T 0937/22 15-03-2024
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VAKUUMPUMPE
Neuheit - Hauptantrag (nein)
Neuheit - Hilfsanträge I und II (nein)
Änderungen - Zwischenverallgemeinerung
Änderungen - Hilfsantrag III
Änderung des Vorbringens nach Ladung
Änderung nach Ladung - berücksichtigt (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag VI (ja)
I. Die Beschwerden richten sich gegen die Zwischen-entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 3 049 676 in geändertem Umfang nach Artikel 101 (3) (a) EPÜ aufrechtzuerhalten.
II. Die Einspruchsabteilung hatte unter anderem entschieden, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags (erteilte Fassung) und des am 26. November 2021 (als Hilfsantrag Ia eingereichten und während der mündlichen Verhandlung umnummerierten) Hilfsantrags I nicht neu sei. Den während der mündlichen Verhandlung (als Hilfsantrag Ib2 eingereichten und dann umnummerierten) Hilfsantrag II ließ die Abteilung nicht zu. Das Patent wurde in geändertem Umfang auf Basis des (am 26. November 2021 als Hilfsantrag II eingereichten und während der mündlichen Verhandlung umnummerierten) Hilfsantrags III aufrecht erhalten.
In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen berücksichtigt:
E1 DE 60 2004 012 546 T2
E1a farbig markierte Figur 2 der E1
E2 DE 197 02 456 B4
E2c farbig markierte Figur der E2
E3 DE 600 37 353 T2
E4 EP 1 760 319 A1
E4a farbig markierte Figur 3 der E4
E7 EP 1 344 940 A1
E7a farbig markierte Figur 1 der E7
III. Mit einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung mit. Die mündliche Verhandlung fand am 15. März 2024 statt.
IV. Die Beschwerdeführerin Patentinhaberin (nachfolgend Patentinhaberin) beantragt die Aufhebung der Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf Basis der erteilten Fassung (Hauptantrag), hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß einem der Hilfsanträge I bis III, VI, IV, V, Va, VIa-b, VII, VIIa-d, VIII, VIIIa-d, IX, IXa-d (in dieser Reihenfolge), wobei Hilfsantrag VI in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht wurde und alle anderen Hilfsanträge mit der Beschwerdebegründung vom 17 Juni 2022 eingereicht wurden.
V. Die Beschwerdeführerin Einsprechende (nachfolgend Einsprechende) beantragt die Aufhebung der Entscheidung und den Widerruf des Patents.
VI. Der unabhängige Anspruch 1 der für diese Entscheidung relevanten Anträge hat den folgenden Wortlaut:
Hauptantrag (erteilte Fassung)
"Vakuumpumpe insbesondere Turbomolekularpumpe, mit mit einer Rotorwelle (10) verbundenen Rotorelementen (20, 22), mindestens einer mit einem Rotorelement (20, 22) zusammenwirkenden Statoreinrichtung (24, 26), einer die Rotorwelle (10) antreibenden elektrischen Antriebs-einrichtung (30), die Rotorwelle (10) tragenden Lagern (32) und einem mehrere Gehäuseteile (14, 28, 34) aufweisenden Gehäuse, wobei wärmeempfindliche Bauteile (32) wie die Lager (32) mit einem ersten Gehäuseteil (34) und stark wärmeerzeugende Bauteile (30, 24, 26) wie die Antriebseinrichtung (30) mit einem zweiten Gehäuseteil (28) verbunden sind, und das zweite Gehäuseteil (28) wärmeleitfähig mit der Antriebs-einrichtung (30) verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass das zweite Gehäuseteil (28) über ein Trägerteil (36) mit der Antriebseinrichtung (30) verbunden ist, wobei das erste Gehäuseteil (34) und das zweite Gehäuseteil (28) mittels einer gering wärmeleitfähig aufweisenden Verbindung miteinander verbunden sind, oder thermisch voneinander entkoppelt sind."
Hilfsantrag I
Wie im Hauptantrag, wobei Anspruch 1 die folgenden Änderungen aufweist (von der Kammer mit Durch- und Unterstreichung hervorgehoben):
"... wobei wärmeempfindliche Bauteile (32) [deleted: wie die Lager (32)] mit einem ersten Gehäuseteil ... oder thermisch voneinander entkoppelt sind, wobei es sich bei dem wärmeempfindlichen Bauteil um das druckseitige Lager handelt."
Hilfsantrag II
Wie im Hilfsantrag I, wobei Anspruch 1 die folgenden Änderungen aufweist (von der Kammer mit Unterstreichung hervorgehoben):
"... wobei es sich bei dem wärmeempfindlichen Bauteil um das druckseitige Lager am Ende der Rotorwelle (10) handelt, welches als Wälzlager ausgebildet ist."
Hilfsantrag III
Wie im Hauptantrag, wobei Anspruch 1 die folgenden Änderungen aufweist (von der Kammer mit Durch- und Unterstreichung hervorgehoben):
"... wobei wärmeempfindliche Bauteile (32) [deleted: wie die Lager (32)] mit einem ersten Gehäuseteil ... oder thermisch voneinander entkoppelt sind, wobei Trägerteil (36) und zweites Gehäuseteil (28) zwei separate Bauteile sind und wobei es sich bei dem wärmeempfindlichen Bauteil um eines der Lager handelt."
Hilfsantrag VI
Anspruch 1 ist wie im Hauptantrag, wobei der Anspruch die folgenden Änderungen aufweist (von der Kammer mit Durch- und Unterstreichung hervorgehoben):
"... wobei wärmeempfindliche Bauteile (32) [deleted: wie die Lager (32)] mit einem ersten Gehäuseteil ... oder thermisch voneinander entkoppelt sind, wobei das zweite Gehäuseteil (28) mit dem Trägerteil (28) verpresst ist und wobei es sich bei dem wärmeempfindlichen Bauteil um eines der Lager handelt."
VII. Die Einsprechende hat zu den entscheidungserheblichen Punkten im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und gemäß der Hilfsanträge I und II sei nicht neu. Anspruch 1 gemäß jedem der Hilfsanträge III und VI enthalte unzulässige Änderungen. Der Einwand gegen die Änderungen in Hilfsantrag VI sei zum Beschwerde-verfahren zuzulassen. Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VI beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
VIII. Die Patentinhaberin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und gemäß jedem der Hilfsanträge I und II sei neu. Anspruch 1 gemäß jedem der Hilfsanträge III und VI enthalte zulässige Änderungen. Der Einwand gegen die Änderungen in Hilfsantrag VI sei nicht zum Beschwerdeverfahren zuzulassen. Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VI beruhe gegenüber dem angezogenen Stand der Technik auf erfinderischer Tätigkeit.
1. Die Beschwerden sind zulässig.
2. Anwendungsgebiet der Erfindung
Die Erfindung betrifft eine Vakuumpumpe, z.B. eine Turbomolekularpumpe. Die Pumpe ist mit ihren Rotor- und Statorelementen in einem mehrteiligen Gehäuse 14, 28, 34 angeordnet. In diesem Gehäuse befinden sich auch die Rotorwelle 10, die elektrische Antriebseinrichtung 30 sowie Lager 32 für die Rotorwelle, siehe die Figur der Patentschrift. Wärmeempfindliche Bauteile wie die Lager sind mit einem ersten Gehäuseteil 34, und stark wärmeerzeugende Bauteile wie die Antriebseinrichtung sind wärmeleitfähig mit einem zweiten Gehäuseteil 28 verbunden.
Das zweite Gehäuseteil 28 ist dabei über ein Trägerteil 36 mit der Antriebseinrichtung verbunden, während das erste Gehäuseteil und das zweite Gehäuseteil mittels einer gering wärmeleitfähig aufweisenden Verbindung miteinander verbunden, oder thermisch voneinander entkoppelt sind. Auf diese Weise kann die vom Antrieb erzeugte Wärme abgeführt und von den Lagern ferngehalten werden, so dass deren Betriebstemperatur verringert wird, siehe Absatz 0008 der Patentschrift.
3. Hauptantrag - Neuheit
Die angefochtene Entscheidung verneinte die Neuheit von Anspruch 1 des Hauptantrags gegenüber der Offenbarung der E1, siehe die Absatz 15 der Entscheidungsgründe. Die Patentinhaberin bestreitet diesen von der Einsprechenden geteilten Befund der Entscheidung.
3.1 Das Dokument E1 offenbart eine Vakuumpumpe mit einer Rotorwelle, damit verbundenen Rotorelementen 58, 59, einer Statoreinrichtung und einem Motor 60. Das Gehäuse der Vakuumpumpe umfasst einen zylindrischen Mantel für den Rotor und Stator sowie ein plattenförmiges Gehäuse-teil 66 am Pumpenboden. Ein zylindrischer Fortsatz dieses Gehäuseteils trägt den Motor 60, siehe die farbig markierte und als E1a bezeichnete Figur 2.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
3.2 Das saugseitige Magnetlager 62 - oder das laut Absatz 0002 der E1 alternativ dort eingesetzte Wälzlager - ist mit einem Lagerzapfen verbunden, der in E1a gelb dargestellt ist. Der in E1a blau dargestellte zylindrische Fortsatz für den Motor ist einstückig mit dem rot dargestellten und als zweites Gehäuseteil im Sinne von Anspruch 1 angesehenen Gehäuseteil 66 ausgebildet. Wegen der Einstückigkeit ist eine gute Wärmeleitung zwischen diesen beiden Bereichen des plattenförmigen Gehäuseteils 66 gewährleistet.
3.3 Im Hinblick auf Anspruch 1 des Hauptantrags ist zwischen den Parteien strittig, ob
- das obere Magnetlager 62 ein wärmeempfindliches Bauteil ist, ob
- der in E1a gelb dargestellte Lagerzapfen für das obere Lager ein Gehäuseteil ist, und ob
- der in E1 einstückig mit dem unteren Gehäuseteil 66 ausgebildete zylindrische Fortsatz für den Motor ein Trägerteil bildet.
3.4 Aus den folgenden Gründen ist die Kammer zur Auffassung gelangt, dass all das im Dokument E1 offenbart wird:
3.4.1 Im Hinblick auf ein wärmeempfindliches Bauteil bestreitet die Beschwerdeführerin Patentinhaberin, dass - selbst wenn das obere Magnetlager 62 im Lichte von Absatz 0062 der E1 durch ein Wälzlager ersetzt werde - das untere Wälzlager 64 vor Wärmeeintrag geschützt werde. Da Anspruch 1 von wärmeempfindlichen Bauteilen im Plural spreche, könne nicht ein singuläres Bauteil wie das obere Lager 62 willkürlich herausgegriffen werden. Die Kammer sieht das anders, da der Anspruch nicht verlangt, dass alle wärmeempfindlichen Bauteile, und damit beispielsweise alle Lager, mit dem ersten Gehäuseteil verbunden sind. Da ein Wälzlager zudem aufgrund seines Aufbaus mit einem Aussen-, einem Innenring und dazwischen angeordneten Wälzkörpern aus mehreren Bauteilen besteht, kann ein das Magnetlager 62 ersetzendes Wälzlager nach Überzeugung der Kammer als wärmeempfindliche Bauteile angesehen werden.
3.4.2 Im Hinblick auf das erste Gehäuseteil verlangt Anspruch 1 die Verbindung der wärmeempfindlichen Bauteile mit einem Gehäuseteil, also einem Teil des Gehäuses. Es mag sein, dass ein Gehäuse insgesamt etwas als feste Hülle schützend umschließt (siehe Duden oder DWDS), aber das muss nicht für jedes einzelne Teil eines Gehäuses zutreffen. So kann selbst ein außen liegendes, etwas umschließendes Gehäuse auch innere Gehäuseteile umfassen, siehe den kreisringförmigen, das Lager 32 tragenden oberen Fortsatz des Gehäuses 34 in der Figur der Patentschrift. Dieses Verständnis wird durch Absatz 0008 der Patentschrift bestätigt, wonach ein Gehäuse nicht nur die Funktion hat, darin die Bauteile der Pumpe aufzunehmen, sondern auch die, Bauteile zu tragen und anzuordnen, und daher Gehäuseteile zu diesem Zweck aufweisen muss. Diese Auslegung steht auch nicht im Widerspruch zu der von der Patentinhaberin unter Verweis auf den "Duden" vertretenen Sichtweise, wonach ein Gehäuse zumindest teilweise außenliegend sei und zumindest teilweise andere Bauteile umgebe, siehe Seite 5 ihrer Beschwerdebegründung. Das schließt weder innenliegende, Bauteile tragende oder anordnende Gehäuseteile aus, siehe weiter unten. Tatsache ist, dass der Begriff "Gehäuseteil" sehr breit auszulegen ist. Daher sieht die Kammer den in E1a gelb dargestellten Lagerzapfen für das obere Lager als erstes Gehäuseteil an.
3.4.3 Im Hinblick auf das Trägerteil stimmt die Kammer der Beschwerdeführerin Patentinhaberin darin zu, dass der in E1a blau dargestellte zylindrische Fortsatz für den Motor einstückig mit dem unteren, rot dargestellten Gehäuseteil 66 ausgebildet ist. Jedoch umfassen die Begriffe "Gehäuseteil" oder "Trägerteil" nicht nur getrennte Bauteile, siehe das einzige Ausführungs-beispiel in der Figur der Patentschrift mit den getrennten Gehäuseteilen 14, 28 und 34. Stattdessen ist neben einer separaten auch eine einstückige Ausbildung des Trägerteils mit dem Gehäuseteil umfasst. Dieses breite Begriffsverständnis wird von der Patentschrift bestätigt, wo laut Absatz 0013 das erste und das zweite Gehäuseteil als zwei gesonderte Gehäuseteile - also separat - oder als nicht-getrennte Gehäuseteile - also einstückig - ausgebildet sein können. Eine weitere Bestätigung findet sich in Absatz 0017 der Patentschrift, wo die äußere Statoreinrichtung 26 einstückig mit dem zweiten Gehäuseteil 28 verbunden ist, also einen Abschnitt des zweiten Gehäuseteils bildet, obwohl Statoreinrichtung und zweites Gehäuseteil in Absatz 0010 - genau wie das Trägerteil - jeweils als Bauteile bezeichnet werden. Im Lichte dieser breiten Auslegung verfängt das Gegenargument der Patentinhaberin nicht, wonach die nur eine separate Ausgestaltung des Trägerteils zeigende Beschreibung oder Figur der Patentschrift zur Auslegung herangezogen werden müssen. Da der Begriff "Teil" nicht unklar, sondern lediglich breit auszulegen ist, besteht keine Notwendigkeit, die Beschreibung zur (engeren) Auslegung dieses klaren Begriffs heranzuziehen. Daher sieht die Kammer den in E1a blau dargestellten zylindrischen Fortsatz für den Motor als Trägerteil an.
3.5 Aus diesen Gründen ist der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments E1.
4. Hilfsanträge I und II - Neuheit
4.1 Die angefochtene Entscheidung verneinte die Neuheit von Anspruch 1 des Hilfsantrags I gegenüber der Offenbarung der E4, siehe die Absätze 17.2 und 17.3 der Entscheidungsgründe. Die Patentinhaberin bestreitet diesen von der Einsprechenden geteilten Befund der Entscheidung. Gegenüber Hilfsantrag I enthält Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II die weiteren Einschränkungen, dass das druckseitige Lager als Wälzlager ausgebildet ist und sich am Ende der Rotorwelle befindet. Die Kammer wird zuerst diesen Hilfsantrag untersuchen:
4.2 Das Dokument E4 offenbart eine Turbomolekularpumpe mit einem unterhalb des Rotors a und des Auslasses e angeordneten Motor c für die Rotorwelle b. Die Rotorwelle wird von einem oberen Wälzlager f und einem unteren Wälzlager g gelagert, die oberhalb und unterhalb des Motors c in einem Gehäuse angeordnet sind. Dieses Gehäuse umfasst ein topfförmiges Teil h, an dessen Boden sich das untere Wälzlager g befindet, und einen Deckel j,k. Siehe Absatz 5 und die nachfolgende, farbig markierte und als E4a bezeichnete Figur 3 des Dokuments.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
4.3 Im Hinblick auf Anspruch 1 von Hilfsantrag II ist zwischen den Parteien strittig, ob
- das obere Wälzlager f als druckseitiges Lager angesehen werden kann, ob
- das Wälzlager f am Ende der Rotorwelle angeordnet ist, ob
- das Wälzlager f mit einem ersten Gehäuseteil verbunden ist, und ob
- der mit dem Motor c in Kontakt stehende, in E4a blau markierte kreisringförmige Bereich an der Innenwand des rot dargestellten topfförmigen Gehäuseteils h ein Trägerteil für den Motor bildet.
Aus den folgenden Gründen ist die Kammer zur Auffassung gelangt, dass all das im Dokument E4 offenbart wird:
4.3.1 Die Einspruchsabteilung hatte das Wälzlager f mit der Begründung als druckseitiges Lager interpretiert, dass es dem Ausgangsdruck ausgesetzt sei, siehe Absatz 17.3 der Entscheidungsgründe. Die Patentinhaberin bestreitet das mit dem Argument, dass druckseitig ein gefestigter technischer Begriff in der Vakuumtechnik sei, der dasjenige Ende des Rotors bezeichne, welches sich in Richtung des Auslasses der Vakuumpumpe bzw. der Bereiche hoher Drücke erstrecke. Die Kammer ist davon nicht überzeugt, da keine Belege für das vermeintlich branchenübliche Verständnis vorgelegt wurden. Dessen ungeachtet versteht die Kammer die Patentinhaberin in dem Sinne, dass druckseitig nicht nach dem herrschenden Druckniveau, sondern rein geometrisch auszulegen sei. Die Kammer sieht das anders, da die Druckseite und die Saugseite einer Pumpe etablierte Begriffe in der Vakuumtechnik sind. Demnach liegt an der Druckseite einer Vakuumpumpe das höhere Druckniveau an, beispielsweise der Umgebungsdruck. Dieses auf dem herrschenden Druckniveau beruhende Begriffsverständnis findet sich auch im Streitpatent, wonach das druckseitig angeordnete Lager nahe des Bereichs angeordnet ist, in dem eine hohe Gasverdichtung erzeugt wird, siehe Absatz 0003 der Patentschrift. Da eine hohe Gasverdichtung - und somit ein hoher Druck - unbestritten an der Druckseite der Vakuumpumpe erzeugt wird, hält die Kammer als eine technisch sinnvolle Auslegung des Begriffs "druckseitiges Lager" ein auf der Druckseite der Vakuumpumpe angeordnetes Lager. Da die beiden Wälzlager f und g auf der Druckseite der Turbomolekularpumpe angeordnet sind, ist das Lager f im Lichte dieser Auslegung als druckseitiges Lager anzusehen.
Das Gegenargument der Patentinhaberin, wonach das Wälzlager g das eigentliche druckseitige Lager ist im Sinne des Patentes, überzeugt die Kammer nicht. Zwar stimmt die Kammer der Patentinhaberin darin zu, dass das Wälzlager g, das auch als druckseitig bezeichnet werden kann und sich am (unteren) Ende der Rotorwelle befindet, durchaus vom Motor c erwärmt wird. Jedoch enthält Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II kein Merkmal, das eine Verringerung der Betriebstemperatur aller Wälzlager im Sinne von Absatz 0006 der Patentschrift fordert. Stattdessen reicht es wegen des im Singular formulierten Merkmals "bei dem wärmeempfindlichen Bauteil um das druckseitige Lager handelt" aus, dass dieser Effekt bei einem einzigen Wälzlager - im Dokument E4 auch das obere Wälzlager f - auftritt.
4.3.2 Zur Frage, ob das Wälzlager f "am Ende der Rotorwelle" angeordnet ist, stellt die Kammer fest, dass bei der aus E4 bekannten Turbomolekularpumpe das obere Wälzlager f zwischen dem Rotor a und dem Motor c angeordnet ist, siehe die oben wiedergegebene Figur 3 des Dokuments. Daher bildet das Wälzlager nicht das letzte Bauteil am oberen Ende der Rotorwelle, wie von der Patentinhaberin argumentiert. Jedoch enthält Anspruch 1 kein auf das Wälzlager als letztes Bauteil am Ende der Welle gerichtetes Merkmal. Ein solches Begriffsverständnis des Ausdrucks "am Ende der Rotorwelle" ist auch nicht aus der Beschreibung oder der Figur der Patentschrift ableitbar, denn dort ist das untere Ende der Rotorwelle 10 nicht mit einer waagerechten Geraden, sondern mit einer Freihandlinie dargestellt. Nach den allgemeinen Grundsätzen des technischen Zeichnens bedeutet eine solche Freihand-linie, dass die Darstellung der Rotorwelle unterhalb des Lagers 32 unterbrochen ist. Daraus ist kein sicherer Rückschluss auf die tatsächliche Ausgestaltung des Wellenendes möglich, und insbesondere kann daraus nicht gefolgert werden, dass sich unterhalb des Lagers keine weiteren Bauteile wie z.B. ein zweites Wälzlager auf der Rotorwelle befinden. Daher ist der Begriff Ende der Rotorwelle breit auszulegen, als Endbereich oder Endteil der Rotorwelle, so dass sich bei dieser Auslegung auch das Wälzlager f der E4 am (oberen) Ende der Rotorwelle b befindet.
4.3.3 Das obere Wälzlager f der Turbomolekularpumpe ist in einem Deckel angeordnet, der laut der angefochtenen Entscheidung eine Lagerhülse j und ein Hülsengehäuse k umfasst, siehe Absatz 17.2 der Entscheidungsgründe. Die in E4a gelb dargestellte Lagerhülse j trägt das Lager, und das grün dargestellte Hülsengehäuse k verschließt gemeinsam mit der Lagerhülse das topfförmige, rot dargestellte Gehäuseteil h in Richtung Rotor a der Turbomolekularpumpe. Die Patentinhaberin bestreitet, dass die Lagerhülse j wegen ihrer Anordnung innerhalb der Pumpe als erstes Gehäuseteil im Sinne von Anspruch 1 angesehen werden könne, da sie nicht die Definition eines Gehäuses gemäß Duden erfülle.
Die Kammer sieht das anders, da sie bereits im Zusammenhang mit dem Hauptantrag, siehe oben, zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Begriff "Gehäuseteil" sehr breit auszulegen ist und auch innere Teile eines Gehäuses umfasst. Da die Lagerhülse j unbestritten das obere Wälzlager f trägt und es zudem in Bezug auf die Rotorwelle b anordnet, zählt die Kammer die Lagerhülse und das Hülsengehäuse als innere Gehäuseteile zum Gehäuse der Vakuumpumpe. Mithin bildet die Lagerhülse j ein erstes Gehäuseteil, mit dem das obere, druckseitige Wälzlager f verbunden ist.
4.3.4 Die Einspruchsabteilung hatte das in E4a rot dargestellte topfförmige Gehäuseteil h als zweites Gehäuseteil und einen kreisringförmigen, blau dargestellten Abschnitt an dessen Innenwand als Trägerteil angesehen, über welches das zweite Gehäuseteil mit dem Motor verbunden ist, siehe Absatz 17.2 der Entscheidungsgründe. Die Patentinhaberin bestreitet das mit dem Argument, dass dieser Abschnitt willkürlich definiert worden sei und zudem einstückig mit dem zweiten Gehäuseteil verbunden sei, so dass er durch keine strukturellen Merkmale von dem zweiten Gehäuseteil h abzugrenzen sei.
Die Kammer sieht das anders, da der in E4a blau dargestellte Abschnitt einen geringeren Durchmesser hat und sich dadurch vom verbleibenden Gehäuses h unterscheidet. Mithin ist dieser Abschnitt im Gegensatz zur Sichtweise der Patentinhaberin nicht willkürlich gewählt. Außerdem ist die Kammer bereits im Zusammenhang mit dem Hauptantrag, siehe oben, zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Begriffe "Gehäuseteil" oder "Trägerteil" nicht zwingend auf ein separates Bauteil verweisen und auch einen einstückig mit einem anderen Bauteil ausgebildeten Abschnitt umfassen. Im Lichte dieser breiten Merkmalsauslegung sieht die Kammer den in E4a blau dargestellten Abschnitt als Trägerteil an, über welchen das rot dargestellte zweite Gehäuseteil h mit dem Motor c verbunden ist.
4.4 Aus diesen Gründen ist der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II nicht neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments E4.
4.5 Der Anspruch 1 des übergeordneten Hilfsantrags I ist breiter formuliert, weil er die weitere Einschränkung nach Hilfsantrag II, siehe Abschnitt 3.1 oben, nicht enthält. Die Schlussfolgerung zur mangelnden Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II betrifft daher logischerweise auch diesen Antrag.
5. Hilfsantrag III - Änderungen
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag III enthält gegenüber dem Hauptantrag das weitere Merkmal, dass Trägerteil und zweites Gehäuseteil zwei separate Bauteile sind. Die Einspruchsabteilung bejahte die Zulässigkeit der Änderungen, siehe Absatz 20.2 der Entscheidungsgründe. Die Einsprechende bestreitet diesen Befund der angefochtenen Entscheidung.
5.1 Die Kammer stimmt der Patentinhaberin darin zu, dass das zweite Gehäuseteil 28 und das Trägerteil 36 in der einzigen Figur der Patentanmeldung wegen der unterschiedlichen Schraffur der beiden Bauteile wohl als zwei separate Bauteile dargestellt sind. Jedoch ist nach ständiger Rechtsprechung, siehe RdBK, 10. Auflage 2022, II.E.1.9.1, eine Zwischenverallgemeinerung nur zu rechtfertigen, wenn keinerlei eindeutig erkennbare funktionale oder strukturelle Verbindung zwischen den Merkmalen der spezifischen Kombination besteht oder das herausgegriffene Merkmal nicht untrennbar mit diesen Merkmalen verknüpft ist. Das ist nach Überzeugung der Kammer im vorliegenden Fall für die Ausgestaltung des zweiten Gehäuseteils und des Trägerteils als separate Bauteile nicht der Fall, da die beiden separaten Bauteile in der Figur nur in Verbindung mit weiteren Merkmalen offenbart werden, insbesondere mit einer wegen der ebenfalls unterschiedlichen Schraffur separaten inneren Statoreinrichtung 24 am Trägerteil bzw. einer wegen derselben Schraffur einstückig mit dem zweiten Gehäuseteil 28 ausgebildeten weiteren Stator-einrichtung 26 einer Holweckstufe. Zudem ist die innere Statoreinrichtung durch Verpressen mit dem Trägerteil verbunden, siehe die zugehörige Figurenbeschreibung im Brückenabsatz zwischen den Seiten 5 und 6 der veröffentlichten Anmeldung, worin das Verpressen der Statoreinrichtung nicht als optional beschrieben wird ("ebenfalls durch Verpressen ... verbunden", Hervorhebung durch die Kammer). Wegen dieser Verknüpfung der Merkmale kann die separate Ausgestaltung des Trägerteils nicht auf zulässige Weise aus der Figur der Anmeldung zwischenverallgemeinert werden.
5.2 Der Verweis auf Anspruch 5 und auf Seite 3, dritter Absatz der Anmeldung führt zu keinem anderen Ergebnis. Es besteht zwar kein Zweifel daran, dass die dort aufgeführte Antriebseinrichtung ein vom zweiten Gehäuseteil separates Bauteil betrifft. Jedoch kann aus der ebenfalls dort genannten alternativen Verbindung des zweiten Gehäuseteils mit dem Trägerteil oder der Statoreinrichtung nicht unmittelbar und eindeutig gefolgert werden, dass separate Bauteile miteinander verbunden sind. Schließlich werden zwei der dort genannten Bauteile, die Statoreineinrichtung 26 und das zweite Gehäuseteil 28, im Ausführungsbeispiel einstückig miteinander verbunden, siehe den vierten Absatz auf Seite 5 der Anmeldung.
5.3 Aus diesen Gründen stellt die Kammer fest, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag III über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.
6. Hilfsantrag VI
Der Hilfsantrag VI wurde während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht. Anspruch 1 entspricht dem Anspruch 1 des Hilfsantrags VI, der mit der Beschwerdebegründung der Patentinhaberin vom 17 Juni 2022 eingereicht wurde und der wiederum dem im Einspruchsverfahren am 26 November 2021 eingegangenen Hilfsantrag III entspricht. Jedoch wurde demgegenüber der abhängigen Anspruch 3 durch Streichung der Alternative Verbindung des zweiten Gehäuseteils mit dem Trägerteil, nun Gegenstand des Anspruchs 1, dem Vorschlag der Kammer folgend, daran angepasst. Die Einsprechende hat diese durch die Kammer erst in der mündlichen Verhandlung angeregte Anpassung auch nicht beanstandet.
7. Hilfsantrag VI
Die folgenden Punkte wurden während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer im Zusammenhang mit dem Hilfsantrag VI diskutiert, der mit der Beschwerdebegründung der Patentinhaberin vom 17 Juni 2022 eingereicht worden war und der wiederum dem im Einspruchsverfahren am 26 November 2021 eingegangenen Hilfsantrag III entsprach. Angesichts des unveränderten Anspruchs 1 gelten sie auch für den während der Verhandlung vor der Kammer gestellten Hilfsantrag VI, der den vorherigen Hilfsantrag VI ersetzt.
7.1 Zulassung des Einwandes gegen die Änderungen zum Beschwerdeverfahren
7.2 Anspruch 1 enthält gegenüber dem Hauptantrag das weitere Merkmal, dass das zweite Gehäuseteil mit dem Trägerteil verpresst ist. Die Einsprechende bestritt während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer die Zulässigkeit dieser Änderung nach Art 123(2) EPÜ unter Verweis auf Absatz 6.2.5 ihrer Beschwerdebegründung. Sie machte geltend, der Einwand sei bereits Teil ihres Beschwerdevorbringens gewesen, da er bereits in der Beschwerdebegründung vorgebracht worden sei.
7.2.1 Die Kammer kann sich dem nicht anschließen. Aus den folgenden Gründen handelt es sich dabei um eine Änderung des Beschwerdevorbringens der Einsprechenden, deren Zulassung nach Maßgabe von Artikel 13(2) VOBK erfolgt:
7.2.2 Der Absatz 6.2.5 der Beschwerdebegründung der Einsprechenden bezieht sich auf ein Merkmal 6, wonach die Statoreinrichtung mit dem Trägerteil verbunden ist. Dagegen wurde die nun zu prüfende Änderung, wonach das das zweite Gehäuseteil mit dem Trägerteil verpresst ist, in der Beschwerdebegründung als Merkmal 5 bezeichnet, siehe die Tabelle auf Seite 57. Gegen die Änderungen im Merkmal 5 wurden in der Beschwerde-begründung keine Einwände erhoben, siehe den Wechsel von Merkmal 4 zu Merkmal 6 in den Absätzen 6.2.4 und 6.2.5. Das Argument der Einsprechenden, wonach sich der Einwand in Absatz 6.2.5 der Beschwerdebegründung "im Wesen auf dasselbe Merkmal" bezog, überzeugt die Kammer nicht. Dieser Absatz betrifft nicht die Verbindung (oder gar das Verpressung) der Statoreinrichtung, sondern die Nicht-Aufnahme weiterer Bauteile in den geänderten Anspruch, die mit dem Verdichtungsbereich in Verbindung stehen, so dass aus diesem die Wärme zum zweiten Gehäuseteil abgeführt wird. Dagegen betrifft der während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erhobene Einwand die nicht in Anspruch 1 aufgenommene Charakterisierung der Verbindung als gut wärmeleitend. Folglich handelt es sich bei dem Einwand gegen die Änderungen um eine Änderung des Beschwerdevorbringens der Einsprechenden nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung.
7.2.3 Nach Artikel 13(2) VOBK bleiben Änderungen des Beschwerdevorbringens eines Beteiligten nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung grundsätzlich unberücksichtigt, es sei denn, der betreffende Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen. Die Einsprechende hat sich nicht auf das Vorliegen außergewöhnliche Umstände berufen, und die Kammer kann auch keine außergewöhnlichen Umstände erkennen. Aus diesen Gründen ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass Umstände vorliegen, mit welchen der verspätete Einwand gegen die Änderungen zu rechtfertigen wäre. Somit entscheidet die Kammer, diesen Einwand nicht ins Verfahren zuzulassen, Artikel 13(2) VOBK.
7.2.4 Dessen ungeachtet überzeugt der Einwand die Kammer nicht. Laut dem Oberbegriff von Anspruch 1 ist das zweite Gehäuseteil wärmeleitfähig mit der Antriebs-einrichtung verbunden. Das geschieht gemäß dem Kennzeichen von Anspruch 1, indem das zweite Gehäuseteil über ein Trägerteil mit der Antriebs-einrichtung verbunden ist. Beides ist nur erfüllbar, wenn die Verbindung zwischen dem Trägerteil und dem zweiten Gehäuseteil wärmeleitfähig ist. Daher ist die beanspruchte Verpressung zwingend wärmeleitfähig, so dass diese Eigenschaft nicht explizit im Anspruch genannt werden muss. Das gilt erst recht für den relativen - und damit nicht einschränkenden - Begriff "gut" in der Formulierung "gut wärmeleitend verbunden" im zweiten vollständigen Absatz auf Seite 3 der veröffentlichten Anmeldung, die unbestritten die Basis für die Änderung bildet.
7.3 Erfinderische Tätigkeit
Der Antrag entspricht inhaltlich dem Hilfsantrag III, der am 26 November im Einspruchsverfahren eingegangen ist, siehe Abschnitt 5 oben. In Abschnitt 6.4.3 ihrer Beschwerdebegründung hat die Einsprechende die erfinderische Tätigkeit von Anspruch 1 dieses Antrags ausgehend von jedem der Dokumente E1 bis E4 in Kombination mit dem Fachwissen und ausgehend von E4 in Kombination mit E7 bestritten. Keiner dieser Einwände überzeugt die Kammer aus den folgenden Gründen:
7.3.1 Das Unterscheidungsmerkmal "das zweite Gehäuseteil [ist] mit dem Trägerteil verpresst" bewirkt laut Absatz 0010 der Patentschrift eine gute Wärmeleitung, so dass in erstem Ansatz die dem Merkmal zugrunde liegende technische Aufgabe unbestritten darin gesehen werden kann, eine gute Wärmeleitung zwischen dem zweiten Gehäuseteil und dem Trägerteil zu erzielen.
7.3.2 Das Dokument E1 offenbart eine Vakuumpumpe mit einer Rotorwelle, damit verbundenen Rotorelementen 58, 59, einer Statoreinrichtung und einem Motor 60. Das Gehäuse der Vakuumpumpe umfasst einen zylindrischen Mantel für den Rotor und Stator sowie ein plattenförmiges Gehäuseteil 66 am Pumpenboden. Ein zylindrischer Fortsatz dieses Gehäuseteils trägt den Motor 60, siehe die farbig markierte Figur 2 in Absatz 3.1 dieser Entscheidung.Der in E1a blau dargestellte zylindrische Fortsatz für den Motor ist einstückig mit dem rot dargestellten und als zweites Gehäuseteil im Sinne von Anspruch 1 angesehenen Gehäuseteil 66 ausgebildet. Wegen der Einstückigkeit ist eine gute Wärmeleitung zwischen diesen beiden Abschnitten des plattenförmigen Gehäuseteils 66 bereits gewährleistet. Ausgehend von der E1 liegt dann die objektive technische Aufgabe darin, die wärmeleitende Verbindung zwischen den beiden Abschnitten alternativ zu gestalten. Nach Ansicht der Kammer ist es dazu nicht sinnvoll, den zylindrischen Fortsatz erst getrennt vom darunter liegenden Gehäuseteil herzustellen und dann durch Verpressung damit zu verbinden. Bei einer derartigen zweistückigen Ausgestaltung der beiden Bauteile müssten in der Verbindungsfläche zwischen dem zylindrischen Fortsatz und dem Gehäuseteil geometrische Strukturen in Form von Stufen, Rippen oder Zapfen mit korrespondierenden Löchern vorgesehen werden, deren Übermaß zueinander ein anschließendes Fügen der Bauteile durch Verpressen ermöglicht. Alle diese geometrischen Strukturen führen zu einer Vielzahl von Grenzflächen zwischen den Bauteilen, wodurch die Wärmeleitung verschlechtert wird. Denn es gehört zum allgemeinen Fachwissen, dass bei der getrennten, also zweistückigen Ausgestaltung zweier Bauteile Rauheiten an deren Oberflächen unvermeidlich sind, so dass bei einer anschließenden Berührung der Bauteile nicht die gesamte Grenzfläche der Bauteile in direktem Kontakt zueinander ist. Stattdessen ist nur ein Bruchteil davon am Wärmetransport beteiligt, was zwangsläufig die Wärmeleitung verschlechtert. Daher beruht es nach Überzeugung der Kammer auf einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise, diese alternative Lösung als naheliegend zu betrachten.
7.3.3 Das Dokument E2 offenbart eine Vakuumpumpe mit einer Rotorwelle, damit verbundenen Rotorelementen 9, einer Statoreinrichtung 10 und einem Motor 4. Das Gehäuse der Vakuumpumpe umfasst ein oberes Gehäuse für Rotor und Stator sowie ein unteres Gehäuse für den Motor 4 und die Lager 5, 6. Ein zylinderischer Fortsatz dieses Gehäuseteils trägt den Motor 4, siehe die farbig markierte und als E2c bezeichnete Figur der E2. Der in E2c blau dargestellte zylindrische Fortsatz für den Motor ist einstückig mit dem rot dargestellten und als zweites Gehäuseteil im Sinne von Anspruch 1 angesehenen Gehäuseteil ausgebildet. Aus den gleichen Gründen wie bei der E1 ist die Kammer der Ansicht, dass es nicht naheliegend ist, diesen Fortsatz alternativ als getrennter Teil auszubilden und dann mit dem darunter liegenden Gehäuseteil zu verpressen.
7.3.4 Bei einer alternativen Sichtweise wird das U-förmige Gehäuseteil oberhalb des Motors 4 der E2, das von der Einsprechenden auch als Motordeckel bezeichnet wurde, als Trägerteil angesehen. Dieses Trägerteil hat denselben Durchmesser wie der den Motor tragende zylindrische Fortsatz des unteren Gehäuses und besitzt eine waagerechte Trennfläche. Daher müssten die Form der beiden Teile erst im Rahmen einer Umkonstruktion verändert werden, um eine Verbindung durch Verpressen zu ermöglichen. Dessen ungeachtet würde eine Fachperson keine solche Umkonstruktion in Erwägung ziehen, da der Motor 4 bei seiner Montage wegen der radial nach innen weisenden Gehäuseschulter unterhalb des Motors von oben in den zylindrischen Fortsatz des unteren Gehäuses eingeführt werden muss. Ein anschließendes Verpressen des Motordeckels würde daher einen Austausch oder eine Wartung des Motors erschweren oder unmöglich machen, was die Fachperson nach Überzeugung der Kammer von der Umkonstruktion und dem Verpressen des Motordeckels abhält.
7.3.5 Das Dokument E3 offenbart eine Vakuumpumpe mit einer Rotorwelle 10, damit verbundenen Rotorschaufeln 30, Statorschaufeln 32 und einem Antriebsmotor 18. Das Gehäuse der Vakuumpumpe umfasst ein mantelförmiges Gehäuse für Rotor und Stator sowie ein Innengehäuse 142 für den Motor 18 und die Lager 20, 22. Ein zylinderischer Fortsatz 145 des Innengehäuses trägt den Motor 18, siehe die farbig markierte und als E3a bezeichnete Figur 3 der E3. Der in E3a blau dargestellte zylindrische Fortsatz für den Motor ist einstückig mit dem rot dargestellten und als zweites Gehäuseteil im Sinne von Anspruch 1 angesehenen Gehäuseteil ausgebildet. Aus denselben Gründen wie bei E1 und E2 (Figur E2c) ist die alternative Ausgestaltung des Fortsatzes als getrenntes Teil und seine Verpressung mit dem verbleibenden Gehäuseteil keine naheliegende Alternative.
7.3.6 Das Dokument E4 offenbart eine einstückige Ausbildung des in E4a blau dargestellten, als nach innen verdickte zylindrische Stufe im zweiten Gehäuseteil angeordneten Trägerteils und des rot dargestellten zweiten Gehäuseteils, siehe Absatz 3.2.4 dieser Entscheidung. Die in der Beschwerdebegründung der Einsprechenden vorgebrachte Argumentationslinie, wonach es im Fachwissen des Durchschnittsfachmanns liege, zum Erzielen einer guten Wärmeleitfähigkeit diese beiden Bauteile miteinander zu verpressen, überzeugt die Kammer angesichts der aufgrund der Einstückigkeit bereits in E4 erzielten guten Wärmeleitung nicht. Daher liegt auch ausgehend von diesem Dokument die objektive technische Aufgabe darin, die wärmeleitende Verbindung zwischen den beiden Abschnitten alternativ zu gestalten. Wie bereits im Zusammenhang mit E1 dargelegt, ist es zur Lösung dieser Aufgabe nach Ansicht der Kammer nicht sinnvoll, die als Trägerteil angesehene zylindrische Stufe erst getrennt vom zweiten Gehäuseteil herzustellen und dann durch Verpressung damit zu verbinden. Bei der zweistückigen Ausgestaltung der beiden Bauteile würde auch in den zylindrischen Verbindungsflächen der beiden Bauteile aufgrund ihrer unvermeidlichen Rauhigkeit eine Vielzahl von Grenzflächen zwischen den Bauteilen erzeugt werden, wodurch die Wärmeleitung verschlechtert wird, siehe den Verweis auf das allgemeinen Fachwissen in Absatz 7.3.2 der vorliegenden Entscheidung. Daher beruht es aus denselben Gründen wie bei E1 auf einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise, diese alternative Lösung als naheliegend zu betrachten.
Während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer wurde zudem behauptet, es sei fachüblich, die Montage des Motors im zweiten Gehäuseteil durch eine Vormontage in einer separaten Hülse zu vereinfachen. Diese Behauptung ist unbelegt, und der Kammer aus eigener Sachkunde auch nicht bekannt. Daher hat die Kammer keinen Grund anzunehmen, dass die beanspruchte Verpressung zum allgemeinen Fachwissen gehört.
7.3.7 Ausgehend von E4 argumentierte die Einsprechende während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer zudem, dass es für den Durchschnittsfachmann naheliege, eine Hülse gemäß der E7 vorzusehen, in der der Motor mit seinen Bauteilen angeordnet ist, um diese Vielzahl von Bauteilen vereinfacht in der Vakuumpumpe gemäß E4 anordnen zu können. Diese Argumentationslinie beruht nach Auffassung der Kammer wegen der nachfolgend dargestellten strukturellen Unterschiede der beiden Vakuumpumpen auf einer rückschauenden Betrachtungs-weise.
7.3.8 Das Dokument E7 offenbart eine Turbomolekularpumpe mit einem dreiteiligen Gehäuse. Der Rotor 17 der Pumpe wird zwischen dem Mantelteil 5 und dem Bodenteil 6 des Gehäuses aufgenommen, während für den Motor 16 und die Lager 7-9 ein separates Motorgehäuse 24 vorgesehen ist. Dieses Motorgehäuse wird von unten durch das Bodenteil 6 gesteckt und mit dem Gehäuseflansch 24c am Bodenteil verschraubt, siehe die nachfolgende, farbig markierte und als E7a bezeichnete Figur 1 des Dokuments.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
7.3.9 Um das Motorgehäuse 24 am Bodenteil 6 des Pumpengehäuses zu montieren, wird es mitsamt der vormontierten Lager und dem Motor aus der Gegenrichtung des Pumpenrotors, also von unten nach oben durch das Bodenteil gesteckt. Dagegen erfolgt die Montage des Motors, der Lager und der Rotorwelle in E4 wegen des unten geschlossenen topfförmigen Gehäuseteils aus Richtung des Pumpenrotors, also von oben nach unten in der oben abgebildeten Figur E4a. Bereits wegen dieser unterschiedlichen Montagerichtungen bezweifelt die Kammer, dass die von E4 ausgehende Fachperson die in E7 offenbarte Pumpe berücksichtigen würde.
7.3.10 Die Kammer ist bereits zum Ergebnis gelangt, dass einem mit dem Trägerteil verpressten zweiten Gehäuseteil die objektive technische Aufgabe zugrunde liegt, die wärmeleitende Verbindung zwischen den beiden Abschnitten alternativ zu gestalten, siehe Absatz 6.2 dieser Entscheidung. Angesichts dieser Aufgabe liegt es nach Auffassung der Kammer nicht nahe, das Dokument E7 heranzuziehen. Denn dort soll vermieden werden, dass die von der Pumpe evakuierten Prozessgase aus der Halbleiterfertigung im Bereich des Auslasses der Pumpe kondensieren, siehe Absatz 0062 des Dokuments. Dazu wird das Bodenteil 6 des Pumpengehäuses durch eine außen angebrachte Heizung 29 beheizt, was jedoch zu einer unerwünschten Aufheizung des Motorgehäuses 24 und des Elektronikgehäuses 25 führt siehe Absatz 0064 der E7. Um der Aufheizung entgegen zu wirken, ist ein Luftspalt 27 zwischen dem Bodenteil 6 und dem Motorgehäuse 24 angeordnet, siehe die Absätze 0070 und 0071. Selbst wenn man - wie von der Einsprechenden vertreten - das Motorgehäuse 24 der E7 als eine Hülse ansehen würde, und damit das einstückig mit dem zweiten Gehäuseteil ausgebildete hülsenförmige Trägerteil der E4 - blau in E4a dargestellt - ersetzen wollte, läge es im Lichte des in E7 zwingend vorhandenen isolierenden Luftspalts nicht nahe, diese Hülse dann mit dem topfförmigen zweiten Gehäuseteil h der E4 zu verpressen, um eine gute Wärmeleitung zu erzielen. Ein Verpressen wäre nur ohne Luftspalt möglich, so dass man einen Kernaspekt der Lehre der E7 aufgeben müsste.
7.3.11 Auch die von der Einsprechenden unter Umgehung des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes formulierte Aufgabe, eine Vereinfachung der Montage vorzusehen, würde nur bei rückschauender Betrachtungsweise durch die beanspruchten Merkmale gelöst. Denn die Lagerung der Rotorwelle ist in E7 auf zwei Radiallager 7 und 8 und ein Axiallager 9 aufgeteilt. Das Axiallager in Form einer Baugruppe aus den Teilen 12-14 trägt das Elektronikgehäuse 25 und wird von unten an das Motorgehäuse 24 geschraubt. Das Axiallager und/oder das Elektronikgehäuse müssen von außen zugänglich bleiben, denn sonst würde deren Montageöffnung wohl kaum mit einem Deckel 26 verschlossen, der mit dem Motorgehäuse verschraubt wird, siehe Absatz 0069 und die Darstellung in Figur 1 des Dokuments. Wenn man - wie von der Einsprechenden im letzten Absatz auf Seite 5 ihrer Eingabe vom 17. Oktober 2023 vorgetragen - bei der Übernahme dieser Lösung den Aufbau der E4 nicht verändert, wären nach dem Verpressen des aus E7 übernommenen Motorgehäuses mit dem topfförmigen zweiten Gehäuseteil h der E4 das Axiallager und das Elektronik-gehäuse nicht mehr von außen zugänglich.
7.3.12 Daher beruht es aus auf einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise, die Turbomolekular-pumpe der E4 mit dem in E7 gezeigten Motorgehäuse zu versehen.
7.3.13 Keiner der zum Anspruch 1 des Hilfsantrag VI vorgebrachten Einwände gegen die erfinderische Tätigkeit überzeugt die Kammer. Daher beruht der Gegenstand von Anspruch 1 auf erfinderischer Tätigkeit gegenüber dem angezogenen Stand der Technik.
8. Aus diesen Gründen gelangt die Kammer zum Ergebnis, dass der Gegenstand des Hauptantrags und der Hilfsanträge I und II nicht neu ist, Artikel 100(a) und 54 EPÜ. Zudem gelangt die Kammer im Gegensatz zur angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis, dass der Hilfsantrag III unzulässige Änderungen enthält, Artikel 123(2) EPÜ. Die angefochtene Entscheidung ist deswegen aufzuheben.
Unter Berücksichtigung der nach dem Hilfsantrag VI vorgenommenen Änderungen stellt die Kammer fest, dass das Patent die Erfordernisse des EPÜ erfüllt, und somit nach Artikel 101(3)(a) EPÜ in geänderter Fassung aufrechterhalten werden kann.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
Beschreibung:
Seiten 1-6 eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer,
Ansprüche:
1-6 des Hilfsantrags VI eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer,
Zeichnungen:
Figur der Patentschrift.