MITTEILUNGEN DES EPA
Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 14. Juli 1989 über die Anwendung der Regel 58 (4) EPÜ im Einspruchsverfahren
1. In der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer vom 27. Januar 1989, G 1/88 (ABl. EPA 1989, 189) wurde zur Anwendung der Regel 58 (4) EPÜ (Mitteilung über die beabsichtigte Aufrechterhaltung des europäischen Patents in geändertem Umfang) folgendes festgestellt:
1.1 Die Beschwerde eines Einsprechenden ist nicht deswegen unzulässig, weil dieser es unterlassen hat, fristgerecht auf eine Aufforderung nach Regel 58 (4) EPÜ zu der Fassung, in der das europäische Patent aufrechterhalten werden soll, Stellung zu nehmen (Leitsatz).
1.2 Einer Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ bedarf es nicht, wenn das ausdrückliche Einverständnis des Patentinhabers zu der Fassung, in der die Einspruchsabteilung das Patent nach Artikel 102 (3) EPÜ aufrechtzuerhalten beabsichtigt, bereits vorliegt, und der Einsprechende in einer nach den Umständen ausreichenden Weise Gelegenheit gehabt hat oder noch erhält, zum Text einer beabsichtigten Neufassung des Patents Stellung zu nehmen (Punkt 6 der Entscheidungsgründe).
1.3 Wenn diese Voraussetzungen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung oder, im schriftlichen Verfahren, im Wege eines Bescheides an die Beteiligten geschaffen wurden, ist die Anwendung der Regel 58 (4) EPÜ als formalisierter Verfahrensabschluss weder erforderlich noch zweckmäßig (Punkt 7 der Entscheidungsgründe).
2. Diese Entscheidung macht eine Änderung der Verfahrenspraxiserforderlich. Im Interesse eines zügigen, einheitlichen Verfahrensablaufes unter gleichzeitiger Erhöhung der Rechtssicherheit für die Beteiligten wird nunmehr wie folgt verfahren:1
2.1 Ist die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass das Patent aufgrund der vom Patentinhaber vorgelegten oder gebilligten Fassung aufrechterhalten werden kann und hatte der Einsprechende ausreichend Gelegenheit, zu dieser Fassung entweder im schriftlichen Verfahren oder im Rahmen einer mündlichen Verhandlung Stellung zu nehmen und sich zu den Gründen zu äußern, die für die Aufrechterhaltung des Patents maßgebend sind, so erlässt die Einspruchsabteilung unmittelbar eine Zwischenentscheidung, in der festgestellt wird, dass das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, unter Berücksichtigung der vom Patentinhaber im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen den Erfordernissen des EPÜ genügen. Am Ende einer mündlichen Verhandlung kann die Entscheidung sofort verkündet und dann unverzüglich abgefasst werden.
2.2 Eine solche Zwischenentscheidung, gegen die die gesonderte Beschwerde zugelassen wird, ergeht in allen Fällen der Aufrechterhaltung eines Patents in geändertem Umfang, unabhängig davon, ob der Einsprechende erklärt hat, mit der von der Einspruchsabteilung mitgeteilten Fassung nicht einverstanden zu sein.
2.3 Die Einspruchsabteilungen werden bemüht sein, im Falle einer möglichen Aufrechterhaltung in geändertem Umfang sofort die Zustimmung des Patentinhabers zu einer gewährbaren, geänderten Fassung herbeizuführen und dem Einsprechenden rechtliches Gehör hierzu zu geben. Damit sind die Voraussetzungen für eine unmittelbare Zwischenentscheidung gegeben, die daher ohne vorangehende Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ ergehen kann. Eine solche gesonderte Mitteilung, verbunden mit der Aufforderung, innerhalb von zwei Monaten Stellung zu nehmen, wenn ein Beteiligter mit der Fassung, in der das Patent aufrechterhalten werden soll nicht einverstanden ist, wird daher regelmäßig im Einspruchsverfahren nicht mehr zu erwarten sein.
3. Nach Rechtskraft der Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung wird das Verfahren mit der Mitteilung nach Regel 58 (5) festgesetzt, in der der Patentinhaber aufgefordert wird, die Druckkostengebühr zu zahlen und die Übersetzung der geänderten Patentansprüche einzureichen (Richtlinien für die Prüfung im EPA D-VI. 6.2.3). Dasselbe geschieht nach Zurückverweisung, wenn die Beschwerdekammer die geänderten Unterlagen festgelegt hat, mit denen das Patent aufrechtzuerhalten ist.
1 Die Richtlinien für die Prüfung im EPA (D-VI, 6.2) sind entsprechend geändert worden.