VII. MÜNDLICHE VERHANDLUNGEN VOR DEN BESCHWERDEKAMMERN
VII.1
Mitteilung des Vizepräsidenten der Generaldirektion 3 des Europäischen Patentamts vom 16. Juli 2007 über mündliche Verhandlungen vor den Beschwerdekammern des EPA (ABl. EPA 2007, Sonderausgabe Nr. 3, 115)
Seit dem 1. November 2000 gilt für das Anberaumen von mündlichen Verhandlungen vor den Beschwerdekammern das unten dargestellte Verfahren. Dieses Verfahren wurde in Zusammenarbeit mit der damaligen GD 2 (der jetzigen GD 1) und nach Erörterung im Ständigen Beratenden Ausschuss beim EPA (SACEPO) beschlossen.
1. Die Beschwerdekammern beraumen nur einen einzigen Termin für die mündliche Verhandlung an. Eine vorherige Absprache des Termins mit den Verfahrensbeteiligten erfolgt nicht.
2. Auf Antrag eines Verfahrensbeteiligten wird eine vom EPA anberaumte mündliche Verhandlung nur dann abgesagt und neu anberaumt, wenn der Beteiligte schwerwiegende Gründe vorbringen kann, die die Festlegung eines neuen Termins rechtfertigen. Der Antrag, einen anderen Termin anzuberaumen, ist so bald wie möglich nach dem Eintreten dieser Gründe zu stellen; ihm ist eine hinreichend substantiierte Begründung beizufügen.
2.1 Schwerwiegende sachliche Gründe, aus denen die Verlegung einer mündlichen Verhandlung beantragt werden kann, sind z. B.:
- Ladung desselben Beteiligten zu einer mündlichen Verhandlung in einem anderen Verfahren vor dem EPA oder einem nationalen Gericht, die vor der Ladung in dem betreffenden Verfahren zugestellt wurde,
- eine schwere Erkrankung,
- Todesfall in der Familie,
- Eheschließung einer Person, auf deren Anwesenheit es in der mündlichen Verhandlung ankommt,
- Wehrdienst oder sonstige zwingend vorgeschriebene Wahrnehmung staatsbürgerlicher Pflichten,
- Urlaub, der vor Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung bereits fest gebucht war.
2.2 Nicht akzeptabel sind in der Regel beispielsweise folgende Gründe:
- Ladung zu einer mündlichen Verhandlung vor dem EPA oder einem nationalen Gericht, die nach der Ladung in dem betreffenden Verfahren zugestellt wurde,
- übermäßige Arbeitsbelastung.
2.3 Jeder Antrag auf Verlegung einer mündlichen Verhandlung muss eine Begründung enthalten, warum der verhinderte Vertreter nicht durch einen anderen Vertreter im Sinne der Artikel 133 (3) bzw. 134 EPÜ ersetzt werden kann.
VII.2
Mitteilung des Vizepräsidenten der Generaldirektion 3 des Europäischen Patentamts vom 16. Juli 2007 betreffend Tonaufzeichnungen während mündlicher Verhandlungen vor den Beschwerdekammern des EPA (ABl. EPA 2007, Sonderausgabe Nr. 3, 117)
Alle an mündlichen Verhandlungen vor den Beschwerdekammern teilnehmenden Personen und deren Vertreter sollen hiermit von folgender Regelung unterrichtet werden.
Während einer mündlichen Verhandlung nach Artikel 116 EPÜ vor einer Beschwerdekammer dürfen nur Amtsangehörige Tonaufzeichnungsgeräte im Sitzungssaal in Betrieb nehmen.
VII.3
Mitteilung des Vizepräsidenten der Generaldirektion 3 des Europäischen Patentamts vom 16. Juli 2007 zur Mitteilungspflicht nach Regel 4 (1) Satz 1 EPÜ in Verfahren vor den Beschwerdekammern des EPA (Verwendung einer anderen Amtssprache in der mündlichen Verhandlung) (ABl. EPA 2007, Sonderausgabe Nr. 3, 118)
Die Verwendung einer anderen Amtssprache des Europäischen Patentamts als der Verfahrenssprache in der mündlichen Verhandlung vor dem Europäischen Patentamt setzt eine rechtzeitige entsprechende Mitteilung des Beteiligten gemäß Regel 4 (1) Satz 1 EPÜ voraus, wenn er nicht selbst für die Übersetzung in der Verfahrenssprache sorgt.
Im Verfahren vor der Beschwerdekammer besteht diese Mitteilungspflicht auch dann, wenn sich der Beteiligte in einem mündlichen Verfahren vor der ersten Instanz rechtmäßig einer anderen Amtssprache als der Verfahrenssprache bedient hat (vgl. die Entscheidung T 34/90, ABl. EPA 1992, 454).
Diese Mitteilung gilt ab dem Inkrafttreten der revidierten Fassung des Europäischen Patentübereinkommens.
VII.4
Entschädigungen und Vergütungen für Zeugen und Sachverständige (ABl. EPA 1983, 100)1
1. Artikel 116 und 117 EPÜ sehen in Verbindung mit Regel 71 bis 76 EPÜ die Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zur Beweisaufnahme in mündlichen Verhandlungen vor dem Europäischen Patentamt vor. Teil E Kapitel IV Abschnitt 1 bis 4 der Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt enthält allgemeine Leitlinien für die Beweisaufnahme durch das jeweils zuständige Organ des Europäischen Patentamts.
2. Um die Zahlung von Kosten für die Beweisaufnahme sicherzustellen, kann das Europäische Patentamt die Beweisaufnahme davon abhängig machen, dass der Beteiligte, der sie beantragt hat, beim Europäischen Patentamt einen Vorschuss hinterlegt, dessen Höhe im Wege einer Schätzung der voraussichtlichen Kosten bestimmt wird (Regel 74 (1) EPÜ).
3. Jeder vor das Europäische Patentamt geladene Zeuge oder Sachverständige kann beim Europäischen Patentamt beantragen, dass er gemäß den Bestimmungen des Artikels 131 (2) EPÜ vor einem zuständigen Gericht in seinem Wohnsitzstaat vernommen wird (Artikel 117 (4) EPÜ).
4. Zeugen, die vom Europäischen Patentamt geladen worden sind und vor diesem erscheinen, haben Anspruch auf:
(1) Erstattung angemessener Reise- und Aufenthaltskosten durch das Europäische Patentamt (Regel 74 (2) EPÜ). Auf schriftlichen Antrag beim Amt kann ihnen ein Vorschuss auf diese Kosten gewährt werden;
(2) eine angemessene Entschädigung für Verdienstausfall, die vom Europäischen Patentamt gezahlt wird (Regel 74 (3) EPÜ). Die Entschädigung wird dem Zeugen ausgezahlt, nachdem er seiner Pflicht genügt hat.
5. Zeugen, die nicht vom Europäischen Patentamt geladen worden sind, aber dennoch in einer Verhandlung vor dem Amt vernommen werden, haben ebenfalls Anspruch auf Erstattung der Reise- und Aufenthaltskosten durch das Europäische Patentamt und eine Entschädigung für Verdienstausfall. Dies gilt nur dann, wenn das zuständige Organ auf begründeten Antrag eines der am Verfahren Beteiligten die zusätzliche Beweisaufnahme beschließt (Richtlinien für die Prüfung E-IV, 1.6.2).
6. Sachverständige, die vom Europäischen Patentamt geladen worden sind und vor diesem erscheinen, haben Anspruch auf:
(1) Erstattung angemessener Reise- und Aufenthaltskosten durch das Europäische Patentamt (Regel 74 (2) EPÜ). Auf schriftlichen Antrag beim Amt kann ein Vorschuss auf diese Kosten gewährt werden.
(2) Vergütung ihrer Tätigkeit gemäß Regel 74 (3) EPÜ, deren Höhe vom Amt unter Berücksichtigung eines Vorschlags des betreffenden Sachverständigen und etwaiger Stellungnahmen der Beteiligten festgesetzt wird.
7. Nicht geladene Sachverständige, die dennoch vernommen werden, haben ebenfalls Anspruch auf Erstattung der Reise- und Aufenthaltskosten durch das Europäische Patentamt und Vergütung ihrer Tätigkeit. Dies gilt nur dann, wenn das zuständige Organ auf begründeten Antrag eines der am Verfahren Beteiligten die zusätzliche Vernehmung des Sachverständigen beschließt (Richtlinien für die Prüfung E-IV, 1.6.2).
8. Zahlungsverfahren
(1) Gemäß Regel 74 (4) EPÜ hat der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation eine Verordnung über Entschädigungen und Vergütungen für Zeugen und Sachverständige2 erlassen, die nachstehend unter Nummer 9 im vollen Wortlaut wiedergegeben ist.
(2) Wird ein Zeuge oder Sachverständiger zu einer Verhandlung vor dem Europäischen Patentamt geladen, erhält er zusammen mit der Ladung (Regel 72 (2) EPÜ) einen Vordruck mit genauen Angaben zu den Kosten, die ihm nach Nummer 4 (1) bzw. 6 (1) erstattet werden können, sowie ein Antragsformular für einen Vorschuss auf diese Kosten. Ein solcher Vorschuss kann einem Zeugen oder Sachverständigen erst nach Feststellung seines Anspruchs durch die Abteilung oder Kammer, die die Beweisaufnahme angeordnet hat, gezahlt werden. Das Antragsformular ist deshalb dem Amt zur Feststellung zurückzusenden.
(3) Entschädigungen für Verdienstausfall und Vergütungen gemäß Nummer 4 (2) bzw. 6 (2) werden Zeugen oder Sachverständigen auf Antrag nach Feststellung des Anspruchs durch die Abteilung oder Kammer, die die Beweisaufnahme angeordnet hat, gezahlt. Die anfallenden Beträge werden zusammen mit gegebenenfalls noch zu erstattenden Reise- und Aufenthaltskosten nach der Vernehmung des Zeugen oder Sachverständigen und der Feststellung seines Anspruchs durch die Abteilung oder Kammer, die die Beweisaufnahme angeordnet hat, ausgezahlt.
(4) Bei den Vergütungen für Sachverständige kann das Europäische Patentamt den Beteiligten Gelegenheit geben, zur Höhe des vom Sachverständigen vorgeschlagenen Betrags Stellung zu nehmen (Artikel 3 (2) der Verordnung über Entschädigungen und Vergütungen für Zeugen und Sachverständige); in diesem Fall kann die Auszahlung erst nach Vorliegen der Stellungnahmen und Feststellung des Anspruchs durch die jeweilige Abteilung oder Kammer erfolgen.
9. Verordnung über Entschädigungen und Vergütungen für Zeugen und Sachverständige
DER VERWALTUNGSRAT DER EUROPÄISCHEN PATENTORGANISATION -
GESTÜTZT auf das Europäische Patentübereinkommen, insbesondere auf Regel 74 Absatz 4 seiner Ausführungsordnung -
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN3:
Artikel 1
Reise- und Aufenthaltskosten der Zeugen und Sachverständigen
Die Entschädigungen, die Zeugen und Sachverständigen zur Erstattung der Reise- und Aufenthaltskosten gemäß Regel 74 Absatz 2 der Ausführungsordnung gezahlt werden, sowie die Vorschüsse, die sie beanspruchen können, werden anhand der Bestimmungen berechnet, die für Beamte des Europäischen Patentamts der Besoldungsgruppe A4 bei Dienstreisen gelten.
Artikel 2
Verdienstausfallentschädigung für Zeugen
(1) Die Entschädigung für Verdienstausfall, die Zeugen gemäß Regel 74 Absatz 3 gewährt wird, entspricht einem Sechzigstel des Monatsgrundgehalts eines Beamten des Patentamts der Besoldungsgruppe A4 in der niedrigsten Dienstaltersstufe.
(2) Übersteigt die Gesamtdauer der erforderlichen Reise des Zeugen zwölf Stunden, so wird für jeden begonnenen Zeitraum von zwölf Stunden eine zusätzliche Entschädigung in Höhe von einem Sechzigstel des in Absatz 1 genannten Grundgehalts gezahlt.
Artikel 3
Vergütungen für Sachverständige
(1) Die Höhe der Vergütung, auf die Sachverständige gemäß Regel 74 Absatz 3 Anspruch haben, wird von Fall zu Fall unter Berücksichtigung eines Vorschlags des Betreffenden festgesetzt.
(2) Das Europäische Patentamt kann die Beteiligten um Stellungnahme zur Höhe des vorgeschlagenen Betrags bitten.
Artikel 4
Feststellung des Anspruchs der Zeugen und Sachverständigen auf Entschädigungen oder Vergütungen
(1) Der Anspruch der Zeugen und Sachverständigen auf Entschädigungen oder Vergütungen wird durch die Abteilung oder die Kammer festgestellt, die die Beweisaufnahme angeordnet hat, es sei denn, dass diese die Befugnis demjenigen ihrer Mitglieder übertragen hat, das mit der Durchführung der Beweisaufnahme betraut ist.
(2) Absatz 1 gilt für Vorschüsse, die Zeugen und Sachverständige auf ihre Reise- und Aufenthaltskosten beanspruchen können.
Artikel 5
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 21. Oktober 1977 in Kraft.
Geschehen zu München am 21. Oktober 1977
Für den Verwaltungsrat
Der Präsident
G. VIANÈS