ANHANG
Fallstudie "Dunstabzugshaube"
Anhang 2 - Klageerwiderung
In Sachen
S-Auge LLC
Xx, Estland
Klägerin
vertreten durch RA xx
und patentanwaltlich beraten durch PA yy,
gegen
Schall AG
Xx, Schweiz
Beklagte
patentanwaltlich beraten durch PA Zz
betreffend
Patentverletzung
Reichen wir namens und im Auftrag der Beklagten folgende
Klageerwiderung
ein mit den folgenden
Rechtsbegehren:
1. Die Klage sei abzuweisen.
2. Das europäische Patent 1 234 567 B1 mit Wirkung für die Schweiz und als Einheitspatent sei widerklageweise für nichtig zu erklären.
3. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen, einschließlich der Patentanwaltskosten, zulasten der Klägerin.
| I. Die angegriffene Ausführungsform |
1 | Die Ausführungen in der Klage geben den Aufbau des Geräts der Beklagten und insbesondere den Aufbau der Filteranordnung auf der Unterseite des Geräts nur unvollständig wieder. Es wird mit dieser Klageantwort deshalb eine Reihe von Fotografien eingereicht, welche den Aufbau der relevanten Komponenten vollständig zeigt. |
2 | Wie daraus ersichtlich, besteht die Filteranordnung aus zwei seitlichen Filterplatten F1, F2 und einer unteren Filtereinheit F3. Letztere ist zwischen einer unteren Maskenplatte P1 und einer oberen Maskenplatte P2 angeordnet. |
3 | Wie schon aus der Darstellung gemäß Rz. 23 der Klage unter II.D.2. am Ende ersichtlich, sind die seitlichen Filterplatten F1 und F2 für eine vor dem Gerät stehende Person (d. h. für eine auf der Benutzerseite des Geräts stehende Person) links und rechts des Saugmotors angeordnet, die Filtereinheit F3 unterhalb. Vor und hinter dem Saugmotor sind keine Filterplatten oder akustischen Dämmelemente vorgesehen, lediglich die Metallplatten des Gehäuses. |
4 | Wie aus folgenden Abbildungen zu dieser Klageantwort ersichtlich, besteht die untere Filteranordnung aus einem Fachwerk von acht in einem Gitter angeordneten Filterplatten. Jede dieser Filterplatten steht vertikal, d. h. sie ist in horizontaler Richtung luftdurchlässig, nicht aber in vertikaler Richtung. Die Filterplatten umschließen insgesamt neun Kammern. Fünf dieser Kammern sind nach oben zum Saugmotor hin offen, aber nach unten von der unteren Maskenplatte P1 abgedeckt. Die vier restlichen Kammern sind nach unten hin offen, aber nach oben von der oberen Maskenplatte P2 abgedeckt, vgl. nachfolgende Fotografien: |
von unten / von unten, ohne P1 / untere Filteranordnung
5 | Die folgenden drei Schnittzeichnungen zeigen den Aufbau des Geräts schematisch, wobei die Schnittflächen der Filterplatten bzw. Filterelemente F1, F2 und F3 rot eingezeichnet sind. |
Vertikalschnitt senkrecht zur Vorderseite / Vertikalschnitt parallel zur Vorderseite / Horizontalschnitt durch Gebläse
6 | Wie ersichtlich – und wie durch die Pfeile in obigen Zeichnungen angedeutet – verläuft der Luftstrom im Bereich der unteren Filteranordnung so, dass die Luft zunächst von unten in eine der nach unten offenen Kammern eintritt, dann horizontal durch die Filterplatten der unteren Filteranordnung F3 tritt und schließlich nach oben aus einer der nach oben offenen Kammern austritt. Dadurch wird im unteren Bereich der Filteranordnung F3 die aktive Filterfläche (im Vergleich zu einer horizontal liegenden einfachen Filterplatte) vergrößert. |
7 | Die Maskenplatten P1 und P2 sind Metallplatten ohne jegliche zusätzliche Schalldämmmittel. Im Bereich der neun Kammern ist der Saugmotor nach unten also nicht durch Filter, sondern nur durch dünne Metallplatten akustisch abgeschirmt. |
8 | Weiter wird die Premium-Linie auch in einer langen Ausführung verkauft. In dieser stehen drei der unteren Filteranordnungen aufeinander, sodass die neun Kammern dreifache Höhe haben. Dadurch kann die Filteroberfläche weiter vergrößert werden. |
| II. Zum Klagepatent |
| 1. Zur Patentauslegung im Allgemeinen |
9 | Das Patent besteht aus der Definition der Erfindung (Patentanspruch) und ihrer erklärenden Darlegung (Beschreibung und Zeichnung). Der Patentanspruch bestimmt den sachlichen Geltungsbereich des Patents. Beschreibung und Zeichnung können den Sinn des Patentanspruchs erläutern. Für die Patentauslegung entscheidend ist, wie der Fachmann den Patentanspruch vor dem Hintergrund der Beschreibung und der Zeichnungen sowie seines allgemeinen Fachwissens versteht. |
10 | Im Rahmen der Auslegung des Schutzbereichs des Patents ist die Aufgabe und Lösung zu betrachten. Im Rahmen der Merkmalsanalyse ist den einzelnen Merkmalen deren objektiver Sinngehalt zuzuordnen. Für unvollständige, unrichtige oder widersprüchliche Definitionen trägt der Patentinhaber das Risiko. |
| 2. Gegenstand, Fachmann |
11 | Das Klagepatent betrifft ein Lüftungsgerät und die Anordnung der Komponenten darin. Als Stand der Technik geht das Klagepatent davon aus, dass Lüftungsgeräte in Form von Abzugshauben bekannt sind. Diese besitzen eine Ansaugfiltereinheit, die mit auswechselbaren oder waschbaren Filtern ausgerüstet ist. Der oberhalb der Ansaugfiltereinheit angeordnete Saugmotor verursacht dabei "erheblichen Lärm" (Absatz [0002] Klagepatent). |
12 | Weiter wird als Stand der Technik der Rauchentferner gemäß US 5 268 012 genannt, der einen Ventilator besitzt, auf dessen Ansaugseite kein Filter angeordnet ist, weshalb für eine Bedienperson, die sich neben oder unterhalb des Ventilators befindet, kein Lärmschutz besteht (Absatz [0003] Klagepatent). Figur aus US 5 268 012: |
Filter / Ventilator / Ansaugseite
13 | Zudem wird als Stand der Technik auf den Filter gemäß EP 875 278 verwiesen, der sich mitunter für Filteranlagen in Geschäftshäusern oder ähnlichem eignet (Absatz [0004] Klagepatent). Figur aus EP 875 278: |
14 | Gemäß Absatz [0005] Klagepatent stellt sich die Erfindung die Aufgabe, ein einfaches Lüftungsgerät zu schaffen, das eine effiziente Lüftung in einem Raum mit wesentlich geringerer Lärmbelastung ermöglicht. In Absatz [0008] Klagepatent wird die anspruchsgemäße Lösung gewürdigt. Demnach kann dadurch, dass der Saugmotor in der Saugkammer erfindungsgemäß von einem "eine Luftreinigungsfunktion einerseits und eine schalldämmende Funktion anderseits ausführenden Sorptionsfilter umgeben ist, die Luft wirksam von einem Raum abgezogen werden, ohne dass dabei ein störender Lärm entsteht, wobei in die Abluftführung gereinigte, geruchsreduzierte Luft gelangt." Gemäß Ausführungsbeispiel von Absatz [0012] Klagepatent ist die Aufgabe der Erfindung gelöst, wenn die Lärmdämmung ein Ausmaß erreicht, dass "eine neben der Abzugshaube befindliche Person einen laufenden Saugmotor kaum mehr wahrnimmt." |
15 | Der für Entwicklungen dieser Art zuständige Fachmann ist Ingenieur mit Erfahrung im Bereich der Lüftungsgeräte. |
| 3. Merkmalsanalyse, Auslegung |
| 3.1 Anspruchsgliederung (Anspruch 1) |
16 | Es wird der Anspruchsgliederung der Klägerin gefolgt, d. h. es wird von folgender Gliederung von Anspruch 1 des Klagepatents ausgegangen: |
| O1 Lüftungsgerät |
| O2 mit einer Ansaugseite, |
| O3 einem in einer Saugkammer |
| O4 angeordneten Saugmotor |
| O5 und mit einer an die Saugkammer angeschlossenen Abluftführung, |
| dadurch gekennzeichnet, dass |
| K1a der Saugmotor in der Saugkammer von einem Sorptionsfilter |
| K1b saugseitig umgeben ist, der |
| K2 eine Luftreinigungsfunktion einerseits |
| K3 und eine schalldämmende Funktion andererseits ausführt. |
17 | Im Folgenden werden diese Merkmale analysiert: |
| 3.2 O1: Lüftungsgerät |
18 | Der Begriff "Lüftungsgerät" ist gemäß Klagepatent breit zu verstehen und ist insbesondere nicht auf Abzugs- oder Umlufthauben beschränkt – vielmehr kann das beanspruchte Gerät auch als Reinigungsaggregat für andere Anwendungen benutzt werden (Absatz [0024] Klagepatent). |
| 3.3 O2: Ansaugseite |
19 | Der Begriff "Ansaugseite" bezeichnet im Ausführungsbeispiel gemäß Klagepatent der Patentschrift die Geräteunterseite. Offenbar ist im Ausführungsbeispiel damit also derjenige Bereich gemeint, der unter dem Saugmotor liegt und durch welchen Luft in das Gerät eingesogen wird. |
| 3.4 O3: in einer Saugkammer |
20 | Der Begriff "Saugkammer" wird im Klagepatent nicht genau definiert. Aus der Kombination der Merkmale O3 und O4 folgt, dass es der Raum sein muss, in welchem der Saugmotor angeordnet ist. Zudem leitet der Fachmann aus dem Begriff Saugkammer ab, dass sich diese Kammer saugseitig des Saugmotors befinden muss, d. h. dass Luft in die Kammer eingesaugt wird. |
| 3.5 O4: Saugmotor |
21 | Auch der Begriff "Saugmotor" wird im Klagepatent nicht genau definiert. Offenbar ist jedoch damit der Motor gemeint, mit welchem die Luft angesaugt wird, d. h. der Motor des Gebläses. |
| 3.6 O5: Abluftführung |
22 | Bei der "Abluftführung" handelt es sich offenbar um einen Teil des Geräts, welcher die Abluft in irgendeiner Weise in die Umgebung abführt. |
| 3.7 K1a, K1b: "der Saugmotor [...] umgeben ist" |
23 | Bei diesen Merkmalen ergeben sich im vorliegenden Zusammenhang zwei Fragen: |
| a) Verlangen K1a und K1b, dass der Sorptionsfilter in der Saugkammer angeordnet ist? |
| b) Wie ist der Begriff "saugseitig umgeben" zu verstehen? |
24 | Zunächst soll die erste Frage beantwortet werden. |
| Verlangen K1a und K1b, dass der Sorptionsfilter in der Saugkammer angeordnet ist? |
25 | Die Merkmale K1a und K1b sind im Anspruch wie folgt formuliert: |
| "dass der Saugmotor in der Saugkammer von einem [...] Sorptionsfilter umgeben ist" |
26 | Diese Formulierung ist, grammatikalisch gesehen, zweideutig. Es stellt sich die Frage, ob "in der Saugkammer" als Attribut des Saugmotors oder als Adverbial von "umgeben" zu verstehen ist. Diese Zweideutigkeit entfällt, wenn das Merkmal als Hauptsatz formuliert wird: |
| 1. Der Saugmotor in der Saugkammer ist von einem [...] Sorptionsfilter umgeben |
| oder |
| 2. Der Saugmotor ist in der Saugkammer von einem [...] Sorptionsfilter umgeben |
27 | Beide Formulierungen, im Folgenden als "Bedeutung 1" und "Bedeutung 2" bezeichnet, gehen, als Nebensatz formuliert, in die Formulierung des Merkmals K1 über. |
28 | In der ersten Formulierung (Bedeutung 1) besagt das Merkmal, dass der Saugmotor in der Saugkammer angeordnet ist. Es wird aber offen gelassen, ob auch der Sorptionsfilter in der Saugkammer angeordnet ist. In der zweiten Formulierung (Bedeutung 2) besagt das Merkmal, dass auch der Sorptionsfilter in der Saugkammer angeordnet ist. |
29 | Dass das Merkmal rein grammatikalisch zweideutig ist, zeigt sich übrigens sehr schön an der englischen und der französischen Übersetzung der Ansprüche: Während die englische Formulierung ("the suction motor is enclosed [....] in the suction chamber by an absorption filter") Bedeutung 2 verwendet, hat der französische Übersetzer die Bedeutung 1 gewählt ("le moteur d'aspiration dans la chambre d'daspiration est entourné [....] d'un filtre de sorption"). |
30 | Die Klägerin geht von der Bedeutung 2 aus. Wie im Folgenden dargelegt wird, ist dies nicht korrekt und veranlasst die Klägerin zu einer falschen Einschätzung bei der Frage von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit. |
31 | Das Merkmal ist anhand der Beschreibung und Zeichnungen des Klagepatents auszulegen, und zwar aus Sicht des Fachmanns (dazu Rz. 40). |
32 | Im Beschreibungstext des Klagepatents wird keiner der beiden Bedeutungen Vorzug gegeben: |
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33 | In Fig. 1 zeigt die Bezugsziffer 6, mit welcher in der Beschreibung die Saugkammer referenziert wird, in den von den Filterkassetten 10 – 12 begrenzten Raum. Dies deutet für den Fachmann darauf hin, dass die Saugkammer von diesem, in unten stehender Figur gelb markierten Raum gebildet wird. |
34 | Klar wird der Begriff Saugkammer beim Studium der Ansprüche, welche ja nach Art. 51 PatG und Art. 69 EPÜ den Schutzbereich des Patents festlegen, denn Anspruch 5 ist wie folgt formuliert: |
| 5. Lüftungsgerät nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die über die Filter der Ansaugseite (2) aus einem Raum in die Saugkammer (6) angesaugte, über den Sorptionsfilter in die Abluftführung (9) geleitete Primärluft aus der Abluftführung (9) in den Raum zurückführbar ist. |
35 | Aus der Formulierung "über die Filter […] in die Saugkammer angesaugte [...] Primärluft" folgt unmissverständlich, dass die Luft durch die Filter in die Saugkammer gelangt, woraus zwingend folgt, dass die Filter in der Ausführung nach Anspruch 5 außerhalb der Saugkammer angeordnet sind. Die obige Bedeutung 2 der Merkmale K1a und K1b, wonach der Filter in der Saugkammer angeordnet ist, wäre mit Anspruch 5 unvereinbar. Hieraus erschließt sich dem Fachmann zweifelsfrei, dass Bedeutung 2 zu verwerfen ist und die Merkmale K1a und K1b es offen lassen, ob der Sorptionsfilter inner- oder außerhalb des Saugraums angeordnet ist. |
36 | Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Patentinhaber das Risiko einer unrichtigen, unvollständigen oder widersprüchlichen Definition der Erfindung trägt. Auf den vorliegenden Fall übertragen heißt dies, dass die unklare Formulierung der Merkmale K1a und K1b nicht zugunsten des Patentinhabers ausgelegt werden darf. Mit anderen Worten kann sich die Patentinhaberin bei der Frage von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht auf die enge Auslegung des Merkmals berufen. |
37 | Fazit: Die Merkmale K1a und K1b lassen es offen, ob der Sorptionsfilter innerhalb oder außerhalb der Saugkammer angeordnet ist. |
| Wie ist der Begriff "saugseitig umgeben" zu verstehen? |
38 | Die Auslegung des Begriffs "umgeben" in Merkmal K1b ist wichtig für die Verletzungsfrage. |
39 | Auch dieses Merkmal ist im Lichte der Beschreibung und Zeichnungen sowie aus Sicht des Fachmanns auszulegen. |
40 | Gemäß Absatz [0005] Klagepatent erfüllt das anspruchsgemäße Lüftungsgerät die Aufgabe, eine effiziente Lüftung in einem Raum mit wesentlich geringerer Lärmbelastung zu ermöglichen. Genauer wird dies in Absatz [0008] Klagepatent erläutert: "Dadurch, dass der Saugmotor in der Saugkammer erfindungsgemäß von einem eine Luftreinigungsfunktion einerseits und eine schalldämmende Funktion anderseits ausführenden Sorptionsfilter umgeben ist, kann die Luft wirksam von einem Raum abgezogen werden, ohne dass dabei ein störender Lärm entsteht." |
41 | Wie im Folgenden dargelegt wird, ist dem Fachmann klar, dass der Saugmotor saugseitig von allen (fünf) Seiten von den Filtern eingeschlossen werden muss, um eine gute Schallisolation zu erhalten. Bleibt auch nur eine Seite offen, so wird die Lärmbelastung praktisch nicht verringert. Dies wird anhand eines einfachen Modells illustriert, welches das Gehäuse des Lüftungsgeräts, eine im Lüftungsgerät angeordnete Lärmquelle sowie den Kopf eines vor dem Lüftungsgerät stehenden Benutzers bzw. Zuhörers von oben zeigt: |
Lüftungsgerät / Lärmquelle / Zuhörer
42 | Wenn vereinfacht davon ausgegangen wird, dass die Lärmquelle den Schall als Kugelwelle ausstrahlt und dass der Sorptionsfilter den Schall im Wesentlichen ganz absorbiert, so sehen die Situation ganz ohne seitliche Sorptionsfilter und die Situation mit allseitigen Sorptionsfiltern wie folgt aus (wobei die saugseitigen Schallwellen durch konzentrische Kreise und der Sorptionsfilter durch schwarze Balken illustriert werden): |
ohne Sortptionsfilter: volle Lärmbelastung / Sorptionsfilter: Keine Lärmbelastung
43 | Was passiert nun, wenn eine Seite des Sorptionsfilters weggelassen wird? Dies illustriert die folgende Figur: |
teilweise Sorptionsfilter: volle Lärmbelastung
44 | Wie ersichtlich, trifft den Zuhörer, zumindest wenn er auf der Seite ohne Filter steht, die gleiche Schallwelle wie beim Fall ganz ohne Sorptionsfilter. Es wird aus Sicht des Zuhörers also keine Lärmreduktion erzielt. Für die vor dem Gerät stehende Person besteht überhaupt keinerlei Lärmschutz. In Sp. 1, Zz. 27 – 31 des Klagepatents wird genau diese Situation als Nachteil des Standes der Technik dargestellt. |
45 | Insbesondere wenn der Filter auf derjenigen Seite fehlt, auf der sich der Benutzer normalerweise befindet, d. h. auf der Vorderseite des Geräts, wird im normalen Gebrauch also praktisch keine Lärmreduktion erzielt, zumal das Gehäuse ja ebenso wenig schalldicht ist wie bei Lösungen gemäß Stand der Technik. |
46 | [Obige Figur basiert auf einem einfachen Modell, bei welchem der Schall ausgehend von einer Punktschallquelle dargestellt wird und die Filter einen "Schattenwurf" für die Schallwellen erzeugen. Dieses Bild berücksichtigt nur den direkten (nicht reflektierten) Schall und lässt Beugungseffekte außer Acht. In der Praxis tragen auch Schallreflektionen und Beugungseffekte zu der aus der Saugkammer austretenden Schallmenge und –verteilung bei: diese Effekte führen zu zusätzlicher Schallabstrahlung und zu einer breiten Auffächerung und Verteilung des Schallfelds außerhalb des Geräts, sobald auch nur eine Seite nicht vom schalldämmenden Sorptionsfilter abgedeckt wird. Darüber hinaus geht das Modell davon aus, dass der Sorptionsfilter 100 % schallisolierend und die Gerätewand gar nicht schallisolierend ist – wenn jedoch, wie hier, nur der Unterschied der Lautstärke mit und ohne Sorptionsfilter von Interesse ist, so spielen diese Effekte für die obigen Überlegungen keine Rolle: Wenn die Absorption durch die Filter nicht 100 % ist, so bleibt ein Hintergrundlärm, der jedoch bei der Betrachtung der Differenz des Lärms mit und ohne Filter wegsubtrahiert wird. Die Schallabsorption des Gehäuses ist mit und ohne Filter gleich.] |
47 | Diese Überlegungen aus Sicht des Fachmanns stimmen auch mit der täglichen Lebenserfahrung überein: Wenn die Mutter im Wohnzimmer Zeitung liest und der Sohn im Nebenraum Musik hört, so genügt es, wenn die Verbindungstüre zwischen den Räumen nur wenig offen ist, um die Mutter bei ihrer Lektüre zu stören. Erst wenn die Türe wirklich ganz zugemacht wird, reduziert sich der Lärm drastisch. Um eine Schallquelle gegen außen zu dämmen, muss sie also auf allen Seiten und vollflächig gegen außen gedämmt werden. |
48 | Dem Fachmann und auch dem Laien ist somit klar, dass zwischen einer saugseitig völlig geschlossenen Lösung und einer, bei welcher auch nur eine Seite (seitlich oder unten) zumindest teilweise offen ist, ein sehr großer - nicht bloß gradueller - Unterschied besteht. Im ersten Fall tritt saugseitig praktisch kein Schall aus, sodass der Effekt gemäß Absatz [0008] Klagepatent erreicht wird ("ohne dass dabei störender Lärm entsteht"). Im zweiten Fall tritt eine beträchtliche Schallmenge aus, und es kann die in Absatz [0003] Klagepatent beschriebene Situation entstehen (für eine Bedienperson, die sich neben oder unterhalb des Ventilators befindet, besteht kein Schallschutz), welche im Klagepatent dem Stand der Technik zugeschrieben wird. |
49 | Zur Lösung der Aufgabe gemäß Absatz [0003] Klagepatent und für ein Absaugen "ohne dass dabei störender Lärm entsteht" gemäß Absatz [0008] Klagepatent kann der Begriff "saugseitig umgeben" nicht anders zu verstehen sein, als dass die Saugkammer saugseitig von allen Seiten vom Sorptionsfilter eingeschlossen sein muss. Bleibt nur eine Seite, insbesondere eine Seite gegen den Wohnraum hin, teilweise oder ganz offen, so verliert die ganze Maßnahme ihren schallschützenden Effekt fast vollständig, sodass die Aufgabe nicht mehr gelöst ist. Gerade der Lösung der einer Erfindung zugrunde liegenden Aufgabe ist bei der Auslegung des Schutzbereichs eines Patents besondere Beachtung zu schenken (dazu bereits oben, Rz. 35). |
50 | Weiter ist zu beachten, dass die einzige Lehre zur Lösung der Aufgabe und dazu, wie ein Absaugen von Luft möglich wird, "ohne dass dabei ein störender Lärm entsteht" (Absatz [0008] Klagepatent), in Absatz [0012] des Klagepatents zu finden ist: |
| "Die einzelnen Kassetten 10, 11, 12 sind jeweils in Führungsleisten 22, 23 innerhalb des Gehäuses 1 ' derart gehalten, dass sie einen Kasten und damit einen den Saugmotor umgebenden geschlossenen Raum bilden, sodass die gewünschte schalldämmende Funktion erfüllt ist, bei der eine neben der Abzugshaube befindliche Person einen laufenden Saugmotor kaum mehr wahrnimmt" (Hervorhebungen beigefügt). |
51 | Unter "gewünschte schalldämmende Funktion" kann hierbei nur jene Funktion gemäß Aufgabe Absatz [0005] Klagepatent gemeint sein, und mit der Wendung "kaum mehr wahrnimmt" wird Bezug genommen auf Absatz [0008] Klagepatent, wonach kein störender Lärm entstehen soll. Eine andere Lehre, wie die Aufgabe gelöst und störender Lärm unterbunden werden soll, als den "geschlossenen Raum" gemäß Absatz [0003], liefert das Klagepatent nicht. |
52 | Fazit: Merkmal K1b ist so zu verstehen, dass der Saugmotor saugseitig von allen Seiten vom Sorptionsfilter umschlossen ist. |
| 3.8 K2: Luftreinigungsfunktion |
53 | Das Merkmal K2 schreibt dem Sorptionsfilter eine die Luft reinigende Funktion zu. Quantifiziert wird diese Größe nicht. |
| 3.9 K3: schalldämmende Funktion |
54 | Merkmal K3 schreibt dem Sorptionsfilter eine schalldämmende Funktion zu. Quantifiziert wird auch diese Angabe in den Ansprüchen des Klagepatents nicht. In der Tat besitzt jeder Sorptionsfilter in gewissem Masse schalldämmende Eigenschaften. Derweil könnte man sich aber auch auf den Standpunkt stellen, dass nicht jede geringe Lärmdämmung die Aufgabe der Erfindung zu erfüllen vermag. Gemäß Absatz [0005] Klagepatent muss die Lärmdämmung "einen Raum mit wesentlich geringerer Lärmbelastung" ermöglichen. Dass das Klagepatent darauf ausgerichtet ist, dass die Aufgabe der Lärmdämmung ganz gezielt und qualifiziert gelöst wird, kann sich auch aus dessen Absatz [0008] ergeben. Die gewünschte schalldämmende Funktion wäre demgemäß (erst) dann erfüllt, wenn dank des Filters Luft abgezogen werden kann, "ohne dass dabei ein störender Lärm entsteht." Daraus wäre auf eine praktisch 100%ige Lärmdämmung durch den Sorptionsfilter zu schließen. Falls die Klägerin jedoch die Ansicht vertreten sollte, dass auch eine teilweise Schallabsorption als "schalldämmende Funktion" ausreicht, so kann das Klagepatent nur so ausgelegt werden, dass jeder Sorptionsfilter, sei er noch so dünn, diese Funktion erfüllt, da das Klagepatent keinerlei Hinweis auf eine qualitative oder quantitative Auslegung irgendwo zwischen diesen Extremen enthält. |
| 3.10 Zur Merkmalsanalyse und Auslegung der Klägerin |
55 | Die Auslegung der Klägerin gemäß D.2 der Klageschrift wird bestritten. Die Klägerin scheint das Merkmal K1b so zu lesen, dass es ausreicht, dass der Sorptionsfilter saugseitig halbkreisförmig bzw. u-förmig um den Saugmotor angeordnet ist. Wie in einer solchen Konstruktion die dem Klagepatent immanente Aufgabe der Schalldämmung gelöst werden soll, sagt die Klägerin jedoch nicht. Sie trägt hierfür aber jedenfalls die Beweislast und hat dies im vorliegenden Verfahren zumindest glaubhaft zu machen. |
56 | Es wurde oben in Rz. 63 - 77 ausführlich begründet, dass das Merkmal K1b nicht anders zu verstehen sein kann, als dass der Saugmotor saugseitig von allen Seiten von einem Sorptionsfilter umschlossen sein muss, damit die Aufgabe des Klagepatents erfüllt wird. Wie die Klägerin auf die Idee kommt, dass es – gemäß ihrem Rechtsbegehren Nr. 1 – für die Erfüllung der Aufgabe genüge, wenn "unterhalb des Ventilators und auf mindestens zwei weiteren, einander gegenüberliegenden Seiten" Filter angebracht sind, bleibt unklar. Die Patentschrift enthält jedenfalls keinerlei Hinweise darauf, dass ausgerechnet diese U-förmige Konfiguration dem Begriff "saugseitig umgeben" gemäß Klagepatent Anspruch 1 und letztlich auch der Aufgabenstellung des Klagepatents genügt. Diese Wahl der Klägerin erscheint als völlig willkürlich. Wieso genügen nicht schon zwei L-förmig zueinander angeordnete Sorptionsfilterplatten (welche ja auch einem Halbkreis von 180° entsprechen) oder zwei Filterplatten, zwischen denen der Motor angeordnet ist? Wieso braucht es nicht einen Einschluss von mindestens vier Seiten oder von mindestens fünf Seiten? Oder von drei aneinander grenzenden Seiten? |
| Grafisch illustriert: |
Saugmotor / Filter / wieso ausgerechnet so? / und nicht so, so oder so?
57 | So wie die Klägerin argumentiert, dass nicht alle Seiten von Sorptionsfiltern abgedeckt sein müssen, kann darüber hinaus ebenso gut argumentiert werden, dass es genügt, wenn gewisse Seiten nur teilweise von Sorptionsfiltern abgedeckt werden. Für den Fachmann gibt die Patentschrift keine Veranlassung, ausgerechnet den Halbkreis bzw. drei U-förmig angeordnete Filterplatten, welche dann aber die drei Seiten zu 100% überdecken müssen, als Auslegung von Merkmal K1b zu wählen. |
58 | Auch im Zusammenhang mit der Auslegung des Begriffs "saugseitig umgeben" ist daran zu erinnern, dass für unvollständige Definitionen eines Patentanspruchs der Patentinhaber das Risiko trägt. Ferner ist der Auslegung das objektive Verständnis des Fachmanns zugrunde zu legen. Die Auslegung der Klägerin, wonach auch eine U-förmige Anordnung in den Schutzbereich des Klagepatents fallen soll, fußt aber offensichtlich auf rein subjektiven – und damit unhaltbaren – Kriterien. |
59 | Fazit: Merkmal K1b kann nach dem objektiven Verständnis des Fachmanns nur so ausgelegt werden, dass eine U-förmige Anordnung der Aktivkohlefilter die Aufgabe des Klagepatents nicht zu erfüllen vermag. Andernfalls müsste das Klagepatent auch so breit ausgelegt werden, dass es Lösungen mit zwei, drei oder vier anders angeordneten Filterplatten umfasst. Ebenso müsste das Merkmal K1b dann auch solche Anordnungen umfassen, bei denen sich die Filterplatten nicht über die ganzen Seitenflächen erstrecken. |
60 | Da eine Lärmbelästigung des Benutzers durch Sauglärm nur dann wesentlich reduziert werden kann, wenn der Saugmotor zumindest saugseitig auf allen Seiten vom Sorptionsfilter abgeschirmt wird, ist es klar, dass die von der Klägerin genannte U-förmige Anordnung, welche z. B. (wie beim Premium-Gerät der Gesuchgegnerin) den Motor nach vorne (d. h. in der für den Benutzer relevantesten Richtung) nicht abschirmt, die patentgemäße Aufgabe (Absatz [0005] Klagepatent) und Wirkung (Absatz [0008] Klagepatent) nicht erfüllt. |
61 | Entscheidend für die Auslegung ist das Verständnis des Fachmanns, und dieser hätte der Patentschrift entnommen, dass der anspruchsgemäße Einschluss des Saugmotors den Zweck hat, die Entstehung von störendem Lärm zu verhindern (Absatz [0008] Klagepatent). Die Überlegungen der Klägerin setzen sich demgegenüber in keiner Weise mit der Frage auseinander, welche schalldämmende Wirkung mit unterschiedlichen Konfigurationen des Sorptionsfilters erzielt wird. |
62 | In der Tat enthält das Klagepatent keinerlei Hinweise, dass "umschlossen" breiter ausgelegt werden könnte als im Ausführungsbeispiel gezeigt. |
63 | Weiter behauptet die Klägerin, dass aus Anspruch 3 des Klagepatents geschlossen werden könne, dass "umgeben" in Anspruch 1 nicht als "umschlossen" interpretiert werden kann, indem eine Abstufung des Schutzbereichs in dem Sinne definiert werde, dass mit "umgeben" in Anspruch 1 der Schutzgegenstand allgemeiner definiert und der Schutz nicht auf "umschlossen" beschränkt sei. Bei genauer Betrachtung ist jedoch festzustellen, dass die von Anspruch 3 definierte Abstufung darin besteht, dass "die Kassetten in Führungsleisten" derart gehalten sind, dass sie einen "Kasten" bilden. Anspruch 3 befasst sich also mit der Idee, aus in Führungsleisten gehaltenen plattenförmigen Kassetten (Anspruch 2 Klagepatent) einen Kasten zu bilden. Der Anspruch beschreibt somit die Struktur (plattenförmige Kassetten) und Halterung (Führungsleisten) des in Anspruch 1 genannten Sorptionsfilters und dessen Kastenform (z. B. in Abgrenzung zu einer Zylinderform). Das einzige, was der Fachmann betreffend den Begriff "umgeben" in Anspruch 1 daraus folgern kann, ist, dass die Auslegung der Beklagten mit Anspruch 3 kompatibel ist. |
64 | Darüber hinaus trifft es auch nicht zu, dass es naheliegen würde, bei der Montage einer Abzugshaube an der Wand auf den wandseitigen Sorptionsfilter zu verzichten. Ein solcher Verzicht würde dazu führen, dass die Kammer gemäß Bezugsziffer 21 zu Fig. 1 des Klagepatents hinterseitig entfallen würde. |
| III. Keine Verletzung des Klagepatents |
| 1. Keine Verletzung von Anspruch 1 |
65 | Wie im Folgenden aufgezeigt, weist die angegriffene Ausführungsform nicht alle Merkmale des Anspruchs 1 des Klagepatents auf. |
66 | Wie ausgeführt, ist Merkmal K1b so zu verstehen, dass der Saugmotor saugseitig von allen Seiten von einem Sorptionsfilter umschlossen ist. |
67 | Wie die Klägerin zutreffend ausführt, und wie oben unter Abschnitt I beschrieben und illustriert, befinden sich (wenn das Premium-Gerät der Beklagten wie in der Abbildung 1 der Klage von vorne betrachtet wird) links und rechts des Motors und Ventilators je ein stehender Aktivkohlefilter. Demgegenüber sind in der angegriffenen Ausführungsform jedoch vorne und hinten keine Aktivkohlefilter, ja überhaupt keine Filter vorgesehen. Vielmehr wird bei der angegriffenen Ausführungsform die Saugkammer vorne und hinten durch bloße Metallplatten begrenzt. |
68 | Beim Gerät der Beklagten sind nach hinten wie nach vorne hin, also auch zur normalen Bedienseite hin, keine schalldämmenden Filter oder andere Materialien vorgesehen. Somit tritt der Schall aus der Saugkammer aus und gelangt direkt zum Benutzer. (Wenn das Gerät der Beklagten dennoch nicht sonderlich laut ist, so liegt dies an anderen Maßnahmen, insbesondere an der Verwendung eines ruhigen Saugmotors.) Die Aufgabe der von der Klägerin beanspruchten Erfindung vermag die Anordnung der Beklagten also nicht zu erfüllen, woraus nichts anderes geschlossen werden kann, als dass die angegriffene Ausführungsform nicht alle Merkmale von Anspruch 1 des Klagepatents aufweist. |
69 | Selbst wenn man aber von der Auslegung der Klägerin ausginge und annähme, dass Merkmal K1b auch erfüllt sei, wenn der Sorptionsfilter den Saugmotor auf der Ansaugseite derart umgibt, dass es einen Halbkreis bzw. ein U um den Saugmotor bildet, so ist Merkmal K1b nicht benutzt, da unterhalb des Saugmotors keine durchgehende horizontale Filterplatte vorgesehen ist. Wie oben erläutert, sind unterhalb des Saugmotors insgesamt acht vertikal stehende Filterplatten vorgesehen, welche zwischen den Maskenplatten P1 und P2 angeordnet sind. |
von unten / von unten, ohne P1 / untere Filteranordnung
70 | Die folgenden Figuren zeigen anhand eines vertikalen Schnitts des Geräts (Schnittebene senkrecht zur Gerätevorderseite durch die Gerätemitte) die Ausbreitung des Saugschalls (bzw. die Schalldämmung durch den Filter) beim Gerät der Beklagten (links) sowie bei jenem gemäß Ausführung des Klagepatents (rechts). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die eingezeichnete Position des Benutzers vor dem Gerät diejenige ist, an welcher sich der Benutzer meist aufhalten wird, da diese Seite auch der Vorderseite des Herds und der Bedienseite der Abzugshaube entspricht. |
71 | Wiederum gelten die Vorbehalte, d. h. die obigen Zeichnungen berücksichtigen insbesondere Reflektions- und Streueffekte nicht. Insbesondere der Durchtritt des Schalls durch die untere Filteranordnung wäre unter Berücksichtigung dieser Effekte noch wesentlich größer als dargestellt, da aufgrund von Streuung und Reflektion der Schall auch in Richtungen abgestrahlt wird, in denen er in obiger Darstellung abgeschattet ist. Darüber hinaus würden Schallreflektionen im Wohnraum dazu führen, dass der austretende Lärm überall zu hören ist. |
72 | Es zeigt sich also klar, dass die Geräte der Beklagten bei weitem nicht denjenigen Effekt erreichen, der vom Gerät gemäß (richtig ausgelegtem) Anspruch erreicht wird. Es handelt sich dabei nicht nur um einen graduellen Unterschied, sondern um einen Unterschied grundsätzlicher Art, indem beim Gerät gemäß Klagepatent (entsprechend Absatz [0008] Klagepatent) die Luft abgezogen werden kann, "ohne dass dabei ein störender Lärm entsteht" (d. h. der Schallaustritt wird im Wesentlichen völlig vermieden), während beim Gerät der Beklagten für eine vor dem Gerät stehende Person kein Schallschutz besteht (entsprechend dem in Absatz [0003] Klagepatent diskutierten Standes der Technik). |
73 | Es liegt also weder eine wortsinngemäße Verletzung noch eine Nachahmung vor. Merkmal K1b wird nicht benutzt und die damit angestrebte Wirkung wird nicht erzielt. |
| IV. Nichtigkeit des Klagepatents |
74 | Wie im Folgenden dargelegt, ist das Klagepatent wegen mangelnder Neuheit, mangelnder erfinderischer Tätigkeit sowie unzulässiger Änderung im Erteilungsverfahren nichtig. |
| 1. Mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit von Anspruch 1 |
| 1.1 EP 1 134 501 |
75 | Das Lüftungsgerät gemäß Anspruch 1 (und 2) des Klagepatents wird durch EP 1 134 501 (EP '501) vorweggenommen, eventualiter zumindest nahegelegt. |
76 | EP '501 zeigt in Fig. 1 eine Dunstabzugshaube mit einem Kamin 2, in welchem ein Gehäuse 12 angeordnet ist, das den Saugmotor aufnimmt (vgl. Fig. 1). Das Gehäuse 12 ist im Kamin 2 angeordnet (vgl. Fig. 1). An der vertikalen Außenseite des Kamins 2 sind Paneele 5 montiert, von denen mindestens einige Gitterpaneele sind (Sp. 5, Z. 1). |
77 | Hinter den Gitterpaneelen 5 sind plattenförmige Filterkassetten 22 angeordnet (Absatz [0005] EP '501, sowie Sp. 5, Zz. 42, 43), bei denen es sich u.a. um Kohlefilter handeln kann (Sp. 5, Zz. 54). Ein weitererKohlefilter 11 ist unterhalb des Gehäuses 12 angeordnet (Fig. 12, Sp. 5, Z. 8). | ||
78 | Zu beachten ist, dass der in Fig. 2 von EP '501 gezeigte Dom 24 und der Schlauch 25 optional sind und die Ansaugöffnungen 17 (Fig. 1) des Gehäuses 12 auch direkt in den freien Innenraum des Kamins münden können (siehe Sp. 1, Zz. 48 - 51, wonach die Ansaugöffnung (17) mit dem freien Innenvolumen des Kamins kommunizieren kann; Anspruch 3). | ||
79 | In Merkmalen des Anspruchs ausgedrückt, zeigt also EP '501 Folgendes: | ||
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O1 | Lüftungsgerät | Eine Dunstabzugshaube (Absatz [0001] EP '501) ist ein Lüftungsgerät, vgl. auch Absatz [0002] des Klagepatents. | |
O2 | mit einer Ansaugseite, | Luft wird in den Kamin von unten und durch die Außenseiten angesaugt. | |
O3 | einem in einer Saugkammer | Als Saugkammer kann das Gehäuse 12 betrachtet werden, oder auch der von den Seitenwänden des Kamins eingefasste Raum, da in beide so definierte Kammern Luft angesaugt wird. | |
O4 | angeordneten Saugmotor | Der in Fig. 1 EP '501 durch die Schlitze 17 ersichtliche Saugmotor ist in der erwähnten Saugkammer angeordnet. | |
O5 | und mit einer an die Saugkammer angeschlossenen Abluftführung | Die Abluftführung wird von der Luftleitung 15 gebildet, vgl. Fig. 2 EP '501. | |
K1 | der Saugmotor in der Saugkammer von einem Sorptionsfilter saugseitig umgeben ist, der | siehe folgender Text | |
K2 | eine Luftreinigungsfunktion einerseits | Die Kohlefilter (Sp. 5, Z. 8 und 54 EP '501) besitzen als Absorptionsfilter eine Luftreinigungsfunktion | |
K3 | und eine schalldämmende Funktion andererseits ausführt. | Auch die schalldämmende Funktion ist für Kohlefilter implizit gegeben (vgl. Auslegung K3, oben Rz. 79). | |
| Zu Merkmal K1 von EP '501: | ||
80 | Bei richtiger Auslegung besagen K1a und K1b von Klagepatent Anspruch 1, dass der Saugmotor in der Saugkammer angeordnet ist, während der Sorptionsfilter auch außerhalb der Saugkammer angeordnet sein kann. Wenn in EP '501 das Gehäuse 12 als Saugkammer betrachtet wird, sind die Sorptionsfilter außerhalb der Saugkammer angeordnet und die Merkmale K1a und K1b des Maßnamepatents sind diesbezüglich also nach Auslegung der Beklagten erfüllt, da die Merkmale K1a und K1b keine Aussage darüber machen, ob der Sorptionsfilter außer- oder innerhalb des Saugraums angeordnet ist (dazu oben). Beim Gerät gemäß EP '501 kann als Saugkammer aber auch der von den Seitenwänden des Kamins eingefasste Raum betrachtet werden, da die Luft in diesen angesaugt wird, sodass diesbezüglich die Merkmale K1a und K1b sogar gemäß Auslegung der Klägerin erfüllt sind. | ||
81 | Bei richtiger Auslegung besagt K1b von Klagepatent Anspruch 1 weiter, dass der Saugmotor saugseitig von allen Seiten vom Sorptionsfilter eingeschlossen ist (oben). Die Klägerin scheint dagegen davon auszugehen, dass es ausreicht, wenn der Saugmotor innerhalb von U-förmig angeordneten Saugfiltern zu liegen kommt. | ||
82 | Aus Fig. 1 von EP '501 ist ersichtlich, dass zumindest auf drei Seiten des Kamins Gitterpaneele 5 angeordnet sind (zwei sind direkt ersichtlich, ein Drittes wird durch die rechten drei Luftstrom-Pfeile 19 offenbart), und gemäß Sp. 5, Zz. 41 - 43 sind hinter den Gitterpaneelen 5 jeweils Filterkassetten 22 angeordnet. Schon hieraus folgt, dass diese Filterkassetten U-förmig angeordnet sind, sodass der Saugmotor innerhalb dieser Anordnung liegt. Durch diese Filter wird die Luft angesogen (Pfeile 19 in Fig. 1). Somit liegt der Saugmotor saugseitig in dieser von Filterplatten gebildeten U-Form. Schon aus diesem Grund ist Merkmal K1b von Anspruch 1 des Klagepatents gemäß Auslegung der Klägerin vorweggenommen. Darüber hinaus ist auch noch unterhalb des Saugmotors ein Kohlefilter 11 angeordnet (Fig. 2). | ||
83 | Weiter werden in Fig. 15 - 18 verschiedene Ausführungen der Filter in den Kaminwänden gezeigt. In Fig. 18 wird sogar eine Ausführung dargestellt, bei welcher an allen vier Kaminwänden Filter angeordnet sind. Um bei einem frei stehenden Gerät eine möglichst große Filterfläche zu erzielen, wäre es für den Fachmann naheliegend, die Lehre aus Fig. 18 mit der Ausführung von Fig. 1 zu kombinieren, um so zu einem Gerät zu gelangen, dessen Saugmotor auf allen vier vertikalen Seiten von Filterplatten umschlossen ist und welches zudem auch eine Filterplatte 11 unterhalb des Saugmotors besitzt. Somit legt EP '501 Anspruch 1 und 2 auch bei Auslegung des Merkmals K1b gemäß der Klägerin zumindest nahe. |