EUROPÄISCHES PATENTAMT
Vertretung
epi-Richtlinien für die Berufsausübung
Richtlinien des Instituts der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter für die Berufsausübung
Diese Richtlinien, angenommen gemäß Art. 4(c) und 9(3) der Vorschriften über die Errichtung, beinhalten die Empfehlungen des Rates betreffend das Verhalten und Tätigkeiten von Mitgliedern insoweit, als die Berufsausübung durch Mitglieder betroffen ist.
In diesen Richtlinien sind die folgenden Definitionen anwendbar:
"Vorschriften über die Errichtung"
bedeutet die "Vorschriften über die Errichtung eines Instituts der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter", die am 21. Oktober 1977 in München beschlossen wurde, sowie jede Änderung dieser Verordnung, solange sie in Kraft bleibt;
"Institut" oder "epi"
bedeutet das Institut der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter, das durch die Vorschriften über die Errichtung errichtet wurde;
"Mitglied"
bedeutet ein Mitglied des Instituts;
"Rat"
bedeutet der Rat des Instituts;
"Mandant"
ist jede natürliche oder juristische Person, die eine professionelle Beratung in Anspruch nimmt oder ein Mitglied um professionelle Dienstleistungen bittet, die von einem Mitglied bereitwillig zur Verfügung gestellt werden;
"Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten"
bezeichnet die vom Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation angenommenen "Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern";
"Berufliche Regeln"
die Bestimmungen des Teils I (Artikel 1, 2 und 3) der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten;
"Disziplinarorgane"
sind die in Artikel 5 der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten aufgeführten Organe;
"Disziplinarrat"
bedeutet der durch Artikel 11 der Vorschriften über die Errichtung eingesetzte und in Artikel 5a) der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten genannte Rat.
"Ergänzende Verfahrensordnung"
bezeichnet die vom Disziplinarrat erlassene und vom Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation genehmigte "Ergänzende Verfahrensordnung des Disziplinarrats des Instituts der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter";
"Berufseinrichtung"
bedeutet jede Firma oder sonstige Organisation, in der ein Mitglied einen Geschäftssitz hat oder beschäftigt ist, unter anderem eine IP-Firma, eine Anwaltskanzlei, eine interne IP-Abteilung eines Unternehmens oder einer Institution;
"Zusammenschluss von Vertretern"
bedeutet eine Gruppe von Mitgliedern im Sinne der Regel 152(11) EPÜ;
"Richtlinien"
bedeutet diese Richtlinien für die Berufsausübung;
1. Allgemeines
a) Die allgemeinen Anforderungen an die Mitglieder sind in den Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten festgelegt. Im Falle eines Widerspruchs zwischen den Bestimmungen der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten und diesen Richtlinien sind die Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten maßgebend.
b) Diese Richtlinien sind gemäß Artikel 4(c) und 9(3) der Vorschriften über die Errichtung eingeführt worden und enthalten Empfehlungen für das berufliche Verhalten der Mitglieder. Die Nichteinhaltung einer der Empfehlungen dieser Richtlinien kann als Verstoß gegen die Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten angesehen werden. Kein Mitglied wird durch diese Richtlinien von der Verantwortung entbunden, die in den Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten enthaltenen beruflichen Regeln zu befolgen.
c) Die grundsätzliche Aufgabe eines Mitgliedes ist es, den an Patentangelegenheiten interessierten Personen als zuverlässiger Berater zu dienen. Das Mitglied soll als unabhängiger Berater dadurch wirken, dass es den Interessen seiner Mandanten vorurteilsfrei und ohne Berücksichtigung seiner persönlichen Gefühle oder Interessen dient. Jedes Mitglied ist dafür verantwortlich, seine beruflichen Kenntnisse auf dem neuesten Stand zu halten.
d) Ein Mitglied hat Maßnahmen zur Sicherung der Interessen seiner Mandanten für den Fall zu treffen, dass das es an der Ausübung seines Berufs gehindert ist.
e) Gute Kollegialität zwischen den Mitgliedern ist eine Notwendigkeit für die Wahrung des Ansehens des Berufsstandes und sollte ohne Rücksicht auf persönliche Gefühle geübt werden.
f) Jedes Mitglied hat diese Richtlinien und die Beruflichen Regeln zu kennen und kann sich nicht mit deren Unkenntnis entschuldigen.
g) Ein Verstoß gegen diese Richtlinien oder die Beruflichen Regeln kann nicht durch Berufung auf Instruktionen eines Mandanten gerechtfertigt werden.
2. Werbung
a) Werbung ist im Allgemeinen erlaubt, soweit sie wahrheitsgemäß und sachlich ist und mit wesentlichen Grundsätzen, insbesondere der Redlichkeit und der Achtung des Berufsgeheimnisses, in Übereinstimmung steht.
b) Von der erlaubten Werbung sind ausgenommen:
(1) Angaben zur Person eines Mandanten, es sei denn, der Mandant willigt hierin ausdrücklich ein;
(2) die Angabe des Namens eines anderen Mitglieds oder einer anderen Berufseinrichtung, es sei denn, es besteht eine schriftliche Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen dem Mitglied und dem anderen Mitglied bzw. der anderen Berufseinrichtung;
(3) das Anzeigen, Ankündigen oder Veröffentlichen von Angeboten betreffend den Kauf, Verkauf oder die Vermittlung von gewerblichen Schutzrechten, es sei denn auf Instruktionen eines Mandanten.
3. Beziehungen zur Öffentlichkeit
a) Ein Mitglied soll den guten Ruf dieses Institutes, seiner Mitglieder und der Praxis der Vertretung vor dem Europäischen Patentamt und dem Einheitlichen Patentgericht hochhalten.
b) Ein Mitglied soll an Räumen oder auf Drucksachen der Berufseinrichtung des Mitglieds oder anderweitig keinerlei Angaben machen, die die Öffentlichkeit irreführen.
c) Ein Mitglied soll Dritten keine Provision für die Vermittlung von Arbeit geben, dies erstreckt sich jedoch nicht auf den teilweisen oder vollständigen Erwerb einer Berufseinrichtung.
d) Ein Mitglied soll berufliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit einem Amt oder Gericht durch ein Nichtmitglied unter seinem Namen ohne angemessene Beaufsichtigung nicht gestatten. Ein Mitglied ist von dieser Verpflichtung nicht deshalb befreit, weil es unter dem Namen eines Zusammenschlusses von Vertretern eine berufliche Tätigkeit ausübt.
e) Soweit es die Ausübung seines Berufs betrifft, ist ein Mitglied für die Handlungen seiner Gehilfen, die nicht Mitglieder sind, verantwortlich.
4. Beziehungen zu Mandanten
a) Ein Mitglied soll auf die ihm von seinen Mandanten anvertrauten Angelegenheiten jederzeit angemessene Mühe, Aufmerksamkeit und Sachkenntnis verwenden. Ein Mitglied soll die Mandanten über den Stand ihrer Angelegenheiten informiert halten.
b) Grundsätzlich ist ein Mitglied nicht verpflichtet, den Interessen eines Mandanten in Angelegenheiten zu dienen, die nicht mit beruflichen Angelegenheiten verbunden sind, die der Mandant dem Mitglied anvertraut hat.
c) Ein Mitglied darf von einem Mandanten Vorschüsse verlangen.
d) Ein Mitglied soll einen Auftrag ablehnen, der im Widerstreit mit seinen eigenen Interessen steht. Wenn in solchen Fällen der Auftrag nicht aufgeschoben werden kann, ohne dass möglicherweise dem Mandanten Nachteile entstehen, soll das Mitglied den Auftrag nur insoweit annehmen und ausführen, als dies unmittelbar notwendig ist, um diese möglichen Nachteile zu verhindern, und danach die Angelegenheit sofort niederlegen.
e) Ein Mitglied soll nicht ein finanzielles Interesse an irgendeinem gewerblichen Schutzrecht unter solchen Umständen erwerben, die zu einem Widerstreit zwischen Berufspflichten und Interesse führen. Das Mitglied soll keine Honorare in Rechnung stellen, die unmittelbar vom Ergebnis der von ihm besorgten Dienste abhängen.
f) Ein Mitglied soll keinerlei Handlungen gegen eine bestimmte Angelegenheit vornehmen, die von dem Mitglied oder von einer anderen Person in seiner Berufseinrichtung bearbeitet wird oder bearbeitet wurde, es sei denn, dass der Mandant in dieser Angelegenheit mit der Handlung einverstanden ist oder dass dieses Mitglied keine Kenntnis von dieser Angelegenheit hat und nicht mehr in der Lage ist, von dieser Angelegenheit Kenntnis zu nehmen. Es ist diesem Mitglied nicht gestattet, bei einer solchen Handlung Informationen zu verwenden, die erhalten wurden, als die Angelegenheit früher bearbeitet wurde, es sei denn, dass diese Information öffentlich ist.
g) Ein Mitglied wird automatisch von seiner Verschwiegenheitspflicht gemäß Artikel 2 der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten entbunden, wenn die geheimen Informationen öffentlich geworden sind.
5. Beziehungen zu anderen Mitgliedern
a) Ein Mitglied hat gegenüber den anderen Mitgliedern gute Kollegialität zu wahren. Darunter versteht sich ein höflicher Umgang sowie die Tatsache, dass ein Mitglied sich über ein anderes Mitglied nicht in unhöflicher oder verletzender Weise äußern soll. Jegliche Beschwerden gegenüber einem anderen Mitglied sind erst mit ihm persönlich, entweder direkt oder durch die Vermittlung eines dritten Mitglieds, zu erörtern. Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, so kann das Mitglied, falls erforderlich, auf dem vom Institut in den Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten und in den zusätzlichen Verfahrensregeln vorgeschriebenen Dienstweg Beschwerde einlegen.
b) Da ein vorrangiges Interesse des Institutes in der Aufrechterhaltung eines einheitlichen Berufsstandes liegt, dürfen die Mitglieder keine Diskriminierung zwischen den Mitgliedern ausüben oder fördern.
c) Über eine Angelegenheit, von der ein Mitglied weiß oder vermutet, dass sie von einem anderen Mitglied bearbeitet wird oder bearbeitet worden ist, hat das Mitglied dem Mandanten gegenüber jede Meinungsäußerung in dieser Angelegenheit zu unterlassen, es sei denn, dass der Mandant wünscht, eine unabhängige Meinung zu erhalten oder seinen Vertreter zu wechseln. Das Mitglied darf das andere Mitglied nur dann informieren, wenn der Mandant zustimmt.
d) Wenn ein Mitglied von einem Mandanten einen Auftrag erhält, die Bearbeitung einer Angelegenheit von einem anderen Mitglied zu übernehmen, darf das beauftragte Mitglied diesen Auftrag annehmen, muss dann aber sicherstellen, dass das andere Mitglied davon Kenntnis erhält. Das andere Mitglied ist verpflichtet, alle für die Bearbeitung der Angelegenheit erforderlichen Schriftstücke ohne Verzögerung dem neuen Vertreter auszuleihen oder zu übergeben oder in Kopien zu angemessenen Kosten zur Verfügung zu stellen.
6. Beziehungen zu Ämtern und Gerichten
Im Verkehr mit sämtlichen Ämtern und Gerichten sowie deren Bediensteten, bei denen das Mitglied vertretungsbefugt ist, insbesondere dem Europäischen Patentamt und dem Einheitlichen Patentgericht, soll ein Mitglied höflich handeln und soll alles, was möglich ist, tun, um den guten Ruf dieses Institutes und seiner Mitglieder hochzuhalten.
7. Beziehungen zum Institut
a) Die Mitglieder haben das Institut über ihre Zustellanschrift (einschließlich E-Mail-Adresse) informiert zu halten, an die ihnen vom Institut Korrespondenz und andere Informationen zugesandt werden sollen. Jede Änderung dieser Anschrift (einschließlich E-Mail-Adresse) muss dem Generalsekretär unverzüglich mitgeteilt werden.
b) Kein Mitglied darf ohne Genehmigung durch den Präsidenten des Institutes irgendwelche schriftlichen oder mündlichen Mitteilungen im Namen des Institutes abgeben.
c) Ein Mitglied hat das Recht, durch den Generalsekretär um eine Meinungsäußerung zu ersuchen, ob irgendeine Handlung oder Unterlassung, die es vorschlägt, aufgrund dieser Richtlinien zulässig ist. Diese Meinungsäußerung ist für die Disziplinarorgane nicht verbindlich.
d) Verstöße gegen diese Richtlinien können dem Disziplinarrat gemäß den Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten und gemäß den in der ergänzenden Verfahrensordnung festgelegten Anforderungen zur Kenntnis gebracht werden.
8. Verhaltensbestimmungen im Zusammenhang mit Wahlen innerhalb des epi
Alle Wahlen zu den Ämtern des Präsidenten, der Vizepräsidenten, des Generalsekretärs, stellvertretenden Generalsekretärs, Schatzmeisters, stellvertretenden Schatzmeisters, des Disziplinarrates und anderer Ausschüsse des epi, sowie die Wahl der Rechnungsprüfer und Wahlen zu einem Organ des EPA oder einer anderen Organisation, in der das epi durch seine Mitglieder vertreten ist, sind bei Wahrung der Fairness gegenüber allen Kandidaten und der Transparenz der bereitgestellten Informationen durchzuführen, unter besonderer Berücksichtigung der Art. 5(a) und (b) dieser Richtlinien. Jeder Wahlkandidat ist verpflichtet, rechtzeitig vor Beginn der Abstimmung alle Informationen offenzulegen, die für seine Eignung zur Wahl von Bedeutung sind, auch wenn dies in den Unterlagen für die betreffende Wahl nicht ausdrücklich gefordert wird.
Kein Teil der Einhaltung dieses Artikels darf als Rechtfertigung oder Zustimmung für eine Beeinträchtigung des Wahlvorgangs nach dessen Beginn verstanden werden.
Beschlossen vom Rat des Instituts am 13.11.1979, Brüssel
ergänzt am 5.11.1985, München
geändert am 7.05.1996, Dublin
geändert am 3.10.1997, Straßburg
geändert am 8.05.2001, Madrid
geändert am 23.11.2019, Lissabon
geändert am 7.05.2022, München
geändert am 11.11.2023, Ljubljana
geändert am 16.11.2024, Budapest