H. Europäische Patente als Streitgegenstand in verschiedenen Rechtsordnungen
1. Quetiapin (EP 0 907 364)
Siehe auch 3. Auflage "Rechtsprechung aus den Vertragsstaaten des EPÜ" (2011-2014), Zusatzpublikation – ABl. 2/2015, S. 135-144
BE Belgien
Appellationshof Brüssel, 10. März 2015 – AstraZeneca gegen Teva Pharma Belgium
Schlagwort: parallele Verfahren – Einstweilige Anordnung – Vermutung der Rechtsbeständigkeit
Im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz stellte der Richter fest, dass das Patent die widerlegbare Vermutung der Rechtsbeständigkeit genießt und dass ausländische Nichtigkeitsentscheidungen keine Vermutung der Nichtigkeit für den belgischen Teil des europäischen Patents begründen. Der Richter ordnete im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes an Generika von Quetiapin mit Retardwirkung zurückzurufen.
CH Schweiz
Bundespatentgericht, 11. Februar 2015 (S2014_001)
Schlagwort: parallele Verfahren – vorsorgliche Maßnahmen – Glaubhaftmachung der Nichtigkeit – Bedeutung ausländischer Urteile
Die Klägerin begehrte vorsorgliche Maßnahmen, die auf ein Patent gestützt waren, das Retard-Formulierungen des Wirkstoffs Quetiapin betraf. Die Beklagte wandte ein, das Maßnahmenpatent sei nichtig. Das Bundespatentgericht führte aus, dass das Patent bereits in Deutschland, Großbritannien, Spanien und den Niederlanden in ordentlichen Verfahren – und in Italien in einem Verfahren zum Erlass einer vorsorglichen Maßnahme – für nichtig erklärt worden sei. Einzig in Österreich sei die Nichtigkeit des Patents in einem Verfahren zum Erlass einer vorsorglichen Maßnahme als nicht ausreichend bescheinigt angesehen worden.
Das Bundespatentgericht befand, dass die Einrede der Nichtigkeit allein schon aufgrund dessen, dass fünf europäische Gerichte auf Nichtigkeit des Patents erkannt hätten, glaubhaft gemacht worden sei (siehe Urteil des Bundesgerichts vom 11.10.2004, BGE 4P.89/2004). Wenngleich das Maßnahmebegehren schon aus diesem Grund abzuweisen gewesen wäre, wurde im Sinne einer sorgfältigen Beurteilung ein Fachvotum eingeholt.
Das Bundespatentgericht kam nach Analyse der in anderen Rechtsordnungen ergangenen Entscheidungen zu dem Ergebnis, dass das Patent in Deutschland, Großbritannien, Spanien, den Niederlanden und Italien aus überzeugenden Gründen für nichtig erklärt wurde. Die Überlegungen des Gerichts in Österreich vermochten das Bundespatentgericht hingegen nicht zu überzeugen.
Das Bundespatentgericht wies das Maßnahmebegehren daher vollumfänglich ab.
DE Deutschland
Bundesgerichtshof, 13. Januar 2015 (X ZR 41/13) – Quetiapin
Siehe Kapitel C.1. Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit.
DK Dänemark
See- und Handelsgericht, 17. Juni 2016 (T 2-12 and T-20-13) – AstraZeneca AB und AstraZeneca A/S gegen Teva Denmark A/S; AstraZeneca AB und AstraZeneca A/S gegen Accord Healthcare Ltd.
Schlagwort: parallele Verfahren – erfinderische Tätigkeit – Fachmann – allgemeines Fachwissen
Teva und Accord hatten den Bestand des europäischen Patents (DK) 0 907 364 von AstraZeneca wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit infrage gestellt. Das Gericht bestätigte, dass das Dokument "Gefvert" als nächstliegender Stand der Technik anzusehen war. Die objektive technische Aufgabe bestand laut dem Gericht darin, die Formulierung eines Arzneimittels bereitzustellen, das weniger häufig einzunehmen ist und gleichzeitig zu einer stabileren und einheitlicheren Konzentration des Medikaments im Plasma führt.
Das Gericht zählte die Vorteile von Retardformulierungen zum allgemeinen Fachwissen. Diese Vorteile umfassten (1) eine Verlängerung des Zeitraums, in dem eine therapeutisch wirksame Konzentration des Mittels im Blutplasma vorhanden sei, (2) eine Eindämmung der Schwankungen im Plasmaspiegel, was zur Vermeidung von Über- oder Fehldosierungen beitrage, (3) eine Verringerung der Verabreichungsfrequenz und (4) eine Reduzierung der Probleme bezüglich der ordnungsgemäßen Einnahme durch die Patienten. Dem Gericht zufolge wäre dem Fachmann bewusst, dass die Behandlung möglichst leicht durchführbar sein muss, weshalb auch die Zahl der Einzeldosen möglichst gering sein soll – insbesondere bei schizophrenen Patienten; in dieser Hinsicht sei die Retardformulierung die logische Wahl. Die weiteren Argumente wirkten sich nicht auf die Schlussfolgerung des Gerichts aus, wonach die Dokumente aus dem Stand der Technik in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen die Erfindung nahelegten. Das Gericht erklärte das Patent daher in vollem Umfang für nichtig.
ES Spanien
Oberster Gerichtshof, 20.05.2016 (334/2016) – Accord Healthcare et al. gegen AstraZeneca
Siehe unter Kapitel C.1. Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit.
FR Frankreich
Gericht erster Instanz Paris, 1. Juli 2016 (15/05880) – Mylan gegen AstraZeneca
Schlagwort: parallele Verfahren – erfinderische Tätigkeit – Aufgabe-Lösungs-Ansatz
Das europäische Patent 0 907 364 der Firma A schützt eine Retardformulierung von Quetiapin, die ein Geliermittel enthält, und deren Verwendung zur Behandlung psychotischer Zustände beim Menschen.
Gegen dieses Patent wurden vor den Gerichten verschiedener europäischer Länder Nichtigkeitsklagen erhoben, die mehrheitlich zur Nichtigerklärung des Patents wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit geführt haben (BE, ES, NL, DE, UK, IT).
Das Gericht erster Instanz Paris stellte im Hinblick auf die technische Aufgabe fest, dass der Aufgabe-Lösungs-Ansatz lediglich eine von mehreren möglichen Vorgehensweisen zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit eines Patents ist. Die von der Firma A vorgeschlagene Neuformulierung der technischen Aufgabe (nämlich die Entwicklung eines beim Menschen wirksamen Arzneimittels gegen Psychosen und nicht die Entwicklung einer Retardformulierung von Quetiapin) beruht auf einem künstlichen Schritt, der darauf abzielt, durch eine Ausweitung der technischen Aufgabe die patentgemäße Retardformulierung von Quetiapin erfinderisch erscheinen zu lassen. Aus vor dem Prioritätstag des Patents veröffentlichten Dokumenten geht jedoch hervor, dass die Herstellung und die Verwendung von Quetiapin zur Behandlung der Schizophrenie beim Menschen bereits bekannt waren; insbesondere ist dabei das europäische Patent 0 240 228 zu nennen, mit dem unbestrittenermaßen Quetiapin als neues atypisches Antipsychosemittel geschützt wird. Die von der Firma A gewählte technische Aufgabe ist in keiner Weise relevant, weil am Prioritätstag bereits eine wirksame Behandlung von Psychosen auf der Grundlage von Quetiapin bekannt war.
Anschließend befasste sich das Gericht mit der Definition des Fachmanns und stellte unter anderem fest, dass es sich hierbei um ein Team unter der Leitung eines Pharmazeuten und eines Mediziners handeln kann. Die von der Firma A ausgiebig erörterte Frage der Rangordnung innerhalb dieses Teams ist dabei ohne Belang.
Dem Gericht zufolge war es angesichts des Stands der Technik für den Fachmann naheliegend, die Verwendung einer Retardformulierung von Quetiapin in Betracht zu ziehen. Aufgrund der durchgeführten Studien verfügte er über alle erforderlichen Informationen, um dies ohne Weiteres zu realisieren, indem er für eine regelmäßige und ausreichende Freisetzung des Wirkstoffs insbesondere mittels einer Hydrogel-Matrix sorgte.
Des Weiteren sind laut dem Gericht die von der Firma A behaupteten unerwarteten therapeutische Anwendungen in der Patentschrift gar nicht als Ziel oder Aufgabe genannt und können ohne Nachweis, dass diese Ergebnisse durch die im Patent beschriebene Retardformulierung erzielt werden, nicht zur Feststellung einer erfinderischen Tätigkeit am Prioritätstag des Patents herangezogen werden.
Schließlich erklärte das Gericht den französischen Teil des Patents für nichtig.
HU Ungarn
Kuria von Ungarn (Kúria), 4. Februar 2015 (Pfv.IV.21.455/2014/8) – AstraZeneca AB gegen Teva Gyógyszergyár Zrt. und Teva Pharmaceutical Industries
Schlagwort: parallele Verfahren – erfinderische Tätigkeit – ausreichende Offenbarung
Teva hatte den Widerruf des ungarischen Patents 225 152 von AstraZeneca (entspricht im Wesentlichen EP 0 907 364) auf ein Arzneimittel mit verzögerter Freisetzung beantragt, das Quetiapin in Kombination mit einem Geliermittel und Hilfsstoffen enthält. Im Widerrufsverfahren vor dem Ungarischen Amt für geistiges Eigentum (HIPO) wurde das Patent aufrechterhalten und auf Anspruch 2 und die entsprechenden Ansprüche beschränkt, in denen das Geliermittel begrenzt war auf HPMC – das einzige in den Beispielen erörterte Geliermittel.
Das Patent wurde hinsichtlich Neuheit, erfinderischer Tätigkeit, ausreichender Offenbarung und gewerblicher Anwendbarkeit angegriffen. Ihm wurden mehrere Lehrbücher aus dem Stand der Technik über die Formulierung pharmazeutischer Wirkstoffe und Artikel über die Dosierung von Quetiapin entgegengehalten. Das HIPO befand das Patent für nicht neu gegenüber US 4 879 288, auch auf der Grundlage der breiten Definition des Geliermittels, wies aber die Angriffe gegen Anspruch 2 in seiner beschränkten Form zurück. Anspruch 13 sei ein zweckgebundener Erzeugnisanspruch und als solcher zulässig und gewerblich anwendbar. Beide Parteien legten Berufung ein. Das als Berufungsinstanz tätige Landgericht erhielt die Entscheidung des HIPO mit einer abweichenden Begründung aufrecht. Die "verzögerte Freisetzung" sei ein technisches Merkmal und nicht nur ein zu erzielender Zweck. Es legte auch das Merkmal "Geliermittel" enger aus; mithin sei Anspruch 1 zwar neu, aber in Bezug auf andere Geliermittel als HPMC nicht ausreichend offenbart. Die Begründung der unzureichenden Offenbarung hinsichtlich aller Geliermittel stützte wiederum die erfinderische Tätigkeit von Anspruch 2 gegenüber dem angeführten Stand der Technik. Als "Fachmann" sei ein Expertenteam anzusehen, das aus einem klinischen Spezialisten und einem Formulierungsexperten bestehe. Das Gericht berücksichtigte die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Dokumente nicht, also weder das Vorbringen der Angreifer noch dasjenige des Patentinhabers, der Versuchsergebnisse mit anderen Geliermitteln als HPMC vorlegte.
Die Berufungen gegen die Entscheidung des Landgerichts und die nachfolgenden Revisionsanträge an die Kuria gegen das Urteil des Tafelgerichts (Berufungsgerichts) wurden zurückgewiesen, wobei die Urteile der beiden übergeordneten Gerichte die Entscheidung des Landgerichts im Wesentlichen in allen Punkten bestätigten. Beide befanden die Rechtsauslegung und die Vorgehensweise des Landgerichts für korrekt und hatten an der Nichtberücksichtigung der nachträglich vorgelegten Dokumente nichts zu beanstanden. Das Landgericht habe ebenso wie das HIPO die ihm vorliegenden Beweismittel würdigen müssen, und es gebe kein Anzeichen dafür, dass deren Würdigung offensichtlich unbillig oder rechtswidrig gewesen sei. Die Kuria urteilte, dass eine abweichende Einschätzung eines Anspruchsmerkmals durch die Gerichte in einem Verletzungsverfahren zwischen den Parteien (zur Erwirkung einer einstweiligen Verfügung) nicht berücksichtigt werden könne, weil sie nicht Gegenstand des vorliegenden Nichtigkeitsverfahrens sei. Zudem sei die Auslegung von Anspruchsmerkmalen für die Bestimmung des Schutzumfangs im Verletzungsverfahren nicht relevant für die Bestimmung der ausreichenden Offenbarung aus der Sicht des Fachmanns.
Anmerkung des Herausgebers: Die Zusammenfassung enthält Tatbestände und Feststellungen der vorinstanzlichen Entscheidungen (siehe Landgericht Budapest (Fővárosi Törvényszék), 3. April 2013 – AstraZeneca AB gegen TEVA Gyógyszergyár Zrt. und Teva Pharmaceutical Industries, Nr. 3.Pk.23.703/2012/14; Tafelgericht Budapest (Fővárosi Ítélőtábla), 20. Mai 2014 – AstraZeneca AB gegen TEVA Gyógyszergyár Zrt. und Teva Pharmaceutical Industries, Nr. 8.Pkf.26.216/2013/11).
IT Italien
Landesgericht Turin, 15. Mai 2015 (628/2013) – Sandoz S.P.A. und Sandoz A/S gegen AstraZeneca A.B. und AstraZeneca S.P.A.
Schlagwort: parallele Verfahren – erfinderische Tätigkeit – Aufgabenerfindung – technischer Sachverständiger
Sandoz stellte das europäische Patent (IT) 0 907 364 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit infrage. Zur Entscheidung darüber nahm das Gericht Bezug auf den Aufgabe-Lösungs-Ansatz und dessen einzelne Schritte, die durch die Rechtsprechung der EPA-Beschwerdekammern entwickelt wurden.
Das italienische Gericht stimmte mit dem von ihm bestellten technischen Sachverständigen darin überein, dass das europäische Patent 0 240 228, das eine Formulierung von Quetiapin mit sofortiger Wirkstofffreisetzung offenbart, der nächstliegende Stand der Technik war. Weitere als relevant erachtete Dokumente waren Tench, Gendron und Gefvert, die die Vorteile der verzögerten Freisetzung anderer Antipsychotika offenbaren, sowohl in Bezug auf die maximal im Blutplasma verfügbare Konzentration als auch die Einnahmedisziplin der Patienten.
Das Gericht befand, dass die Dokumente des Stands der Technik Anreize enthielten, um zur patentierten Lösung zu gelangen, und der Fachmann lediglich routinemäßige klinische Versuche durchführen müsse, um die fehlenden pharmakokinetischen Daten zu erheben. Darüber hinaus sei die Verwendung eines Geliermittels zur Erzielung der verzögerten Medikamentenfreisetzung bekannt, und in den Dokumenten des Stands der Technik werde davon nicht abgeraten.
Den Vorschlag des bestellten technischen Sachverständigen, den Fall als Aufgabenerfindung zu klassifizieren, verwarf das Gericht. Ungeachtet theoretischer Überlegungen, ob dieses Konzept zur Beurteilung des Bestands von einem Patent gemäß Art. 48 des italienischen Gesetzbuchs über das gewerbliche Eigentum geeignet sei, passe es nicht zum vorliegenden Sachverhalt, da die Aufgabe der Bereitstellung einer verzögerten Medikamentenfreisetzung schon vor dem Prioritätstag des Streitpatents im Stand der Technik bekannt gewesen sei.
Das Gericht erklärte das Patent daher für nichtig.
PT Portugal
Berufungsgericht Lissabon, 13. Januar 2015 (1356/13.OYRLSB.L1-7)
Schlagwort: parallele Verfahren – erfinderische Tätigkeit – Schiedsgerichtsbarkeit – Gültigkeit des Patents
Die Klägerinnen hatten das europäische Patent (PT) 0 907 364 vor dem Schiedsgericht infrage gestellt, das sich für nicht zuständig erklärte. Das Berufungsgericht Lissabon hob diese Entscheidung auf und bestätigte den Bestand des Patents.
Das Berufungsgericht Lissabon befand, dass das Schiedsgericht zwar nicht zur Nichtigerklärung des Patents befugt sei, wohl aber ein Urteil über dessen Gültigkeit fällen könne, welches allerdings lediglich inter partes Wirkung entfalte. Gestützt werde dies durch die vorbereitenden Materialien zum Gesetz Nr. 62/2011, denen zufolge der Gesetzgeber ein straffes Streitregelungssystem für pharmazeutische Patente schaffen wollte, ebenso wie durch den Anspruch auf rechtliches Gehör und das Recht auf Verteidigung.
Bezüglich des Patentbestands hatten sich die Klägerinnen auf die Nichtigerklärung des Patents wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit in parallelen Verfahren in Großbritannien, Deutschland und Spanien berufen. Außerdem hatten sie zur Stützung ihres Antrags einen als Gefvert bezeichneten Stand der Technik angeführt. Das Berufungsgericht bestätigte jedoch die Feststellung des Schiedsgerichts, dass es in Gefvert nicht um die Vorzüge einer Retard-Tagesdosis gehe und die Erfindung somit für den Fachmann nicht naheliegend sei. Es erklärte, dass die Beweislast bei den Klägerinnen liege, die die Nichtigkeit des Patents nachzuweisen hätten, und dass die aktenkundigen Beweismittel das Vorbringen der mangelnden erfinderischen Tätigkeit nicht stützten.
SE Schweden
Gericht erster Instanz Stockholm, 31. Mai 2016 (T 9625-14) – Sandoz A/S gegen AstraZeneca AB
Schlagwort: parallele Verfahren – erfinderische Tätigkeit – Fachmann – allgemeines Fachwissen
Sandoz hatte den Bestand des europäischen Patents 0 907 364 von AstraZeneca wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit angefochten. Die Beteiligten waren darin übereingekommen, dass das Dokument "Gefvert" als nächstliegender Stand der Technik anzusehen war. Das Gericht stellte fest, dass sich die Erfindung insofern von Gefvert unterscheidet, als Letzteres keine Retardformulierung offenbart, die ein Geliermittel enthält. Das Vorhandensein von Hilfsstoffen sei kein unterscheidendes Merkmal, weil pharmazeutische Zubereitungen zur oralen Verwendung üblicherweise Hilfsstoffe enthielten und davon auszugehen war, dass sie auch in Gefvert enthalten waren.
Das Gericht sah die objektive technische Aufgabe darin, eine Quetiapin-Formulierung zu finden, die zu einem stabilen und wünschenswerten Quetiapinspiegel im Blut führt, ohne dass das Arzneimittel häufig verabreicht werden muss.
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass Gefvert in Kombination mit einem anderen Dokument ("Eurand") und dem allgemeinen Fachwissen eine klare Anleitung bot, die objektive technische Aufgabe durch Herstellung einer Retardformulierung von Quetiapin zu lösen. Die von AstraZeneca als Hindernis für die technische Lösung geltend gemachten Umstände könnten nicht ausreichend rechtfertigen, dass die aus den Dokumenten ableitbare Lösung ignoriert wurde, da sie sich auf Schwierigkeiten bezogen, die der Fachmann bei seiner Tätigkeit in aller Regel antrifft und bewältigt. Dann erklärte das Gericht das Patent wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit für nichtig.
2. Pregabalin (EP 0 934 061)
DE Deutschland
Bundespatentgericht, 24. Januar 2017 (3 Ni 3/15 (EP)) – Pregabalin
Schlagwort: parallele Verfahren – ausreichende Offenbarung – erfinderische Tätigkeit
Das Streitpatent EP 0 934 061 betrifft die Verwendung von Pregabalin in der Schmerztherapie, da dieses eine analgetische/antihyperalgetische Wirkung aufweist. Die verwendete Verbindung ist ein bekanntes Mittel, das bei einer Therapie gegen Anfälle bei Erkrankungen des Zentralnervensystems sowie als Antidepressivum, Anxiolytikum und Antipsychotikum eingesetzt wird. Die auf die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Ausführbarkeit und der mangelnden Patentfähigkeit gestützte Klage erwies sich als begründet. Das Patent wurde für Deutschland für nichtig erklärt.
Dem Bundespatentgericht zufolge liegt die Leistung der streitpatentgemäßen Lehre nicht in einer Stoffauswahl des Wirkstoffs Pregabalin für die Schmerztherapie sondern im Auffinden einer Indikation.
Das Bundespatentgericht ließ die Frage der ausführbaren Offenbarung des Streitpatents offen, aber merkte an, dass sie bejaht werden dürfte, weil die Streitpatentschrift in den Ausführungsbeispielen mit drei Tiermodellen die Ergebnisse hinsichtlich der erzielten analgetischen Wirkung und damit des angestrebten technisches Erfolgs von Pregabalin bei der Behandlung von Schmerzen angibt, so dass dem Fachmann ausreichende Informationen an die Hand gegeben sind, um ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten die Lehre des Patentanspruchs aufgrund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird.
Die beanspruchte Verwendung von Pregabalin erwies sich dennoch mangels Patentfähigkeit als nicht bestandsfähig, weil sie jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhte. Aus dem Stand der Technik ist bekannt, dass Pregabalin ein antikonvulsiver Wirkstoff ist, der zu einer Reihe von GABA-Derivaten gehört und innerhalb dieser Reihe das stärkste Antikonvulsivum darstellt. Ein weiterer Vertreter dieser antikonvulsiv wirkenden Reihe von GABA-Derivaten stellt nach der Lehre der streitgegenständlichen Druckschrift die Verbindung Gabapentin dar. Im Verhältnis zu Gabapentin zeichnet sich Pregabalin im Tiermodell durch eine signifikant erhöhte antikonvulsive Wirksamkeit aus. Dadurch wird die Erfolgserwartung vermittelt, dass Pregabalin auch bei anderen Indikationen eine stärkere Wirksamkeit als Gabapentin aufweisen könnte. Dies motiviert den Fachmann, sich im Stand der Technik nach weiteren Verwendungen von Gabapentin umzusehen, bei denen Pregabalin zum Einsatz kommen könnte. Der Fachmann hat aufgrund der stark antikonvulsiven Wirksamkeit auch eine angemessene Erfolgserwartung, sich bei der Suche nach potentiellen Anwendungsmöglichkeiten für Pregabalin nach bekannten weiteren Wirkungen von Gabapentin umzuschauen und diese Indikationen zur Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe aufzugreifen (BGH X ZR 98/09 – Calcipotriol-Monohydrat; s. auch "Rechtsprechung aus den Vertragsstaaten des EPÜ" (2011-2014), Zusatzpublikation – ABl. 2/2015, S. 149).
FR Frankreich
Gericht erster Instanz Paris, 8. Juli 2016 (14/14370) – Mylan & Generics gegen Warner-Lambert
Schlagwort: parallele Verfahren – ausreichende Offenbarung – therapeutische Erfindungen im Bereich der Pharmazie
Das Unternehmen M ist spezialisiert auf die Entwicklung und Vermarktung von Generika. Das Unternehmen W ist Inhaber des europäischen Patents 0 934 061, das eine zweite therapeutische Anwendung von Pregabalin für die Herstellung einer pharmazeutischen Zusammensetzung zur Behandlung von Schmerzen betrifft.
Zur Rechtsbeständigkeit des Patents und insbesondere zum Einwand der unzureichenden Offenbarung befand das Gericht, dass es keine besondere rechtliche Auflage bezüglich der Beschreibung therapeutischer Erfindungen im Bereich der Pharmazie gibt und das Erfordernis der ausreichenden Offenbarung auch erfüllt ist, wenn das Patent zwar nicht den Nachweis der pharmakologischen Eigenschaften des Erzeugnisses aus dem Antrag auf Marktzulassung enthält, aber deren Indikationen und therapeutische Anwendungen sowie die tatsächlich durchgeführten Studien, die die in der beanspruchten Indikation implizierte pharmazeutische Wirkung plausibel machen. Das Streitpatent bezieht sich auf die Behandlung von Schmerzen und insbesondere chronischen Schmerzen. Entgegen dem Vorbringen des Unternehmens M sind Hyperalgesie und Allodynie Symptome neuropathischer Schmerzen. Das Gericht urteilte, dass das Patent die Tests und Studien enthält, die der beanspruchten Behandlung neuropathischer Schmerzen Plausibilität verleihen, und dass zur Beurteilung der ausreichenden Offenbarung nicht zwischen peripheren und zentralen neuropathischen Schmerzen unterschieden werden muss, denn die verallgemeinernde Formulierung des Anspruchs ohne Unterscheidung zwischen verschiedenen Arten neuropathischer Schmerzen ist dadurch gerechtfertigt, dass all diese Schmerzen mit einer Hyperalgesie bzw. Allodynie einhergehen oder verbunden sind. Selbst wenn die patentierte Verbindung bei einigen Arten von neuropathischen Schmerzen nicht wirkt, ist der Anspruch ausreichend beschrieben, weil der Fachmann angesichts der Komplexität der kausalen Analyse und der Behandlung von Schmerzen nicht erwartet hätte, dass die Behandlung in allen Fällen und bei allen Patienten anschlägt. Das Vorbringen des Unternehmens M, wonach die Beschreibung unzureichend sei, wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Das Gericht wies auch den vom Unternehmen W geltend gemachten Einwand des "estoppel" zurück. Die Tatsache, dass das Unternehmen M einen Nichtigkeitseinwand im Verfahren in England nicht aufrecht erhalten hatte, schließt keinesfalls die Möglichkeit aus, diesen Einwand im Verfahren in Frankreich vorzubringen, weil das Unternehmen M seine Argumentation im Rahmen eines anderen Verfahrenssystems frei wählen kann.
Was die mangelnde erfinderische Tätigkeit betrifft, so besteht die durch die Erfindung zu lösende technische Aufgabe darin, eine wirksame Verbindung zur Behandlung von Schmerzen zu finden, die sich durch Analgetika, Narkotika oder nicht-steroidale Entzündungshemmer schlecht behandeln lassen, da diese nicht wirksam genug sind oder einschränkende Nebenwirkungen haben. Als Nachweis für die mangelnde erfinderische Tätigkeit hatte das Unternehmen M geltend gemacht, dass im Stand der Technik offenbart werde, dass Antikonvulsiva im Allgemeinen und Gabapentin im Besonderen wirksam zur Schmerzbehandlung eingesetzt werden könnten und dass Gabapentin und Pregabalin denselben Wirkmechanismus hätten, sodass es für den Fachmann naheliegend sei, die Wirkungen von Pregabalin bei der Schmerzbehandlung zu testen.
Nach Prüfung dieses Vorbringens urteilte das Gericht, dass der Fachmann nicht annehmen kann, dass jedwedes Antikonvulsivum zur Schmerzbehandlung geeignet ist. Trotz des vielversprechenden Charakters von Gabapentin kann nicht davon ausgegangen werden, dass die ermutigenden und vielversprechenden Ergebnisse vom Fachmann so ausgelegt werden, dass sie die Wirksamkeit von Gabapentin bei der Behandlung neuropathischer Schmerzen wissenschaftlich fundiert belegen, weil dessen Wirkmechanismus dem Fachmann am Prioritätstag unbekannt war. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Fachmann im Stand der Technik keinen Anreiz dafür gefunden hätte, sich für Pregabalin zu entscheiden, und wies daher auch diesen Nichtigkeitseinwand des Unternehmens M zurück.
GB Vereinigtes Königreich
Court of Appeal, 13.10.2016 – Warner-Lambert Company LLC gegen Generics (UK) Ltd (t/a Mylan) & Ors [2016] EWCA Civ 1006
Für eine vollständige Zusammenfassung siehe Kapitel D. Ausreichende Offenbarung
SE Schweden
Gericht erster Instanz Stockholm, 12. August 2016 (T 258-15) – Actavis Group PTC ehf. gegen Warner-Lambert Company LLC
Schlagwort: parallele Verfahren – erfinderische Tätigkeit – ausreichende Offenbarung – Plausibilität
Actavis hatte den Bestand von Warner-Lamberts europäischem Patent 0 934 061 mit auf Pregabalin gerichteten Ansprüchen in schweizerischer Form infrage gestellt. Zu klären war hauptsächlich, ob das Patent hinsichtlich der Behandlung von Schmerzen, insbesondere neuropathischen Schmerzen, mit Pregabalin die Erfordernisse der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit erfüllte. Strittig war außerdem, ob die technische Wirkung der Erfindung angesichts des Schutzumfangs des gesamten Patents plausibel war.
Das Gericht stimmte Warner-Lambert darin zu, dass die Anwendung des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes mit der schwedischen Rechtspraxis in Einklang stehe, und wandte ihn auf den vorliegenden Fall an. Nach Auffassung des Gerichts umfasst der Aufgabe-Lösungs-Ansatz hauptsächlich drei Stufen: erstens die Ermittlung des nächstliegenden Stands der Technik, zweitens die Bestimmung der objektiven technischen Aufgabe und drittens die Beurteilung, ob die durch die Erfindung bereitgestellte Lösung ausgehend vom nächstliegenden Stand der Technik für einen Fachmann, der die objektive technische Aufgabe zu lösen hat, naheliegend gewesen wäre.
Das Gericht gelangte zu der Auffassung, dass der Fachmann sein allgemeines Fachwissen zugrunde legen würde, um die im Patent beschriebene Aufgabe zu lösen. Möglicherweise würde er dieses auch mit Informationen aus dem Stand der Technik kombinieren.
Wie das Gericht in seiner Beurteilung des allgemeinen Fachwissens im Vergleich zum angeführten Stand der Technik bereits ausgeführt hatte, war die Erfindung für den Fachmann nicht naheliegend. Die von den Sachverständigen in den Anhörungen vorgebrachten Beweismittel seien nicht eindeutig gewesen. Die Aussagen des einen Sachverständigen seien nicht glaubwürdiger gewesen als die der anderen. Unter diesen Umständen seien die Voraussetzungen dafür, das Patent wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit für ungültig zu erklären, nicht gegeben.
Hinsichtlich der ausreichenden Offenbarung erklärte das Gericht, dass ein Patent einen gravierenden Mangel aufweisen müsste, um aus diesem Grund für ungültig erklärt zu werden. Die für die Beurteilung der Plausibilität maßgeblichen Faktoren seien auch für die Frage maßgeblich, ob die Erfindung ausreichend offenbart sei. Das Gericht betonte zudem, dass die Patentbeschreibung nicht spekulativ sein dürfe.
Es verwies darauf, dass das EPA das Patent im Einspruchsverfahren geprüft habe und davon auszugehen sei, dass die technische Wirkung in diesem Verfahren als glaubwürdig und wahrscheinlich ("plausibel") anerkannt worden sei. Laut dem Gericht liege die Beweislast dafür, dass verschiedene Arten von Schmerzen (so auch neuropathische Schmerzen) nicht plausibel seien, bei Actavis.
Was die neuropathischen Schmerzen angehe, so werde in der Beschreibung allerdings nur auf die diesbezüglichen Tests verwiesen; Testergebnisse würden nicht genannt. Die Tests seien so dargestellt, dass der Fachmann sie anhand dieser Informationen ohne unzumutbaren Aufwand ausführen könne. Nach Auffassung des Gerichts reiche schon der Verweis auf die Tests aus, um die technische Wirkung für glaubwürdig und wahrscheinlich ("plausibel") erachten zu können, auch wenn die Tests nicht durchgeführt worden oder die Ergebnisse nicht angeführt worden seien. Für den Fachmann sei es folglich glaubwürdig und wahrscheinlich, aus den grundlegenden Patentdokumenten zu schließen, dass Pregabalin gegen verschiedene Arten von Schmerz wirke, so auch gegen Entzündungs- und neuropathische Schmerzen.
3. Verfahren zum Betreiben einer Windenergieanlage (EP 0 847 496)
DE Deutschland
Bundespatentgericht, 27. Oktober 2015 (1 Ni 25/14 (EP))
Schlagwort: parallele Verfahren – Neuheit – erfinderische Tätigkeit
Gegenstand des europäischen Patents 0 847 496 war die Erhöhung des Ertrags einer Windenergieanlage bei gleichzeitiger Begrenzung der Belastung bei steigender Windgeschwindigkeit. Letzteres sollte nicht länger zum Abschalten der Anlage führen, sondern lediglich zu einer Reduktion der Drehzahl des Rotors.
Das Dokument "Shosaburo" wurde vom Bundespatentgericht als nicht neuheitsschädlich angesehen, da darin lediglich das sofortige, ungeregelte "feathering" (Aus-dem-Wind-Drehen) der Rotorblätter oberhalb einer bestimmten Windgeschwindigkeit offenbart wurde, nicht aber die Reduktion der Drehzahl in Abhängigkeit vom Anstieg der Windgeschwindigkeit.
Das Dokument "Bossanyi" beschrieb eine Windanlage, bei der ab einer bestimmten Geschwindigkeit die Leistung in Abhängigkeit von der Windgeschwindigkeit reduziert wurde. Nach dem Bundespatentgericht enthielt dieses Dokument keine Anregung für den Fachmann, neben der Leistung gleichzeitig auch die Betriebsdrehzahl zu reduzieren.
Im Ergebnis sah das Bundespatentgericht den Gegenstand des Patents daher als patentfähig an.
ES Spanien
Berufungsgericht Barcelona (15. Senat), 7. Januar 2016 (3/2016) – Gamesa Corporación Tecnológica et al gegen Aloys Wobben
In Spanien wurde ein wichtiges Dokument aus dem Stand der Technik (Bossanyi) nicht angeführt, in Verfahren im Vereinigten Königreich und in Deutschland hingegen schon. Das Dokument JP 56 150 999 A ("Shosaburo") aus dem Stand der Technik wurde von den spanischen Gerichten analysiert und als nicht neuheitsschädlich eingestuft.
Für eine vollständige Zusammenfassung siehe Kapitel E.2. Auslegung der Ansprüche und Schutzbereich.
GB Vereinigtes Königreich
Patents Court, 20. Juli 2015 – Wobben Properties GmbH gegen Siemens plc & Ors [2015] EWHC 2114 (Pat)
Schlagwort: parallele Verfahren – Neuheit – erfinderische Tätigkeit
Im gegen sie angestrengten Verletzungsverfahren machte die Firma Siemens geltend, dass das europäische Patent (UK) 0 847 496 der Firma Wobben wegen mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit nichtig sei. Das Patent mit einer Priorität von 1995 betraf ein Verfahren zum Betreiben einer Windenergieanlage mit Pitchregelung; der Kern der Erfindung wurde vom zuständigen Richter als Konzept beschrieben, um eine Windanlage mit variabler Geschwindigkeit und Leistung (VSVP = "variable speed, variable pitch") bei starkem Wind so zu betreiben, dass Geschwindigkeit und Leistung bei einem Anstieg der Windgeschwindigkeit reduziert werden.
Bezüglich der mangelnden Neuheit stützte sich Siemens auf eine 1981 veröffentlichte japanische Anmeldung, "Shosaburo", in der es ebenfalls um den Betrieb einer VSVP-Windanlage ging. Siemens brachte vor, dass Abbildung 3 ein Betriebsverfahren offenbare, das im Wesentlichen der Abbildung 1 des Patents entspreche, und das offenbarte Verfahren daher unter den Schutzumfang des Anspruchs 1 falle. Birss J befand jedoch, dass nach sorgfältiger Prüfung des gesamten Dokuments Siemens' Auslegung der Shosaburo-Anmeldung und damit auch der Angriff auf die Neuheit zurückzuweisen waren. Die Offenbarung von Shosaburo sei vom Stand 1981 aus zu betrachten. Es als Offenbarung des Patents von Wobben zu lesen, impliziere eine rückschauende Betrachtung.
Den einschlägigen Stand der Technik für die erfinderische Tätigkeit bildete das Dokument "Bossanyi", ein 1982 veröffentlichter Artikel mit dem Titel "Probabilities of sudden drop in power from a wind turbine cluster" ("Wahrscheinlichkeiten eines plötzlichen Leistungsabfalls bei einem Windturbinencluster“). Der Richter erkannte darin den Vorschlag, anstatt die Anlage bei einer bestimmten hohen Windgeschwindigkeit abzuschalten, die Leistung schrittweise oberhalb der üblichen Abschaltgeschwindigkeit herunterzufahren. Beim Vergleich von Anspruch 1 und Bossanyi stellte der Richter fest, dass Anspruch 1 eine Reduzierung sowohl der Leistung der Windanlage als auch der Betriebsdrehzahl des Rotors bei hoher Windgeschwindigkeit vorsehe, während Bossanyi nur eine Reduzierung der Leistung erwähne. Zu der Frage, ob Anspruch 1 naheliegend war, befand der Richter, dass der Fachmann bei der Lektüre von Bossanyi eine Verbesserung der Netzstabilität in Relation zur Windenergie als lohnendes Ziel erkennen würde. Ferner würde er dem Dokument die allgemeine Lehre entnehmen, dass im Fall einer Sturmfront, die einen Windpark durchquert, ein schrittweises Herunterfahren der Leistung dazu beitragen kann, das Risiko plötzlicher Leistungsschwankungen der Cluster im Stromnetz zu verringern. Da die Industrie 1995 vorrangig auf VSVP-Anlagen ausgerichtet war, würde ein Fachmann bei der Lektüre von Bossanyi zum damaligen Zeitpunkt – ohne rückschauende Betrachtung – ernsthaft in Erwägung ziehen, die Lehre der schrittweisen Leistungsreduzierung auch auf eine VSVP-Anlage anzuwenden, und darüber nachdenken, wie man das Herunterfahren oberhalb der Abschaltgeschwindigkeit implementieren könnte. Der Richter kam zu dem Schluss, dass der Fachmann bei der Lektüre von Bossanyi 1995 keinerlei erfinderische Tätigkeit benötigte, um ernsthaft darüber nachzudenken, wie man den Vorschlag zum Herunterfahren der Leistung auf VSVP-Anlagen anwenden könnte. Der Fachmann würde Überlegungen zur praktischen Umsetzung anstellen, und was die Steuerorgane betreffe, so sei es naheliegend, über ein "Drehen der Knöpfe" für das elektrische Drehmoment und die Leistungsregelung nachzudenken. Die Rotorgeschwindigkeit bei steigender Windgeschwindigkeit zu reduzieren und damit auch die entsprechende Leistung zu senken, sei nicht der einzige Weg zur praktischen Umsetzung von Bossanyi, aber ein naheliegender. Die Geschwindigkeit auf diese Weise zu reduzieren, habe offensichtliche Vorteile in Bezug auf Belastung und Ermüdung. Anspruch 1 werde daher durch Bossanyi nahegelegt.
Anmerkung des Herausgebers: Wobbens spätere Berufung wurde vom Court of Appeal zurückgewiesen – siehe Wobben Properties GmbH gegen Siemens plc et al. [2017] EWCA Civ 5.
4. Behandlungsverfahren und pharmazeutische Zusammensetzung zur Notfall-Empfängnisverhütung (EP 1 448 207)
DE Deutschland
Bundespatentgericht, 1. Dezember 2015 (3 Ni 23/14 (EP))
Schlagwort: parallele Verfahren – Ausschluss der Patentierbarkeit – therapeutisches Verfahren – Neuheit
Bei dem streitgegenständlichen Patent (EP 1 448 207) handelt es sich um eine pharmazeutische Zusammensetzung zur Verwendung zur Schwangerschaftsverhütung im Notfall als Einzelverabreichungsdosisverhütung sowie die Verwendung von Levonorgestrel zur Herstellung eines Arzneimittels zur Schwangerschaftsverhütung im Notfall.
Zur Aufgabenstellung führte der Senat aus, dass sich das technische Problem daraus ergibt, was die Erfindung tatsächlich leistet (BGH Xa ZR 36/08 – Gelenkanordnung). Dabei sind aber nicht kumulativ alle Vorteile zu berücksichtigen, die die Erfindung objektiv mit sich bringt (BGH X ZR 41/13 – Quetiapin; s. "Rechtsprechung aus den Vertragsstaaten des EPÜ" (2011-2014), Zusatzpublikation – ABl. 2/2015, S. 138). Aus der Streitpatentschrift ging hervor, dass es sich erst in Folge von klinischen Studien herausstellte, dass eine Einzeldosis von 1,5 mg Levonorgestrel bezüglich der Nebenwirkungen dieselben vorteilhaften Eigenschaften wie die bekannte Doppeldosis für die Notfallverhütung hatte, bei der zweimal 0,75 mg Levonorgestrel verabreicht wurden. Zudem beschäftigte sich die Streitpatentschrift schwerpunktmäßig nur mit der Vereinfachung des Dosisregimes. Die Offenbarungen hinsichtlich der Nebenwirkungen waren dabei als Elemente zu werten, die sich erst bei der Erarbeitung der patentgemäßen Lösung herausstellten. Sie waren somit nicht bei der Aufgabenbestimmung zu berücksichtigen.
Auszulegen war, ob eine therapeutische Behandlung des menschlichen Körpers im Sinne des Art. 53 c), 54 (3) und (4) EPÜ impliziert war und damit im Patentanspruch ein Erzeugnis mit einer zweiten medizinischen Indikation beansprucht wurde. Die Empfängnisverhütung als solche stellt in der Regel keine therapeutische Behandlung des menschlichen Körpers dar, weil die Schwangerschaft kein pathologischer Zustand ist und damit keine Krankheit darstellt (T 74/93, und BPatG 14 W 122/63). Kontrazeptive Verfahren sind nur dann als therapeutische Verfahren des menschlichen Körpers anzusehen, wenn sie einer möglichen gesundheitlichen Gefährdung durch eine ungewollte Schwangerschaft vorbeugen oder wenn die Vermeidung oder Abschwächung von zu erwartenden pathologischen Nebenwirkungen bei der Bemessung des jeweiligen Anteils der Inhaltsstoffe eine Rolle spielt. Ein derartiger Fall lag mit dem Streitpatent nicht vor. Denn gemäß der Streitpatentschrift ging es nicht um die Vermeidung oder Abschwächung von Nebeneffekten, wie z. B. Übelkeit oder Erbrechen, bei der Schwangerschaftsverhütung im Notfall, sondern um einen effektiven Notfallschutz bei einem leichter handhabbaren Dosierungsschema, wobei die Gesamtdosis gegenüber dem herkömmlichen Verfahren unverändert bleibt. Die Beachtung und Vermeidung von Nebenwirkungen bei der Notfallkontrazeption stellte im Gesamtzusammenhang der Streitpatentschrift einen lediglich untergeordneten Aspekt dar, den der Fachmann im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht bei klinischen Studien stets im Auge zu behalten hat. Die streitpatentgemäße Verwendung wies somit keinen zugleich verfolgten therapeutischen Zweck auf.
Als Folge davon, dass der beanspruchte Verwendungszweck keine therapeutische Behandlung betraf, kam den Merkmalen "zur Schwangerschaftsverhütung im Notfall" und "bis zu 72 Stunden nach dem Koitus" auch keine neuheitsbegründende Bedeutung zu. Der Gegenstand des streitgegenständlichen Patentanspruchs war jedenfalls gegenüber dem Stand der Technik nicht neu.
Bei einem Vortrag beim internationalen Gynäkologie- und Geburtsmedizinkongress wurden die Ergebnisse einer WHO-Studie vorgestellt, in der drei Dosisregime verglichen wurden, von denen ein Dosisregime als Einmalgabe von 1,5 g Levonorgestrel innerhalb von 120 Stunden nach dem Koitus für die Notfallkontrazeption beschrieben wurde. Damit war auch der streitpatentgemäße Bereich innerhalb von 72 Stunden nach dem Koitus offenbart. Bei der Angabe "1,5 g Levonorgestrel" handelt es sich um einen für den Fachmann offensichtlichen Druckfehler, den er erkennt und ohne weiteres korrigiert da eine gegenüber der fachüblichen Dosis um den Faktor 1000 erhöhte Gabe des hormonellen Wirkstoffs Levonorgestrel weder im Stand der Technik für die Notfallkontrazeption beschrieben noch in dieser Größenordnung in der vorgestellten WHO-Studie verwendet worden ist. Durch den Vortrag sind somit sämtliche Merkmale des Patentanspruchs neuheitsschädlich vorbeschrieben.
Der Einwand der Beklagten, dass der englische High Court of Justice die Korrektur der Dosis von 1,5 g auf 1,5 mg Levonorgestrel im Rahmen der Neuheitsprüfung nicht akzeptiert habe, führt zu keiner anderen Sichtweise. Denn auch der britische High Court of Justice vertritt die Meinung, dass die Dosis von 1,5 g Levonorgestrel so weit entfernt von der fachüblichen Dosis an Levonorgestrel ist, dass der Fachmann sofort die fehlerhafte Dosisangabe erkennt.
ES Spanien
Oberster Gerichtshof, 18. Juni 2015 (325/2015) – Laboratorios Leon Pharma gegen Laboratoire HRA Pharma / Richter Gedeon Vegyészeti Gyar RT
Schlagwort: parallele Verfahren – erfinderische Tätigkeit – Dosierungsanleitung – gute Erfolgsaussichten
Der Beschwerdeführer hatte beantragt, das europäische Patent 1 448 207 (ES 2 239 727) wegen mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit in vollem Umfang für nichtig zu erklären. Der Oberste Gerichtshof hob die Urteile der Instanzgerichte auf und bestätigte die Neuheit der Erfindung, erklärte das Patent jedoch wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit für nichtig.
Laut der Beschreibung des Patents betrifft die Erfindung eine Dosierungsanleitung für die Empfängnisverhütung im Notfall sowie eine entsprechend zu verabreichende pharmazeutische Zusammensetzung. Erfindungsgemäß wurde Frauen innerhalb von 72 Stunden nach dem ungeschützten Koitus eine Einmalgabe von nur 1,5 ± 0,2 mg des Wirkstoffs Levonorgestrel verabreicht. Der Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, eine falsche Anwendung des existierenden Verfahrens zur Notfall-Empfängnisverhütung mit zwei zeitlich getrennten Gaben von je 0,75 mg Levonorgestrel zu vermeiden, bei der das richtige Intervall zwischen den zwei Gaben nicht eingehalten wird. Der Oberste Gerichtshof wies darauf hin, dass am Prioritätstag des Patents eine umfangreiche klinische Studie unter der Federführung der Weltgesundheitsorganisation lief, in der mit vertretbarer Aussicht auf Erfolg die Wirksamkeit der Einmalgabe von 1,5 mg Levonorgestrel insbesondere im Vergleich zur bisher üblichen Zweifachgabe untersucht wurde.
Obgleich die Forschungsergebnisse erst kurz nach dem Prioritätstag des Patents veröffentlicht wurden, befand der Oberste Gerichtshof aufgrund der einfachen Formulierung der Aufgabe und der nach mehr als zwei Jahren klinischer Forschung vorhersehbaren Lösung, dass die Lösung für den Fachmann naheliegend war, da bereits eine vertretbare Aussicht auf Erfolg bestand.
FR Frankreich
Gericht erster Instanz Paris, 19. Juni 2015 (13/08566) – Mylan gegen Richter Gedeon
Schlagwort: parallele Verfahren – Verfahren zur therapeutischen Behandlung – Dosierungsanleitung
Die ungarische Firma G ist Inhaberin des europäischen Patents 1 448 207 mit der Bezeichnung "Behandlungsverfahren und pharmazeutische Zusammensetzung zur Notfall-Empfängnisverhütung", das eine ungarische Priorität vom 27. November 2001 beansprucht hatte. Die auf Generika spezialisierte Firma M verklagte die Firma G auf Nichtigkeit aller Ansprüche des Patents in der beschränkten Fassung, weil es ein nicht patentierbares Verfahren zur therapeutischen Behandlung zum Gegenstand habe.
Die Firma M machte geltend, dass nach der ständigen Rechtsprechung der französischen Gerichte eine Dosierungsanleitung nicht durch ein Patent geschützt werden könne, vor allem weil sie unter die Verschreibungsfreiheit des Arztes falle und ein Verfahren zur therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers darstelle (Art. 53 c) EPÜ).
Die Firma G brachte unter anderem vor, dass nur sehr wenige französische Urteile die Patentierbarkeit einer Dosierungsanleitung verneinten und dass sie im Widerspruch zu der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 2/08 stünden. Die patentierte Erfindung beziehe sich nicht auf ein therapeutisches Behandlungsverfahren.
Dazu erklärte das Gericht, dass die patentgemäße Erfindung ungeachtet der sprachlichen Formulierung in Wirklichkeit eine neue Art der Einnahme der pharmazeutischen Zusammensetzung betrifft, nämlich in einer einzigen Dosis statt in zwei. Es liegt keinesfalls eine neue therapeutische Indikation für dieselbe pharmazeutische Zusammensetzung vor, denn die gewünschte Wirkung ist die gleiche. Im Patent wird nicht behauptet, dass die Erfindung zu besseren Ergebnissen bei der Schwangerschaftsverhütung oder zu geringeren Nebenwirkungen führt, sondern dass unter Erzielung zumindest derselben Ergebnisse ohne zusätzliche Nebenwirkungen das Problem gelöst werden soll, das für die Patientinnen in der Einnahme der zweiten Dosis besteht. Die Erfindung betrifft somit eine Dosierungsanleitung, mit der der praktische Aspekt der Einnahme des Arzneimittels verbessert werden soll.
Das Streitpatent betrifft dieselbe pharmazeutische Zusammensetzung und dieselbe Gesamtdosierung, ohne dass eine Verwendung für eine andere therapeutische Indikation oder eine andere Wirkung bzw. andere Wirkungsweisen vorliegen; es beschränkt sich somit auf eine gegenüber dem Stand der Technik abgewandelte Dosierungsanleitung, d. h. einen anderen Einnahmerhythmus und eine andere Dosierung zur Einnahme des Wirkstoffs bei gleicher Gesamtdosis, die den Vorteil hat, dass sie praktisch und komfortabel ist. Auch wenn das Gericht notwendigerweise die Entscheidungen der Beschwerdekammern des EPA sehr aufmerksam verfolgt, ist es nicht an G 2/08 gebunden und kann die Texte eigenständig interpretieren. Im vorliegenden Fall ist offensichtlich, dass die patentgemäße neue Dosierungsanleitung für Levonorgestrel zur Notfall-Empfängnisverhütung keine spezifische Anwendung des Stoffs in einem therapeutischen Behandlungsverfahren, sondern ein Element ebendieses Behandlungsverfahrens ist. Entgegen der Behauptung der Firma G fällt die Wahl einer Dosierungsanleitung im Rahmen einer bestimmten Behandlung unter die Verschreibungsfreiheit des Arztes, der sie fallspezifisch für eine Kategorie von Patientinnen oder eine bestimmte Patientin anpassen kann. Der Umstand, dass in der Genehmigung für das Inverkehrbringen des Arzneimittels und in der Packungsbeilage eine genaue Dosierungsanleitung vorgesehen ist, schränkt die Freiheit des Arztes nicht ein. Die Dosierungsanleitung bezieht sich hier auf den Einnahmerhythmus; es handelt sich um ein nicht patentierbares Behandlungsverfahren.
GB Vereinigtes Königreich
Patents Court, 22. Mai 2014 – Generics (UK) Ltd (t/a Mylan) gegen Richter Gedeon Vegyeszeti Gyar RT [2014] EWHC 1666 (Pat); Court of Appeal, 26. April 2016 – Richter Gedeon Vegyeszeti Gyar RT gegen Generics (UK) Ltd (t/a Mylan) [2016] EWCA Civ 410
Schlagwort: parallele Verfahren – erfinderische Tätigkeit – Fachmann – allgemeines Fachwissen
Mylan hatte die Nichtigerklärung von Gedeons europäischem Patent (UK) 1 448 207 beantragt, das ein Behandlungsverfahren in Bezug auf die Verabreichung von 1,5 mg Levonorgestrel als Einmalgabe innerhalb von 72 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr als Verfahren zur Notfall-Empfängnisverhütung betraf. Die Verwendung dieses Stoffs für denselben Zweck, aber mit einer anderen Dosierungsweise (nach dem Geschlechtsverkehr zwei Gaben von je 0,75 mg im Abstand von 12 Stunden) war bereits bekannt. Sales J kam zu dem Schluss, dass die Erfindung naheliegend war. Seine Entscheidung wurde in der Berufung bestätigt.
Die Firma Mylan hatte ihren Einwand des Naheliegens auf das allgemeine Fachwissen und die Veröffentlichung eines Berichts gestützt, in dem die Zwischenergebnisse einer WHO-Studie über die Wirksamkeit der Verabreichung von 1,5 mg Levonorgestrel als Einmalgabe im Vergleich (insbesondere) zur weit verbreiteten Verabreichung in zwei Einzeldosen diskutiert wurden. Im Dokument aus dem Stand der Technik hieß es fälschlich, dass in der Studie eine Einmalgabe von 1,5 g Levonorgestrel (anstatt 1,5 mg) vorgesehen sei. Es konnte nachgewiesen werden, dass ein Fachmann den Fehler in der Veröffentlichung ganz klar erkennen würde – eine Dosis von 1,5 g ist so hoch, dass sie nicht plausibel ist. Allerdings reichten die Beweise nicht für die Feststellung aus, dass der Fachmann erkennen würde, welche Dosis bei der Einmalgabe in der Studie tatsächlich verwendet wurde. Dem Richter zufolge würde der Fachmann den Verfasser der Studie kontaktieren, um die korrekte Dosierung zu erfahren. Sales J kam somit zu dem Schluss, dass das Dokument aus dem Stand der Technik den Versuch dieser Dosierungsweise nahegelegt hat.
Im Court of Appeal argumentierte Gedeon, dass der Richter der ersten Instanz einen Rechtsfehler begangen habe, indem er den fiktiven Fachmann sich das Wissen einer realen Person habe aneignen lassen. Damit würde das allgemeine Fachwissen so erweitert, dass es auch das Wissen eines Dritten umfasse. Sir Robin Jacob ist dieser Argumentation in seinem allerletzten Urteil nicht gefolgt. Er erklärte, dass die fiktive Person, der es an Erfindergeist mangle, genauso handeln würde wie eine reale Person, sofern dies keine Vorstellungskraft erfordere; so würde sie zum Beispiel eine reale Person anrufen, um Informationen zu überprüfen. Sir Robin Jacob fügte hinzu, dass der vorliegende Fall ungewöhnlich sei. Man könne daraus nicht folgern, dass das Argument "der Fachmann würde jemanden fragen" zum Nachweis des Naheliegens auch auf Fälle anwendbar sei, wo die Faktenlage nicht so gesichert und eindeutig sei.