ARBEITSSITZUNG
Das einheitliche Patentgericht
ARBEITSSITZUNG
Das einheitliche Patentgericht
Sachstand der Umsetzungsarbeiten
Vorsitz: Margot Fröhlinger (EPA)
Carl JOSEFSSON
Leitender Berufungsrichter, Svea Hovrätt
Vorauswahl und Schulung der Richter am EPG
Umfang der Vorauswahl
Rund 1 300 Bewerber haben ihr Interesse an einer Tätigkeit als Richter am EPG bekundet. Die Beratergruppe1 hat die Qualifikationen und die Vorerfahrung der Bewerber bewertet; auf dieser Grundlage hat dann der Vorbereitungsausschuss den Schulungsbedarf ermittelt. Die Beratergruppe hat außerdem zur Ermittlung der Anforderungen an die Schulungen Stellung genommen.
Eignungskriterien
Die rechtlich qualifizierten Richter am EPG müssen die für die Berufung in ein richterliches Amt in einem Vertragsmitgliedstaat erforderliche Qualifikation sowie nachgewiesene Erfahrung auf dem Gebiet der Patentstreitigkeiten haben.2 Letztere kann durch Schulungen erworben werden.3
Die technisch qualifizierten Richter am EPG müssen über einen Hochschulabschluss und nachgewiesenen Sachverstand auf einem Gebiet der Technik sowie über nachgewiesene Kenntnisse des für Patentstreitigkeiten relevanten Zivil- und Zivilverfahrensrechts verfügen.4
Alle Richter müssen mindestens eine Amtssprache des EPA gut beherrschen.5
Ergebnis der Vorauswahl
Rund ein Drittel der Bewerber äußerte Interesse an einer Tätigkeit als rechtlich qualifizierter Richter. Die übrigen Bewerbungen betrafen die Tätigkeit als technisch qualifizierter Richter.
Unter den Bewerbern auf Positionen als rechtlich qualifizierte Richter wurden etwa 170 für geeignet befunden, d. h. sie erfüllen die oben genannten Kriterien und verfügen über umfangreiche Kenntnisse des materiellen Patentrechts und Erfahrung mit Patentstreitigkeiten. Mehr als die Hälfte davon erfüllte noch höhere Standards und wurde deshalb für besonders geeignet befunden.
Rund 180 Bewerber auf Positionen als rechtlich qualifizierte Richter sind nach Schulung geeignet, d. h. sie sind formal geeignet, es besteht bei ihnen jedoch Schulungsbedarf entweder im materiellen Patentrecht oder auf dem Gebiet der Patentstreitigkeiten oder in beiden Bereichen.
Bei den technisch qualifizierten Richtern wurden sehr viele Bewerber als ohne Schulungsbedarf besonders geeignet eingestuft.
Grundlagenschulung
Auch wenn es bisher keine detaillierten Angaben zur Zahl der für das EPG zu ernennenden Richter gibt, ist davon auszugehen, dass die Zahl der Bewerber, die für besonders geeignet befunden wurden, weit über die Zahl der zu besetzenden Stellen hinausgeht (sowohl für die rechtlich als auch für die technisch qualifizierten Richter). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob überhaupt ein Bedarf an Grundlagenschulungen im materiellen Patentrecht oder auf dem Gebiet der Patentstreitigkeiten besteht.
Dieser Bedarf besteht jedenfalls, soweit es um die Besetzung von Positionen in den Lokal- und Regionalkammern derjenigen Vertragsstaaten geht, aus denen es keine (oder nur sehr wenige) Bewerber auf Positionen als rechtlich qualifizierte Richter gibt, die ohne Schulungsbedarf geeignet sind.6 Bei der Ernennung der Richter soll zudem nicht nur das höchste Niveau an rechtlichem und technischem Sachverstand, sondern auch eine ausgewogene Zusammensetzung des Gerichts sichergestellt werden, indem die Richter auf möglichst breiter geografischer Grundlage ausgewählt werden7.
Ab Anfang 2015 werden deshalb im EPG-Schulungszentrum in Budapest Intensiv-Grundkurse zum materiellen Patentrecht, zu Patentverletzung und Streitregelungsverfahren stattfinden, an denen voraussichtlich rund 20 Bewerber teilnehmen werden. Danach folgen Praktika an Patentgerichten der Vertragsmitgliedstaaten (Deutschland, die Niederlande und das Vereinigte Königreich haben solche Praktika angeboten bzw. diese Möglichkeit signalisiert).
Schulung im Verfahrensrecht des EPG usw.
Daneben sind weitere Schulungen für sämtliche künftigen Richter erforderlich. Dazu gehören Schulungen zum Verfahrensrecht des EPG,8 simulierte Verhandlungen sowie Workshops zu aktuellen Themen, zum "Richterhandwerk" und zur Abfassung von Urteilen. Diese Workshops werden voraussichtlich 2015 anlaufen und sollen Bewerbern auch vor der formellen Ernennung zum Richter offenstehen. Außerdem werden Sprachkurse organisiert werden müssen.
Nächste Schritte: Einreichung formeller Bewerbungen
2015 folgt auf die informelle Vorauswahl das formelle Verfahren zur Ernennung der EPG-Richter. Dabei ist wichtig, dass Bewerber für das formelle Verfahren neue Bewerbungen einreichen müssen - es wird nicht möglich sein, sich auf Bewerbungen zu berufen, die im Rahmen des Aufrufs zur Interessensbekundung im Vorauswahlverfahren eingereicht wurden. Informationen zu Fristen usw. für die formellen Bewerbungen werden auf der Website des EPG9 bereitgestellt. Nach Ansicht der Beratergruppe sollte für die formellen Bewerbungen ein elektronisches Formular verwendet werden.
1 Joachim Bornkamm, Toon Huydecoper, Sir Robin Jacob (Vorsitz), Carl Josefsson, Sylvie Mandel, Vittorio Ragonesi und Henrik Rothe.
2 Art. 15 (1) und (2) des Übereinkommens.
3 Art. 2 (3) der Satzung.
4 Art. 15 (3) des Übereinkommens.
5 Art. 2 (2) der Satzung.
6 Vgl. Art. 8 (2) des Übereinkommens: Die Spruchkörper der Lokalkammern in den Vertragsmitgliedstaaten, die geringere Erfahrung in Patentstreitigkeiten haben, bestehen aus einem rechtlich qualifizierten Richter, der Staatsangehöriger des betreffenden Vertragsmitgliedstaats ist, und zwei rechtlich qualifizierten Richtern, die nicht Staatsangehörige dieses Vertragsmitgliedstaats sind. Art. 8 (4): Die Spruchkörper der Regionalkammern bestehen aus zwei rechtlich qualifizierten Richtern, die Staatsangehörige eines der betreffenden Vertragsmitgliedstaaten sind, und einem rechtlich qualifizierten Richter, der nicht Staatsangehöriger eines der betreffenden Vertragsmitgliedstaaten ist.
7 Art. 3 (3) der Satzung.
8 Übereinkommen und Verfahrensordnung.