11 sind das Hologramm-Motiv und farbige Bereiche zu sehen. In der rückseitigen Auflichtansicht erkennt man ein mehrfarbiges Motiv. Die metallisierten Bereiche 13 sind nicht zu erkennen, da sie durch farbigen Resist oder durch die Bereiche 23 abgedeckt werden (Absatz [0084] der Druckschrift D10).
Der durch dieses Verfahren hergestellte Mehrschichtkörper ist ein Sicherheitselement. In Punkt 1.3.4 der Gründe für die angefochtene Entscheidung hat die Einspruchsabteilung zu Recht festgestellt, dass die Fig. 6b nur ein Zwischenprodukt darstellt, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass im Verfahren, dessen Etappen in Fig. 6a bis 6d gezeigt sind, ein Sicherheitselement 1 hergestellt wird.
Der Mehrschichtkörper umfasst ein Substrat 11, eine partielle Metallschicht 13 und eine partielle Lackschicht 33. Die partielle Metallschicht 13 bildet in einem ersten Bereich eine erste optische Information in Form eines Hologramms aus. Die partielle Lackschicht 33 bildet in einem zweiten Bereich eine zweite optische Information in Gestalt farbiger Zonen aus. Dass diese Bereiche für den Betrachter getrennt sind, ist unzweifelhaft in Absatz [0084] offenbart ("... erkennt der Betrachter ein Hologramm ... und zusätzlich farbige Bereiche ..."). Angesichts dieser Offenbarung ist die Abwesenheit einer Abbildung des Sicherheitsmerkmals in Draufsicht unerheblich.
Die partielle Lackschicht 33 ist lagegenau und damit im Register zur partiellen Metallschicht 13 angeordnet. Aus Fig. 6 ist ersichtlich, dass sie sich sowohl in Bereiche, die von der Metallschicht 13 bedeckt sind, als auch in nicht von ihr bedeckte Bereiche erstreckt.
Somit offenbart die Druckschrift D10 nach Auffassung der Kammer alle Merkmale von Anspruch 9. Dieses Ergebnis gilt analog auch für das Verfahren nach Anspruch 1.
Die Gegenargumente haben die Kammer aus den folgenden Gründen nicht überzeugt:
- Die Einspruchsabteilung hat dargelegt, dass die in Aufsicht sichtbaren farbigen Bereiche, die vollständig über dem Hologramm liegen, einen zweiten Bereich darstellen können, dass aber nicht feststellbar sei, wie ein erster Bereich definiert werden könnte, in dem die zweite Information nicht vollständig über der ersten Information liege. Nach Auffassung der Einspruchsabteilung liegen "die genannten farbigen Bereiche ... immer vollständig über dem Hologramm", sodass der erste und der zweite Bereich zusammenfallen. Die Kammer ist zu einem anderen Schluss gelangt: Ein Teil der von der farbigen Lackschicht 33 bedeckten Fläche wird von der Metallisation 13 verdeckt. Das bedeutet, dass der zweite Bereich, also der Bereich der optischen Information, ein Teilbereich des ersten ist. Es kommt daher nicht zu einer vollständigen Überlappung der Bereiche.
- Dessen ungeachtet ist für den Betrachter das Hologramm getrennt von den farbigen Bereichen wahrnehmbar (siehe die oben zitierte Stelle von Absatz [0084] der Druckschrift D10). Es ist daher nicht zutreffend, dass die erste optische Information nur eine Teilinformation der zweiten ist, wie dies von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht wurde.
3.2 Ergebnis
Die Druckschrift D10 nimmt die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 neuheitsschädlich vorweg. Somit erübrigt sich eine Behandlung der anderen von den Beschwerdeführerinnen erhobenen Neuheitseinwände.
Auch der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 54 EPÜ steht der Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt entgegen.
Somit kann dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin nicht stattgegeben werden.
Die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben.
4. Zulassung der Hilfsanträge 1a und 1b - Artikel 13 (2) VOBK
Die Anspruchssätze der Hilfsanträge 1a und 1b waren erstmals mit Schreiben vom 3. Dezember 2024 der Beschwerdegegnerin eingereicht worden, also nach Zustellung der Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15 (1) VOBK. Da diese Anspruchssätze Änderungen aufwiesen, war für ihre Zulassung nach Artikel 13 (2) VOBK einschlägig, wobei zusätzlich auch die in Artikel 13 (1) VOBK genannten Aspekte berücksichtigt werden konnten.
Der Inhalt der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK begründet keine außerordentlichen Umstände, zumal die Kammer keine neuen Einwände erhoben und nichts aufgegriffen hat, womit die Beschwerdegegnerin nicht hatte rechnen können.
Zudem war keiner der Hilfsanträge 1a und 1b dazu geeignet, die Einwände, die zur Zurückweisung des Hauptantrags geführt haben, vollständig auszuräumen: Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 9 des Hilfsantrags 1a und der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1b sind nicht neu gegenüber der Offenbarung der Druckschrift D10.
Die Kammer hat daher beschlossen, die Hilfsanträge 1a und 1b in Anwendung von Artikel 13 (2) VOBK nicht zum Verfahren zuzulassen.
5. Hilfsantrag 1: Ausführbarkeit
Anspruch 2 des Hilfsantrags 2 enthält die zweite Variante von Merkmal V7, die dem Erfordernis der ausrei-
chenden Offenbarung nicht entspricht (siehe Punkt 2.1).
Daher kann diesem Hilfsantrag gemäß Artikel 83 EPÜ nicht stattgegeben werden.
6. Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung
Da die Beschwerdegegnerin die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung beantragte und die Beschwerdeführerinnen erklärten, sie hätten keinen Einwand gegen eine Zurückverweisung, hat die Kammer entschieden, dem Antrag der Beschwerdegegnerin stattzugeben und die Angelegenheit gemäß Artikel 111 (1) EPÜ und Artikel 11 VOBK zur weiteren Entscheidung zurückzuverweisen.
7. Rückerstattung der Beschwerdegebühr - Regel 103 (1) a) EPÜ
7.1 Die Beschwerdeführerin II leitete aus der Tatsache, dass ihr Schriftsatz vom 27. Juli 2021 im Abschnitt "Sachverhalt und Anträge" der angefochtenen Entscheidung nicht erwähnt ist, bzw. aus der Bemerkung in dem der Ladung beiliegenden Bescheid der Einspruchsabteilung, dass "die Einsprechenden noch keine Argumente zu den neu eingereichten Hilfsanträgen vorgebracht haben", ab, dass die Einspruchsabteilung den genannten Schriftsatz unberücksichtigt gelassen hat. Insbesondere seien ihre mit dieser Eingabe vorgebrachten Argumente zu den als neuheitsschädlich erachteten Dokumenten D12 und D16 von der Einspruchsabteilung nicht berücksichtigt worden. Es sei daher anzunehmen, dass die Einspruchsabteilung die dort genannten Argumente nicht berücksichtigt habe.
7.2 Ob der Schriftsatz vom 27. Juli 2021 in dem der Ladung beiliegenden Bescheid der Einspruchsabteilung berücksichtigt und gewürdigt worden ist, ist für die Frage, ob das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin II verletzt worden ist, nicht relevant. Zur Wahrung von Artikel 113 (1) EPÜ ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass sich die angefochtene Entscheidung nur auf Gründe stützt, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Dies impliziert, dass relevante Äußerungen der Beteiligten auch zu berücksichtigen sind.
In der angefochtenen Entscheidung, Punkt 1.3.8 hat sich die Einspruchsabteilung mit der Frage der Neuheit gegenüber den Dokumenten D12 und D16 befasst und im Rahmen der dortigen Ausführungen das ihr relevant erscheinende Vorbringen der Beschwerdeführerin II dargestellt und im Hinblick auf die Neuheit gewürdigt. Abgesehen vom Vortrag der Beschwerdeführerin II, dass der gesamte Schriftsatz nicht berücksichtigt worden sei, hat die Beschwerdeführerin II allerdings kein spezifisches Vorbringen geltend gemacht, das im
Schriftsatz vom 27. Juli 2021 enthalten war und unberücksichtigt geblieben ist. Die Kammer kann nicht erkennen, dass ein Vorbringen der Beschwerdeführerin II aus dem Schriftsatz vom 27. Juli 2021 nicht berücksichtigt, bzw. dass das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin II aufgrund der bloßen Nichterwähnung des Schriftsatzes vom 27. Juli 2021 verletzt wurde.
Ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne von Regel 103 (1) a) EPÜ kann somit nicht festgestellt werden. Daher hat die Kammer entschieden, den Antrag der Beschwerdeführerin II auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr zurückzuweisen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.
3. Der Antrag der Beschwerdeführerin II auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.